Big Maybelle

Soul Family Tree (50): Harlem Shuffle

Black Friday mit einem Beitrag von Stefan Haase, unter anderem über einen R&B-Klassiker aus den frühen Sechzigern, here we go:

Heute geht es um die Geschichte des Songs „Harlem Shuffle“, und um das Original. Dann gibt es starke Intros zu hören von Yvonne Baker und Sam & Dave. Roy Ayers spielt unplugged seinen größten Hit und die stimmgewaltige Big Maybelle stimmt auf das Wochenende ein. Viel Spaß!

Die meisten kennen den Song „Harlem Shuffle“ in der 1986er Cover-Version der Rolling Stones. Man kann bei dieser Aufnahme Bobby Womack als Background-Sänger hören. Der Song wurde ein Top 10 Hit in den amerikanischen Billboard Charts. Doch machte die Cover-Version auch neugierig auf das Original, was 20 Jahre vorher erschien.

Bobby Byrd und Earl Nelson waren in einer Vokal-Gruppe namens The Hollywood Flames engagiert. Der größte Hit der Flames erschien 1958 mit dem Titel „Buzz Buzz Buzz“. Anfang der 1960er Jahre veröffentlichten Bob und Earl als Duo bei Class Records. Doch ihre Aufnahmen waren nicht erfolgreich. Bobby Byrd machte als Solosänger unter den Namen Bobby Day weiter. Earl Nelson war trotzdem vom Duo-Konzept überzeugt und fand einen neuen Bob. Mit Bobby Relf, bekannt von den Formationen Laurels und Upfronts aus Los Angeles. Interessant: Barry White, der Jahre später als Solo-Sänger berühmt wurde, sang und spielte Klavier bei beiden Bands.

Ein weiterer Sänger aus Los Angeles, Round Robin, veröffentlichte den Song „Slauson Shuffletime“. Das neue Duo Earl Nelson und Bobby Relf adaptierten den Song für ihr „Harlem Shuffle“. Und bei der Produktion war auch wieder Barry White mit dabei. Der Song erschien 1963 bei Marc Records und wurde kein großer Hit. Das spätere Album von Bob & Earl war zwar erfolgreicher, doch Folge-Hits blieben aus. Der besondere Vokal-Sound inspirierte jedoch später den Stil u.a. von Sam & Dave beim Stax-Label.

Ende der 1960er Jahre wurde der Song in England wiederveröffentlicht und er wurde ein Top 10 Hit. Bob & Earl gingen da bereits getrennte Weg. Earl Nelson nahm unter dem Namen Jackie Lee 1965 einen weiteren Hit mit „The Duck“ auf. Als „Harlem Shuffle“ in England die Charts stürmte, tat sich das Duo wieder zusammen und ging auf Reunion-Tournee. In den frühen 1970er Jahren trennten sie sich, wie es heißt im Guten, endgültig.

The Hollywood Flames – Buzz Buzz Buzz → youtube-Link

Round Robin – Slauson Shuffletime → youtube-Link

Bob & Earl – Harlem Shuffle → youtube-Link

The Rolling Stones – Harlem Shuffle → youtube-Link

Kommen wir zu zwei Nummern, die eines gemeinsam haben: ein gutes Intro. Schon nach wenigen Sekunden weiß man… es wird ein guter Song. Yvonne Baker nahm in den 1960er Jahren für verschiedene Labels Songs auf. 1966 nahm sie „You Didn´t Say A Word“ auf, das leider nicht für einen James Bond Film verwendet wurde. Der Titel wurde Ende der 1960er Jahre in England durch die Northern Soul Szene wieder bekannt auf und gilt heute zurecht als Klassiker. Ein Northern Soul Allnighter Classic!

Yvonne Baker – You Didn’t Say A Word → youtube-Link

Sam & Dave, der Name fiel bereits. Sam war Samuel „Sam“ David Moore, und Dave war David „Dave“ Prater. Sie machten den Memphis Soul weltweit bekannt. Über Stax Records wurden viele ihrer Songs berühmt. „Soul Man“ oder „Hold On I´m Coming“ und viele andere Nummern waren große Hits. Sam nahm zusammen mit Lou Reed den Song „Soul Man“ für den gleichnamigen Film neu auf. Denn mit dem Erfolg der Blues Brothers kam auch der Erfolg in den 1980er Jahren zurück. Ich habe eine B-Seite ausgesucht, die ebenfalls ein starkes Intro hat. Kaum zu glauben, das Stax Records diesen Song auf eine B-Seite presste.

Sam & Dave – Wrap It Up → youtube-Link

Über Roy Ayers könnte man ein großes Special schreiben. Der aus Los Angeles stammende Vibraphonist gilt als einer der Großen des Jazzfunks. Er spielte mit vielen anderen Künstlern zusammen und erlebte in den 1980er Jahren im Zusammenhang mit der Acid Jazz Welle in England ein Revival. DJs entdeckten seine alten Platten und spielten sie wieder. Hier eine Unplugged-Version seines bekanntesten Song „Everyboy Loves The Sunshine“. Man achte auf das Funkeln in seinen Augen. Die Aufnahme entstand in den Brownswood Studios in London. Und wann gibt es schon ein Vibraphon zu hören…

Roy Ayers – Everybody Loves The Sunshine → youtube-Link

Der Rausschmeißer kommt von der hier bereits des Öfteren erwähnten Big Maybelle. Aus ihrer erfolgreichen Zeit bei Okeh Records habe ich „I´ve Got A Feeling“ ausgesucht. Einen guten Einstieg wie Überblick über ihre Zeit bei Okeh und Savoy Records bietet das Doppelalbum „The Complete King, Okeh & Savoy Releases 1947-1961“. Es erschien 2016 in England.

Big Maybelle – I’ve Got A Feeling → youtube-Link

Beim nächsten Mal gibt es ein Special über Trojan Records, das Label wurde im Juli 50 Jahre jung. Trojan Records ist nicht einfach ein Plattenlabel in London, sondern ein Lebensgefühl. Und dazu gibt es viel Musik, u.a. vom DJ, Regisseur, Autor und Tausendsassa Don Letts. Er brachte den Reggae zum Punk. Eine spannende Geschichte…

Peace and Soul

Stefan aka Freiraum

Werbung

Soul Family Tree (45): Okeh Records

Karfreitags-Soul-Family-Tree heute von Stefan Haase vom Hamburger Freiraum-Blog mit einem Special über das amerikanische Independent-Label Okeh Records, das vor über hundert Jahren gegründet wurde und heute als Sub-Label von Sony Masterworks weiter Tonträger veröffentlicht:

Die Geschichte der Afro-Amerikanischen Musik wurde nicht nur von den Künstlern und Bands geschrieben, sondern auch von den Plattenfirmen. Der Name Okeh Records fiel hier schon öfters. Grund genug, dem legendären Independent-Label einen eigenen Beitrag zu widmen.

Okeh Records wurde 1918, gleich nach Erfindung der Schallplatte, durch den Deutschen Otto Heinemann in New York gegründet und hatte bereits in den 1920er Jahren einige große Hits. Kreativ waren die Labelbetreiber auch. In den frühen Zwanziger Jahren kaufte Okeh einen LKW, baute ihn in ein mobiles Aufnahmestudio um und konnte damit zu den Künstlern fahren und vor Ort aufnehmen. Aus dieser Zeit gibt es zahlreiche Sampler. Nicht zu vergessen der letzte Beitrag von Soul-Brother Gerhard über Mississippi John Hurt, der bei Okeh 1928 seinen Song „Stack O‘ Lee“ einspielte. Ein Meilenstein.

Okeh Records‘ Erfolgsgeheimnis war, dass sie Afro-Amerikanische Künstler einem weißen Publikum bekannt machten und auch keine Berührungsängste zu anderen Genres wie Country, Jazz und Folk hatten. Leider gab es immer wieder Besitzerwechsel. Bereits in den 1920er Jahren übernahm Columbia die Mehrheit. Nach einigen Auf und Abs war 1970 Schluss. Die Rechte am Backkatalog hat aktuell Sony Music, die bereits seit 2013 in der Reihe Sony Masterworks einige Alben von Bill Frisell, David Sanborn oder Bob James veröffentlichen. Siehe auch hier.

Als Einstieg in die Okeh-Recordings-Welt empfehle ich den Sampler „The Okeh Rhythm & Blues Story: 1949-1957“, eine CD-Box mit drei CDs. Aus dieser Box habe ich fünf Songs ausgesucht, die wunderbar in die Geschichte des R&B passen und auch historisch den Weg vom R&B zum Rock and Roll zeigen.

Los geht es mit Big Maybelle, der stimmgewaltigen Blues-und Jazz-Sängerin, die pures Dynamit in ihrer Stimme hatte, und ihrem Song „Ocean Of Tears“. Man kann ihre Zeit bei Okeh Records als eine ihrer intensivsten und erfolgreichsten bezeichnen. Mehr von Big Maybelle gibt es hier im Soul Family Tree in einer früheren Ausgabe.

Big John & The Buzzards sind eigentlich keine richtige Gruppe gewesen. Denn dahinter stand die Band Mellomen, auch bekannt als Mello-Men, die angefangen in den 1930er Jahren bis weit in die 1950er Jahren unter verschiedensten Bandnamen Alben und Singles aufnahm. Die Buzzards nahmen bei Okeh Recordings in den 1950er Jahren zwei Alben auf.

Weiter geht es mit Hurricane Harry und „The Last Meal“. In den 1950er Jahren nahmen sie einige Songs bei Okeh auf, jedoch ohne großen Erfolg. Es ist ein Verdienst solcher Sampler, dass neben den Stars und Erfolgen auch solche Schätze erhalten bleiben.

Kommen wir zu den Marquees und ihrer erstaunlichen Geschichte. Kein geringerer als Marvin Gaye feierte als Sänger bei den Marquees seine ersten musikalischen Erfolge. Bo Diddley nahm sie später unter seine Fittiche und spielte bei einigen Aufnahmen Gitarre. Musikalisch gibt es jetzt Doo-Wop, der besonders im Zuge des Rock and Roll in den 1950er Jahren recht populär war. Das besondere am Doo-Wop-Sound war das mehrstimmige Arrangement.

Zum Schluß ein echter Klassiker der schon über 60 Jahre alt ist: „I Put A Spell On You“Screamin‘ Jay Hawkins aus Ohio spielte diesen Song mehrmals ein. Zum ersten Mal 1955, jedoch ohne Erfolg. Er wechselte zu Okeh Records und nahm ihn ein weiteres Mal auf und es wurde ein weltweiter Erfolg. Besonders hervorzuheben waren, neben seiner Stimme, seine Bühnen-Outfits, da er Symbole des Voodoo und Pyro-Elemente in seine Auftritte einbezog. Ob die Geschichte wirklich stimmt, weiß ich nicht. Doch Hawkins soll später behauptet haben, dass alle Musiker bei dieser Aufnahme betrunken waren. Deswegen auch die vielen Schrei- und Gröhl-Laute. Sein Hit war ihm später eine zu schwer gewordenen Last geworden, sodass er sich von diesem Song distanzierte. Er hätte ein Monster erschaffen, mit dem er nichts mehr zu tun haben wollte, soll er gesagt haben. Seine Karriere kann man insgesamt als wechselhaft umschreiben. Es gibt zwar viele Cover-Versionen. Doch das Original bleibt unvergessen.

Noch ein Hinweis: Alle bereits hier vorgestellten R&B-Songs plus Bonus-Songs habe ich in einer öffentlichen Playlist bei YouTube zusammengestellt. Zum Nach- und Wiederhören. Viel Spaß!

Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum.

Soul Family Tree (27): R&B-Perlen

Passend zur Jahreszeit gibt es heute jede Menge heißen Rhythm and Blues/R&B im Gastbeitrag von Stefan Haase vom Hamburger Freiraum-Blog und eine Zeitreise zurück in die 1940er bis 1960er Jahre. Damals stand die Jukebox im Mittelpunkt und war neben dem lokalen Radio ein willkommenes Medium, um Musik zu hören. Zudem wurden viele afroamerikanische Künstler in dieser Zeit auch einem weißen und damit breiteren Publikum bekannt. Die Plattenfirmen erkannten bereits früh, wie man mit Musik Geld verdienen konnte, nämlich über die Credits. Die Künstler hingegen mussten u.a. Knebelverträge unterschreiben und bekamen kaum Geld, auch wenn sie den Song hauptsächlich getragen hatten. Erst in den 1960er Jahren änderte sich langsam etwas, indem Künstler selbst aktiv wurden, wie z.B. Sam Cooke, der seine eigene Plattenfirma gründete und damit unabhängig wurde. Hier, im Soul Family Tree, wurde bereits über die Geschichte des Funkiest Drummer aller Zeiten, Clyde Stubblefield, geschrieben, der verarmt im März diesen Jahres starb, nachzulesen hier: klick.

Mittlerweile ist diese alte Musik wieder modern geworden, dank vieler DJs, die tief in die Archive eintauchten, und es wurden bereits in England sog. Jukebox Jams veranstaltet. Also lassen wir die alten Zeiten musikalisch heute wieder etwas aufleben.

Den Anfang macht der Blues-Klassiker „Baby Please Don´t Go“ aus der Feder von Big Joe Williams. Der Song wurde ursprünglich 1935 veröffentlicht und bis heute unzählige Mal gecovert. Eine der kraftvollsten Aufnahmen kommt aus den 1950er Jahren von der Tänzerin und Sängerin Jo Ann Henderson. Diese rare Version ist mehr als hörenswert:

Etta James war eine der Königinnen des R&B und gehört zurecht in alle Listen, wenn es darum geht, die besten Sänger(innen) aller Zeiten zu küren. Im Soul Family Tree kam sie schon vor. Wer es verpasst hat, klickt hier. Für diese Ausgabe habe ich einen ruhigeren Song mit „Almost Persuaded“ ausgesucht, der 1968 als Single erschien:

Mabel Louise Smith, besser bekannt als Big Maybelle aus Jackson/Tennessee, war eine amerikanische R&B-, Jazz- und Blues-Sängerin der Sonderklasse. Was für eine Stimme. Sie wurde auch bekannt als Mother of Soul. Ihre große Zeit waren die 1940er und 1950er Jahre. Später verglühte ihr Stern und es kamen Drogenprobleme dazu. 1972 starb sie, und 2011 wurde sie in die Blues Hall of Fame aufgenommen. Aus der fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem OKeh-Label in den 1950er Jahren habe ich den Song „Just Want Your Love“ ausgesucht:

Mit Marga Benitez geht es weiter. Leider kann ich nichts über sie sagen. Bei Apollo Records nahm sie den Song „Geechie Goomie“ in den 1950er Jahren auf. Das Schöne ist, dass z.B. kleine Plattenlabels heute nach solchen Schätzen suchen. Man begibt sich auf die Suche nach längst geschlossenen Plattenfirmen, gräbt in den Archiven, klärt die Rechtefrage und bringt mit viel Leidenschaft diese alten Perlen wieder als Singles heraus.

Mit Otis Blackwell streifen wir verschiedene musikalische Stile. Er selbst war nicht nur Musiker, sondern er komponierte auch für andere Künstler. „Fever“ stammt von ihm wie auch Jerry Lee Lewis‘ „Great Balls Of Fire“ oder „Don´t Be Cruel“, den er für Elvis Presley schrieb. Seine erste Blütezeit hatte er in 1950er Jahren. Aus dieser Zeit kommt nun „Let The Daddy Hold You“:

Der Rausschmeißer ins Wochenende kommt von Mr. Sad Head, passend zur Jahreszeit der Song „Hot Weather Blues“. Bob Dylan spielte diesen Song in seiner legendären Radio-Show, die Single wurde vor einigen Jahren wieder neu aufgelegt:

Mit diesem Song verabschiede ich mich und hoffe, es hat wieder Spaß gemacht. Eine Fortsetzung mit mehr R&B-Musik aus dieser Zeit ist nicht ausgeschlossen.

Bis zum nächsten Mal.

Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum.