Friends Of Gas + Daniel Gr @ Milla, München, 2016-04-01

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Bevor es mit der Tape-Release-Sause der Friends Of Gas am vergangenen Freitag im Milla Ernst wurde, durfte der Münchner Solokünstler Daniel Gr im Vorprogramm den Saal für eine halbe Stunde bespielen.
Zu den Auftritten von John Cale hielt sich Anfang/Mitte der achtziger Jahre die Mär, dass ein bestimmter Tour-Bassist bei Konzerten auf Anweisung des großen Diktators hinter den Lautsprechern im Verborgenen spielen musste, Wahrheitsgehalt der Geschichte ist mindestens fragwürdig, auch David Gr hatte sein Equipment neben der Bühne im Zuschauerraum platziert, im Gegensatz zur Verbannung des Cale-Bassisten schien es sich aber um eine freiwillige Niederlassung zwecks Musizierens zu handeln.
Die Darbietung wurde im Vorfeld als „Rhythmisch. Melodisch. Einfach“ charakterisiert, was sich zu Beginn tatsächlich nach simpel strukturiertem Loop-Einspielen via Congas und Gitarren-Drones präsentierte, entwickelte im weiteren Verlauf einen hypnotischen, nahezu meditativen Sog, die Gitarrenläufe über den gesampelten Flow erinnerten im Ansatz an die experimentelleren, solistischen Klang-Ausflüge der ehemaligen Sonic-Youth-Gitarristen Thurston Moore, Lee Ranaldo und Jim O’Rourke.
In der Form oder auch ergänzt um entsprechende Videoinstallationen im visuellen Bereich ein Kandidat für das Münchner Frameworks-Festival für Experimental-Musik.
(****)

„Each of the member’s stage personalities is fantastic to watch, and together they create this monster performance, between addictive guitar riffs and stunts, dancey drum beats, banger bass lines, improvisations that are bigger than nature, and of course, of course, Nina Walser’s smoky singing voice that cuts through tight melodies with surgical precision.“
(Emilie Gendron, munichagain.com)

So kann man das beschreiben, wenn die Ladies und Gentlemen Nina Walser, Veronica Burnuthian, Thomas Westner, Martin Tagar und Erol Dizdar die Bühne entern, und so war es auch am Freitag zur Feier der Veröffentlichung des auf 150 Stück limitierten 4-Stücke-Tapes der Friends Of Gas auf dem Butzen-Records-Label, zu dem die Band wie bereits vor kurzem bei ihrem intensiven Auftritt im Rahmen des Übungsraum-Benefiz der Glockenbachwerkstatt ganz groß aufspielte in Sachen scheppernder Noise-Rock und nervös-fräsender Post-Punk, über den der frostig/schneidend/harte Gesang von Frontfrau Nina Walser mit Wucht und Nachdruck hereinbrach. Gepaart mit einem formvollendeten Bühnengebaren, das sich nur mit den Größten des Fachs wie dem legendären Ian Curtis messen muss, verlieh sie dieser für das Quintett typischen urbanen Kälte Ausdruck, die an vergangene Zeiten erinnert, in der in der hiesigen Popmusik kurzfristig alles möglich schien. Eine Zeit, in der lokale Bands vor Ideenreichtum und Energie sprühten, ein kurzes, heftiges Aufflackern an Kreativität und Ausdrucksform, wie sie in der Art die End-Siebziger/Anfangs-Achtziger subkulturell prägten, und doch gelingt den Friends Of Gas mit ihrer gelungenen Koexistenz der diversen Genres der Sprung in die Jetztzeit auf das Eleganteste.
Das Klangbild franste am Freitag im gut besuchten Kellergemäuer des Milla in den ausgedehnten Instrumental-Passagen mitunter in Richtung improvisierter Prog- und Space-Rock aus, als Gesamtkunstwerk bot die tonale Attacke nichtsdestotrotz eine Pop-ästhetische Frischzellenkur, die nicht nur der örtlichen Szenerie mehr als gut zu Gesicht steht.
(**** ½ – *****)

Im Doppelpack konzertant spannend wird es in München wieder mit den Friends Of Gas zusammen mit den Polit-Punk-Musikanten von Human Abfall aus Stuttgart am 1. Juli im Sunny Red/Feierwerk. Hingehen und die Bude vollmachen, lohnt über die Maßen.

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6 Kommentare

    1. Naja, glaubt man der Autobiografie von Johnny Rotten, war das bereits mit dem Medienzirkus vom McLaren bei den Pistols möglich… Wie hat er bei seinem letzten Konzert mit der Band 1978 im Winterland/SF zum Schluß so schön gesagt: „Ever get the feeling you’ve been cheated?“
      Gilt aber definitiv nicht für die Friends Of Gas !! ;-)

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