In diesen Wochen findet wie alle Jahre im Hochsommer auf dem von Schließung bedrohten Münchner Backstage-Areal die kostenlose „Free & Easy“-Konzertreihe statt, neben den üblichen Verdächtigen aus den Bereichen Metal und Punk wie Napalm Death und The Exploited wurde heuer sozusagen ein Festival im Festival implementiert, zwei Tage lang traten unter dem Logo des „TAKE OVER DAZE Festival!“ renommierte Bands aus den Bereichen des rein instrumentalen Tech-, Post- und Progressive-Metal, Postrock, Math Rock und Djent auf, am zweiten Tag der Reihe ist es sich zeitlich mit einem Besuch im Backstage Werk ausgegangen. Die Arena-artige Halle war mit ihrer großen Bühne und der exzellenten Akustik der optimale Rahmen für diese Nummer.
Die Prog-Metal-Band Disperse aus dem polnischen Przeworsk eröffnete den Abend und konnte wegen bester Essensfassenzeit von unserer Seite nicht gewürdigt werden, eingestiegen sind wir dann beim konzertanten Instrumental-Vortrag des tschechischen Trios Modern Day Babylon, die Band veröffentlichte seit 2011 zwei Alben und eine EP und besticht durch einen gekonnten Mix aus Post-Metal, Prog- und melodischen Post-Rock mit dezenten Ambient-Beigaben, ein völlig unverkrampfter, null verkopfter Ansatz, die euphorisierenden Klangwelten sind mindestens bei der Postrock-Fraktion im zahlreich erschienen Publikum auf viel Gegenliebe gestoßen.
Die Bands/Projekte Plini und Intervals traten in personell identischer Besetzung auf, das kanadisch-australische Quartett spielte unter Führung des jungen Ausnahme-Gitarristen Plini aus Sydney vertrackte Progressive-Rock-Epen, die zu Beginn schwer verdauliches Jazz-Fusion-/Santana-Gefrickel befürchten ließen, im weiteren Verlauf des Konzerts lösten sich die Störgefühle rasch in Wohlgefallen auf, der Australier driftete mit seinen außergewöhnlichen Fertigkeiten an der Gitarre in komplexe, von der „Starless And Bible Black“- und „Red“-Phase King Crimsons schwer beeinflusste Progressive- und Experimental-Rock-Gefilde ab. Nach einer kurzen Umbaupause übernahm Aaron Marshall als Lead-Gitarrist die künstlerische Leitung der Band, mit seinem seit 2011 bestehenden Projekt Intervals schlug er eine deutlich härtere Gangart in der musikalischen Darbietung an, der junge Mann aus Toronto gilt längst als feste Größe im Bereich Progressive Metal/Djent, auch Freunde des gepflegten Post-Metal sind beim intensiven, gerne auch mal ein feines Gespür für melodischere Ansätze andeutenden Vortrag des Quartetts voll auf ihre Kosten gekommen. Für so manchen war der Intervals-Auftritt der eigentliche Headliner-Gig des Abends.
Das große Finale in deutlich weiter gestecktem Zeitrahmen zur Entfaltung ihres komplexen Klangteppichs spielten Animals As Leaders aus Washington D.C., das Trio um Gitarrist Tosin Abasi zählt zur Speerspitze der Neo-Progressive-Metal-Bewegung, die abstrakten, mehrdimensionalen Klanggebilde verlangten von den Zuhörern einiges an Konzentration, wo die Bands im Vorfeld zum Auftritt der drei Amerikaner noch Strukturen im klassischen Rock-Kontext erkennen ließen, beeindrucken Abasi und seine beiden Mitmusiker Matt Garstka und Javier Reyes mit komplizierten Tempi- und Rhythmen-Wechseln und abgehackten, von hoher technischer Fertigkeit zeugenden Gitarrenriffs auf den achtsaitigen Instrumenten. Die Band hat unüberhörbar einen goldenen Mittelweg gefunden zwischen konventionellem Post- und Progressive-Metal und schwer verdaulichem Mathcore-Stoff, wie ihn beispielsweise The Dillinger Escape Plan zum Besten geben.