Reingehört (234): Conor Oberst

KULTURFORUM Winter www.gerhardemmerkunst.wordpress.com (2)

I miss Christopher Hitchens
I miss Oliver Sacks
I miss poor Robin Williams
I miss Sylvia Plath
Every morning’s a desert
Every night is a flood
They say a party can kill you
Well sometimes I wish it would
(Conor Oberst, A Little Uncanny)

Conor Oberst – Ruminations (2016, Nonesuch)
Ergreifend wie lange nicht mehr: Bright-Eyes-Vorturner Conor Oberst hat sich auf seinem aktuellen Soloalbum auf das Wesentliche konzentriert, unnötigen, überflüssigen Zierrat im Klangbild offensichtlich erst gar nicht in Betracht gezogen und damit so ziemlich alles richtig gemacht. Im Mittelteil des Albums bringt er eine Handvoll etwas weniger bezwingende, im Gesamtbild leicht abfallende, vor sich hin schwurbelnde Folk-Balladen, ansonsten ist das Liedgut auf „Ruminations“ von erlesener Güte, geprägt von der Stimme des immer noch jungen Mannes aus Omaha/Nebraska, die seit jeher zwischen Schmerz, Mutlosigkeit, aufkeimender Hoffnung und Verzweifeln an der Welt irisiert, eingebettet in intensive Folk-Tunes, die spartanisch und gleichzeitig doch ausreichend opulent mit einfachster Piano- und Wandergitarren-Instrumentierung auskommen und in Frühphasen-Literaturnobelpreisträger-Bob-artigem, offensivem Mundharmonika-Gebläse ihre Krönung finden. Sein Gespür für gefangen nehmende Dramatik im Songwriting hatte Oberst in der Vergangenheit schon oft unter Beweis gestellt, etliche der aktuellen Arbeiten reichen an die Qualität von Perlen seiner Bright-Eyes-Meisterwerke wie „Fevers And Mirrors“ (2000) oder „I’m Wide Awake, It’s Morning“ (2005, beide: Saddle Creek) heran, hinsichtlich der nachdenklichen und emotionalen Texte fühlen sich die geneigten Oberst-Hörer seit jeher wohl in den Songs, so wie sich Leser in der tragikomischen Melancholie der Werke von amerikanischen Autoren wie J.D. Salinger oder John Irving gut aufgehoben fühlen.
Dunkle, persönliche, einsame Songs, komplett solo eingespielt in 48 Stunden im winterlichen Nebraska während der Genesung von einer Kehlkopfentzündung.
„Yeah, I met Lou Reed and Patti Smith, It didn’t make me feel different, I guess I lost all my innocence, Way too long ago“ – Hut ab, Auszeit optimal ausgenutzt, auch hinsichtlich Reflektieren der zwangsläufigen Enttäuschung und Sinnlosigkeit im Bezug auf die individuelle Heldenverehrung.
(**** ½ – *****)

Conor Oberst @ nyctaper.com

11 Kommentare

    1. Hmmm, partiell schon. Die erwähnten Sachen mag ich sehr. Die Lobhudeleien zu überladenem Zeug wie „Lifted….“ oder „Cassadaga“ gingen mir aber viel zu weit, da war ich ziemlich raus. Bei seinen Solo-Sachen war ich auch nicht immer dabei und Monsters Of Folk ist irgendwie spurlos an mir vorüber gegangen, aber die neue Solo-Scheibe, doch, doch…

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  1. Dylan ist mir auch als erstes eingefallen. Ich hatte ja den Conor bewusst die letzten Jahre etwas hinten anstehen lassen, da irgendwie ein wenig übersättigt vom guten Mann. Ruminations läuft nun grad via Spotify und gefällt angenehm gut. So eine Art verregnete Küchenmusik für schlecht geheizte Altbauwohnungen. Werd ich im Auge behalten.

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