„I’m not at peace any more. I just want him like I used to in the old days…I’m tired and I don’t want any more pain… I want ordinary corrupt human love. Dear God, you know, I want to want Your pain, but I don’t want it now.“
(Graham Greene, The End of the Affair)
Deafheaven – Ordinary Corrupt Human Love (2018, Anti- / Epitaph)
„A bright and sunny, new sound“ im Kontext der finsteren Abgründe des Black Metal, auf den ersten Blick ein Widerspruch in sich, Oxymora wie Lupenreiner Demokrat Putin, Allseits beliebter FCB, Christlich-Soziale Union, Schwarze Milch. Und doch: Anders als die aufgezählten, hirnrissigen Beispiele sich gegenseitig ausschließender Bezeichnungen gelingt der kalifornischen Combo Deafheaven auf ihrem jüngst erschienenen vierten Studioalbum „Ordinary Corrupt Human Love“ genau dieser Spagat zwischen dunkler Härte und euphorisierender, Stimmungs-hebender Hymnik. Würde „Sänger“ George Clarke nicht zuweilen sein verzweifeltes Vehemenz-Gröhl-Kreischen in die Runde schmettern und den Schreiattacken-Berserker geben, man könnte sich gar nicht mehr retten vor Glückshormone-ausschüttender Postrock/Postmetal- und Shoegazer-Herrlichkeit, die sich die Klinke in die Hand gebenden Ansätze der stilistischen Ausgestaltung lehnen jeweils weitaus näher an der überwältigenden Pracht von Postmetal-Heroen wie Russian Circles, Wear Your Wounds, jeder denkbaren, die Gemütsverfassung in Wallung bringenden Instrumental-Postrock-Band der ersten Liga oder eben auch am Sound der Vorzeige-Schuhglotzer von Slowdive als am handelsüblichen Schwarzkittel-Gepolter bekannter Death/Black/Trash/Screamo-Kapellen. Ein weithin überwältigender Vollbedienungs-Breitband-Massiv-Monolith, der tatsächlich ein Sonnen-durchflutetes Buntgelichter aufblühen lässt, vor das sich – wie von Deafheaven nicht anders erwartet – mitunter die finstere Gewitterwolke schiebt, ihren orkanartigen Hagelsturm entlädt und nach der Sintflut munter zu freundlicherem Strahlen zurückkehrt.
Mitproduziert und zu Teilen mitbesungen von Goth/Doom-Königin der Nacht Chelsea Wolfe, schadet nichts, im Gegenteil, erweitert an der Stelle mit lieblicher Vokalkunst das sowieso bereits weit aufgespannte Spektrum und fügt sich passend wie A… auf Eimer in semi-kitschige, Klangbild-aufweichende Piano-Elegien.
In einigen wenigen Passagen etwas zu gefällig am konventionellen Indie-Rock und Grunge-Mainstream entlang geschrammt, das ein oder andere Gitarren-Solo zu glatt produziert, ein abgedroschenes Hard-and-Heavy-Riff zuviel eingeflochten und die Harmonien für den konventionellen Rockmusik-Konsumenten ab und an mundgerecht und (zu) leicht verdaulich ausgestaltet, im Gesamtpaket aber immer noch eine mehr als ordentliche Postrock/Postmetal-Glanztat, die schwer vermutlich in der konzertanten Präsentation hinsichtlich Intensität noch eine Schippe draufzupacken vermag, etwa am 9. Oktober in der Kranhalle des Münchner Feierwerks.
(**** ½ – *****)
Deafheaven live sonst so in der Gegend:
15.09. – Dresden – Beatpol
26.09. – Köln – Essigfabrik
27.09. – Berlin – Bi Nuu
28.09. – Karlsruhe – Jubez
10.10. – Winterthur – Salzhaus
14.10. – Wien – Arena