Wing Vilma – Safe By Night (2018, Young Heavy Souls)
Da prangt unter anderem die Kategorisierung „Jazz“ drauf, hat aber erfreulicher Weise mit Nerven-zerrüttendem Endlos-Gewichse und unsäglichem, ins Nirvana führendem Zu-Tode-Improvisieren überhaupt keinen Verwandten, rührt vermutlich eher daher, dass die feine wie unkonventionelle Melodik des Albums neben der grundlegend freigeistigen Präsentation anderweitig stilistisch vom Label nicht eingewertet werden konnte, die der Jungspund Miles Coleman aus Grand Rapids/Michigan über sein spannendes Rhythmik-Gelichter legt.
Gerade mal 19 Jahresringe hat der US-Amerikaner vorzuweisen, und doch bewegt er sich im weiten Feld der experimentellen Musik bereits wie ein von jahrzehntelangen Erfahrungen Gegerbter, unzähligen Ideen eine Form gebend wie mit technischen Fertigkeiten beschlagen, forschend und tüftelnd und mit „Safe by Night“ ein Ergebnis vorweisend, dass sich sehen beziehungsweise vielmehr exzellent hören lässt.
Das Grundgerüst zimmert Coleman mit perkussivem Fluss aus üppigem Trance, Dubstep und gedehnten Downtempo-Beats, die er mit dezenter Ambient-Electronica, Samplings aus Feld-Aufnahmen, eingeflochtener Vibraphon-Rhythmik und euphorischen Wohlklang-Sounds via Synthie-Georgel anreichert. Formt sich trotz diverser digitaler Grundelemente zu einem organisch gewachsenen Gebinde, das Assoziationen an die vielfältigen akustischen Ausdrucksformen der Regenwald-Fauna weckt, arrangiert zu einem faszinierenden, vielstimmigen Konzert.
„Safe By Night“ erscheint am 2. Februar beim in Detroit/Michigan beheimateten Electronica-Label Young Heavy Souls.
(**** ½ – *****)
Hoho, das ist aber eine deutliche Stellungnahme zu(m) Jazz im ersten Absatz, unabhängig von Wing Vilma, wie und woher kommts, werter Gerhard?
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Hoho, lieber Bernd, so Einiges aus der Ecke gefällt mir halt einfach nicht ;-)
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Verstehe, da gehe ich mit, ich habe es öfter mal mit Jazz live probiert, aber nie den Zugang gefunden. Thema – Solo Sax – Solo Piano – Solo Bass – Solo Drums – Thema, und das nächste Stück im gleichen Stil.
Da ist mir lieber eine Gitarrensoloorgie wie zuletzt bei Govt Mule, und als Nachspeise deine sehr schöne Rezension dazu, Dank dafür.
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Eben, sehe ich grundsätzlich auch so. Es gibt schon Etliches von Monk, Coltrane, Dolphy, Sanders oder Sun Ra (um nur ein paar Beispiele zu nennen), das ich durchaus schätze. Wenn’s in die Grenzbereiche hinsichtlich Experimental-Musik, Psychedelic, World oder Postrock geht, bin ich auch oft dabei, aber mit dem Endlos-Getröte eines Miles Davis (auch nur ein Beispiel von vielen) kannst Du mich meilenweit jagen…
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Miles Davis ist wirklich ein gutes Beispiel, ich war in den Achtzigern in Wiesen, für B.B. King, doch bevor Herr König mit seiner exzellenten Bigband seine Messe eröffnete, musste ich mit Miles Davis warten. Das war seine Sonnenbrillenzeit, mit dem Rücken zum Publikum, alle 5 Sekunden ein Trompetenpfurz…., und das 15 Min. pro „Stück“. Geht gar nicht, würde man heute sagen…
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Kann ich mir vorstellen. Hätte ich auch nicht ertragen. Aber auch bei so ziemlich allen anderen seiner Phasen fehlt mir völlig der Zugang. Die hochgelobte „Kind Of Blue“ etwa, was für ein stinklangweiliges Gedudel…
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