Crippled Black Phoenix @ Strom, München, 2015-12-09

Analoger Ganzkörper-Scan, am Club-Eingang, den Terroranschlägen von Paris/Bataclan geschuldet. Daran werden wir uns in nächster Zeit gewöhnen dürfen. War aber an dem Abend das einzig Unangenehme, ansonsten gibt’s nur frohe Botschaft vom diesjährigen München-Gastspiel des Prog-Rock-Kollektivs Crippled Black Phoenix aus Bristol/UK zu berichten.
In der Band um den Gitarristen Justin Greaves gibt es seit einem Jahr zwei neue Gesichter, Karl Demata und der deutsche Bassist Christian Heilmann verließen die Combo im Dezember 2014 im Unfrieden, seitdem sind Jonas Stålhammar an Gitarre und der seit 2008 bei der UK-Space-Rock-Legende Hawkwind engagierte Basser Niall Hone zugange, aushilfsweise am Gesang durfte wie bereits bei der letzten Tour die schwedische Merchandising-Lady Belinda Kordic als Gastsängerin brillieren.
Auch in neuer Besetzung boten CBP von der ersten Sekunde an den erwartet druckvoll-düsteren Breitband-Progressive-Rock, die intensiven Eindrücke früherer Jahre wurden ein weiteres Mal eindrucksvoll untermauert/verstärkt, die Reminiszenzen an 70er-Deep-Purple-Hardrock und vor allem den Postrock der Neuzeit bleiben feste Konstanten im Sound der Briten, Mogwai-Bassist Dominic Aitchison war seinerzeit in der Gründungsphase kurzfristig Mitglied und hat wohl seine Spuren im Klangbild der Band hinterlassen, Crippled Black Phoenix dürften eine der wenigen maßgeblichen zeitgenössischen Bands sein, die den 70er-Jahre-Progressive-Rock britischer Prägung mit modernen Klangelementen versehen und so für das 21. Jahrhundert salonfähig machen.
Über volle zwei Stunden wurde das Publikum im gut gefüllten Strom-Club bestens bedient mit Klassikern wie dem obligatorischen Opener „Rise Up And Fight“, „NO!“, „The Brain/Poznan“, „444“, „We Forgotten Who We Are“, „Long Live Independence“, das final euphorisch unter lautstarker Publikumsbeteiligung abgefeierte „Burnt Reynolds“ und neuem Material, dem Titelstück der aktuellen Tour-EP „New Dark Age“ und der Pink-Floyd-Nummer „Childhood’s End“ von deren 1972er Album ‚Obscured By Clouds‘ (Harvest), die verdeutlicht, welchen musikalischen Vorbildern die Band zugewandt ist.
Wenn im ‚Substanz‘ die Live-Übertragung des 1860-Zweitliga-Gewürges durch ist und im Anschluss die Bundesliga-TV-Übertragung beginnt, lässt sich Wirt Jürgen gern mal zu der Ansage „Jetzt zeigen’s an gescheiten Fußball“ hinreißen, und so vergleichbar gestaltet sich das auch, wenn CBP die Bühne betreten: dann gibt’s eine „gescheite“ Rockmusik, zupackende, auf den Punkt gespielte Gitarrenriffs, maßvoll eingerahmt von einer druckvoll aufspielenden Rhythmusabteilung und bereichert um das gewichtige Keyboard-Georgel der wunderbaren Daisy Chapman und des seriösen Tasten-Arbeiters Mark Furnevall, keine Gnade für überflüssigen Flitter und Tand gewährend, virtuos, vital, immer wissend, wo der Hammer hängt.
Gerne würde ich jetzt an der Stelle kundtun, dass hier eine herausragende Live-Band den würdigen Anlass für den Abschluss in der Berichterstattung im Kulturforum über ein exzellentes Konzertjahr 2015 lieferte, aber da kommt noch was…
(***** ½)

Fotos vom 2014er-CBP-Konzert im Münchner Backstage: guckst Du hier.

Crippled Black Phoenix / Homepage

6 Kommentare

  1. Vielen Dank für den interessanten Bericht und die tollen Fotos und Videos. Höre mich gerade durch das zweite. Habe von der Band noch nie gehört zuvor. Interessante Mischung an Musik, die an Vertrautes / Bekanntes erinnert. Die Frauenstimme gefällt mir auch gut in Of A Lifetime. Ich wünsche Dir einen guten Start in die Woche! Liebe Grüße von Nebenan

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    1. Danke für Deine Anmerkungen. Ich habe den Eindruck, CBP werden bei Plattenbesprechungen gerne mal übersehen, sie genießen aber seit Jahren den Ruf einer exzellenten Live-Band, und das völlig zu Recht. Ich hab sie mir das erste Mal vor Jahren mehr oder weniger auf Verdacht angesehen und war völlig begeistert. Freut mich, wenn Du damit was anfangen kannst.
      Dir auch eine gute Woche und liebe Grüße,
      Gerhard

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      1. Du hast Recht, sogar ich habe mich bisher nicht zu einer Plattenbesprechung hinreißen lassen. ;-) Woran das liegt, kann ich gar nicht sagen. Die letzten Alben gefallen mir ausgesprochen gut. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben… Wobei in den einschlägigen analogen Rock- und Progmagazinen tauchen sie regelmäßig auf.

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      2. Ihre Alben gefallen mir auch gut. Hab mir die neue Tour-EP mit der ellenlangen „Echoes“-Pink-Floyd-Coverversion mitgenommen, bin aber am Wochenende noch nicht zum hören gekommen. Ich werde beizeiten berichten.
        Viele Grüße,
        Gerhard

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