Big Business

Reingehört (531): Big Business

Big Business – The Beast You Are (2019, Joyful Noise)

Nach knapp drei Jahren mal wieder ein Lebenszeichen von Big Business, wie nicht anders zu erwarten eine ordentliche Duftmarke und alles andere als dezent und leise: „The Beast You Are“ ist stilistisch mit etwas mehr Orientierung in Richtung Song-Struktur, gedehnteren Instrumental-Passagen und einem Hauch von Melodien nur einen Steinwurf entfernt vom Vorgänger-Tonträger „Command Your Weather“ und so ziemlich allem anderen, was das Duo dem geneigten Publikum in den vergangenen eineinhalb Dekaden um die Ohren geblasen hat. Und so soll es auch sein. Jared Warren und Coady Willis, in Personalunion bis 2015 als hart arbeitende Rhythmus-Maschine bei der amerikanischen Sludge/Grunge-Institution Melvins engagiert, glänzen mit der eigenen Duo-Formation einmal mehr mit kompromisslosem Noise-Rock und beinhartem Grunge, in einer knochentrockenen Mid- bis Uptempo-Gangart an der Nahtstelle zur individuellen Sludge- und Doom-Metal-Ausformulierung. Dass sich hier weit mehr als nur Spurenelemente aus den brachialen Lärm-Herrlichkeiten der ehemaligen Stammformation um Buzz Osborne finden, liegt auf der Hand. Jared Warren lässt seinen Bass zuweilen wie voluminös krachende, dissonante, im Nachhall brummende Heavy-Gitarren klingen und liefert neben dem grundsoliden Dröhnen zur Taktgebung schwere Siebziger-Heavy-Riffs, für die Alt-Helden wie Tony Iommi früher sechs Saiten benötigten, und auch sein leiernder, grimmig drängender Gesang geht auf Zeitreise in die Urzeiten des progressiven Hardrock. Drummer Coady Willis gibt mit seinem energischen Einwirken auf die Trommelbespannung die Richtung vor und schmeißt sich in das Geschehen, als ginge es ums Ganze, wie letztens die derzeit sehr tolle Euro-League-Eintracht gegen Benfica.
Zur satteren Produktion und Klangbild-Ausschmückung wabert dann und wann gefällige Keyboard-Melodik durch die Nummern, der differenzierteren Ausgestaltung der jeweiligen Werke ist das nur förderlich. Neben den handelsüblichen Straight-Forward-Brachial-Attacken kommt „The Moor You Know“ als finstere musikalische Untermalung der Apokalypse im Downtempo, das finale „Let Them Grind“ hat als dramatische Sludge-Hymne unerwartet erhebende Momente, und in der aus dem Rahmen gefallenen, entschwebt experimentellen Hippie-Ballade „Under Everest“ zeigen sich Big Business mit Glockenspiel und Tambourin gar von ihrer sanften Ambient-Folk-Seite. Der Rest, im Wesentlichen: Voll auf die Zwölf, auf das Sonnengeflecht gedroschen, dorthin, wo es wehtut, mit klatschenden Drums und monströsen, wuchtigen Bass-Verzerrungen – Big Business zeigen mit minimalen Mitteln einmal mehr als deutlich, dass ihnen ihre Interpretation der lärmenden Rockmusik nach wie vor ein maximalst ernsthaftes Anliegen ist.
„The Beast You Are“ ist seit Mitte April über das Indie-Label Joyful Noise Recordings aus Indianapolis in allen möglichen Formaten zu haben. Lautstärken-Regler hochgefahren, eh klar.
(**** ½ – *****)

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Melvins + Big Business @ Hansa39, München, 2015-10-05

Stoner Metal/Sludge Metal/Drone Metal/Alternative Metal/Noise Rock/Grunge/Hardcore Punk, wie immer man das nennen mag, jedenfalls gab es am Montag von dem Zeug reichlich auf die Ohren im Münchner Feierwerk beim schon fast traditionell-alljährlichen Stelldichein der Grunge-Urgesteine Melvins, deren Vorprogramm die eine Hälfte der Band wie auch in der Vergangenheit schon des Öfteren als Big Business bestritt, Bassist Jared Warren und Drummer Coady Willis bespaßten einige Zeit vor offiziellem Anpfiff die anfangs noch spärlich gefüllte Halle, die sich aber mit den ersten Tönen des Brachial-Sounds schnell bis Anschlag füllte.
Es ist immer wieder erstaunlich, welch Orkan-artige Wucht das Duo aus Seattle/Washington mit seinen beiden Instrumenten entfacht, Trommler Willis geht, wie auch im weiteren Verlauf des Abends bei den Melvins, von der ersten Minute an hohes Tempo, und was Jared Warren am Bass zaubert, dürfte so manchem Gitarristen ob der harten Riffs und der treibenden Akkorde Kopfzerbrechen bereiten. Freund Raimund stellte hinsichtlich musikalischer Darbietung Bezüge zur kalifornischen SST-Doom-Metal-Band St. Vitus her und da mag er nicht falsch liegen, die beiden Musiker bereiteten mit ihrem intensiven, hart auf den Punkt gebrachten Vortrag in jedem Fall optimalst das Feld für die anschließende Vollbesetzung.
(**** ½)

Big Business / Homepage

Jared Warren legte für das folgende Set das Sindbad-der-Seefahrer-Outfit an, der inzwischen vollbesetzte Saal wurde Pausen-füllend mit überlautem Jazz-Getröte beschallt und dann ging es direktemang weiter mit dem schweren Donner, dem Metal-Drone und dem Ur-Grunge der Melvins, Lärm-Götter, die mich auch schon mein halbes Leben begleiten, zum allerersten Mal vor über 20 Jahren konzertant genossen, als Nirvana ihr allerletztes Konzert gaben, seitdem immer geliebt und in Ehren gehalten. Der arme Kurtl wollte in jungen Jahren bei den Melvins anheuern und wurde an der Gitarre für zu leicht befunden, so will es die Legende wissen, vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, wer weiß…
Dale Crover, der seit den Achtzigern im Gegensatz zu Cobain fast von Anfang an bei den Melvins mitmischen durfte und der mit Nirvana in der Zeit ihre ersten Demos einspielte, gesellte sich an das zweite Schlagzeug zum High-Speed-Getrommel und zusammen mit Mastermind/Gitarrist/Sänger Buzz Osborne zelebrierte das Quartett das erwartete brachial-intensive Soundgebräu, das so vieles an Einflüssen und später selbst Beeinflusstem enthält, was in dieser Musik-Gattung seit jeher gut und wichtig ist: die in die Neuzeit herübergeretteten, zähen, tonnenschweren Tony-Iommi-/Black-Sabbath-Riffs, den treibenden, fieberhaften Früh-Grunge/-Punk der Wipers (dem sie an diesem Abend mit einer furiosen, ans Original gemahnenden Version des Klassikers „Youth Of America“ Tribut zollten) und die atmosphärischen Metal-/Alternative-/Dark-Ambient-Drones von Bands wie Earth, Sunn O))) oder Neurosis.
Hinsichtlich Konzertdauer blieb die Band dieses Mal extrem unter Erwartung, weit von den gewohnt-üblichen 2 Stunden war am Montag nach 75 Minuten abrupt Schluss, Bassist Jared Warren türmte zentral am vordersten Bühnenrand – zur Abschottung vom Publikum??? – seine Box, Guitar Amp, Koffer und Bass auf, klatschte final sein verschwitztes Shirt drauf und das war’s dann. Weird Scenes Inside The Goldmine…
(*****)

Melvins / Homepage