Brother Grimm @ Fish’n’Blues Special, Glockenbachwerkstatt, München, 2017-01-25

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„Scott Walker trifft auf Godspeed trifft auf Mogwai trifft auf Tom Waits – eine verrückte Mischung und eben deshalb interessant, 08/15-Musik gibt’s genug. Brother Grimm muss die Musikwelt aufmischen, falls es in dieser noch gerecht zugeht.“
(MD, Eclipsed-Magazin)

„Albträume in Fuck-Moll. Verwischter Geisterhausblues und grimmige Oden an Verblichene“, so zeugt der Infotext von der Musik des Berliners Dennis Grimm auf der Homepage seines Plattenlabels Magnificent Music, und da hat der unbekannte schreibende Mensch den Mund nicht zu voll genommen, Brother Grimm bot am vergangenen Mittwochabend auf der Bühne der Glockenbachwerkstatt-Kneipe eine eindrucksvolle Demonstration seiner Spielart des sinisteren Desert-Blues, der die Arme weit öffnet und das klangliche Experiment, geloopte Düster-Drones und die Vehemenz des Postrock willkommen heißt.
Der Musiker gab in einem intensiven Vortrag klagend und fordernd, hadernd und beschwörend seinem Begehr nach Erlösung Ausdruck, die Songs seines 2016 veröffentlichten Tonträgers „Kind For A Day, Cool For A Lifetime“ arrangierte Grimm im Solo-Vortrag oft mehr als Rohentwürfe, weitab von stringent durchkomponiertem Songwriting, die Grundmuster des Hugo-Race-/Birthday-Party-geprägten Wüstenblues wurden durchbrochen, ergänzt und bereichert durch beklemmende Beschwörung der ureigenen Dämonen, gesampelte Electronica-Loops und düster-dunkel klopfendes Rhythmus-Gepolter, die Gitarre erging sich in berauschenden Feedbacks und nachdrücklichem Klang-Experiment. Der Minimalismus des Blues-Grundmusters traf auf frei fließenden Ausbruch und schuf so neue Kategorisierung für die uralte Magie der US-Südstaaten-Musik.
Brother Grimm spielte charmant über diejenigen ignoranten Teile des Publikums, die da meinten, dem beseelten, direkten, Aufmerksamkeit-fordernden und mitunter auch verstörenden Drone-Blues-Rohentwurf via ausgelassener Konversation ihre persönliche Note aufdrücken zu können, mit der Interpretation des „Heroes“-Hits seines ehemaligen Berliner Mitbürgers David Bowie im Zugabenteil brachte er den unkonventionellen Vortrag zu einem würdigen Ende, mittels einer Version des Art-Rock-Klassikers, die an roher Energie, übersteuerten, wiederholt ins Atonale kippende Gitarren-Feedbacks/-Drones und abstrakter Ambient-Atmosphäre nichts zu wünschen übrig lies, derart individuell gelungen dürften das Werk bisher die Wenigsten dekonstruiert haben, Respekt, ein Held für mehr als nur einen Tag…
(**** ½ – *****)

Brother Grimm spielt die abschließenden Konzerte seiner Solo-Tour zu folgenden Gelegenheiten:

03.02.2017Hamburg – Gängeviertel
04.02.2017Lüneburg – Jekyll & Hyde
05.02.2017Berlin – Monarch

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4 Kommentare

  1. Sehr gut geschrieben. Wirklich ein unfassbar spezielles, musikalisch abwechslungsreiches und herrlich berührend lebendiges Konzert. Unfassbar, dass man hier keinen Eintritt zahlen durfte, aber Gottseidank wurden noch einige Münzen und hoffentlich auch Scheine gegeben.
    Danke Dennis Grimm. Wundervoll, erleben zu dürfen, was Du machst.

    Gefällt 1 Person

    1. Vielen Dank, und vielen Dank natürlich an Brother Grimm für das tolle Konzert. Hoffe auch, dass in der Spendenschüssel noch was zusammengekommen ist. Schade, dass einige Ignoranten meinten, sie müssten permanent dazwischenlabern, aber so ist das leider oft bei Freikonzerten. Teile des Publikums sitzen der irrigen Annahme auf „Wenns nix kost, is nix wert „…

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