dunk!Festival 2016: 3 Tage Vollbedienung in Sachen Post-Rock, Post-Metal, Ambient, Drone und Experiment in Ostflandern dank curt-Magazin München, 37 Bands/Musiker von Christi Himmelfahrt bis Samstag unter optimalen Wetterbedingungen, here we go:
Seit 2005 richtet ein Team von jungen und junggebliebenen Freiwilligen in familiärer Umgebung eines der interessantesten Festivals in Europa für die genannten Genres in Zottegem/Velzeke aus, circa 30 Kilometer südlich der Provinz-Hauptstadt Gent im ländlichen Grünen gelegen.
So manche Schwergewichte aus dem Post-irgendwas/Prog/Experimental-Bereich wie Mono, And So I Watch You From Afar, Caspian, sleepmakeswaves, Maserati, Silver Mt Zion oder die auch in diesem Jahr auftretenden This Will Destoy You gaben in den vergangenen Jahren hier schon ihre Visitenkarte ab.
Auf dem Gelände des örtlichen Basketball-Clubs Helios Zottegem findet sich die perfekte Infrastruktur für zwei Konzert-Zelte, ein mehr als anständiges Angebot an Verpflegung inklusive belgischen Fritten, Kirsch- und anderen lokalen Bieren und kostenfreiem Kaffee, sanitären Anlagen und einer lauschigen Wiese am Ortsrand zum Einschlagen der Campingzelt-Heringe.
Nach achtstündiger Autofahrt via Augsburg, Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Koblenz, Aachen und Brüssel genau das noch schnell bewerkstelligt, das Festival-Armband umhängen lassen und dann ging es auch schon los auf der Main Stage mit dem ersten Auftritt der Veranstaltung.
Die Ehre der Festival-Eröffnung gebührte der Scream-/Post-Hardcore-Band Fall Of Messiah aus dem nordfranzösischen Saint Jans Cappel, brachiale Gitarren, unvermitteltes Gebrüll des Drummers und klassischer Post-Rock in den entspannteren Instrumental-Passagen sorgten für eine optimale Einstimmung auf die nächsten drei Tage.
Im kleineren ‚Stargazer‘-Zelt neben dem Catering-Gebäude, das auch für Besucher ohne Ticket geöffnet war und die nächsten Tage tendenziell die Bühne für den experimentelleren Teil der Veranstaltung bot, folgten die jungen Männer von Slowrun aus Finnland mit instrumentalen Gitarren-Epen, getragenen Klang-Strukturen und punktuellen Drone-Einschüben, die die nordische Mystik perfekt in den Post-Rock-Kontext übersetzten.
Die Math-Rock Band Mutinity On The Bounty aus Luxemburg musste kurzfristig ihre Teilnahme am #dnk16 absagen, damit bot sich die Gelegenheit für die polnische Band Spoiwo zu einem Auftritt im großen Zelt, die ursprünglich zu einem späteren Zeitpunkt für die kleine Bühne eingeplante Post-Rock-Formation aus Danzig nutze den opulenten Sound und die exzellente Light-Show-Präsentation für ein erstes Festival-Highlight, die sympathische Combo zog in Sachen getragene Neo-Klassik, Ambient und hohe Gitarren-Schule alle Register und durfte folgerichtig dankbar-ergriffen den frenetischen Applaus des Publikums entgegennehmen, für viele Besucher waren die jungen Polen eine der ganz großen positiven Überraschungen der Veranstaltung.
Das Trio Stefan Panea, Alex Ghita und Marius Costache aus Bukarest setzte mit ihrem Projekt Environments ein erstes Ausrufezeichen in Richtung Grenzgang zwischen Drone, Krautrock und Ambient, der schwere, getragen, düstere Sound gemahnte an Endzeit-Stimmung, das Stargazer Magazine #2 zum Festival hat das mit „leading through dark forests, haunted houses and sleeping cities“ absolut treffend in Worte gefasst. Ein würdiger Ersatz für die Tags zuvor wegen Konzert-Overload nicht besuchte Münchner frameless-Veranstaltung…
Dunkel-düster, durch brachiale Gitarren-Attacken und infernalischen Vokal-Vortrag geprägt ging es weiter mit Obscure Sphinx aus Warschau und ihrer Spielart des Post- und Sludge-Metal, das wuchtige Klangbild der Polen wurde gekrönt vom unvergleichlichen Auftritt der oft schwerst verzweifelt schreienden Frontfrau, das mag nicht für jede/n die glücklichmachende Nummer gewesen sein, aber eine absolut in den Bann ziehende Bühnenpräsenz kann Frau Wielebna schwerlich abgesprochen werden.
Nächste Station ‚Stargazer‘-Bühne: Das kurzfristig als Ersatz für Mutinity On The Bounty eingesprunge Trio In Wolves sorgte mit Keyboard-lastigem und Trommel-dominierendem Sound zwischen Experiment und Hymne für ein spannendes Gemisch aus End-Siebziger-lastigem New Wave und Post-Punk, angenehmste Assoziationen an den ureigenen Sound der Residents, die herausragende Percussion der englischen Postpunk/Prog/Experimental-Pioniere This Heat oder das bezwingende, Kraut-lastige Klangbild der frühen PiL wurden wach.
Die Haupt-Bühne bot sodann ganz großes Kino, erneut aus Polen, es war irgendwie der Tag schlechthin für die osteuropäischen Nachbarn, Tides From Nebula aus Warschau zelebrierten Post-Rock zum Genießen, die Sound-gewaltigen Epen/Dramen der Band sind absolut erste Liga im Genre. Das seit 2008 bestehende Quartett hat bereits 2014 das dunk!Festival bespielt, wer dem Auftritt vom vergangenen Donnerstag beiwohnen durfte, kann die erneute Verpflichtung der Mannen absolut nachvollziehen. Ein Festival-Highlight, keine Frage.
Ein Höhepunkt jagte den nächsten, der ersten Festival-Tag hinsichtlich kleiner Bühne fand einen würdigen Abschluss mit dem Auftritt des Dänen Nils Gröndahl und seinen schwergewichtigen, geloopten Violinen-Drones, der Solo-Auftritt des Geigers mit den Pedalen war ein über die Maßen spannendes, stimmiges Konglomerat aus Górecki-Neoklassik, durch den Verzerrer gejagten Elektro-Blues-Klängen und in den Vokal-Stücken an deutschen Indie-Pop angelehntem Songwriting. John Cale hätte vor Freude geweint beim Auftritt des dänischen Noise-Derwischs. Ich auch, fast.
Den Headliner am ersten Tag auf der Haupt-Bühne gaben die vier Experimental-/Math-Rock-/Elektronica-Experten von 65daysofstatic aus Sheffield, die Band hatte wie bei ihrem letzten München-Konzert mit den seinerzeit furios aufspielenden Australiern von sleepmakeswaves als Opener einen schweren Stand, wo zu früherer Stunde vor allem die beiden polnischen Bands Spoiwo und Tides From Nebula auf ganzer Linie überzeugten, mochte bei den Engländern so manche stilistische Nahtstelle zwischen rhythmischer Elektronik und schwerem Gitarren-Bombast nicht recht zusammengehen, wo die sich auftürmenden Gitarrenwände voll und ganz überzeugen konnten, kam bei den dumpf-uninspirierten Beats nicht permanent ungeteilte Freude auf. Anyway, auch wenn wir in diesem Leben offensichtlich nicht mehr die dicken Freunde werden, die zahlreich anwesenden Fans der Combo hatten nichtsdestotrotz sichtlich ihren Spaß.
(Fortsetzung folgt)
Hammer-geil, Gerhard! :D Da hat man lange was von, da zehrt man dran! Gruß, Andreas
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Absolut, Andreas. War wirklich ein Riesen-Spaß. Ein paar Tonträger zum Nachbearbeiten sind natürlich auch noch hängengeblieben am Merch… ;-)))
Viele Grüße,
Gerhard
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