Bitori – Legend Of Funaná / The Forbidden Music Of The Cape Verde Islands (2016, Analog Africa)
Das Akkordeon als Waffe im Kampf um Unabhängigkeit und nationale Identität, der treibende Beat gegen die europäischen Besatzer: Während der portugiesischen Kolonialherrschaft war der Vortrag der kapverdischen Volksmusik Funaná wegen ihrer System-kritischen Texte in der Öffentlichkeit der afrikanischen Atlantik-Inselgruppe verboten und wurde bei Zuwiderhandlung in den extremsten Fällen drakonisch mit Folterhaft bestraft.
Die schnelle, unkomplizierte Musik, die im Wesentlichen mit einer diatonischen Ziehharmonika und einem geschlagenen Eisenstab als Rhythmus-Geber gespielt wird, vereinigt Einflüsse aus der Musik Portugals mit dem treibenden Flow des afrikanischen Desert-Blues, der Bewegungsdrang wird durch einen urtypischen, Funk-artigen Latin-Groove befeuert, die Akkordeon-Melodik mag man in ähnlicher Form im Zydeco und in der Cajun-Musik der frankophonen Einwanderer im US-amerikanischen Südstaat Louisiana finden, die gerne so etikettierte „Weltmusik“ im besten Sinne eben.
1997 ist der damals 59-jährige Victor Tavares aka Bitori das erste Mal in einem Studio vorstellig geworden, um sein bis dato einziges Funaná-Album unter Mithilfe des Sängers Chando Graciosa, des Bassisten Danilo Tavares und des Schlagwerkers Grace Evora einzuspielen. Victor Tavares beschäftigte sich seit den fünfziger Jahren als Autodidakt mit dem Akkordeon und entwickelte daraus seine Interpretation dieser rohen, direkten Musik mit ihren simplen Melodien und zig-fach wiederholten Refrains über das harte Leben und die Nöte der kapverdischen Arbeiterschaft. Die Songs des vorliegenden Albums haben sich in den letzten zwanzig Jahren zu Klassikern des Genres im afrikanischen Insel-Staat entwickelt, zuforderst in den Tanzhallen der größeren Städte, außerhalb der Kapverden war das Material nicht zugänglich und kaum bekannt, ein Umstand, dem das Analog-Africa-Label mit dieser weltweiten Wiederveröffentlichung Abhilfe zu schaffen versucht.
(**** ½)
Eine tolle Rezi.
Danke für den Tipp, der mir diese bis dato mir unbekannte Musik nahe gebracht hat.
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Danke, das freut mich :-)
Liebe Grüße,
Gerhard
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