Big Mama Thornton

Soul Family Tree (33): Farewell Charles Bradley & Walter Becker + More R&B

Black Friday mit Stefan Hasse vom Hamburger Freiraum-Blog, der heute wieder tief in die R&B-Kiste greift und Soul-Shouter Charles Bradley wie auch Jazz-Rocker und Steely-Dan-Mitbegründer Walter Becker gedenkt:

1950 trafen sich in Los Angeles zwei junge Musik-begeisterte Menschen. Es waren Mike Stoller und Jerry Leiber. Und es wurde eine lebenslange Freundschaft daraus. Ein Thema, das uns bei Steely Dan auch begegnen wird. Heute gibt es wieder fünf rare Rhythm’n‘ Blues-Schätze aus den 1940er bis 1960er Jahren, und es heißt Abschied nehmen von zwei herausragenden Musikern, „The Screaming Eagle Of Soul“, Charles Bradley und dem Gitarristen Walter Becker von Steely Dan.

Anfang der 1950er Jahren trafen sich, wie schon eingangs beschrieben, Mike Stoller und Jerry Leiber, die den R&B liebten und im Laufe ihrer Karriere Dutzende von großen Hits für andere Künstler schrieben. Allein für dieses Duo müsste man einen eigenen Artikel schreiben. 1952 komponierten sie den Song „Hound Dog“ für die stimmgewaltige Big Mama Thornton. Sie wurde als Willie Mae Thornton in Alabama geboren, bereits Ende der 1940er Jahre bezeichnete man sie als die neue Bessie Smith. Trotz ihres großen Talentes hatte sie auch viel Pech. 1952 nahm sie „Hound Dog“ auf. Obwohl der Song die R&B Charts anführte, sah sie nie viel Geld. Als Elvis Presley den Song später einspielte, wurde er ein weltweiter Hit. Big Mama Thornton nahm Anfang der 1960er Jahre den Song „Ball ’n‘ Chain“ auf, der zuerst nicht veröffentlicht wurde. Janis Joplin coverte ihn später und und landete damit einen großen Hit. In den 1960/70er Jahren nahm das Interesse am amerikanischen Blues ab, und so ging Big Mama Thornton zusammen mit anderen Blues Künstlern wie Muddy Waters, B. B. King und John Lee Hooker nach Europa, wo sie auf Blues-Festivals spielte. Mit nur 57 Jahren, nach zu vielen Exzessen, starb sie 1984 in Los Angeles.

Kommen wir zu einer weiteren und sehr hörenswerten Frau, Eunice Davis, die 1953 „Get Your Enjoys“ herausbrachte. Auch wenn ich nur wenig über die Sängerin weiß, so ist dieser Song zeitlos und zudem sehr cool. Eine fast vergessene R&B-Perle. Come on Eunice…

Was war der erste Rock ’n‘ Roll Song? Diese Frage lässt sich bis heute nicht eindeutig beantworten. Aber zumindest ist Wynonie Harris, den man auch Mr. Blues nannte, und sein „Good Rockin Tonight“ aus dem Jahr 1948 einer der ersten Songs, die den Rock ’n‘ Roll vorwegnahmen. Er hatte in den 1940/50er Jahren einige Hits. Doch sein Stern verblasste in den 1950er Jahren.

Ike Turner war ein musikalisches Genie und seiner Zeit weit voraus. Er spielte beispielswiese Funk und Rock ’n‘ Roll, als es diese Musikstile noch gar nicht gab. 1951 veröffentlichte er zusammen mit Jackie Brenston den Song „Route 88“. Das die Gitarren so verzerrt klangen, ist vermutlich einem durchnässten Verstärker zuzuschreiben. Dabei erlernte Turner erst in den frühen 1950er Jahren das Gitarrenspiel und kreierte sofort seinen eigenen Sound.

Zum Schluss kommt noch ein echter Klassiker. Elmore James, der Meister der Slidegitarre, mit dem Song „Dust My Broom“. James beeinflusste mit seinem Stil unzählige Bands. Die Rolling Stones gehören u.a. zu seinen Fans wie auch Jimi Hendrix oder Eric Clapton. „Dust My Broom“ ist neben „Sweet Home Chicago“ eine der am häufigsten gecoverten Blues-Nummern. Wer genau den Song geschrieben hatte, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Im Original wurde er 1936 von Robert Johnson veröffentlicht. 1951 nahm ihn Elmore James für Trumpet Records auf.

Charles Bradley hatte eine besondere Biografie. Obwohl er sein ganzes Leben singen und auftreten wollte, kam er erst im Alter von 62 Jahren zu seinem musikalischen Debüt bei Daptone Records. Bradley war pures Talmigold für den modernen Soul. Keiner sang so beseelt und voller Emotionen wie er. Sein Manager sagte einmal, dass Bradley am liebsten jeden Fan einzeln umarmt hätte, so dankbar war er für seine späte Karriere. Im letzten Jahr musste er wegen einer Krebserkrankung seine Auftritte absagen. Im Sommer diesen Jahres – so schien es – hatte er den Krebs besiegt, und er gab wieder Konzerte. Doch die Krankheit kam zurück und so starb Charles Bradley mit 68 Jahren viel zu früh.

„It took 62 years for somebody to find me, but I thank God. Some people never get found.“
(Charles Bradley)

Wenn man über seine viel zu kurze Karriere spricht, kommt man an einem Song nicht vorbei: Seine Version vom Black Sabbath-Klassiker „Changes“.

Auf seinem letzten Album sang er „God Bless America“ und sprach dazu: „Hello, this is Charles Bradley/ A brother that came from the hard licks of life/ That knows that America is my home/ America, you’ve been real, honest, hurt and sweet to me/ But I wouldn’t change it for the world.“ Was bei anderen Künstlern kitschig klingen würde, klang bei Bradley ehrlich. Vielleicht war er der dankbarste Künstler seiner Zeit.

Spricht man über Steely Dan, dann ist man schnell bei den unzähligen Hits und Songs des genialen Duos, die alles waren, nur keine Super-Gruppe und Hit-Lieferanten. Walter Becker und Donald Fagen verschmolzen Soul und Jazz mit Westcoast-Sound und kreierten damit eine einzigartige Musik, groovig, lässig und nie langweilig. Sie inspirierten viele andere Künstler, auch wenn sie es mit der Produktion von neuen Songs nie eilig hatten. Da musste man schon mal fünf Jahre warten auf acht neue Songs. Ihren großen Durchbruch hatten sie in den 1970er Jahren mit Alben wie „Aja“ und Hits wie „Rickie Don´t Loose That Number“ und vor allem „Do It Again“. Sie waren ein Leben lang befreundet und ergänzten sich wunderbar auch auf ihren Solo-Alben. Für den Soul Family Tree habe ich einen Song ausgesucht, der zeigt, wie wunderbar Becker und Fagen ihre Songs arrangierten. Walter Becker war „Deacon Blues“. Vom Album „The Royal Scam“ kommt nun „Don’t Take Me Alive“. Rest in Power.

In vier Wochen gibt es gibt es wieder raren R&B mit weiteren musikalischen Ausgrabungen und Schätzen.

Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum.

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Soul Family Tree (4): Sister Rosetta Tharpe, Big Mama Thornton, Pee Wee Ellis

Praise The Lord !

Black Friday, heute mal von mir selber zusammengestellt, mit den legendären Ladies Big Mama Thornton und Sister Rosetta Tharpe plus einer schönen Jazz-Nummer von Pee Wee Ellis, dem begnadeten James-Brown- und Van-The-Man-Kollaborateur, nächste Soul-Family-Tree-Ausgabe dann wieder von Stefan vom Freiraum-Blog – get up now:

Stark hinsichtlich Stimme, Körperumfang, Persönlichkeit: Willie Mae Thornton, die aufgrund ihrer ausgeprägten Attribute von Frank Schiffman, dem Manager des im New Yorker Stadtteil Harlem beheimateten Apollo Theater den Spitznamen Big Mama verpasst bekam, war eine der prägendsten Blues-Frauen der fünfziger und sechziger Jahre hinsichtlich Songwriting, voluminösem Gesang und Bluesharp-Spiel. Die von ihr erstmals aufgenommene Leiber/Stoller-Komposition „Hound Dog“ hielt sich 1953 sieben Wochen auf Platz eins der Billboard-R&B-Charts, ein Erfolg, der drei Jahre später von Elvis Presley mit fünf Millionen verkaufter Singles seiner Interpretation in den Schatten gestellt wurde.
Der 1961 von ihr geschriebene und 1968 veröffentlichte Song „Ball And Chain“ gelangte im selben Jahr in der Janis-Joplin-Version als einzige Live-Aufnahme des Big-Brother-And-The-Holding-Company-Albums „Cheap Thrills“ (Columbia) zu größerer Popularität.
1966 nahm Big Mama Thornton zusammen mit der Band von Muddy Waters (inklusive dem Meister selbst an der Gitarre) ein Album für das kalifornische Independent-Label Arhoolie Records auf, daraus der Song „Everything Gonna Be Alright“.
Big Mama Thornton ist 1984 in Los Angeles an den Folgen ihrer jahrelangen Alkoholabhängigkeit gestorben. Sie wurde 57 Jahre alt.

The original Soul Sister, the Godmother of Rock ’n‘ Roll: Sister Rosetta Tharpe (1915 – 1973) war mit ihren rhythmischen Gospel-Interpretationen eine der maßgeblichen Wegbereiterinnen der von Ignoranten so bezeichneten „Krachmusik“, hochverehrt von Elvis Presley, Chuck Berry und Johnny Cash, prägte sie mit Hits wie „Strange Things Happening Every Day“ oder „Rock Me“ spätere Musiker-Generationen.
In den Sixties teilte sie sich mit Blues-Größen wie Muddy Waters, Reverend Gary Davis oder Otis Spann die Bühne, bereits Ende der Dreißiger Jahre hat sie Material für Decca Records aufgenommen, eines ihrer bekanntesten Stücke ist der Hit „Down By The Riverside“, 1948 von Sister Rosetta aufgenommen, wurde das Werk in späteren Jahrzehnten unzählige Male gecovert, 2004 ist ihre Version in die National Recording Registry der U.S. Library of Congress aufgenommen worden – „it captures her spirited guitar playing and unique vocal style, demonstrating clearly her influence on early rhythm-and-blues performers“.

„One of the best musicians… one of the best, if not the best saxophone player. A real gentleman. A great talent. I enjoy working with him.“
(James Brown)

Der wunderbare, 1941 in Florida geborene Alfred „Pee Wee“ Ellis ist in erster Linie als kongenialer Sideman von James Brown und Van Morrison bekannt. Der Saxophonist ist auf vielen wichtigen Arbeiten des Godfather Of Soul zu hören und hat zusammen mit Brown dessen Billboard-R&B-Nummer-1-Singles „Say It Loud – I’m Black and I’m Proud“ und „Cold Sweat“ komponiert.
Ab Ende der 70er-Jahre war er als Musiker und Bläsersätze-Arrangeur an zahlreichen Van-Morrison-Produktionen beteiligt, unter anderem an herausragenden Alben des Belfast Cowboy wie „Into The Music“ (1979), „Common One“ (1980), dem Van-The-Man-Meilenstein „Beautiful Vision“ (1982, alle: Mercury) und dem bis dato letzten guten Longplayer des irischen Eigenbrötlers, „The Healing Game“ (Polydor) aus dem Jahr 1999.
Auf Solo-Pfaden ist Pee Wee Ellis hauptsächlich im Jazz unterwegs, hier eine Live-Aufnahme seiner Komposition „Blue Bell Pepper“:

Gonna study war no more.