Wrekmeister Harmonies – Light Falls (2016, Thrill Jockey)
Geht auch komprimierter: Auf seinen früheren Meisterwerken wie „You’ve Always Meant So Much to Me“ (2013) oder zuletzt auf „Night of Your Ascension“ (2015, alle: Thrill Jockey) hat Mastermind J. R. Robinson mit seinem experimentellen Drone-/Post-Metal-Kollektiv in einem einzigen Flow zwischen 30 und 40 Minuten Anlauf genommen, um über getragene Ambient-Meditationen in langsamer Steigerung der Intensität zur finalen, befreienden tonalen Entladung zu finden, abschließend mit der schieren Schönheit der geballten Post-/Drone-Metal-Wucht vorgetragen. Auf dem aktuellen Album „Light Falls“ besticht Robinson alternativ mit sieben einzelnen Stücken, im Wrekmeister-Harmonies-Kontext in einer Länge zwischen 1:32 und 7:29 nahezu Miniaturen und im Sound für Robinson-Verhältnisse fast schon konventioneller Postrock (aber nur fast).
Mit so illusteren und hochgeschätzten Gästen wie Sophie Trudeau, Timothy Herzog und Thierry Amar von der kanadischen Postrock-Institution Godspeed You! Black Emperor und dem hier eher nicht vermuteten Tim-Buckley-Wiedergänger Ryley Walker strahlt Robinson wie ein Fixstern am Post-Metal-Himmel mit seinem Konglomerat aus Neo-Klassik, kontemplativem Ambient, schweren Bässen, Acid-Rock-artigen Drone-Gitarren, an die Hochzeiten des Krautrock gemahnenden Keyboard-Passagen und bezwingenden, irgendwo zwischen Euphorie und Verzweiflung schwankenden Postrock-Ausbrüchen. Das bisher rein instrumentale Konzept wird auf „Light Falls“ durchbrochen durch Sprechgesang („Light Falls I – The Mantra“) und Gebrüll („Some Were Saved Some Drowned“).
Die Philosophie des Albums ist beeinflusst von den Gedanken in Primo Levi’s Werk „Ist das ein Mensch?“ über seine Zeit im KZ Auschwitz, in der er zu dem Schluss kommt, dass Unmenschlichkeit entsteht, wenn sich die Umstände langsam ändern und Menschen beginnen, diese zu akzeptieren, Robinson meint hierzu: “I wanted to sonically convey the idea of slow, creeping change. When I came up with the title I was thinking of how when daylight turns to night time it’s a very gradual process. You are lulled into watching this slow, peaceful sunset but then all of a sudden you look up and it’s dark.”
Wenigen ist es derzeit gegeben, den Wandel und die schillernde Dunkelheit in derart faszinierende, erschütternde Musik zu fassen wie dem Experimental-Komponisten aus Chicago/Illinois.
Ein gewaltiger Schritt vorwärts in der Wrekmeister-Harmonies-Entwicklung, ausgehend/losgetreten von einem Niveau, das ohnehin der großen Mehrheit des Genres für immer unerreichbar bleibt. Ausgedehnte Europa-Konzertreise wäre mal schwer angezeigt.
(*****)
Das gefällt mir ausgesprochen gut – danke für diese Neuentdeckung :)
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Die Vorgänger-Alben sind auch exzellent, kann ich schwer empfehlen.
Liebe Grüße,
Gerhard
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oft bin ich bei robinson hin- und hergerissen, die launen seiner musik übertragen sich auf meine rezeption. hier sind einige sehr starke passagen drauf, in gänze brauche ich zwischendurch etwas ablenkung.
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Ich mag ihn sehr, momentan trifft er voll ins Schwarze…
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So, dank deiner Jahresendliste nun auch für mich entdeckt. Grossartig. Werde nun die Discographie des Herrn von hinten aufrollen.
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Das kann ich Dir schwer ans Herz legen, lohnt sehr !
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