Behind The Shadow Drops – H a r m o n i c (2017, Temporary Residence)
Hinter dem Solo-Projekt Behind The Shadow Drops verbirgt sich kein Geringerer als Takaakira ‚Taka‘ Goto, hauptamtlich Lead-Gitarren-Berseker, Gründer und Komponist der japanischen Postrock-Giganten Mono, beim Ausleben seiner Trip-Hop-, Industrial- und Neoklassik-Phantasien hat er hinsichtlich technischer Unterstützung personell auch alles andere als gekleckert, der ebenfalls sehr großartige John McEntire (Tortoise, The Sea And Cake) hat perkussiv mit synthetischer Drum-Computer-Programmierung und generell beim Mixen und Produzieren der betörenden Instrumental-Übungen mit Hand angelegt. Für Streicher-Sätze zeichnet die nicht minder erwähnenswerte kalifornische Experimental-Cellistin Helen Money verantwortlich, man kennt und schätzt sich von ausgedehnten gemeinsamen Konzertreisen.
In der Präsentation weitaus artifizieller und vor allem Sampling- und Synthie-dominierter als die bekannte, organische Mono-Gitarrenwucht und austarierte Donner-Rhythmik des Quartetts, ist „H a r m o n i c“ ein komplexes, heterogenes Werk geworden, das seine Fühler in unterschiedlichste musikalische Genres ausstreckt, gespenstischer Ambient von ausgesucht atmosphärischer Dichte, minimalistische Klassik und dynamische Electronica-Symphonik dominieren über weite Strecken das Klangspektrum, Spannungs-fördernd ergänzt durch dunkle Noise-Loops und abstrakte Drone-Nebel.
Hinsichtlich stilistischer Diversifikation ragt die annähernd zehn-minütige Komposition „Trace Of Snow Waltz“ heraus, stringent durchkomponierte Neo-Klassik im erhabenen Cello-/Klavier-Vortrag, entrückter Weltschmerz in Reminiszenz an Górecki in klare Strukturen gegossen, der kongeniale Soundtrack zur melancholischen Herbst-Meditation, im später folgenden, wesentlich kürzeren „Sonata“ erfährt dieser Ansatz dann nochmals Ergänzung hinsichtlich Stimmungs-drückender Schwermut und Tiefgang.
Schaurig-schöne Hinwendung zur entschleunigten, getragenen, ruhigeren Ausprägung der Mono-Klangwelt, herausgelöst aus dem dort vertrauten Postrock-Kontext, neue Abgründe und Horizonte erforschend.
(**** ½ – *****)
Sannhet – So Numb (2017, Profound Lore Records)
Man könnte auch rummotzen, hat man alles schon zig-fach irgendwo gehört, Genre stößt an seine Grenzen, immer diese Sound-Wände, immer wieder dieses Gewese über den Gitarren-Flow und die treibenden Trommeln, ist halt der typische, handelsübliche Instrumental-Sound irgendwo an der Schweißnaht Postrock/Postmetal, Caspian, Pelican, Explosions, you name it, blablabla. Könnte man bei entsprechend grundlegend ablehnender Haltung oder im situationsbedingten Schlechte-Laune-Modus, keine Frage. Man kann sich aber auch einfach reinfallen lassen, in die bezwingende Wucht des vehementen Vortrags des Trios Sannhet aus Brooklyn. Und man darf auch den Weg fort vom Black Metal der Vorgänger-Werke der Band hin zu einem breiteren, harmonischeren Klangspektrum durchaus begrüssen. Referenzieren auf Postrock-Hergebrachtes wie ideenreiches Ausbauen und intensives Ausloten mit schneidigen Gitarren, wummernden Bässen und massiv angeschlagenen Drums, mehr braucht’s halt nicht für die Glückseligkeit im PR-/PM-Himmel, erst mal drin, mag man nicht mehr raus, und im konzertanten Vortrag soll es dem Vernehmen nach eh nochmal eine ganz andere Liga sein. Mindestens beim Titelstück ist die Verzückung trotz aller Einwände keine geringe, insofern: Winken wir jetzt einfach mal aufgrund der wiederholt überbordenden Gefühlsregungen und des mit wenigen Ausnahmen ganz weit oben gehaltenen Energie-Levels durch, gleichwohl wird für das nächste Mal dann wieder eine Spur mehr eigene Handschrift eingefordert.
(**** – **** ½)
thisquietarmy – Democracy Of Dust (2017, Midira Records)
thisquietarmy ist das Projekt des Ambient-/Drone-/Noise-Gitarristen Eric Quach aus Montreal/Kanada. In der Vergangenheit hat der Sound-Tüftler neben der Veröffentlichung seiner zahlreichen, stilistisch weit divergierenden Solo-Arbeiten bereits mit unterschiedlichsten Künstlern wie der italienischen Postrock-Band Thank U For Smoking, dem belgischen Drone-Metal-/Ambient-Projekt Syndrome von Amenra-Gitarrist Mathieu Vandekerckhove, dem kanadischen Experimental-Musiker Aidan Baker oder der New Yorker Noise-Gitarristin Noveller (live am 11. Oktober beim Münchner frameless14, MUG im Einstein, Einsteinstraße 42, Eintritt frei, vormerken) zusammengearbeitet und gemeinsame Kompositionen/Klangskulpturen auf den Weg gebracht. Auf „Democracy Of Dust“ lotet er geschickt die Grenzen zwischen abstraktem White-Noise-Drone-Rauschen, sphärischen Kraut-/Space-Meditationen, repetitiven Electronica-/Synth-Pop-Schleifen und dunklem Industrial-Fräsen aus, unter Zuhilfenahme des gesamten Behandlungs-Instrumentariums von Loops, Samples, über Field Recordings bis hin zu Gitarren-verzerrender Pedal-Technik, irgendwo im weiten Raum vorangegangenen Pionieren wie Hans-Joachim Roedelius und Richard H. Kirk nachspürend und dabei oft erstaunlich Anregendes wie Unkonventionelles zu Tage fördernd. Traumlandschaften treffen auf Nerven-anspannenden Abstrakt-Metal-Noise, eine sich gegenseitig befruchtende Balance zwischen Wohlklang und pochendem Krach haltend.
(****)
Woohoo – da hast du mir wieder ein paar wunderbare Sachen auf die Ohren gehauen. Danke! Heute abend EMA?
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Immer gerne, viel Spaß beim Hören :-) EMA ist doch erst morgen, oder? Dann wahrscheinlich schon mit mir…
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äh ja morgen. War meiner Zeit voraus. Hätte noch ein Ticket über falls Du eines brauchst? Freu mich :)
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Ich meld mich ggf. frühzeitig, ok?
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alles klar!
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