„Under The Radar is a track dedicated to all the refugees in the world. And the hope that more of those in need get the opportunity to build a new future in safety and dignity.“
(Karen Willems)
Inwolves – Color In The Zoo (2018, 9000 Records / Consouling Sounds)
Wie im öden Mainstream gibt es auch im experimentellen Musizieren durchaus Kandidaten, die, haben sie erst mal ihren Sound gefunden, die Welle bis zum allerletzten Abflauen reiten, ohne neue Erkenntnisse zu gewinnen und ohne zu trachten, in ungebändigter Neugier weitere unbekannte Ufer anzusteuern, die belgische Klangforscherin Karen Willems aus Maldegem/Ostflandern fällt ganz gewiss nicht in diese fragwürdige Kategorie, allein ihre zahlreichen Tonträger-Kollaborationen und Auftritte mit Musikern wie Aidan Baker, Dirk Serries, Stijn Dickel, Jean D.L. oder Bart Desmet und seiner grandiosen Postrock-Formation Barst unterstreichen das beeindruckend und hinlänglich.
Mit der demnächst zur Veröffentlichung anstehenden neuen Arbeit ihres eigenen Projekts Inwolves lässt sich die rührige Perkussionistin einmal mehr nicht nur schwer, sondern gar nicht in Schubladen pressen, wo der Auftritt beim dunk!Festival vor zwei Jahren noch annähernd und grob charakterisiert im irgendwie erkennbar klassischen Postpunk verhaftet war, ohne bereits auch dort das stilistisch-freie Ausdehnen zu kurz kommen zu lassen, fiel das erste Studiowerk bereits um einiges komplexer, dunkler, noch weitaus mutiger experimentierend aus, diesen Ansatz baut die Ausnahme-Musikerin mit Hilfe von unter anderem Nils Gröndahl und seinen geloopten Violinen-Drones und dem türkischen Experimental-Musiker Barkin Engin auf dem Zweitwerk „Color In The Zoo“ weiter aus hinsichtlich so noch nicht gehörter Sound-Kollagen und schwergewichtiger, doch angenehm (vor allem ins Ohr) fließenden Ambient- und Trance-Drones, die nebst dunkler Postpunk-Neo-Psychedelic, nah- und fernöstlicher Melodik, schönen Vokal-Samples, Field Recordings (wohl tatsächlich aus dem Zoo) wie von der leidenschaftlichen Perkussion-Pionierin nicht anderes erwartet von unkonventionellem wie die Spannung im oberen Level haltenden Beats dominiert werden, einem organischen Trommeln, Pochen, Schaben, Kratzen und Klopfen, das von einem wachen und vor allem offenen Geist zeugt, Karen Willems lässt die vertrauten Rhythmen aus der westlich geprägten Musik auf orientalische, asiatische und afrikanische Taktgebung und kunstvolle, atmosphärische Soundlandschaften treffen – was durchaus einem Risiko-behafteten Wagnis gleicht und in angestrengter Bemühtheit um Vielfalt münden kann, gelingt hier spielend, extrem gut hörbar und zeugt von großer experimenteller Kraft und Tiefgang.
Mehr Mut und der daraus resultierende grandiose tonale Wurf war lange nicht, spontan mag einem das erste This-Heat-Album in den Sinn kommen, sicher keine zu hohe Messlatte, wenn auch Hayward und Co. seinerzeit naheliegend im Kern noch mehr auf den Postpunk fixiert waren und einem eigensinnigen Freigeist wie Karen Willems gut vierzig Jahre später dieses Genre als Definition und Ausdrucksform ein viel zu eng gesteckter Rahmen ist.
„Color In The Zoo“ erscheint am 4. Mai als CD über 9000 Records beim belgischen Postrock/Ambient/Experimental-Label Consouling Sounds. Die LP-Version gibt es bei Vynilla Vinyl, wie Consouling Sounds in Gent ansässig.
(***** – ***** ½)
Jetzt wo ich die ganze CD gehört habe, verstehe ich deinen Verweis auf ‚This Heat‘.
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Freut mich, dass ich mit der Meinung nicht allein dastehe.
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