Los ging’s am Montag zum konzertanten Wochenauftakt mit der australischen Americana-Songwriterin Emma Swift, die zierliche Lady aus Sydney verzückte das gut gefüllte ‚Unter Deck‘ mit ihrem entschleunigten, wunderschönen Country-Folk, vorgetragen mit sparsamem Gitarrenspiel und umso opulenterer Sangesstimme. Spätestens ab dem dritten Stück hatte sie mich am Haken, Emma meinte, sie spiele traurige amerikanische Songs, hauptsächlich beeinflusst durch Gram Parsons, und dann gab sie dessen Klassiker „Hickory Wind“ in einer betörenden Fassung zum Besten, die direkt ins Herz ging und mich einen Meter über dem Boden schweben lies. Mit einem Zitat aus dem Byrds-Meisterwerk „Sweetheart Of The Rodeo“ (1968, Columbia), dem Urmeter des Country-Rock, kann man schlichtweg nichts falsch machen und es ist mir immer eine besondere Freude, wenn sich die Jugend an den viel zu früh von uns gegangenen Paten des Alternative Country erinnert.
Oder, um ein leicht abgewandeltes „Taxi-Driver“-Filmzitat zu bemühen: „Mit Gram hast Du bei mir sechs in der Trommel und eine im Lauf und damit liegst Du immer vorn!“ ;-)))
Im weiteren Verlauf des Abends glänzte Emma Swift mit hervorragenden Eigenkompositionen, von denen ich vor allem das grandiose „King Of America“ hervorheben möchte, und brachte ihr mit viel Applaus bedachtes Konzert mit der Coverversion des Stücks „Shivers“ ihres Landsmanns Rowland S. Howard (The Birthday Party, Crime & The City Solution, These Immortal Souls) zum Abschluss.
Wer Lucinda Williams, Emmylou Harris oder die Cowboy Junkies mag, liegt bei Emma Swift goldrichtig.
Im weiteren Verlauf des Abends durften wir die begnadete Sängerin nochmals als Duettpartnerin von Robyn Hitchcock begrüssen, guckst Du weiter unten.
(**** ½)
Im zweiten Teil des Abends galt es eine lebende Legende zu begrüssen, den Mann, ohne den die englischsprachige Independent-Musik in der Form in den letzten Jahrzehnten schlichtweg undenkbar gewesen wäre, zu viele Bands und Musiker hat er im Lauf der Zeit beeinflusst mit den Soft Boys, den Egyptians oder seinen zahlreichen Soloprojekten: Robyn Hitchcock, einer der ganz großen Charakterköpfe unter den englischen Songwritern, begeisterte mit seinem unnachahmlichen Mix aus Folk, Songwriter-Pop und Psychedelic das dankbare Publikum, brachte Klassiker wie die Nummer „N.Y. Doll“ über den 2004 verstorbenen Dolls-Bassisten Arthur Kane oder „Trams Of Old London“ zum Vortrag und bespaßte die Menge wiederholte Male mit seinem gebrochenen, kauzigen Deutsch, dass er im Dialog mit den Zuhörern zu verbessern suchte.
Im weiteren Verlauf durfte wie eingangs erwähnt Emma Swift erneut begleitend mitmusizieren, die Duettgesänge waren von erlesener Schönheit, liefen aber wiederholt Gefahr, allzu sehr ins Harmonisch-Saumseelige abzudriften.
Im Zugabenprogramm gratulierte Robyn Hitchcock Ringo Starr, zu was auch immer (kürzliche Aufnahme in die Rock And Roll Hall Of Fame?), und gab als Ständchen die Lennon-Nummer „Jealous Guy“ zum Besten, die sich hinsichtlich Stimmlage erstaunlich nahe am Original bewegte.
Mit erneuter Unterstützung von Emma Swift ließ der Kult-Brite den bewegenden Abend auf der Bühne ausklingen, um anschließend am Merch zusammen mit seiner charmanten Begleitung und den Münchner Konzertgängern das ein oder andere launige Schwätzchen zu halten. Die Emma konnte Herkunft bzw. Bedeutung meines Dad-Horse-T-Shirts klären und wird sich wohl im Nachgang zu diesem Gespräch eingehend mit Bremer Keller-Gospel beschäftigen – würde ja auch perfekt ins Repertoire passen… ;-)))
(**** ½)
Zum Abschuss des heutigen Gedöns eine Aufnahme, die ich jedem ans Herz legen möchte, der auch nur im Entferntesten ein Interesse an britischer Pop-Musik der sechziger Jahre hat: Neben dem musikalischen Vortrag Robin Hitchcocks liest der großartige Joe Boyd aus seiner phänomenalen Dokumentation „White Bicycles“ (2009, Heyne Verlag), einem der besten Bücher über Musik, die ich bis dato kenne: