No Man’s Valley – Outside The Dream (2019, Tonzonen Records)
Ein Sound, dessen Herkunft man spontan am Rand einer kalifornischen Wüsten-Region verortet, für die Nachwelt festgehalten in flimmernder Hitze, die Hirnwindungen der Musiker von bewusstseinserweiternden Substanzen angeregt, auf den Spuren der bunt bebilderten Acid-Höhenflüge längst vergangener Tage. Wenn irgendwo in Europa vermutet, dann allenfalls als tonale Halluzinationen am Pariser Totenacker Cimetière du Père-Lachaise, dort als Geistergesänge dem berühmten Grab Nr. 740 in der Division 6 entwichen, Mr. Mojo Rising out of the grave.
Weit gefehlt: Die Kleinstadt Horst aan de Maas in den südlichen Niederlanden beheimatet die jungen Musiker von No Man’s Valley, die auf „Outside The Dream“ das Erbe des Sechziger- und Siebziger-Psychedelic- und Blues-Rock verwalten und für das Hier und Jetzt in eine zeitlose, entstaubte Form bringen. Mit schneidigen, scharf lärmenden Fuzz-Gitarren, vehementen Grunge- und Stoner-Erruptionen, in einem diffus lichternden und nachhallenden Sound-Gebräu inklusive schwer durch das Gewerk dröhnender Orgel. Und nicht zuletzt durch einen Sänger, der mit seinem inbrünstigen, waidwunden Wolfsgeheul und seiner gefährlich einschmeichelnden Blues-Crooner-Düsternis dem vor langer Zeit dahingeschiedenen Morrison-Jim hinsichtlich Tonlage und Stimmvolumen in nichts nachsteht. The Lizard King is gone, but he’s not forgotten, hat ein anderer, ewig junger Meister der Psychedelic-Gitarre einst gesungen. Oder irgend sowas ähnliches.
Selbst die Desert-Mystik, die durch die dichten, halluzinogen mächtig lichternden Songs weht, fügt sich in dem Kontext perfekt ins Bild, Assoziationen damit auch hier zuhauf zum rauschhaften, traumwandlerischen Trip durch die Mojave-Wüste des großen Jimbo in seinem experimentellen Film „HWY: An American Pastoral“. Und in der Nummer „From Nowhere“ wäre es nicht weiter überraschend, wenn Sänger Jasper Hesselink vom eigenen Text abweicht und urplötzlich von „Weird Scenes Inside The Gold Mine“ singen oder ödipales Begehr nach Vatermord und Inzest zum Ausdruck bringen würde, näher kam den vermuteten Vorbildern aus L.A. in jüngster Zeit kaum jemand an poetisch-morbider Inbrunst.
Größtenteils live im Studio in gerade mal vier Tagen eingespielt, das haucht dieser stilistisch ursprünglich in vergangenen Dekaden verhafteten Spielart der harten Rockmusik zusätzliches Leben ein, das Ungebändigte, Ungewaschene ist dem Klangbild alles andere als abträglich.
Hat sich doch tatsächlich einiges an Doors-Querverweisen breit gemacht in diesem Geschreibsel, aber das verhält sich mit den Reminiszenzen auf dem neuesten Tonträger von No Man’s Valley nicht viel anders, insofern: Take it easy baby, take it as it comes!
„Outside The Dream“ ist seit Ende März über das Krefelder Indie-Label Tonzonen Records erhältlich.
(**** ½ – *****)