Reingehört (85)

REINGEHÖRT ROBERT FORSTER etc

Robert Forster – Songs To Play (2015, Tapete)
Kinder, wie die Zeit vergeht. Sieben Jahre sind ins Land gezogen seit ‚The Evangelist‘ (2008, YepRoc), dem letzten Album der australischen Songwriter-Ikone Robert Forster, dem John Lennon der Go-Betweens, jener Indie-Rock-/-Pop-Institution aus Brisbane, die über Jahrzehnte mittels ihrer Platten und Konzerte herausragende Melodien und den ganz großen Gitarrenpop ablieferten, an die dicken Geldkonten der Musikkonsumenten aber unverdientermaßen nie herankamen.
Forsters Vorgängerwerk war in seiner verhaltenen Melancholie und Nachdenklichkeit geprägt vom Schock des unerwarteten tödlichen Herzinfarkts seines Co-Songwriters und Bandkollegen Grant McLennan im Jahr 2006, der gleichzeitig das jähe Ende der im Jahr 2000 reformierten Go-Betweens bedeutete.
Das neue Album ‚Songs To Play‘ nun ist neben erwartet hervorragendem Songwriting geprägt von einer neuen Leichtigkeit im Sound, die Eröffnungsnummer „Learn To Burn“ startet mit ungewohntem Groove, bei „Let Me Imagine You“ bedient sich der Meister beim eigenen Backkatalog, die alte Schule an Go-Betweens-Klassikern wie etwa „Draining The Pool For You“ schwingt hier mit. „A Poet Walks“ bietet neben der gewohnten Forster-Dramatik und somit einem hervorragenden Pop-Song Sergio-Leone-Western-Feeling-vermittelnde Mariachi-Trompeten und vor allem schönes Violinen-Spiel von Karin Bäumler, seit vielen Jahren Lebensgefährtin des Musikers und ehemalige Sängerin der bayerischen Indie-Band Baby You Know.
Überraschend-angenehmes präsentiert der Australier in „Love Is Where It Is“ mit einer Mixtur aus Bossa Nova und geradezu französisch-angehauchter Chanson-Schwerelosigkeit, „Turn On The Rain“ bringt die nachdenklich-melancholische Seite Robert Forsters zum Vorschein und „I Love Myself (And I Always Have)“ lässt höchst gelungen vertraute Go-Bes-Gitarrenmelodien auf Country-Crooner-Lässigkeit treffen.
Die Erwartungshaltung hinsichtlich der neuen Songsammlung war bei einem altgedienten Go-Betweens-Fan wie mir selbstredend riesig, seit ich die australischen Independent-Größen das erste Mal Mitte der achtziger Jahre auf der Bühne der Münchner Manege gesehen habe, bin ich bei der Band oder späteren Robert-Forster-Solokonzerten über die Jahrzehnte immer gerne zu Gast gewesen und die Tonträger waren in der Regel sowieso alle Pflichtkäufe.
Hinsichtlich ‚Songs To Play‘ fällt das Fazit nicht schwer: ohne Frage eine respektable Arbeit, die die großen Erwartungen an die hohe Songwriter-Kunst Robert Forsters größtenteils erfüllt, auch wenn das Album hinsichtlich Tiefgang, zupackender Dramatik und erstklassiger Melodien nicht ganz an das phänomenale Solo-Debüt ‚Danger In The Past‘ (1990, Beggars Banquet) oder das rundum gelungene Vorgängerwerk ‚The Evangelist‘ heranreicht – Go-Betweens-Klassiker wie etwa die 1986er-Inselplatte ‚Liberty Belle And The Black Diamond Express‘ (Beggars Banquet) oder die sagenhafte Comeback-Scheibe ‚The Friends Of Rachel Worth‘ (2000, Clearspot) mag ich in dem Zusammenhang erst gar nicht ins Feld führen, sie bedürfen einer gesonderten Würdigung.

Robert Forster wird im kommenden Dezember im Rahmen seiner Europatournee einige Konzerte in Deutschland, Österreich und der Schweiz spielen. München steht leider nicht auf dem Plan und das Konzert am 19. Dezember in Regensburg ist bedauerlicherweise schon ausverkauft, wahrscheinlich hat die niederbayrisch-oberpfälzische Verwandtschaft seiner Frau die gesamten Tickets bereits eingesackt. Wäre sicher ein netter vorweihnachtlicher Ausflug in die schöne Donaustadt geworden mit Dom-Besuch, lecker Gedeck im denkmalgeschützten Wirtshaus „Zum Bären an der Kette“ und abschließend zur Krönung des Tages zur Forster-Abend-Andacht, aber Ihr kennt ja den berühmten Spruch eines ehemaligen Generalsekretärs des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion…
(**** ½)

14 Kommentare

      1. der Termin vor Weihnachten ist zwar irre…weil da rennt eh jeder auf 140% und ist total verrückt…aber vielleicht ist das ein Zeichen sich guter Musik zu widmen…! Ich geb dir Bescheid…wie es war ;-) !! Danke für den Tipp!! Lieben Gruß – Karin

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      2. Der Robert Forster ist genau der Richtige, um einen runterzubringen im vorweihnachtlichen Wahnsinn. Ja, erzähl, wie’s war, wenn Du hingehst, unbedingt.
        Liebe Grüße,
        Gerhard

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  1. Die Go Betweens waren einer der essentiellen Bands der 80/90er Jahr. Ganz großartig und von zeitloser Klasse. Robert Forster ist für mich ein Poet der das Storytelling und Songwriting perfekt beherrscht. Wie sagte er in einem Interview: “I wanted time to pass, for there to be a cut-off. I knew what happened next would be the start of something new.” Mir gefällt das neue Album gut und ich bin bei Dir, das es nicht ganz an seinen Vorgänger heran reicht.
    Liebe Grüße
    Stefan

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    1. Danke für Deine Anmerkung, Stefan.
      Für mich persönlich würde ich die Go-Betweens zu den 3 wichtigsten Bands der 80er Jahre zählen. Sowohl auf Platte wie in Konzerten waren sie stets exzellent. Gehst Du auf das Forster-Konzert in Hamburg?
      Liebe Grüße,
      Gerhard

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      1. Da bin ich bei Dir, was die Bedeutung der Go Betweens betrifft, die ich damals auch live bewundert hatte. Forster habe ich einmal live gesehen, was mich nicht ganz so begeistert hatte. Ich werde mal schauen, ob ich hingehen werde. Im Dezember habe ich auch einige Pflichtveranstaltungen ;)
        Liebe Grüße und einen entspannten Abend,
        Stefan

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      2. Ich habe Robert Forster das letzte Mal vor sieben Jahren gesehen, im Rahmen seiner ‚Evangelist‘-Tour, da fand ich ihn ausnehmend gut. Bin schon etwas enttäuscht, dass er München links liegen läßt, Regensburg wäre auch ok gewesen, aber wie gesagt… Dezember ist natürlich immer eine heiße Zeit, was Termine betrifft – vielleicht geht es sich ja aus für Dich.
        Liebe Grüße und einen schönen Abend,
        Gerhard

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