Wer kennt ihn nicht in heimatlichen Gefilden, den Landy Landinger, das Münchner Gitarristen-Unikat dürfte so manchem BR-Regionalprogramm-Glotzer schon mal im TV-Werbespot mit seinem unvergleichlichen „I bin da Landy und do bin i dahoam“ untergekommen sein, am vergangenen Donnerstag eröffnete er in der Münchner Glockenbachwerkstatt zusammen mit den Ramonas-Isarpunks Loni Lackschaden und Alfons „Al unter Palmen“ Hefter den krachig-beschwingten Konzertabend, in bewährter Manier stellte das Trio eine geballte Ladung Spaß auf die Bühnenbretter und in den Saal der Glocke mittels ihres ureigenen Pogo-Gebräus aus 70er-/Ramones-Punk und den auch gern und oft ins Derb-Groteske abdrehenden bayerischen Texten, die wie immer in dem Fall am umfänglichsten für Kenner und Versteher des oberbayerischen Idioms zu genießen waren. Allen anderen blieb immerhin das beherzte Tanzbein-Schwingen zum schmissigen, immerfrischen Speed-Rock’n’Roll-Sound der Combo und ab und an ein Schluck zur Abkühlung vom Gerstensaft, dessen Konsum das Trio auch oft und gerne thematisiert… ;-))
Die Ramonas: obszön, laut und grob, wie sie in eigenen Worten über sich selbst Zeugnis ablegen, und live nach wie vor eine Bank. Onetwothreefour, Mordsgaudi!
(**** ½ – *****)
Teil 2 des Münchner Punk-Rock-Gipfeltreffens bestritten die Veteranen von Rauschangriff, das altehrwürdige, musikalisch für das Genre hochqualifizierte Trio ist mit einer zwischenzeitlichen Auszeit seit 1995 fester Bestandteil der lokalen Punk-Szene, wie von den Herren Machtkrampf, O.S. und Küken nicht anders erwartet, wetterte die Band in ihrer Fundamental-Systemkritik gegen Führer, Klerus, Vaterland, aktuelle gesellschaftliche Verwerfungen wie das Auftreten von Pegida/AfD, den täglichen Stumpfsinn im Arbeitsleben, die Allmacht der volksverdummenden Sprache, und begeisterte mit der deutschen Version der UK-Subs-Nummer „C.I.D.“ und „Deppert“, einer Adaption des Black-Sabbath-Klassikers „Paranoid“.
Als konzertantes Highlight durfte selbstredend auch am Donnerstag gemäß dem Gebot „Du sollst den FC Bayern schmähen alle Tage Deines Lebens, auf dass Dir der JVA-Landsberg-Aufenthalt und der Arroganz-Arena-Besuch erspart bleiben“ die Anti-FCB-Hymne „Faule Eier“ inklusive lautstarkem, textsicherem Fan-Chor nicht fehlen, mit anschließendem Lobgesang (was gibt es dahingehend eigentlich momentan groß zu loben??) auf die geliebten Münchner „Löwen“ nahm die Fußball-Thematik ihren gebührend-festen Platz im Rahmen des Rauschangriff-Auftritts ein.
Polit-Punk zuhauf und das für die Band obligatorische Gekicke-Thema inklusive Großklub-Beleidigung, mit schwergewichtig-wuchtigem Bass-/Drum-Rhythmus nach vorne getrieben und feinst garniert von technisch versierten, messerscharfen Gitarrenriffs, das kann in der bayerischen Landeshauptstadt nach wie vor keiner besser als die Punk-Altvorderen aus dem Neuaubinger Folterkeller.
(**** ½ – *****)
Das Rauschangriff-Kulturforum-Interview, Juli 1995: hier.
Preisverleihung 2015 der Stiftung ‚Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen‘ an die Initiative ‚Löwenfans gegen Rechts‘ sowie Ehrenpreis-Verleihung an den Münchner Alt-Oberbürgermeister Christian Ude @ NS-Dokumentationszentrum, München, 2015-07-28
„Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ (Bertolt Brecht, Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui, Epilog)
„So if you meet with these historians I’ll tell you what to say Tell them that the Nazis Never really went away They’re out there burning houses down And peddling racist lies And we’ll never rest again… Until every Nazi dies…“ (Chumbawamba, The Day The Nazi Died)
Die Initiative ‚Löwenfans gegen Rechts‚ ist mit dem diesjährigen „Münchner Bürgerpreis gegen Vergessen – für Demokratie“ zur Erinnerung an die Herrschaft der Nationalsozialisten und zur Stärkung der Demokratie im Rahmen einer Veranstaltung im NS-Dokumentationszentrum ausgezeichnet worden, der Preis wurde von der ehemaligen FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher gestiftet, er wird in der Regel alle zwei Jahre verleihen und ist mit fünftausend Euro dotiert.
Die ‚Löwenfans gegen Rechts‘ wurden insbesondere für ihr Engagement im Fußballstadion gegen jegliche Art von Diskriminierung, rechtsradikaler Äußerungen, sexueller Diskriminierung, Homophobie, Rassismus und das Vergessen der NS-Verbrechen geehrt, besonders lobend erwähnt wurde ihre Unterstützung für den Münchner Stadtarchivar Anton Löffelmeier bei seiner Arbeit am Buch ‚Die „Löwen“ unterm Hakenkreuz: Der TSV von 1860 München im Nationalsozialismus‘ (2009, Verlag Die Werkstatt), einem wichtigen Beitrag zur Dokumentation und zur Auseinandersetzung des Vereins mit seiner Rolle im „Dritten Reich“.
In seiner Laudatio verwies der Münchner Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers (‚Bin ein Rot-Weißer…Rot-Weiß Oberhausen!‘) auf das energische Einschreiten der ‚Löwenfans gegen Rechts‘ gegen rechtsradikale Minderheiten im Stadion, auf ihren klaren Standpunkt, dass Diskriminierung beim Sport und insbesondere auf den Stadienrängen nichts zu suchen hat, im Besonderen würdigte er das Engagement der Initiative hinsichtlich der Verankerung dieser Grundsätze in den Vereinsstatuten des TSV 1860. Die Gruppierung veranstaltet darüber hinaus Aufklärungsabende, lädt Zeitzeugen zum „Dritten Reich“ ein, organisiert Ausstellungen, sie nimmt seit vielen Jahren an der Gedenkfeier für die Opfer des rechtsradikal motivierten Oktoberfest-Attentats von 1980 teil, engagiert sich in Demonstrationen gegen Pegida und Ausländer-Hetze, pflegt seit Jahren eine Freundschaft mit einem Fußball-Verein in Gambia und veranstaltet nicht zuletzt den alljährlichen, immer gerne besuchten Neujahrsempfang.
Dr. Küppers dankte der Gruppierung für ihre Aufklärungsarbeit im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur und verwies auf Zahlen einer jüngsten Umfrage, die dieses Engagement unvermindert notwendig machen – nach dieser Umfrage hegt jeder fünfte Münchner Antipathien gegen Muslime, jeder 11. ist fremdenfeindlich eingestellt und 6% der Befragten bekennen sich zum Antisemitismus.
Löwenfan Jonas bedankte sich im Namen der Initiative für die Preisverleihung und merkte an, dass nach wie vor Gegendemonstranten und kritische Journalisten in ihrem Engagement gegen die braune Gefahr von der Polizei behindert und wiederholt verhaftet und im Nachgang mit Verfahren belangt werden.
Der „Münchner Bürgerpreis“ ist nach der Auszeichnung durch den Deutschen Fußball-Bund mit dem renommierten „Julius-Hirsch-Preis“ im Jahr 2009 bereits die zweite bedeutende Ehrung, die die 1860-Fans für ihr Engagement erhalten. Der DFB-Preis ist nach dem ehemaligen deutschen Nationalspieler Julius Hirsch benannt, der 1943 wegen seiner jüdischen Religion in Auschwitz ermordet wurde.
Mit dem Ehrenpreis der Stiftung wurde in diesem Jahr Schönwetter-Löwenfan und Alt-Oberbürgermeister Christian Ude für sein Engagement für das NS-Dokumentationszentrum und die jüdische Gemeinde in München und seinen Beitrag für die Entwicklung der demokratischen Gesellschaft und ein weltoffenes, buntes München ausgezeichnet.
Die Laudatio auf Ude hielt die Literaturwissenschaftlerin, Journalistin und auf jüdische Literatur spezialisierte Münchner Buchhändlerin und vormalige Preisträgerin Dr. Rachel Salamander, die sein Talent als Redner, seinen Beitrag zur Entfaltung jüdischen Lebens in München und als Integrator von Minderheiten in der Stadt ehrte. In ihrer Rede stellte sie den Bezug Udes zum ersten bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner her, beide gehören in ihren Augen zu den ganz wenigen Politikern, die Kultur und Politik in Einklang brachten.
Zum Schluss ihrer Rede brachte sie ihr Bedauern über die verlorene Landtagswahl Udes im Jahr 2013 zum Ausdruck, ob dies im Saal jeder so sah, sei dahingestellt.
Alt-OB Christian Ude erinnerte in seiner Dankesrede an seine politischen Vorbilder, zu denen neben dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten und Hitler-Gegner Wilhelm Hoegner und seinem Amtsvorgänger Hans-Jochen Vogel auch die Preis-Stifterin und Udes ehemalige Lehrerin Hildegard Hamm-Brücher zählt, die als Münchner Stadträtin und bayerische Landtags-Abgeordnete die Bestrebungen der Stadt hinsichtlich Liberalität und Weltoffenheit stets durch ihr politisches Wirken unterstützte.
Ude betonte die Notwendigkeit, Erinnerungskultur als Bestandteil der Verteidigung der Demokratie zu begreifen. Die Auseinandersetzung mit Schuld und Verantwortung sei nach wie vor notwendig, als Beleg führte er die jüngsten Erhebungen und veröffentlichten Zahlen über rechtsradikal motivierte Morde in der Bundesrepublik in den letzten 25 Jahren ins Feld.
Er erinnerte an ein Interview, das er als ehemaliger Journalist mit dem SPD-Kanzler Willy Brandt führte, dieser betonte im Bezug auf den Nationalsozialismus nicht so sehr die Schuld des Kollektivs als vielmehr die Schuld der Schwäche, wie sie die Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik, die akademische Elite und der Juristenstand im Vorfeld der Hitler-Diktatur zeigten.
Ude bezog sich aus aktuellem Anlass auf den derzeit im Münchner Stadtrat vertretenen NPD-Funktionär und schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Folgen wir den ‚Löwenfans gegen Rechts‘, rechtzeitig Riegel vorzuschieben gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass!“, womit ihm der lange anhaltende Applaus der Anwesenden gewiss war.
Begleitet wurde der festliche Abend von Jury-Mitglied Lukas Muffler, der die Veranstaltung moderierte sowie von kurzen Begrüßungsworten von Verena Miriam Hamm, die ihre leider erkrankte Mutter Dr. Hildegard Hamm-Brücher vertrat, und von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, der neben den Geehrten Alt-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel, die Münchener Stadträtin Beatrix Zureck (SPD und Mitglied im Verwaltungsrat des TSV 1860), die stellvertretende Landtags-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Schulze, Christian Vorländer von der Münchner SPD, den Münchner Grünen-Vorsitzenden Hermann ‚Beppo‘ Brem sowie – zur besonderen Freude der Anwesenden – den hochverehrten Max Mannheimer im Saal des NS-Dokumentationszentrums willkommen hieß, der als Auschwitz-Überlebender seit Jahrzehnten wertvolle Aufklärungsarbeit, vor allem an deutschen Schulen, leistet.
Musikalisch wurde die Verleihung stimmungs- und eindrucksvoll begleitet vom Duo „Salz & Pfeffer“, die Gitarristin Stefanie Böhm und der Hackbrett-Spieler Komalé Akakpo gaben dem Abend einen würdigen konzertanten Rahmen.
Das Kulturforum gratuliert den ‚Löwenfans gegen Rechts‘ – derzeit die einzige Institution im Umfeld des krisengeschüttelten TSV 1860 München, die für positive Schlagzeilen sorgt – ganz herzlich zur hochverdienten Preisverleihung und bedankt sich bei Stephanie Dilba für die Einladung zu dieser stimmungsvollen Veranstaltung.
KULTURFORUM-Interview mit der Münchner Punkrock-Institution RAUSCHANGRIFF über die Band-Historie, Rechtsradikale im Punk, „Faule Eier“, Franz Dobler und den Artikel, den der ‚Playboy‘ nicht „heruntergeholt“ hat – vor kurzem Bier- und Pommes-begleitet geführt in der Münchner Musik-Kneipe ‚Südstadt‚, dem Ort des letztjährigen Live-Comebacks der Band, mit Mastermind, Sänger und Gitarrist Machtkrampf, Drummer Küken und Basser O.S. – here we go, onetwothreefour:
Erst mal Prost auf Rauschangriff!
Alle: Ja, genau, erst mal Prost!
Kücken: …und darauf, dass wir heute in dieser schönen Kneipe sitzen dürfen !! ;-)))
Vielen Dank erst mal, Jungs, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Gespräch genommen habt. Ich würde thematisch gerne am Anfang der Band-Historie beginnen, wie ging’s eigentlich los mit Rauschangriff? Wo kommt der Name her und wie ging es eigentlich mit welcher Besetzung los?
Machtkrampf: OK, es deuten alle auf mich. Das war 1995, wir hatten die Nichtabstiegsfete bei mir im Garten (Anm.: legendärer Klassenerhalt der Münchner „Löwen“, gegen den 1. FC Köln am 26. Mai 1995, 2:1 in Unterzahl durch Tore von Peter Nowak und Olaf Bodden), da haben wir ein paar Lieder Playback angestimmt und so kam der Gedanke, nachdem von der Technik alles da war, könnten wir da mal was selber machen.
So ging’s dann los, Urbesetzung waren Splatter, Gummilinse, Bonzo und ich, ich hab das dann alles eingespielt, Instrumente, Texte geschrieben, Schlagzeug kam aus der Konserve, et cetera, Gesang kam dann von verschiedenen Leuten. Und dann kam die Entscheidung, live zu spielen. Dafür haben wir uns nach Leuten umgesehen, und zwei davon sitzen heute hier.
Ihr seid aber dann beide erst später gekommen, Bonzo war relativ früh raus, was ich mich erinnere?
Machtkrampf: Ja, der wollte auch nie live spielen… Splatter auch nicht, der wollte dann überhaupt nicht mehr mitmachen. Gummilinse und wir haben dann das hochgezogen mit Live-Auftritten.
Wann kamen dann O.S. und Kücken dazu?
Kücken: Wo’s hier in München gerne mal losgeht: in Schwabing in einer Kneipe hab ich mir eine Band angehört, die Machtkrampf auch kennt, er kam dann rüber mit ein paar Typen, war ganz begeistert und meinte, sie bräuchten einen Schlagzeuger, ich kenn ihn ja schon ewig, ich hab mir das dann angehört und dann ging’s los, 1996, im Folterkeller… Rauschangriff musste live spielen!
Machtkrampf: Erster Live-Auftritt war dann aber erst 1999, im Substanz. Eine Woche später dann gleich in Ulm, im „Betageuze“, mit ‚Oxymoron‘ und ‚Electric Gestapo‘ aus München.
O.S. hat dann Bonzo am Bass ersetzt?
O.S.: Nö, das war anders, ich hab die zuerst in so Rohfassungen gehört, hauptsächlich Riffs ohne Texte, fand ich recht gut, richtig gute Stücke und dann hieß es, „wir brauchen einen Basser für Live-Auftritte, wie sieht’s denn aus?“ Ich hab dann gesagt, OK, probieren wir mal fünf Stücke, wenn’s klappt, ok, wenn nicht, dann nicht. Klappte halt dann und dann ging’s los.
Ihr beide, O.S., Kücken, seid ja ursprünglich nicht vom Punk gekommen?
Kücken: Ich kenn den Machtkrampf ja schon ewig, seit 1981, aus gemeinsamen Hardrock-Zeiten, da haben wir auch schon gemeinsam was in die Richtung gemacht, aber da hat er mich schon zu sämtlichen Punkrock-Konzerten mitgeschleppt, da war ich noch recht ängstlich, aber Bands wie G.B.H., UK Subs, Exploited haben mir ganz gut gefallen. Mitte der Achtziger hat sich’s dann wieder etwas verlaufen und Ende der Neunziger haben wir uns dann eben wiedergetroffen. Ich hab zu der Zeit in einer ultra-brutal schlechten Coverband gespielt, war dann hinsichtlich langsamem Ausstieg dort ganz gut ;-)) Die erste CD mit Rauschangriff war dann recht erfolgreich, ist deutschlandweit in der Szene gespielt worden, Ruhrpott, Hamburg, Berlin, überall.
Da war Rauschangriff sozusagen ein qualitativer Aufstieg ;-))
Kücken: (Großes Gelächter) Musikalisch auf jeden Fall! Es wurde auch schneller !! ;-)))
O.S., Du hast vorher auch keinen Bezug zum Punk gehabt?
O.S.: Ich hatte immer Bezug zur Rockmusik, und wenn das gute Punk-Musik ist, ist das auch gute Rock-Musik. Ist halt schneller und härter gespielt, insofern finde ich gute Punk-Musik genau so gut wie gute Rock-Musik.
Einer Eurer größten Erfolge, man merkt es ja auch immer an der Publikumsresonanz, wenn‘s live kommt, war „Faule Eier“. Da gibt’s ja eine lustige Geschichte dahinter zur Entstehung.
Machtkrampf: Das war das Lokalderby, als die Roten relativ schnell mit 4:0 führten, damals noch mit Klinsmann, wir haben damals noch aufgeholt, Borimirov hatte noch ne Riesenchance, 4:2 ist es für die Roten ausgegangen, jedenfalls ist mir damals der Text und Refrain im Stadion eingefallen, ich hab mich dann an den damaligen Sänger und Texter Gummilinse gewandt, ob wir da was machen könnten, er kam dann mit einer ganzen Litanei an Gstanzln daher, da haben wir dann die Besten ausgesucht. Schade, dass die anderen nicht mehr exisiteren, da waren noch ein paar gute Zeilen dabei.
Also praktisch eine Mischung aus Anti-FC-Bayern-Song und Verquickung aus Punk und einer Art bayerischem Underground-Gstanzl.
Machtkrampf: Das Beste war, wir haben das mit der ersten CD, wo das drauf war, nach Berlin geschickt zum ‚Wahrschauer‘ (Anm.: Punk-Fanzine mit CD, #34 März bis Mai 1998, S. 45), da konnte man veröffentlichen, wir dachten, die wollen bestimmt was Sozialkritisches, „Bildbeschreibung“, „Armes Deutschland“, irgend sowas, die meinten dann, sie hätten gerne „Faule Eier“, für uns war das eher so ein lustiges Nebenprodukt, die meinten aber: „Das isses!!“
O.S.: Im Punk sind die Songs über Fußball ja in der Regel für den eigenen Verein, für die Sechziger, für Lautern, für Hertha, was weiß ich, aber die Nummer hat einen besonderen Reiz, weil’s erstmals gegen einen Verein ging.
Man muss natürlich anmerken, der FC Bayern gibt in die Richtung gut was her…
(Allgemeines Gelächter)
Kücken: Sie geben’s ja bloß nicht zu, aber manchem Bayern-Fan gefällt ja ‚Faule Eier‘ ! Weil’s einfach ein genialer Text ist. „Steckt die Fans in Aldi-Säcke…“, kam ja zum Beispiel daher, dass die FCB-Fans gegen Besiktas Istanbul in der Champions League auf der Tribüne mit Aldi-Tüten rumgewedelt haben…
O.S.: Schon wieder ne wahre Geschichte… ;-))
Ist da für Euch finanziell auch mal was hängengeblieben?
Machtkrampf: Nö, aus Schulterklopfen nix, haha…
(Großes Gelächter)
Kücken: Ausser Spesen nix gewesen, hahaha…
Applaus ist der Lohn des Künstlers ?
Machtkrampf: Genau. Den haben wir dann gut genossen … ;-))
Anderes Thema: Die Ronnie-Biggs-Tribute-Nummer. Ihr habt ja damals zusammen mit dem Sohn von Ronnie Biggs eine Tribute-Single für den Alten gemacht. Kam, soweit ich mich erinnere, über Blank Frank, Euren damaligen Sänger, zustande?
Machtkrampf: Ja, der kannte den Ronnie Biggs, war öfter bei ihm in Brasilien, Blank Frank hat die ganzen Kontakte hergestellt, Michael Biggs kam dann an mit einer Tussi im Arm, die er auf dem Flug nach München abgeschleppt hatte, wir hatten die Songs schon vorbereitet, da war dann auch erstmals einer von der ‚Süddeutschen Zeitung‘ da, der was drüber geschrieben hat, Franz Dobler, der den Artikel dann auch dem ‚Playboy’…
…da kommen wir noch drauf zu sprechen, da gibt’s ja auch eine lustige Geschichte…
Machtkrampf: … genau ;-)) … in dem Zusammenhang haben wir dann auch den Fotografen Volker Derlath kennengelernt, zu dem haben wir ja nach wie vor guten Kontakt, der ist auch nach wie vor bei Konzerten dabei.
Blank Frank hatte auch später zu Ronnie Biggs noch Kontakt, als er dann in England in Belmarsh im Knast saß?
Machtkrampf: Ja, der hat ihn dann dort immer noch besucht, zusammen mit dem Toten-Hosen-Gitarristen.
Der Augsburger Schriftsteller, Journalist und Blogger Franz Dobler ist ein gutes Stichwort. Er hat ja dann seinen Artikel in der ‚Süddeutschen Zeitung‘ veröffentlicht, mit dem Aufhänger „Sound Of Munich“, ich hab mal eine Lesung von ihm gesehen/gehört, im Feierwerk, er hat damals auch diesen Artikel zum Besten gegeben, und auch Eure Single aufgelegt, mich hat’s riesig gefreut für Euch, aber eben auch etwas gewundert, Rauschangriff als „Sound Of Munich“ zu bezeicnen, fand ich etwas seltsam, ist doch München eigentlich nie eine richtige Punk-Hochburg gewesen.
Machtkrampf: Da bin ich voll bei Dir, die Punk-Hochburg ist/war das hier bestimmt nicht.
O.S.: „Sound Of Munich“ kann man natürlich unterschiedlich interpretieren. Wenn man jetzt nur an’s Hofbräuhaus denkt, solche Geschichten, dann ist das schon relativ breite Kultur, einer der Aspekte, die „Sound Of Munich“ hat, insofern hat’s schon wieder gepasst…. Man muss sich’s nur schönreden ! ;-)))
Kücken: In München ist halt alles etwas gemütlicher ;-)) Mein Sohn merkte mal an, als ich wieder bei Rauschangriff anfing: „Punk in München? Punk gibt’s doch nur in Berlin. Da laufens rum und sind alle total links, in München gibt’s doch keinen Punk mehr.“ Bei uns ist es halt nicht so brutal, eher mehr Rock ’n‘ Roll.
Alle: Es gab ja auch die Marionetz, Lustfinger, Vorstadtkönige gibt’s immer noch, Ramonas….
Machtkrampf: Damals in München, als es losging, 1977, 1978, da gab’s schon etliche Bands, ‚Kondom‘ zum Beispiel, waren halt so lokale Größen…
Eine Nische war’s auf alle Fälle, und wie der Monaco Franze so schön gesagt hat: A bisserl was geht immer…
Machtkrampf: Genau, Gott sei Dank.
Bleiben wir noch kurz beim Franz Dobler. Er hatte ja dann auch bereits erwähnten Auftrag vom ‚Playboy‘, über Euch einen Artikel zu schreiben, er meinte dann irgendwo recht süffisant, „der Artikel wurde vom Playboy nicht heruntergeholt“, was zu diesem Wichsblatt ja ganz gut passt (Großes Gelächter), kennt Ihr da noch die näheren Hintergründe?
Machtkrampf: Der komplette Mail-Verkehr zwischen Franz Dobler und dem ‚Playboy‘ wurde damals in der ‚Jungen Welt‘ abgedruckt, im ‚Playboy‘ ist auch ein gekürzter Artikel, vielleicht zehn Sätze, erschienen, den hab ich schön ausgeschnitten und neben dem damaligen ‚Playmate des Monats‘ im Folterkeller-Studio an die Wand gehängt ;-))
Bis Mitte der 2000er wart Ihr ja in meiner Wahrnehmung als lokale Münchner Punk-Größe ganz gut unterwegs, auch in anderen Städten und kleinen Festivals…
Machtkrampf: … ‚Monte Paradiso‘ in Kroatien! …
… und dann kam ja irgendwann der Splitt oder das Zerwürfnis, wenn man so will, das Ganze hatte ja durchaus politische Hintergründe?
Machtkrampf: Das war diese ‚Freiwild‘-Geschichte, wir kannten damals ‚Freiwild‘ nicht, die haben uns eingeladen in die ‚Hessen-Halle‘, zu einem Festival, ‚Freiwild‘ war sowohl Hauptact als auch Organisator, mir waren die damals schon nicht ganz politisch geheuer, sprich zu rechts, ich hab mich dann gegen einen Auftritt entschieden, da kam es dann bei uns in der Band zum Zerwürfnis, ein Teil der Band wollte mal vor größerem Publikum auftreten, egal, unter welchen Voraussetzungen.
Das mit ‚Freiwild‘ hat sich inzwischen von selbst in der Presse erledigt, es war erst vor Kurzem wieder in der ‚Süddeutschen‘ ein Artikel, ist eine zweifelhafte Geschichte mit denen, die bedienen halt rechtes Klientel, ohne sich offen rechts zu geben.
Kücken: Das war damals schon ein großes Thema in der Band, da gab es richtige Diskussionen, ob rechts oder nicht… ‚Freiwild‘, die sind jetzt auf dem Trip, verdienen das große Geld, für mich sind es keine Nazis, aber sie bedienen natürlich diese Klischees des rechten Spektrums, je mehr drüber geschrieben wird, desto bekannter werden die.
Machtkrampf: Sie wollten ja auch die Nachfolger der ‚Böhsen Onkelz‘ werden, die ‚Onkelz‘ haben’s ja genau so gemacht, ich hab von denen noch eine Uralt-Videoaufnahme aus dem Fernsehen, Auftritt als Neo-Nazi-Band, später haben sie sich dann die Haare wachsen lassen und versucht, sich davon zu distanzieren, auf dem Trip sind die halt auch.
Ich kenn persönlich Leute, die hören sich ‚Freiwild‘ an, ohne den Hintergrund zu beleuchten, das ist wie ‚Pegida‘, da marschieren halt welche mit und wissen nicht, mit wem sie sich da eigentlich auf eine Bühne stellen, nämlich mit richtigen Faschisten, Neo-Nazis, et cetera.
Bei ‚Pegida‘ sind vielleicht auch nicht nur Neo-Nazis dabei, aber mittlerweile müssen sie wissen, was sie tun. Wobei ‚Freiwild‘ musikalisch, unabhängig vom Inhalt der Texte, gut sind, kein Thema.
Bei dem von ‚Freiwild‘ organisierten Festival hättet ihr eigentlich schon einen Vertrag gehabt, Du, Machtkrampf, hast ja dann gesagt, Du stellst Dich nicht zusammen auf eine Bühne mit Fascho-Bands, da wären ja durchaus noch anrüchigere Combos als ‚Freiwild‘ aufgetreten, was rechtes Gedankengut betrifft.
Machtkrampf: Da wäre damals alles mögliche dabei gewesen, ‚Planlos‘, so eine Fun-Punk-Band, die sich um Politik eher einen Dreck scheren, ist halt auch immer eine Gratwanderung. ‚Betontod‘ spielen zum Beispiel mit ‚Freiwild‘ seit Jahren zusammen, obwohl sie sich immer als Punk-Band gerieren, sowas kann ich nicht nachvollziehen. Ist das dann noch Punk oder tritt man da nur wegen der Kohle auf?
Kücken: Das Problem ist, das Ganze wird immer unübersichtlicher. Ich kenn mich da selber nicht mehr aus, wenn ich heute die Bandnamen auf Plakaten von Festivals lese, denke ich, dem Namen nach sind das sicher Skin- oder Nazi-Bands. Viele Fans blicken da auch nicht mehr durch. Viele verwechseln ja auch die ‚Onkelz‘ mit Punk. Das Problem ist, die rechten Nazi-Bands machen die selbe Musik. Viele hören nicht mehr genau auf die Texte, das wird immer mehr vermischt.
Bei Euch könnte man mit dem brachialen Stakkato-Punk auch auf die Idee kommen, das ist eher eine rechte Band, das relativiert sich natürlich sofort, wenn man Eure Texte hört. Das geht selbstverständlich in eine komplett andere Richtung. Aber insofern gebe ich Dir Recht, der musikalische Unterbau ist oft der gleiche.
Machtkrampf: Völlig richtig.
O.S.: Na ja, aber wenn man in die Siebziger geht, kommt der musikalische Unterbau eben nicht vom rechten Rand, sondern aus ner anderen Ecke. Die wollten einfach nur Musik machen.
Da kann man das jetzt nicht so einfach in diese Ecke schieben, das ist schon ganz bewußt als Medium benutzt worden, weil’s halt junge Leute anspricht, und da muss man schon eine Distanz dazu aufbauen. Bei Rauschangriff hörst Du natürlich eindeutig an den Texten, dass es nicht diese Richtung ist. Man muss auch ein Zeichen setzen und sagen, dazu gehöre ich nicht.
Dazu gehört eben auch so eine Position. Ich hab das damals nur als Aussenstehender mitbekommen. Da muss man eben auch mal sagen: Stopp, da will ich nicht mitmachen.
Machtkrampf: Der O.S. war damals nicht dabei, der Skank war damals unser Basser.
Und dann kam es ja zum Bruch, weil ein Teil von Euch gesagt hat, wir spielen dort nicht, und ein anderer Teil wollte unbedingt.
Machtkrampf: Ich war der Teil, der nicht wollte, und Küken war eher unentschieden…
Küken: … ich hätte tendenzeill eher auch gespielt, am kompromisslosesten war unser Sänger Blank Frank, der meinte, wenn wir dort nicht spielen, dann war’s das.
O.S.: Das Ganze war auch noch von einer Kreissparkasse gesponsort, das hat dem ganzen natürlich Legitimation verliehen, nach dem Motto, wenn die sponsoren, kann’s nix Anrüchiges sein.
Ende vom Lied war, es war Mitte der 2000er mit einem Schlag vorbei mit Rauschangriff.
Machtkrampf: Genau, Sommer 2006. Ich hab dann viel mitm Frohmader gemacht, Nekropolis, und viele Solosachen eingespielt, „Finale dahoam“ ;-))) und ‚Flutwelle‘ mit Manu aus Extertal.
Los ging’s dann wieder als Trio im letzten Jahr?
Machtkrampf: Januar 2014, im ‚Cafe Kosmos‘, genau.
Küken: Der typische Fall, wir haben uns einfach mal wieder getroffen im ‚Kosmos‚, auch unser ex-Sänger Blank Frank war dabei, man hat sich locker unterhalten, weil man sich Jahre lang nicht gesehen hatte, irgendwann meinte jeder „Ich würd mal gerne wieder Musik machen, ich hab seit dem Split nix mehr gemacht…“
Machtkrampf: Es hat schon was gefehlt, muss man ehrlich sagen. Blank Frank wollte dann nicht mehr. Man muss halt dann auch irgendwann einen Punkt setzen, man kann die alten Geschichten nicht ständig aufkochen, scheiß drauf.
Küken: Der Frank redet wenigstens wieder mitm Machtkrampf und es gibt auch nicht jedesmal eine politische Diskussion wegen der ‚Freiwild‘-Nummer – die schaffen’s ja auch immer wieder, dass man diskutiert, wir reden ja auch schon wieder drüber…
O.S.: Ich hab das etwas anders empfunden, wir haben uns in der Kneipe getroffen, und es war gut, dass die Leute wieder zusammenkamen. Machtkrampf hat dann vorgeschlagen, lass uns doch nächste Woche einfach mal treffen und zusammenspielen, ich dachte, trinkst einen Kaffee im Studio, und er meinte dann, Küken kommt auch vorbei, und schon haben wir zwei, drei Stücke gespielt.
Machtkrampf: In meinen Übungsraum brauchst Du ja nur reingehen und spielen, ist ja alles da ;-))
Vom Kaffee-Tisch direkt in den Folterkeller?
O.S.: Bier war schon vorher noch… ;-))
Zwischendrin habt Ihr noch einen Sänger gesucht…
Machtkrampf: Ich denke immer, ein Solosänger wäre die beste Lösung, da hat sich dann so schnell nix gefunden. Mein Favorit wollte nicht (großes Gelächter, Anm.: es handelt sich um den Interviewer, dem unmusikalischsten Menschen und schlechtesten Sänger auf Gottes weiter Erde…;-)), Einstellungsmäßig hätte der 100% zu uns gepasst, da geht kein Blatt Papier dazwischen, aber dann hab ich’s halt irgendwann selber probiert. Ich bin von meiner Stimme nicht so der Fan, aber meine Freundin und andere Leute meinten, doch, das passt. Die Jungs sind jetzt auch nicht unzufrieden, jetzt machen wir erst mal als Trio weiter.
Hier im ‚Südstadt‘ hattet Ihr ja dann im vergangenen Dezember Euer Live-Comeback. War aus meiner Sicht ein überragender Erfolg, die Bude war total voll, die Leute waren begeistert.
Machtkrampf: Vierhundert Euro für ‚Ärzte ohne Grenzen‘ ;-)))…. Hat total Spaß gemacht! Nö, lief sehr gut, auch die Songs mit Trio-Besetzung haben gut funktioniert.
Machtkrampf: Vorher war noch der 13.12., wir haben da bei den ‚Allstars‘ mitgespielt, beim Weihnachtssingen im Grünwalder Stadion ;-)) War sehr witzig ;-))
Wie geht es weiter? Plattenaufnahmen, Live-Auftritte, besondere Themen? Bei Euch läuft ja viel mit politischem Bezug.
Machtkrampf: Auf alle Fälle was über diese unsäglichen ‚Pegida‘-Dinger, AfD auch, gewisse Themen brauchen wir ja nicht mehr ansprechen, ‚Emanzenterror‘ war mal ne super Nummer, aber mein Gott, wenn die Kinder mal erwachsen sind, hat sich’s mit dem Terror auch austerrorisiert…
O.S.: Ist ja damals eher aus einer persönlichen Frustnummer entstanden… Kann ich auch nachvollziehen. War eher so ne persönliche Geschichte. Jetzt müssen wir uns wieder mehr fragen, was passiert eigentlich in der Welt? Wir werden da sicher das ein oder andere aufgreifen, ohne uns jetzt ein konkretes Ziel zu setzen. In der Regel unterhalten wir uns bei Übungsabenden über alle möglichen Themen, da ergibt sich immer eine Möglichkeit, was zu machen.
Gibt ja z.B. auch noch andere Fußballvereine ;-)) Da mangelt’s nicht an Themen, eher an der Zeit, das zu machen. An Texten kann man immer feilen, aber man braucht auch die Zeit und Ruhe dafür.
Machtkrampf: Wir haben z.B. einen alten Song, der heißt „Talkshow“, den müssten wir mal in Angrif nehmen. Derzeit sind ja diese unsäglichen Koch-Shows sehr angesagt, vielleicht kann man das in diese Richtung umarrangieren. Auf der neuen CD kommt auch ein Stück mit dem Titel „Wo ist der Sinn?“, oder „Links, zwo, drei“ über Auslandseinsätze der Bundeswehr, für wen wird das eigentlich gemacht, vielleicht doch für’s Großkapital? Den 25. Anti-Bayern-Song machen, mein Gott, langweilt irgendwann auch…
Obwohl der Verbrecherverein immer was hergibt… ;-)))
Machtkrampf: Ja, schon ;-)))
Küken: Die Richtung wird schon so bleiben, paar politische Songs mit kernigen Aussagen, paar niveaulose Lieder ;-)))
Machtkrampf: Niveaulose Sauflieder, hahaha… ;-)))
O.S.: Von wegen, niveauvolle Trinklieder !
Machtkrampf: Gut, der Song „Freibier“ vom O.S. klingt vom Titel nach niveaulosem Sauflied, hat aber durchaus einen sozialpolitischen Hintergrund.
O.S.: Ist auch eine wahre Geschichte. Das war eine ganz besondere Situation in einer Kleinstadt im Norden, in der Punks angerollt kamen und man mit der Situation überhaupt nicht umgehen konnte. Da gab’s immer ein sogenanntes Bierbrunnenfest mit Freibier, die ganze Verwandtschaft kam da hin mit Onkel Gustav und Tante Gerda, und da kam ein ortsansässiger Jugendlicher auf die Idee, seine ganzen Pogo-Kumpels dorthin einzuladen, auf einmal stand die ganze Punk-Szene Nordrhein-Westfalens auf der Matte.
Ein paar tausend Leute, und dann haben die ein paar Hundertschaften Polizisten dazugezogen, jeder Punk hatte plötzlich zwei Polizisten an der Backe. Das Bierbrunnen-Fest war in dem Ort ab dem Zeitpunkt gestorben. Gibt’s zwar immer noch, aber ohne Freibier… ;-)))
Punk hat doch noch eine gewisse Sprengkraft ;-))
Machtkrampf: Gott sei Dank ! ;-)) Aber leider künftig ohne Freibier… ;-)))
Zum Schluß – Die Geschichte mit ‚Radio Magadan‘?
Machtkrampf: Ja, ‚Radio Magadan‘! Magadan ist eine russische Hafenstadt, am Ochotskischen Meer, südlich von Sibirien. Der Frank Werner kannte da so einen russischen Weltenbummler, der hat da eine Radiosendung betrieben, der erzählte eine Viertelstunde etwas über Rauschangriff, alles auf Russisch, klar, war total lustig.
Küken: In Berlin liefen wir auch mal, „New Rose“ hieß der Sender, gibt’s immer noch als Internet-Radio…
Machtkrampf: Das Beste bisher war eine Fan-Zuschrift aus Indonesien, den Brief hab ich noch. Die haben damals den „Wahrschauer“ in die Hände gekriegt und „Faule Eier“ gehört, die sind da voll darauf abgefahren. Die haben uns sogar ein Foto von sich geschickt und eine eigens angefertigte Rauschangriff-Zeichnung mit Skeletten, total nett.
Ich wollte gerade als Schlusswort bringen, dass der internationalen Karriere eigentlich nix im Weg steht, aber die ist ja, was ich da so raushöre, bereits voll am Laufen…;-)
Küken: Wir starten jetzt durch – vor meiner Rente muss alles im Kasten sein !! ;-)))
Machtkrampf: In diesem Sinne: Prost !
Prost ! Und vielen Dank an Euch alle, dass Ihr Euch die Zeit für das Interview genommen habt!
O.S.: Was ist mit der Rente? Wird die schon wieder gekürzt?
Küken: Egal, wir starten jetzt durch !! ;-)))))
Machtkrampf: Rente haben wir längst versoffen, können nur noch auf die Stütze hoffen ;-)))
Das lassen wir als Schlusswort so stehen ! ;-))))
Die Rauschangriff-Diskographie:
Rauschangriff, CD, 1997, Eigenverlag (vergriffen) Limitiert und unzensiert, MC, 1997, Eigenverlag (vergriffen) Demo-Tape, MC, 1997, Eigenverlag (vergriffen) Sie haben es sich verdient, EP, 1998, NC-Music Emanzenterror BRD, CD, 2000, NC-Music (vergriffen) Emanzenterror BRD, LP, 2000, DS-Records Report aus München, CD, 2002, Eigenverlag Free Ronnie Biggs, EP, 2005, VPS-Records Rauschangriff – die 1. CD digital remastert, CD, demnäxt, Eigenverlag
Samplerbeiträge:
Wahrschauer CD zum Heft # 34, „Faule Eier“, CD, 1998, Wahrschauer
Aber der Kult lebt weiter 2, „Armes Deutschland“, CD, 1998, NC-Music
Aber der Kult lebt weiter 3, „Bild-Beschreibung“, „NC-Music“, CD, 1999, NC-Music
Mia san ned Marionetz, „Heya TSV“, CD + LP, 1999, Höhnie-Rec. / Schlecht & Schwindlig
BRD PunkTerror Vol. 3, „Bild-Beschreibung“, CD, 2000, Plastic Bomb # 24
Welch ein Land! Was für Männer, „10 Gebote“, CD, 2000, Plastic Bomb # 25
Punk over Munich, „88 Nazischweine“, CD, 2002, Aggressive Noise
Street Attack Vol. 6, „King of the Punks II“, CD, 2004, Noisegate Prod.
A-Punk, „Too old to run“, CD, 2005, Fun Records
Give us coincidence or give us death (DK Tribute), „Brenn Assi“, CD, 2005, Unbekannt (Südafrika)
Bring Vir Jello Terug (DK Tribute), „Urlaub in Kambodscha“, CD, 2005, Unbekannt (Südafrika)
Mia san dagegn! Punk in München, „Achse des Bösen“, CD, 2007, Aggressive Noise
M-Punks united 2007, „Stupid White Men“, CD, 2007, Aggressive Noise
Unzählige Beiträge für die damals beliebten Tape-Sampler: Gurken(M)ärsche, Gewissensbisse, Hier kommt die Rixe, Hippiekiller # 2, Hörsturz # 3, Lach- und Tanzmusik u.v.m.
Beiträge für Begleit-CDs von Zeitschriften: Wahrschauer, Plastic Bomb, Kruzefix (München)
Rauschangriff-Tonträger können direkt bei Machtkrampf geordert werden: machtkrampf@gmx.net
An der Nordseite der Münchner Theresienwiese findet sich die Gedenkstätte für die Opfer des Oktoberfest-Attentats, das sich in diesem Jahr zum 35. Mal jährt.
Bei dem Bombenanschlag kamen 13 Menschen ums Leben, unter ihnen auch der mutmaßliche (Mit-)Attentäter Gundolf Köhler, ein Sympathisant der damals aktiven rechtsradikalen „Wehrsport-Gruppe Hoffmann“. Weitere 211 Personen wurden durch die detonierte Rohrbombe verletzt, viele davon schwer.
Da sich der damalige Bundestags-Wahlkampf zwischen dem regierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt und seinem bayerischen Herausforderer Franz-Josef Strauß in den letzten Zügen befand, erhielt das Attentat vom 26. September 1980 in diesen vergangenen Herbstwochen eine besondere politische Brisanz. Strauß, der sich jahrelang auf den linken Terrorismus eingeschossen hatte und unter anderem die seiner Meinung nach laxe Politik des FDP-Innenministers Gerhart Baum für die RAF-Exzesse verantwortlich machte, kam plötzlich in Erklärungsnöte, hatte er doch im Vorfeld die Neonazi-Gruppierung des Nürnbergers Karl-Heinz Hoffmann als verrückte Spinner verharmlost und die Gefahr von rechtsradikalen Attentaten völlig in Abrede gestellt.
Aufgrund des Abschlussberichts von Generalbundesanwalt Rebmann galt Gundolf Köhler nach offizieller Lesart lange als Einzeltäter, obwohl vielfache Zeugenaussagen als auch eine abgetrennte Hand, die aufgrund der Blutgruppe niemandem zugeordnet werden konnte, in eine andere Richtung deuteten. Der Hörfunkreporter Ulrich Chaussy vom Bayerischen Rundfunk stieß bei der Aufarbeitung des Attentats auf zahlreiche Ungereimtheiten und versuchte immer wieder, auf diese hinzuweisen – mit dem Ziel, die Ermittlungen wieder in Gang zu setzen. Der Regisseur Daniel Harrich verfilmte die Recherchen Chaussys 2013 unter dem Titel „Der blinde Fleck“ mit Benno Fürmann in der Hauptrolle, der Film, den ich sehr empfehlen kann, läuft am 4. Februar in der ARD. Gegen Ende dieses spannenden Spielfilms werden auch die Parallelen zu den Ermittlungsfehlern im aktuell laufenden NSU-Verfahren deutlich.
Werner Dietrich, der Anwalt der Münchner Oktoberfest-Attentats-Hinterbliebenen, reichte im September 2014 einen Antrag auf Wiederaufnahme der Ermittlungen ein, diesem wurde am 11. Dezember vergangenen Jahres durch Generalbundesanwalt Range stattgegeben. Die Vernichtung sämtlicher Asservate zu dem Fall im Jahr 1997 dürfte die wiederaufgenommenen Recherchen nicht einfacher gestalten.
Der spannende Polit-Krimi „Das München-Komplott“ (2009, Kiepenheuer & Witsch) des Stuttgarter Autors Wolfgang Schorlau aus der Privatdetektiv-Dengler-Serie basiert auf den selben Ungereimtheiten zur Einzeltäter-Theorie, auch hier wird dieses Ermittlungsergebnis angezweifelt, der Krimi handelt im Wesentlichen von systematischer Spurenverwischung inklusive einiger Morde, und wie bei allen Romanen der Georg-Dengler-Reihe weiß der Leser nie, wo die Fiktion aufhört und ab wann die Realität zum Tragen kommt.