Lambchop – FLOTUS (2016, City Slang / Merge)
Vier Jahre nach dem sehr traurigen, sehr getragenen „Mr. M“ (2012, Merge Records) kommen Kurt Wagner und die Seinen mit neuem Album und neuem Schwung zurück, viel war die Rede von Neu-Erfinden, Rundum-Reform, Weiterentwicklung des Lambchop-Klangbilds, und das ist auch soweit alles richtig, was sich die Fachpresse dahingehend zu „FLOTUS“ aus den Fingern gesaugt hat.
FLOTUS: „For Love Often Turns Us Still“ soll’s ausgeschrieben heißen, nicht „First Lady Of The United States“, wie einige anmerkten – die Nummer hat sich seit dem gestrigen Wahl-Sieg des durchgeknallten Immobilienmaklers für den Demokraten Wagner sowieso erledigt. Eingerahmt von dezent groovenden, überlangen Werken, die mit zum Besten gehören, was das Musikjahr 2016 zu bieten hat – fast 12 Minuten „In Care Of 8675309“ zum überwältigenden Einstieg und dem über 18-minütigen „The Hustle“ als glorreiches Finale – zelebrieren Wagner und Co. auf höchstem Niveau die Zusammenführung der vertrauten, tiefenentspannten Alternative-Country-/Soul-Welt, wie man sie seit vielen Jahren von Alben-Meisterwerken wie „Nixon“ oder „Is A Woman“ der Band kennt und schätzt, und dezenten, den Sound in eine neue Richtung treibende Electronica-/Ambient-/Triphop-Zutaten, Kurt Wagner hat dahingehend mit seinem HeCTA–Nebenprojekt bereits ordentlich vorgearbeitet und Erfahrungen gesammelt.
Weg vom orchestralen Sound, den die Band in der Vergangenheit mit Streichern und Bläsern zu perfektionieren wusste, hin zu abgespeckten Soundstrukturen, oft nur Piano, Bass, Drum-Machine und punktuell eingesetzte Electronica erschaffen einen Klang zwischen trägem, Ambient-artigem, kargem und unaufdringlichem Ruhe-Modus und einer dezent nach vorne drängenden, gedämpften Rhythmik, dem Salz in der Suppe, sozusagen, und über allem schwebt diese unnachahmliche, abgeklärte, nichts aus der Ruhe bringende Stimme des Ausnahme-Country-Crooners Kurt Wagner, die emotional wärmt und dafür sorgt, dass diesem geloopten und anderweitig nachbehandeltem Wunderwerk nicht zuviel technische Kälte innewohnt, da kann selbst der punktuell eingesetzte Stimmverzerrer TC-Helicon Voicelive 2 keinen Schaden anrichten.
Lambchop wissen immer noch zu überraschen, mit „FLOTUS“ vielleicht mehr denn je. Ein Schritt in die richtige Richtung und ein mutiger Ansatz Wagners, wie er in Langeweile erstarrten Kollegen wie etwa Jeff Tweedy offensichtlich seit einiger Zeit völlig abhanden gekommen scheint. 2016 ist ein wunderbares Lambchop-Jahr, neben dem aktuellen Band-Werk gab es bereits im Sommer die feine Solo-Instrumental-Arbeit „Modern Country“ des Meister-Gitarristen William Tyler zu bestaunen.
Lambchop spielen 2017 im Rahmen der anstehenden Europatournee am 15. Februar in den Münchner Kammerspielen.
(*****)
nope das wird nix mit uns. Bye bye Lambchop.
LikeGefällt 1 Person
Kann man nix machen. Wenn nicht jetzt, wann dann ? ;-)))
LikeGefällt 1 Person
Nach Deiner tollen Rezension überlege ich mir jetzt auch, ob ich die Platte besprechen soll. Danke
LikeGefällt 1 Person
Danke. Hör’s Dir an, lohnt sich.
Viele Grüße,
Gerhard
LikeGefällt 1 Person
Mach ich, danke
LikeGefällt 1 Person
Lambchop ist bei mir traditionell Herbst-/Wintermusik – die neue Platte kommt da genau richtig. Schön!
LikeGefällt 1 Person
Ich glaub die neue Platte funktioniert auch im Sommer :-)
LikeLike
Oha, klingt so, als wenn ich Lambchop doch noch einmal eine Chance geben muss…nach „Is A Woman“ dachte ich, dass nicht MEHR kommen kann
LikeGefällt 1 Person
„Is A Woman“ war natürlich schon eine Nummer, die neue Scheibe geht dezent in eine andere Richtung, was der Band sehr gut tut.
LikeLike