„No Wave Tanzabend Dans Le Ordnungszelle Schau Ma Moi“ hat der Flyer mit dem Zeppelin die Sause vom vergangenen Donnerstagabend im schönen Giesing angekündigt. Dort, an der Tegernseer Landstraße, wo München bisher noch nicht zu Tode gentrifiziert wurde, das Sechzgerstadion nicht weit und das Trikont-Label in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen, wo jede Kneipe fest in „Löwen“-Hand ist und man den Namen des ungeliebten Protz-Lokalrivalen allenfalls mit angewiderter Miene ausspricht, dort findet sich in einem ehemaligen Trambahnhäusl das charmante Café Schau Ma Moi, Bar, Kneipe, Biergarten, überlaufener Hotspot der alternativen Szene nach jedem 1860-Kick und darüber hinaus zwar nicht Münchens prächtigster, so doch schwer vermutlich kleinster Konzertsaal.
Für den Donnerstagabend hat sich der weithin unter dem Namen G.Rag bekannte und geschätzte Kapellmeister Andreas Staebler angekündigt, selbstredend mit kleinem Band-Format, mit den Hermanos Patchekos oder den Landlergschwistern wäre in dem Laden kaum Platz für das Publikum geblieben, und so gab’s einmal mehr mit entsprechender Begleitung von Mikel „Mr. Zelig“ Jack und Fritz „Prof. Deluxxe“ Fritzmann die geballte No-Wave-Pracht anstelle ausladender Blaskapellen-Beschallung auf die Ohren.
Schneidig-satter Stromgitarren-Drive und ab und an verzerrte Sangeskunst vom Meister selbst, Electronica-/Keyboard-Klangwellen, von Professor Fritzmann dem Moog Deluxxe und diversen Rumschraub-Geräten entlockt, und ein straightes Rhythmus-Geben auf dem rudimentären Drum-Kit inklusive diverser Blechtöpfe und Autoreifen-Felgen, mit dem Mr. Zelig erneut eindrücklich unter Beweis stellte, dass es kein High-Tech-Equipment für beseeltes Musizieren braucht, umgesetzt auf knapp vier Quadratmetern, auf denen neben Musikern, Instrumenten und Drinks auch Amps, Verstärker, Lautsprecher, Kabel und der ganze andere technische Kram Platz finden mussten, so läuft konzertantes Improvisieren im Schau Ma Moi auf engstem Raum, der für die zahlreich erschienenen Gäste dementsprechend auch nicht opulenter bemessen war. Der Stimmung tat’s keinen Abbruch, ganz im Gegenteil, das Café mutierte zur „Muggelbude“ im Dittsche-Kontext und das Volk delektierte sich am schmissigen Postpunk, an den erhebenden Ausflügen in Drone-, Noise-, Kraut- und Space-Rock-Sphären, am Widerhall der längst vergangenen Aufbruchjahre der deutschen Punk/Postpunk/NDW-Ära, die damals zumindest in der Frühphase viel versprach und das allermeiste auch hielt, so wie G.Rag und seine Mitmusikanten als Münchner No-Wave-Institution mit ihrem herzerwärmenden und intelligenten Vortrag in dieser kalten Winternacht eben auch.
Der No-Blues „Komm“ im Zugaben-Block entfaltete gar eine hypnotisch-mäandernde Wucht, wie man sie aus der Vergangenheit nur von den erschöpfenden Lärm-Exerzitien eines Michael Gira mit seinen Swans kennt, derart respektabler Vergleich will erst mal verdient werden, Hut ab.
Und das mit dem Tanzabend, das hätte auch was werden können, zur ein oder anderen flotten Nummer hat man durchaus ein Zucken im Gebein verspürt, allein, für ausladendes Rumpogen, da hat schlichtweg der Platz gefehlt, in der Ordnungszelle – aber mit entsprechendem Gehopse wär der Laden sowieso umgehend zur Unordungszelle verkommen…
(*****)
G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe demnächst live und in Farbe zu folgenden Gelegenheiten:
16.03. – Hradec Králové/Tschechien – Kraft – mit Ippio Payo
17.03. – Sulzbach-Rosenberg – JUZ Hängematte
05.05. – München – Import/Export – mit Tom Wu und Anton Kaun
Großes (Strom-) Kino.
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