„Nothing Is Prefect In God’s Perfect Plan“ countryfolkte einst der alte Neil Young beim medial weltweit verbratenen Live-Aid-Aufgalopp der Superstars zur Unterstützung der äthiopischen Hungernden, eine Weisheit, der Künstler, Veranstalter und Publikum des ersten KAP37-Konzerts in 2019 am vergangenen Donnerstagabend kaum widersprechen mochten – der Münchner Songwriter Antun Opic, mittlerweile feste Größe im Programm jeder neuen SchaufensterKonzerte-Saison im kleinen, feinen Saal der Nachbarschaftshilfe Westermühlbach, warf in der lakonisch-trockenen Eröffnungsnummer seines Gigs eine Münze, „Flip A Coin“, statt dem erhofften „Kopf“ war’s dann wohl „Zahl“, wo der Opener in seinem melancholischen Fatalismus noch völlig stimmig ins gut gefüllte Auditorium schallte, unterliefen dem hochgeschätzten Song-Poeten im weiteren Verlauf seiner One-Man-Show eine Handvoll an gröberen Schnitzern, die beim versierten Bühnen-Performer Opic ansonsten eher Seltenheitswert haben.
Einige neue Songs mochten solistisch nicht funktionieren, die Breaks eine Spur zu holprig, das Spiel mit den elektronischen Gerätschaften wackelte zuweilen arg, und dann war da noch die Nummer mit dem Mundharmonika-Halter. Gleichzeitig Gitarre-Spielen und Bluesharp blasen könne Bob Dylan auch nicht, merkte der Barde hierzu süffisant an, aber man braucht’s halt im Repertoire als Ernst zu nehmender Songwriter – das mag wohl einigermaßen hinkommen, zu mehr Kontinuität und nahtlosen Einsätzen bringt es der alte Nöler mit dem Nobelpreis gleichwohl immer noch in seinem Vortrag als Opic in seinem scheinbar ersten öffentlichen, grandios gescheiterten Versuch. Böse war dem jungen Musiker im Publikum für diese Ausrutscher niemand, dafür moderierte er seine letztendlich lässlichen Sünden zu charmant und offenherzig ehrlich, als dass zu der Gelegenheit schlechte Stimmung den Saal beherrschen konnte, und dafür war das vorgestellte Songmaterial aus dem demnächst erscheinenden neuen Longplayer im Kern einfach viel zu gut, der angetestete Falsett-Gesang zu sehr Prince, die Ideen zur stilistischen Bereicherung seiner handwerklichen Palette mit Gesangs-Loops und Tempi-Wechseln der Vorfreude auf die anstehende Veröffentlichung trotz durchwachsener Live-Premiere keineswegs abträglich.
Und zur Ehrenrettung gab es auch noch den alten, bewährten Stoff, und damit verstand es der Musiker einmal mehr, seine Virtuosität an der Gitarre und die wohltönende, einschmeichelnde, nach Gemütslage auch grollende Singstimme zur gewohnten Pracht zu entfalten, in den Opic-Klassikern von „Moses“ über „The Journalist“ bis „Shovel My Coal“, in seiner unnachahmlichen Mixtur aus südländisch geprägtem Folk, jazzigen Chanson- und Gypsy-Swing-Elementen und kargen Blues-Phrasierungen. Hat er sich eingefunden, verrichtet der Teufel sein Geschäft bis auf Weiteres bekanntlich gern auf dem gleichen Haufen, so war’s dann auch nicht verwunderlich, als unvermittelt die A-Saite der Akustischen mitten im Vortrag riss, der Künstler brachte die Nummer sarkastisch feixend an den relevanten Stellen summend zum Ende, und die Hörerschaft durfte sich durch den so erzwungenen Wechsel an die elektrische Gitarre über ein Auswahl an Songs in neuer Aufmachung freuen – am Solo-Elektro-Blues des Antun Opic, der den tendenziell nachdenklichen, kargen Neo-Balladen noch eine Spur mehr Dringlichkeit im härteren Anschlag und Nachhallen der Saiten verlieh.
Trotz einiger offenbar schwer zu umschiffenden Widrigkeiten war Antun Opic auch an diesem Abend der Applaus des Publikums wie das Begehr nach mehr gewiss, ein sicheres Indiz dafür, dass bei Weitem nicht alles im Argen lag bei diesem denkwürdigen Auftritt. „Kein Grund zur Veranlassung“, wie Miller zu sagen pflegt, die Unebenheiten sind bis zum nächsten Auftritt gewiss weggehobelt, und so sollte einer weiteren Berücksichtigung im KAP-Jahreszyklus nichts im Weg stehen.
Das nächste SchaufensterKonzert im KAP37 findet am 22. Februar statt, es tritt der Berliner Roots-Blueser und Americana-Songwriter Baby Kreuzberg auf. Es gilt wie stets zu diesen handverlesenen Veranstaltungen: Hingehen!