Michael Nyman – War Work: 8 Songs With Film (2016, Michael Nyman Records)
Der Mensch als Kampfmaschine oder als fühlendes Wesen, diese Frage wirft der englische Minimal-Music-Komponist Michael Nyman mit seinem neuesten Werke auf, dass sich, wie bereits zuvor Arbeiten der Musiker-Kollegen von den Tindersticks und den Einstürzenden Neubauten, konzeptionell mit dem ersten Weltkrieg auseinandersetzt.
Der Komponist bringt dabei sein symphonisches Werk, wie man es aus seinen Filmmusiken zu den Arbeiten von Peter Greenaway und vor allem aus dem Soundtrack für Jane Campions Film „Das Piano“ kennt, mit der Altstimme von Hilary Summers in Einklang, welche acht Gedichte aus der Zeit des ersten großen Weltenbrands vertont, wobei einzelne Text-Passagen oft unverstanden bleiben, kämpft die Vokal-Kunst der Sängerin im Verbund mit den Streichern mitunter under wartime conditions gegen die Lautstärke der Bläser-Sätze, die nichtsdestotrotz angenehm an Frühwerke der Michael Nyman Band wie etwa den Purcell-beeinflussten Soundtrack zu ‚The Draughtsman’s Contract‘ (1982, Virgin) erinnern.
(**** – **** ½)
How To Cure Our Soul – Saigon (2015, Audiobulb Records)
Der Titel der zweiten Veröffentlichung der unter dem Projektnamen How To Cure Our Soul agierenden Italiener Marco Marzuoli und Alessandro Sergente weckt ebenfalls Erinnerungen an kriegerische Auseinandersetzungen im vergangenen 20. Jahrhundert, ob das Duo damit auf den Vietnam-Krieg referenzieren will, bleibt ebenso unklar wie der monotone Ambient-Drone der beiden jeweils fast halbstündigen Stücke “Aurea” und “Opium”. Die Intention der abstrakten Instrumental-Musik, fernab jeglicher Songstrukturen, mag ebenso schwer zu deuten sein wie der Albumtitel. Die entspannte, entschleunigte Ruhe der Musik verlangt nach ergänzender (digitaler) Visualisierung und würde sich so in der Form perfekt in die Münchner frameless/frameworks-Reihe einfügen.
(*** ½ – ****)
Fossil Aerosol Mining Project – The Day 1982 Contaminated 1971 (2015, Fossil Aerosol Mining Project)
Töne anstelle von Melodien auch hier: Field Recordings, zusammengesetzt aus über defekte Tonspuren abgespielte Film-Sequenzen/-Dialoge-/-Sounds, Sprachfetzen und Alltagsgeräusche. Die Band soll sich in früheren Arbeiten bereits mit Material aus George A. Romeros „Dawn Of The Dead“-Streifen beschäftigt haben, entsprechend morbide klingt auch der Ansatz auf dem aktuellen Werk, das sich gefühlt weit mehr mit verfaulendem Film-Material als mit dessen Inhalten auseinanderzusetzen scheint, die gesampelten Fragmente werden wahlweise angereichert/unterlegt mit einem pochenden Takt und/oder undefinierbarem Hardcore-Ambient-/Drone-Grundton. Ob sich dieses Konzept über eine gesamte Album-Länge als tragfähig erweist, hängt in erster Linie von der Toleranz der Hörer ab. Der frühe englische Post-Punk aus der Ecke Throbbing Gristle und Cabaret Voltaire lässt schön grüßen.
(*** ½ – ****)
Crown of creation or thorns.
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