Neue Reihe zum Thema Musik-Konsum, in diesen Container kommt zukünftig alles rein, was bei Erstveröffentlichung vor 2, 5 oder 20 Jahren sträflich übersehen wurde oder gut Abgehangenes, das mal wieder den Weg aus dem heimischen Vinyl-, CD- oder Tape-Fundus in die Abspielgeräte gefunden hat, im Prinzip also jeder Tonträger, der ein älteres Produktionsdatum als das aktuelle Jahr oder das vom Vorjahr aufgestanzt hat und für die Diego-Armando-Maradona-Höchstwertung der „Spitzenprodukte“ nicht oder nicht ganz in Frage kommt – und falls ich beim 398. Versuch, auf ‚Sgt. Pepper‘ – „A Day In The Life“ ausgenommen – etwas anderes zu vernehmen vermag als gepflegte Langeweile, dann werde ich es ebenso in dieser Rubrik kundtun… 😉
„I don’t know why, but I had to start it somewhere, so it started there“, wie es in der Pulp-Nummer „Common People“ so schön heißt, und so macht eine Reggae-Scheibe den Anfang, wahrscheinlich wegen der derzeit phantastischen Sommer-Themperaturen, passt doch die karibische Volksmusik ganz wunderbar dazu:
Gregory Isaacs – Cool Ruler (1978, Front Line / African Museum)
Der Soft Souler unter den Reggae-Croonern hat 1978 mit seiner ersten Einspielung für das Virgin-Sublabel Front Line eines seiner stärksten Alben abgeliefert, die wunderbar entspannten Aufnahmen, die dem Sänger aus Kingston, Jamaica, zum leider nicht erfolgten internationalen Durchbruch verhelfen sollten, wurden unter anderem mit Größen des Fachs wie dem unerreichten Reggae-Rhythmus-Gespann Sly Dunbar und Robbie Shakespeare und dem Rocksteady-Vokal-Trio The Heptones in den Channel One Studios in Kingston eingespielt. Der traditionelle Reggae der siebziger Jahre bietet den Rahmen für die Sangeskünste des „Cool Rulers“ Isaacs, der einst vom amerikanischen Musik-Journalisten Milo Miles in der ‚New York Times‘ als der „exquisiteste Vokalist im Reggae“ bezeichnet wurde.
Das Album ist Grundlage für das ebenfalls 1978 erschienene Dub-Album ‚Slum In Dub‘, das sich zugegebenermaßen meiner Kenntnis entzieht. ‚Cool Ruler‘ liegt seit dem Jahr 2000 als Virgin-Records-Wiederveröffentlichung vor.
Gregory Isaacs hat im Oktober 2010 seinen langjährigen Kampf gegen den Lungenkrebs verloren und ist im Alter von 59 Jahren in London gestorben.
(**** ½)
Yo La Tengo – Fakebook (1990, City Slang)
Auch so eine Sommerplatte, nicht nur wegen der wunderschönen Eigenkomposition „The Summer“, und ganz sicher eine der charmantesten, rundum gelungensten und relaxtesten Alben des Trios aus Hoboken, New Jersey, das vor allem bei Liveauftritten die Nerven des Publikums durch exzessives Feedback-Gitarren-Gekreische arg zu strapazieren vermag.
Die Originale der Band sind auf diesem Album in der Unterzahl, dominiert wird das feine Werk von den vielen YLT-spezifisch interpretierten Coverversionen, unter denen vor allem das beschwingte „Here Comes My Baby“ von Cat Stevens und „Yellow Sarong“, im Original von The Scene Is Now durch schlichte, zupackende Indie-Pop-Schönheit bestechen sowie die tiefenentspannte Interpretation des auf seinem ‚Paris 1919‘-Meisterwerk enthaltenen „Andalusia“ von John Cale. Völlig losgelöst vom Original präsentiert sich auch die balladenhafte Interpretation des Daniel-Johnston-LoFi-Indie-Krachers „Speeding Motorcycle“ und selbst das Band-eigene Werk erhält in der Neufassung von „Barnaby, Hardly Working“ von der ‚President Yo La Tengo‘-EP einen Update.
Zeitlose Scheibe – „when the summer comes undone“…
(*****)
Spacemen 3 – Playing With Fire (1989, Fire Records)
Das Wiederhören mit diesem Endachtziger-Gitarrentrip ist der vor kurzem im Münchner Strom exerzierten Neo-Psychedelic-Gitarren-Orgie von Tess Parks und Anton Newcombe geschuldet, der Sound dieser drogenverseuchten Bande aus dem Vereinigten Königreich um die beiden Gitarristen Peter Kember und Jason Pierce war seinerzeit zum einen schwer beeinflusst von Bands wie MC5, Velvet Underground oder den 13th Floor Elevators und auf der anderen Seite wegweisend für alle möglichen nachfolgenden gewichtigen Psychedelic-/Postrock-Combos von My Bloddy Valentine über Mogwai bis Wooden Shjips und Bardo Pond.
„Playing With Fire“ ist ein einziger, psychedelisch-hypnotisch-düsterer, monotoner Gitarrenritt, der in der 11-minütigen Reminiszenz „Suicide“ an das Duo von Alan Vega und Martin Rev seinen ultimativen Höhepunkt erreicht und final ein unerwartet versöhnliches Ende in dem wunderschön mit viel Hall unterlegten, Vokal-dominierten Gebet „Lord Can You Hear Me?“ findet. Ein Werk aus einer Zeit, als Indie-Rock noch einen guten Namen hatte, seit 2001 dank Space Age Recordings als Reissue-Doppel-CD mit allem möglichen Demo-, Remix- und Live-Zeug erhältlich. Kommt in Robert Dimery’s „1001 Albums You Must Hear Before You Die“ vor und da gehört es auch zwingend rein.
(*****)
Gute Idee!
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Dankeschön ! ;-))
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Als Kind bekam ich mal eine „20-golden-Hits-Platte“ (oder so ähnlich) von den Kinks geliehen, ich war sofort hin und weg! 😀
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Ja, eine Best-Of von den Kinks lohnt auch oft, ich hab ehrlich gestanden auch eine, obwohl ich von ihnen viele reguläre Platten habe, aber manchmal macht das Hits-Hören einfach Spaß, bei den Byrds oder den Beatles („Rotes Doppelalbum“) geht es mir ähnlich.
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Bei Amiga, dem einzigen Plattenlabel für U-Musik, gab es mal eine Variante des „Blauen Album“, als einfache single-LP-Version (die schenkte mir mein Vater zum 14. Geburtstag). Viel gehört habe ich dann noch das sogenannte „Braune Album“ (Doppel-LP sämtlicher Love-songs), weil ich das in Bulgarien bekam (ohne Probleme!). Liebstes Beatles-Album? Na logisch: „Revolver“! 😀
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„Revolver“, würde ich auch sagen. „Rubber Soul“ ist auch ok, „Sgt. Pepper“ und das „Weiße“: eher nicht (das „Weiße Album“ hätte wahrscheinlich als einfaches Album gut funktioniert, wie „Sandinista“ von den Clash, die faden Nummern einfach streichen, aber möglicherweise ist diese Meinung nicht mehrheitsfähig…;-)))
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Oh Captain Kirk…
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Yes, the good Captain… ;-))
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… .but he wouldn’t go to Nimoy’s funeral.
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Shame on him. What happened?
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Eine gute Idee, lieber Gerhard! Und wieder interessant und hörbar und fein alles 🙂
Liebe Grüße – Karin und .diese oaden Hodan fetzen immer wieder…. 🙂
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Haha, vielen Dank Karin, de oidn Hodan, genau !! ;-))
Liebe Grüße,
Gerhard
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😀 !!!
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Da schließe ich mich gern dem Lob an, Gerhard. Und der erste Aufschlag ist schon ein As. William Shatner, Yo La Tengo, The Kinks… Lost but not forgotten. Das geht mir in den Soul Years auch oft so. Und da gibt es noch so vieles mehr.
Liebe Grüße aus dem hochsommerlichen Hamburg
Stefan
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Vielen Dank, Stefan, freut mich sehr.
Wir schwitzen hier auch gut was weg ;-))
Liebe Grüße + ein schattiges Plätzchen für’s Wochenende,
Gerhard
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Ich finde solche Serien inspirierend, weil man sich automatisch selbst erinnert. Hier gibt es noch immer eine angenehme laue Brise. So lässt es sich gut aushalten. Am Nachmittag soll es dann mal wieder gewittern.
Liebe Grüße aus dem sonnigen Norden,
Stefan
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Eben, Stefan, ich denke, es gibt einfach so viel altes Zeug (und Übersehenes), das auch mal wieder eine Erwähnung verdient.
Liebe Grüße, kurz vor dem Gewitter in München,
Gerhard
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