Reingehört (280): Sun Kil Moon

KULTURFORUM Portugal II www.gerhardemmerkunst.wordpress.com 31

Sun Kil Moon – Common As Light And Love Are Red Valleys Of Blood (2017, Rough Trade)

Hinsichtlich Fleiß und Inspiration ist Mark Kozelek dieser Tage schwer zu toppen, mit seinem Indie-Rock-/-Folk-Betrieb Sun Kil Moon hat er im vergangenen Jahr zusammen mit dem Godflesh-Industrial-Metal-Pionier Justin Broadrick aka Jesu eine herausragende, weit über das Musikjahr 2016 hinausstrahlende Postmetal-/Free-Folk-Kollaboration unter das Volk gebracht, nebenher war er mit geschätzten Musikern wie Minnie Driver und Will Oldham beim Einspielen seiner Lieblingslieder aus fremder Feder für die Sammlung „Sings Favorites“ zugange, im noch jungen Jahr 2017 hat er mit „Common As Light…“ bereits wieder ein gewichtiges Werk im Doppelalbum-Format am Start, in sechzehn langen bis sehr langen Arbeiten lässt Kozelek sein persönliches Jahr 2016 Revue passieren, in einem Spoken-Word-artigen, Stakkato-haften Redefluss unter HipHop-Einfluss erzählt er in seinem charakteristischen, ab und an gefährlich ins Lamentieren abkippenden Sprechgesang seine in Songs gegossenen autobiographischen Short Stories und gibt seine persönlichen Eindrücke wieder von Reisen und Tournee-Aufenthalten wie in „God Bless Ohio“ oder „I Love Portugal“ (wer nicht?), Reflexionen über eigene Befindlichkeiten, als er die Nachrichten vom Ableben geschätzter Helden wie Muhammad Ali oder David Bowie vernahm, Gedanken zum Jarmusch-Film „Stranger Than Paradise“ oder zum mysteriösen Verschwinden und Tod der kanadisch-chinesischen Studentin Elisa Lam in einem Hotel in Los Angeles im Jahr 2013. „Lone Star“ handelt in einem vor der Wahl geschriebenen Text vom aktuellen US-Fake-Präsidenten, Kozelek hat den Finger am Puls der Zeit, wie ihm auch Songwriter-Kollege Conor Oberst jüngst in einem Interview attestierte.
In den improvisierten Aufnahmesessions musikalisch begleitet wurde Kozelek auf diesem in den Lyrics ausufernden, individuell geprägten Trip vom ehemaligen Sonic-Youth-Drummer Steve Shelley, der das Werk in einem entspannten Flow in einer Art Post-Indierock im Geiste von Tortoise mit frei fließenden, an beschwingten Jazz angelehnten Drums und unaufdringlichen, nichtsdestotrotz schwer und treibend einwirkenden Dub-Bässen über die volle Distanz trägt, der spartanisch wirkende, zurückgenommene Alternative-Triphop wird nur durch sporadische Ausreißer wie den zum Titel passenden Motown-Soul-Funk in „Seventies TV Show Theme Song“ ergänzt.
Einiges über zwei Stunden Laufzeit des Tonträger-Großwerks nötigen Respekt und Konzentration beim Hören ab, wie bei vorab hinsichtlich Filmdauer furchteinflössenden cineastischen Überlänge-Produktionen vom Kaliber „Manchester By The Sea“ oder „Toni Erdmann“ sind die Bedenken letztlich hinfällige, zu keiner Minute kommt im Rahmen dieses gehaltvollen, formvollendeten Entertainments Leerlauf oder gar Langeweile auf.
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