James McMurtry – Complicated Game (2015, Blue Rose Records)
Im gesamten Katalog des Texaners McMurtry gibt es einige herausragende Werke, das von John Mellencamp produzierte Debüt „Too Long In Wasteland“ (1989, Columbia), „Saint Mary Of The Woods“ von 2002 (Sugar Hill) oder der auf Blue Rose Records erschienene Konzertmitschnitt „Live In Europe“ (2009) haben mich durchgehend begeistert. Nun veröffentlicht der Americana- und Folkrock-Barde nach sechs Jahren Pause sein bis dato reifstes Werk. Wo er in vergangenen Tagen seine „Storytelling“-Songs in einer Art Sprechgesang vortrug und somit eine Art „Lou Reed des Alternative Country“ gab, schwingt sich James McMurtry auf dem neuen Album zu ungeahnten Leistungen bezüglich seiner Sangeskünste auf und verleiht dem Werk somit eine weitere, mitunter reifere Komponente.
„In den Texten geht’s um Beziehungen, meistens“, sagt McMurtry. „Teilweise geht’s auch um die große, weite Welt gegen den armen, kleinen Farmer oder Fischer. Ich entscheide nie bewusst, worüber ich schreibe.“
Größtenteils mit Akustik-Gitarren arrangiert, gibt sich die neue Platte wesentlich relaxter und folk-orientierter als frühere, latent dem straighteren Rock zugewandte Glanztaten. Das vorletzte Stück der Platte, die Ballade „Long Island Sound“, kommt gar im herzergreifend irisch-folkloristischen Gewand und McMurtry liefert so den Song, den die Waterboys seit ihrer grandiosen „Fisherman’s Blues“-Scheibe nicht mehr auf die Reihe kriegen. Ganz starker Stoff.
(*****)
SoKo – My Dreams Dictate My Reality (2015, Because / Warner)
Die aus Bordeaux stammende französische Sängerin Stéphanie Sokolinski, bekannt unter dem Künstlernamen SoKo, veröffentlicht mit „My Dreams Dictate My Reality“ ein Album, das im Vergleich zu ihren frühen Werken seltsam erwachsen wirkt, und das ist im Fall von SoKo nicht unbedingt ein Kompliment. Der euphorische Uptempo-Pop im Mix mit typischem 80er-Jahre-New-Wave geht gut ins Ohr und macht das Mitwippen unvermeidbar, hat aber stilistisch leider kaum mehr etwas gemein mit dem charmanten LoFi-Folk, mit dem die Sängerin auf ihrer Debüt-EP „No Sokute“ zu verzücken wusste, einen heimlichen Smash-Hit wie die wunderbare, nach Rache-Gelüsten triefende Nummer „I’ll Kill Her“ sucht man auf dem neuen Werk vergebens.
(*** ½)
The White Birch – The Weight of Spring (2015, Glitterhouse Records)
Im August 2006 löste sich die norwegische Band The White Birch (benannt nach dem gleichnamigen, hervorragenden Album der amerikanischen Indie-Band Codeine) um Mastermind Ola Fløttum auf, nachdem sie unter anderem 2002 das Slowcore-Meisterwerk „Star Is Just A Sun“ auf Glitterhouse Records veröffentlichten. Das Label skizzierte das Werk folgendermaßen: „Das Album war mystisch, es war ruhig, es floss, es verwob Cale mit Drake und Godspeed You Black Emperor.“ Große Namen als Referenz, seinerzeit, und ich denke, das kann man getrost so stehen lassen.
Fløttum beschreibt die Zeit seit der Auflösung der Band wie folgt: “It has taken nine years, many songs have been thrown out the window before I eventually found my 12 chosen ones. During these years I’ve lost my mother, started a family, raised two kids, and bought a house in Oslo were I’ve recorded most of the album in the basement.”
Besagte 12 Stücke veröffentlicht er nun auf dem neuen Album „The Weight Of Spring“, verstärkt mit größtenteils klassisch geschulten Musikern. Grandioser Album-Titel, grandioser, getragener, ins neo-klassische abdriftender Kammer-Folk. Nach „Star Is Just A Sun“ ein weiteres White-Birch-Meisterwerk und ein über die Maßen gelungenes Comeback, keine Frage.
(**** ½ – *****)
Breathe lädt mit dem Video zum Träumen ein….das ist unglaublich stimmig zu der Musik :-) !!
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Danke für Dein Feedback, Karin. The White Birch sind auf alle Fälle was für die ruhigen Stunden ;-) Liebe Grüße, Gerhard
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