Denn Länder, in denen man sorglos gelebt / verlässt man ohne Betrüben Doch das Land, mit dem wir gehofft und gebebt / das werden wir ewig, ewig lieben (Hanns Eisler)
A sort of homecoming oder: Helden-Gedenktag am vergangenen Donnerstag-Abend im Münchner Feierwerk. Die australische Indie-Legende Robert Forster war mit neuer Band zur Präsentation des aktuellen Albums „Inferno“ inklusive eingehender Würdigung der eigenen musikalischen Vergangenheit in der Stadt zu Gast, die altgediente Gefolgschaft dankte es gebührend mit einem ausverkauften Hansa39-Saal.
Nach der Veröffentlichung seines wunderbaren Solo-Werks „The Evangelist“ im Jahr 2008 war in Europa lange Zeit nichts mehr zu vernehmen von Robert Forster, der Songwriter aus Brisbane/Queensland verdingte sich in den folgenden Jahren journalistisch vor allem als Musik-Kritiker bei diversen australischen Magazinen, in jüngster Vergangenheit wie aktuell ist er dankenswerter Weise wieder präsenter in der Öffentlichkeit, mit neuen Aufnahmen, der lesenswerten Autobiografie „Grant & Ich“ über seine Zeit mit den Go-Betweens und dem 2006 verstorbenen Freund und Band-Mitbegründer Grant McLennan, mit einhergehenden Veranstaltungen zur Buch-Präsentation und feinen Solo-Konzerten.
Am Donnerstag dann Robert Forster nach über zehn Jahren wieder im vollen Band-Ornat in München, es sollte ein erinnerungswürdiger Abend werden. Begleitet von einer international besetzten und vor allem exzellent eingespielten Formation – eine grundsolide schwedische Rhythmus-Abteilung, der grandiose Lead-Gitarrist wie der Meister selbst aus Australien, mit Karin Bäumler aus dem bayerischen Regensburg die eigene Ehefrau als Klangbild abrundende Violinistin, so funktioniert Landes- und Kontinente-übergreifende Kooperation. Forster selbst gab als Frontmann wie stets den charmanten, bestens aufgelegten Conférencier, die Band zauberte zum Ohrwurm-artigen, ureigenen Indie-Pop- und Folk-Sound des profilierten Songwriters dezente Surf- und Alternative-Country-Zitate, die den Nummern keine neuen Wendungen, aber doch die ein oder andere zusätzliche ungeahnte Nuance angedeihen ließen. Selbst die fünf präsentierten Stücke aus dem eine Spur zu gefällig und austauschbar geratenen aktuellen Album „Inferno“ atmeten im Live-Vortrag einen anderen Geist, bekamen durch den unbehandelten Bühnen-Sound mehr Tiefgang, Ecken, Kanten und einen ansprechenderen Charakter verpasst, zweifelnde Bedenken hinsichtlich des jüngsten Outputs zerstreuten sich damit in Windeseile. Das vorangegangene Werk „Songs To Play“ aus 2015 war mit einer Auswahl auf der Setlist vertreten, daneben die nachdenkliche Ballade „Demon Days“ vom „Evangelist“-Album, sein solistisches Früh-Werk sparte Forster hingegen komplett aus. Dafür gab es zur großen Freude der an den Lippen des Sängers hängenden Getreuen einen pointierten Überblick über die komplette Schaffens-Phase der Go-Betweens, bei flott scheppernden Klassikern wie „Spring Rain“ oder „Man O’Sand To Girl O’Sea“, den emotional schwerst anrührenden Balladen „Finding You“ und „Dive For Your Memory“ oder der herrlich erhabenen Ode an die „Clarke Sisters“ ließ es sich angenehmst in Erinnerungen an große, lange zurückliegende Auftritte und Tonträger-Meilensteine der Indie-Pop-Institution von Down Under schwelgen, die ein oder andere Träne der Freude zerdrücken oder den großen Zeiten der alternativen Szenen in den Achtzigern gedenken, in denen die Australier neben Bands wie den Smiths, Felt, den Television Personalities oder den verehrten neuseeländischen Flying-Nun-Combos die Herzen der Melodie-verliebten Hörerschaft verzauberten.
Mit „Learn To Burn“ gab Forster gegen Ende als semi-scharfer Crooner den anheizenden Bühnen-Entertainer, und bei der heute noch ohne Abstriche schwerst schmissigen Indie-Perle „Don’t Let Him Come Back“ mochte man die Tatsache nicht fassen, dass seit Veröffentlichung des Songs als B-Seite der zweiten Go-Betweens-Single sage und schreibe vierzig Jahre ins Land gegangen sind. Wenn das Prädikat „Zeitlos“ zu vergeben ist, darf nach wie vor so ziemlich jeder jemals aufgenommene Song der australischen Indie-Ikonen unwidersprochen laut „Hier“ schreien.
Dem Münchner Publikum wird gerne und ab und an auch völlig zurecht eine gewisse Reserviertheit in der Reaktion auf großartigste konzertante Darbietungen nachgesagt, nichts davon am Donnerstag bei Forster und Co im Hansa39: Minutenlange, euphorische Dankbarkeit über diesen Auftritt mittels stürmischem Applaus zum Ende hin, und wenn das hiesige Volk mal aus sich herausgeht, dann bleibt es auch draußen aus dem Rahmen der eigenen Beschränkungen, egal ob beim alljährlichen Theresienwiesen-Massenbesäufnis, beim 1860-Aufstieg oder aktuell hier im ausgiebigen Mitsingen und Schunkeln zur finalen Nummer „Surfing Magazines“, zu der Robert Forster spontan im lokalen Bezug auch noch den Eisbach im Englischen Garten ins Spiel brachte.
Erhebende, herzergreifende Indie- und Folk-Rock-Auftritte wie diese völlig unaufgeregte, über jeden Zweifel erhabene 100-Minuten-Show vom vergangenen Donnerstag-Abend sind konzertante Sternstunden, die Songs des Robert Forster sind seit den Tagen der längst vergangenen Jugend, seit mittlerweile einem halben Menschenleben treue Begleiter, unvermindert Labsal für Seele wie Gemüt und musikalischer Anker in stürmischen Zeiten. Heimat in dem Sinn, dass Heimat immer dort ist, wo das Herz weh tut, und nachdem solche heiligen Momente des Sentiments langsam Seltenheitswert bekommen, ist die Deklaration des Werks vom Grandseigneur des australischen Indie-Pops zum immateriellen Weltkulturerbe längst überfällig.
„Dive For Your Memory“ – Eintauchen in Erinnerungen, an längst vergangene Tage, als der Indie-Pop noch von großen Versprechen und Herz-anrührendem, profundem Songwriting geprägt war, womit könnte das schöner gelingen als mit einer Auswahl der „Greatest Hits“ aus dem Soundtrack der eigenen Jugend, aus der Feder eines der größten Songwriter, der je auf den verschlungenen Pfaden dieses Planeten gewandelt ist – oder weitaus weniger pathetisch, schlicht und ergreifend: Robert Forster war da. Nach vielen entbehrungsreichen Jahren endlich auch wieder in München. Im Rahmen der Promotions-Tour zu seiner kürzlich im Heyne-Verlag auch in Deutsch erschienenen Autobiografie „Grant & Ich. The Go-Betweens und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft“ fand sich Zeit für ein paar Auftritte rein im Geiste der Musik, und so durfte sich das hiesige Publikum nebst zahlreich angereisten Gästen aus dem angeheirateten Regensburger Umfeld des Songwriters und Mitbegründers der legendären australischen Go-Betweens im gut gefüllten Feierwerk-Saal des Hansa39 an einer Zeitreise durch handverlesene Werke aus der Historie der Indie-Legende aus Brisbane erfreuen.
Robert Forster, völlig bei sich als charmant moderierender Grandseigneur und Gentleman der gepflegten Pop-Tondichtung, bot eine exzellente exemplarische Auswahl seines jahrzehntelangen Schaffens, einer wie er kann hier selbstredend aus dem Vollen schöpfen, der Reigen reichte vom Go-Betweens-Frühwerk „People Say“ aus dem Jahr 1979 über All-Time-Favourites wie „Spring Rain“ oder „The House That Jack Kerouac Built“ aus der Hochphase der Band Mitte/Ende der Achtziger bis hin zu Titeln seiner Werke unter eigenem Namen aus dem 2015er-Album „Songs To Play“ und einer ergreifenden Live-Version von „I’ve Been Looking For Somebody“ vom hochgelobten solistischen Forster-Debüt „Danger In The Past“.
Wie in seiner lesenswerten Biografie legte der Musiker den inhaltlichen Schwerpunkt des Abends auf die Arbeiten der verflossenen Kult-Band, nur selbst zur Akustik-Gitarre begleitet oder sporadisch vom feinen, elegischen Violinen-Spiel seiner Ehefrau und ex-Baby-You-Know-Musikerin Karin Bäumler bereichert, offenbarte Robert Forster in abgespeckten Versionen die pure, wunderschöne Seele und melodische Reinheit seiner herrlichen Songs, die in einer besseren Welt als der Unseren sämtlich und wiederholt in offiziellen Tonträger-Verkaufslisten ganz weit vorne aufgetaucht wären. In den wenigen Uptempo-Passagen deutete Forster mit Schalk im Nacken den Rock’n’Roller, der in ihm wohnt, weitaus mehr nur an, als dass er ihn tatsächlich auslebte, um im getragenen Anschlag sofort wieder zum disziplinierten Balladen-Vortrag einzuschwenken, das Folk-Gewand der dargebotenen Meilensteine verlangte nach Würde und einer gewissen Strenge, die der Barde dem Werk in der gebotenen Form angedeihen ließ.
Zum Ausklang dann großer, in dem Rahmen geradezu ausgelassener Chor, vom Publikum selbst initiiert, der ganze Saal trällerte mit – unaufgefordert! War das noch München? – beim sing-along-Refrain der letzten Zugabe „Surfing Magazins“, ein Adventssingen der besonderen Art, dass Musiker wie Publikum in berücktem Zustand aus dem konzertanten Teil des Abends entließ, verbunden mit einem Wunsch an das Christkind, den groß- und einzigartigen Robert Forster beizeiten mal wieder in München vorbeizuschicken, und sei es nur zur Auffrischung der Erinnerungen – „Dive For Your Memory“, wie gesagt…
(***** – ***** ½)
Der Heyne-Verlag hat in der Stadt seinen Firmensitz, trotzdem ist München bei der Lesereise zu Robert Forsters kürzlich erschienener, lesenswerter Autobiografie „Grant & Ich. The Go-Betweens und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft“ leer ausgegangen, für die renommierte Regensburger Buchhandlung Dombrowsky hingegen war es ein leichtes, die australische Indie-Legende für eine ausgedehnte Abendveranstaltung zu engagieren, langjährige persönliche Beziehungen des Songwriters zum Buchladen und nicht zuletzt die Herkunft von Forsters Ehefrau Karin Bäumler aus dem Regensburger Umland spielen dahingehend eine gewichtige Rolle.
Nach einer kurzen wie charmanten, von persönlichen Erinnerungen geprägten Einführung durch Ladeninhaber Ulrich Dombrowsky übernahm Rolling-Stone-Schreiber Maik Brüggemeyer die Moderation des Abends. Der Rock-Journalist, der auch für die Übertragung der Forster-Erinnerungen ins Deutsche verantwortlich zeichnet, merkte an, den Original-Titel „Grant & I“ habe er kongenial in „Grant & Ich“ übersetzt, und beim Rest hätte er sich auch nicht wesentlich mehr Mühe gegeben, wer das Buch bereits gelesen hatte, mochte an der Stelle zwar den verdienten Lacher anbringen, aufgrund einiger holpriger Passagen im Text aber nicht widersprechen.
Brüggemeyer trug einen kurzen Abschnitt aus dem Werk vor, damit war der Vorlese-Teil der Veranstaltung bereits abgehandelt, anschließend gesellte sich der Star des Abends auf die Bühne und beantwortete ausführlichst, humorig wie einnehmend die Fragen des Rolling-Stone-Redakteurs, die sich neben der nahe liegenden Bandbiografie der Go-Betweens und der jahrzehntelangen Freundschaft und Arbeits-Beziehung Robert Forsters zum 2006 verstorbenen Go-Betweens-Co-Songwriter Grant McLennan um Themen wie literarische Vorlieben, Images in der Rockmusik, die Ratlosigkeit eines 18-jährigen hinsichtlich beruflicher Zukunft inklusive eines im Keim erstickten Ansinnens einer Friseur-Ausbildung, das Fehlen jeglicher Kreativität im Hochschul-Fach „Creative Writing“, die Herkunft von Robert Forsters zweitem Vornamen „Derwent“, grauenvolle Autorenfotos, die Humboldt-Universität in (Ost-)Berlin und gutes Songwriting als beste Musik-Kritik drehte.
Auf die Frage Brüggemeyers, ob Robert Forster bei der literarischen Aufarbeitung seiner Beziehung zum Freund McLennan von Patti Smiths Buch „Just Kids“ beeinflusst wurde, in dem die New Yorker Punk-Ikone ihr Verhältnis zum 1989 verstorbenen Fotografen Robert Mapplethorpe in den Mittelpunkt stellt, meinte der australische Indie-Musiker, das Buch hätte sicher bei der Arbeit an seinem Werk eine Rolle gespielt, grundsätzlich wäre er aber seit jeher von künstlerischen Beziehungen wie der von Lennon/McCartney, Picasso/Braque oder der Zusammenarbeit der jamaikanischen Reggae-Stars Bob Marley und Peter Tosh fasziniert gewesen, insofern war es auch ein Glücksfall, dass er und McLennan sich über gemeinsame Interessen zu einer gedeihlichen wie freundschaftlichen Kooperation fanden.
Und einmal mehr bestätigte sich eine der Binsenweisheiten der Rock-Historie, diejenige zum ersten Velvet-Underground-Album, die besagt, dass der Meilenstein zwar seinerzeit kaum gekauft wurde, aber jeder, der ihn erwarb, im Nachgang eine Band gründete. Forster betonte, dass er noch vor dem Hören der Platte vom VU-Bandfoto völlig angetan war hinsichtlich der Präsenz der Teutonen-Schönheit Nico und der androgynen Drummerin Maureen Tucker neben den drei Kerlen, ihm und Grant wäre von Beginn an klar gewesen, dass mit Lindy Morrison eine Frau an den Go-Betweens-Drums sitzen musste, mit dem Einstieg von Amanda Brown als fünftes Bandmitglied war für ihn 1986 das Besetzungs-Ideal erreicht.
Robert Forster garnierte und bereicherte den launigen Literatur-Abend zur großen Freude der zahlreich anwesenden Musik-Freunde mit einer Auswahl seiner Songs, neben einer brandneuen Nummer kamen Stücke wie das längst zum Klassiker gereifte „Clouds“ vom „16 Lovers Lane“-Album der Go-Betweens, „Darlinghurst Nights“, das in Regensburg entstandene „Surfing Magazines“ und das autobiografische „Born To A Family“ zum Vortrag, zu letzterem merkte Forster schmunzelnd an, der Song würde in ein paar Minuten seine ganze Biografie enthalten, die er im Buch auf über 350 Seiten ausbreitet.
Einer der großen Indie-Pop-Songwriter hat sich zu der Gelegenheit unaufgeregt wie liebenswert präsentiert, ganz bei sich und augenscheinlich mit seinem Leben im Reinen, entsprechend angenehm strahlte diese Zufriedenheit auf die Zuhörerschaft aus.
Die ausverkaufte Veranstaltung fand ihren Ausklang nach langanhaltendem und dankbarem Applaus mit individueller Buchsignatur und persönlichem Plausch mit dem Künstler.
Wie eingangs erwähnt, mit einer Lesung in München hat es nicht geklappt, dafür gibt es in ein paar Wochen mehr als würdigen Ersatz in Form eines Konzerts von Robert Forster mit Band, am Freitag, den 15. Dezember, im Feierwerk/Hansa39. Vorweihnachtsfreude pur, hingehen, toppt jedes noch so beseelte Adventssingen.
Very special thanx an Christian Strätz.
Robert Forster und Maik Brüggemeyer präsentieren „Grant & Ich“ mit Lesung, Interview und Konzert noch zu folgenden Gelegenheiten:
„Würden wir nicht alle gern dort leben, in Lovers Lane? Würden wir? Würden wir nicht alle davon träumen, Pop-Stars zu sein, indem wir einfach dort leben, ein- und ausgehen und uns die Köpfe weglachen, während wir uns durch Leben, Dasein und Geschichte querverweisen? Die Go-Betweens tun es. Ihre heutige Musik kommt aus gigantischen Boxen in Himmel, aber diese sind nicht aus Holz, Press-Span oder anderem handfesten Material, und der Schalldruck ist so sanft, die Klänge und Muster so ätherisch, dass nichts davon das Luftschloss gefährden könnte, das unter dieser Adresse zu finden ist.“ (Michael Ruff, Das Leben ist zwei Bäume, Spex 10/1988)
Robert Forster – Grant & Ich. The Go-Betweens und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft (2017, Heyne Encore)
The Go-Betweens aus Brisbane/Queensland/Commonwealth Of Australia: Sie waren in den Achtzigern neben Bands und Musikern wie diversen Flying-Nun-Neuseeländern, The Fall, Hüsker Dü, Nick Cave und seinen Bad Seeds, Jeffrey Lee Pierce und dem legendären Gun Club, den Swans oder den ebenfalls von Down Under stammenden Brachial-Bluesern Beasts Of Bourbon plus einer überschaubaren Schar von Altstars wie John Cale, Lou Reed und Van Morrison der verlässliche Anker in Sachen Musik, Haltung und intellektueller Background, in einer Dekade, die gemeinhin als Pop-historisches Katastrophen-Jahrzehnt gilt – der synthetische Plastik-Pop-Müll von Bands wie Wham!, Duran Duran oder Spandau Ballet, der Chart-stürmende Auswurf von Mainstream-bevölkernden Entertainern wie der „Queen Of Pop“-Trulla Madonna, ihrem chemisch-chirurgisch nachbehandelten männlichen Pendant und das „Born In The USA“-Stadionrock-Gegröle vom bis dahin noch hinlänglich brauchbaren Americana-/Heartland-El-Jefe untermauern dieses Verdikt nachdrücklich, und doch war bei Weitem nicht alles schlecht, was in jenen Jahren im Plattenladen über den Tresen ging und sich auf den Bühnenbrettern dieser Welt tummelte, die Rettung von und Alternative zum Nerven-zerrüttenden Radioprogramm kam – wie dieser Tage längst etabliert – von unabhängigen, kleinen Platten-Labels und idealistischen Musikern, die leider oft vergebens versuchten, die Pop-Welt mit einer gesunden Mischung aus Do-it-yourself-Ansatz, unerschütterlichem Enthusiasmus und dem festen Glauben an die eigenen Fähigkeiten aus den Angeln zu heben.
„Ich dachte mir, wenn Jagger, McCartney, Springsteen, Fogerty, Bowie und all die anderen alten Säcke nicht mutig genug waren, mit Konzepten wie Alter und der Zeit zu spielen – noch dazu in einer Kunstform, die eigentlich befreiend sein sollte -, würde ich es halt tun. Ich würde mit neunundzwanzig der alte Mann des Rock sein.“ (Robert Forster, Grant & Ich, Das Blake-Carrington-Zwischenspiel)
Robert Forster erzählt in seinem 2016 bei Penguin Books Australia im Original erschienenen Werk „Grant & I: Inside and outside the Go-Betweens“ anhand seines eigenen Lebenslaufs, den verschlungenen Pfaden seines Songwriter-Freundes Grant McLennan und der Irrungen und Wirrungen der gemeinsamen Band eine dieser spannenden Geschichten aus den Anfangstagen des Indie-Rock, die in dem Fall geprägt war von der frühen und Jahrzehnte anhaltenden Freundschaft zweier hochtalentierter Geschichtenerzähler und Komponisten. Forster, „born to a family of honest workers“, wie er später in einem autobiographischen Song texten und singen sollte, wächst im australischen Brisbane auf und wird in seiner musikalischen Sozialisation vom Glamour eines David Bowie, dem Dandy-haften Auftreten Bryan Ferrys mit seiner Prog-/Art-Rock-Truppe Roxy Music und vor allem Bob Dylans herausragendem Songwriter-Talent geprägt, im Uni-Betrieb von Bribane lernt er 1976 mit dem Film-Enthusiasten und Literatur-Interessierten Grant McLennan, der sich in jener Zeit mit amerikanischen Siebziger-Größen wie Ry Cooder und Jackson Browne auseinandersetzt, einen Geistesverwandten und lebenslangen Weggefährten kennen.
Geprägt von den großen Namen und beeindruckt vom Erfolg der frühen Punk-Single „(I´m) Stranded“ der ortsansässigen Saints um die befreundeten Songwriter Chris Bailey und Ed Kuepper ist der Schritt für Forster und McLennan nicht mehr weit zur eigenen Band, zu Demo-Aufnahmen und den ersten Gehversuchen im Musik-Business. Mit der um einige Jahre älteren, linken Siebziger-Jahre-Aktivistin, Sozialarbeiterin und ehemaligen Punk-Musikerin Lindy Morrison an den Drums beginnt eine Reise, die die Combo zu zeitweiligen Standorten nach Glasgow und London, diversen Heimat-Heimkehr-Aktionen ins australische Brisbane und Sidney, in temporäre Wohngemeinschaften mit Bandmitgliedern der Bad Seeds, zu zahlreichen, der Erfolglosigkeit geschuldeten Plattenlabel-Wechseln, amourösen Beziehungen innerhalb der Band, einer langen Auszeit nach erster Bandauflösung und einem vielversprechenden Neuanfang mit jähem Ende führen wird.
Es ist die Geschichte von der Suche nach dem großen, permanente Finanz-Probleme lösenden Hit, der sich trotz großartiger, von der Kritik hochgelobter Alben partout nicht einstellen mag, Alben, die in den Texten neben persönlichen Eindrücken und Stimmungen geprägt sind von einem tief empfundenen Verständnis für Literatur und Filmkunst, die in der musikalischen Umsetzung hinsichtlich dunkler, betörender Balladen auf der einen und einem einzigartigen Gespür für Sonnen-durchflutete, herausragende Melodik auf der anderen Seite ihresgleichen suchen.
Und es ist die Geschichte einer außergewöhnlichen Männerfreundschaft, die über viele Jahre durch Höhen und Tiefen ging, die die Brüche innerhalb der gemeinsamen Band reflektierte, das Ringen um Arbeitsmethodik, musikalisches Verständnis, Form, Präsentation, und nicht zuletzt das paritätische Feilschen um die jeweilige Songauswahl auf den einzelnen Tonträgern.
Darin eingewoben findet sich die eigene Gedankenwelt Forsters, seine Empfindungen und Erlebnisse wie das humorige „Blake-Carrington-Zwischenspiel“, wie er es einmal zustande brachte, den Dauer-besoffenen Shane MacGowan hinsichtlich Zudröhnung auszustechen, und Erhellendes zu seinem Suchtverhalten, das man in der Form bei einem Intellektuellen des Rock’n’Roll-Zirkus wie ihm nicht erwartet hätte, man sah ihn vor dem inneren Auge stets vor sich, wie er innerhalb des hektischen Tour-Betriebs stoisch über einem Dostojewski-Werk oder „Ulysses“ brütet. Und es ist selbstredend, wie es sich für eine gute Go-Betweens-Story ziemt, auch eine Geschichte der Romantik, die ihr Happy End im tiefsten Bayern finden wird, in der oberpfälzischen Heimat der ehemaligen Musikerin Karin Bäumler der hier hinlänglich bekannten Indie-Band Baby You Know.
„Es war immer ein Teil des Bildes, das wir von der Band hatten, dass das dritte Mitglied eine Frau sein musste. Wenn Grant hätte Schlagzeug spielen wollen, hätten wir eine Bassistin finden müssen. Wir wollten nicht ausschließlich Männer sein – das war zu starr und vorhersehbar, und die Bücher und Filme, die wir mochten, hatten alle weibliche Figuren.“ (Robert Forster, Garnt & Ich, Der Sound gestreiften Sonnenlichts)
Forster gelingt es in unaufgeregter Manier in entspannt-zusammenhängend erzählten Episoden, den Geist jener Jahre einzufangen, als Indie noch neu, unverbraucht, aufregend und unvorhersehbar war, Schlaglichter aus einer Zeit, in der heute bei den Nachgeborenen als einflussreich und groß geltende Bands in kleinem Rahmen auftreten mussten, weil sich schlicht und ergreifend damals nur die Wenigsten für den grandiosen Sound und die mit Herzblut vorgetragenen Gigs dieser Combos interessierten – man sieht sich bei der Lektüre förmlich selber noch vor der heimischen Stereoanlage sitzen, im Frühsommer 1987, um das Wiener U4-Konzert im Tags darauf gesendeten Ö3-Musicbox-Mitschnitt auf Tape zu verhaften, noch völlig verzückt vom selbst besuchten, vorangegangenen Auftritt der Go-Betweens in der Münchner Manege, so wie auch Jahre später schwer beeindruckt und begeistert bei ähnlichen gelungenen Auftritten, ob 1988 zur Präsentation vom Pop-Wunderwerk „16 Lovers Lane“, 1989, als die Band für viele Jahre ihr – zu der Zeit noch nicht absehbar – vorläufig letztes Konzert im Vorprogramm der an dem Tag bestens aufgelegten R.E.M. unter der Kuppel des wunderschönen Münchner Circus-Krone-Baus gaben, bei spontan anberaumten Robert-Forster-Solo-Gigs zum Feierwerk-Sommerfest oder den sehnsüchtig erwarteten Reunion-Konzerten in den frühen Nuller-Jahren.
„Für unsere unbefleckte Plattensammlung kommt fast jede der sechs Go-Betweens-Platten in Betracht, aber „16 Lovers Lane“ bringt soviel Glück, Beschwingtheit und Leichtigkeit ins Leben, dass nur sie mit auf jene berühmte einsame Insel darf. Für alle Fälle. Für das erste Rendezvous. Für lange, einsame Autofahrten. Für das Frühstück an einem Sonntagmorgen. Für dunkle Stunden, wenn ein wenig Glück aus der Konserve nicht schaden kann.“ (Karl Bruckmaier, Soundcheck)
12 Jahre nach „16 Lovers Lane“ und dem Split der Band glückt den Go-Betweens mit ihrem Album „The Friends Of Rachel Worth“ in neu formierter Besetzung das gelungenste Werk neben ihrem 1986er-Meilenstein „Liberty Belle And The Black Diamond Express“ und ein gefeiertes Comeback bei Publikum und Fachpresse, McLennan trat an Forster nach einem der wenigen, sporadisch gemeinsam gespielten Akustik-Duo-Konzerte zur Bewerbung eines neuen Go-Betweens-Best-Of-Albums mit der dringenden Bitte zu einer Reunion der Band heran, in jener von gebrochenem Herzen und depressiven Anwandlungen, unstetem Leben und permanentem, übermäßigem Alkoholkonsum geprägten Lebensphase McLennans sein vorläufig rettendes Ufer.
Am 6. Mai 2006 lösen sich die Zukunftsplanungen für ein viertes Album nach der Wiedervereinigung urplötzlich wie höchst tragisch in Luft auf, Robert Forster, selbst zu der Zeit schwer an Hepatitis erkrankt, erscheint abends auf einer Privatparty seines langjährigen Weggefährten, um auf völlig geschockte Freunde und Verwandte Grant McLennans zu treffen, der Musiker war nach kurzer Übelkeit an einer schweren Herzattacke verstorben – das jähe Ende einer jahrzehntelangen Freundschaft und der Indie-Pop-Legende The Go-Betweens.
Robert Forster hat mit „Grant & Ich“ eine flott zu lesende (Auto-)Biografie über sein eigenes Leben, über die Geschichte einer außergewöhnlichen und bis heute einflussreichen wie faszinierenden Band und die mal mehr, mal weniger greifbaren Details aus der Vita seines besten Freundes Grant McLennan geschrieben, dominierend mit Ausnahme der ernsthafteren Passagen im gefälligen Plauderton, genau so weit ins Detail gehend, dass es auch die bisher vom musikalischen Schaffen Forsters unbeleckte Leserschaft nie überfordert oder gar langweilt. Bereichert wird die Dokumentation mit einem feinem Gespür für Humor, was zumindest KonzertgängerInnen des australischen Songwriters aufgrund seiner oft linkisch wirkenden, geistreichen Stücke-Anmoderationen kaum überraschen dürfte.
Pflichtlektüre für alle Fans der australischen Kult-Band sowieso, wie für alle, die es etwas genauer wissen wollen, wie es damals lief – oder vor allem schief lief – im Musikbusiness der verpönten Achtziger.
Übersetzt wurde das Werk von Maik Brüggemeyer, seines Zeichens Romancier und Lohnschreiber bei der Ewig-Gestrigen-Mainstream-Postille Rolling Stone (das Pop-Tagebuch vom grandiosen Eric Pfeil dort taugt schon schwer, keine Frage, nur ganz am Rande bemerkt), ob die Translation höchsten Ansprüchen genügt, darf aufgrund von sprachlichen Unebenheiten wie etwa exemplarisch dem Pleonasmus in „Es war das letzte Ende der No-Wave-Szene“, ab und an auftretender, latent störender Wortwiederholungen und einigen holprigen, sperrig zu lesenden Formulierungen zumindest dezent in Frage gestellt werden, abschließende Klärung oder Richtigstellung würde wohl nur der Vergleich mit dem Original bringen, aber irgendwo macht der Spaß hinsichtlich Recherche dann auch mal eine Kurve.
„Grant & Ich. The Go-Betweens und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft“ erscheint heute beim Münchner Wilhelm Heyne Verlag als Hardcover-Ausgabe im Encore-Programm.
Der Musiker und Autor Robert Forster wurde 1957 im australischen Brisbane geboren. Er gilt aufgrund seiner Alben mit den Go-Betweens und seiner Solo-Werke inzwischen als einer der profiliertesten Songwriter des Indie-Rock. 2009 hat er sein Buch „The 10 rules of rock and roll: collected music writings 2005–09“ veröffentlicht. Robert Forster lebt mit seiner deutschen Frau Karin Bäumler und seinen Kindern in Australien. Zuletzt ist 2015 sein Solo-Album „Songs To Play“ bei Tapete Records erscheinen.
Herzlichen Dank an Gabi Beusker / Presseabteilung Heyne Verlag für das Rezensionsexemplar.
Robert Forster geht im November mit „Grant & Ich“ auf Lesereise, zu folgenden Terminen wird er aus seinem biografischen Werk vorlesen und eine Auswahl seiner wunderbaren Songs zur akustischen Gitarre vortragen (die Münchner Veranstalter dürfen sich ein Loch ins Knie schämen, by the way):
Appendix: Was muss von den Go-Betweens / Forster / McLennan im Plattenschrank stehen?
Den Fans und Verehrern der Go-Betweens muss man die Tonträger der Band oder ihrer einzelnen Protagonisten nicht weiter ans Herz legen, sie dürften ihre Plattenregale längst zu Teilen oder im besten Fall mit dem Gesamtwerk der Musiker bestückt haben, Novizen sei hiermit eine Auswahl ihrer wichtigsten Arbeiten ans Herz gelegt:
The Go-Betweens – 1978 – 1990 (1990, Beggars Banquet)
Der ideale Einstieg: Exzellente Doppel-LP-Compilation über die ersten sechs Alben der Band, enthält neben „Greatest-Hits“-Klassikern schwer erhältliches B-Seiten-Singles-Material und bis dahin Unveröffentlichtes wie exemplarisch das grandiose Frühwerk „Karen“ oder die später bei Konzerten oft gespielten, ergreifenden Indie-Pop-Balladen „This Girl, Black Girl“ und „When People Are Dead“. Mit jeweils kurzen Anmerkungen zu den einzelnen Stücken von Robert Fortster bzw. Grant McLennan im Plattenhüllen-Text.
„Es war ein Lobgesang auf die Bibliothekarinnen an der Universität – hilfsbereite, distanzierte Frauen, die ich vergötterte – , der sich über drei Strophen und Refrains aufbaute und anschwoll und seinen Höhepunkt in lauten Rufen des Songtitels fand: Karen.“ (Robert Forster, Grant & Ich, Den Vampiren entkommen)
The Go-Betweens – Liberty Belle And The Black Diamond Express (1986, Beggars Banquet)
Das vom Talking-Heads-/Ramones-Label Sire aufgelegte Vorgänger-Album „Spring Hill Fair“ litt vor allem unter Band-untypischer Überproduktion, wenn auch das Songmaterial etliche grandiose Indie-Klassiker („Man O´Sand To Girl O´Sea“, „Bachelor Kisses“ u.a.) aufbot, die beiden ersten Alben waren – nichtsdestotrotz hörenswert – vor allem durch erratisches Songwriting und Verhaften in der Velvet-Underground-Reminiszenz geprägt, wenn auch auf „Before Hollywood“ in Richtung intensives Melodienreichtum getrieben, auf „Liberty Belle And The Black Diamond Express“ hat dann endlich alles gepasst: hervorragendes, stimmiges Song-Material, mit der Creedence-Clearwater-Revival-Verneigung „Spring Rain“ und dem schmissigen „Head Full Of Steams“ zwei potentielle, wahrhaftige Indie-Hits, die – wen wundert es – in den dämlichen Achtzigern nicht die Beachtung fanden, die sie verdient hätten.
Danach kamen mit „Tallulah“ und „16 Lovers Lane“ zwei von der Oboe und Violine Amanda Browns bereicherte, Ohren-schmeichelnde und Melodie-verliebte Gitarren-Indie-Pop-Kleinode, letzteres von Presse und Musiker-Kollegen hochgelobt und in der Liste „100 Best Australien Albums“ auf Platz 12 sowie in der „1001 Albums You Must Hear Before You Die“-Auswahl aufgeführt.
The Go-Betweens – The Friends Of Rachel Worth (2000, Clearspot)
Exzellentes Comeback-Album der Band, das Forster/McLennan mit der langjährigen australischen Begleiterin Adele Pickvance am Bass, den drei Riot-Grrrl-Ladies von Sleater-Kinney und Sam Coomes, dem Keyboarder der Portland-Indierock-Combo Quasi, einspielten. Enthält neben wunderschönen, autobiographischen Balladen mit der Mc-Lennan-Komposition „The Clock“ die schmissigste Indie-Rock-Nummer der Go-Betweens. Danach kam das weniger brauchbare „Bright Yellow Bright Orange“ und das final nochmal sehr genehme Studio-Album „Oceans Apart“ sowie ein nur bei Konzerten erhältliches Doppelalbum, „Live In London“, und dann war zum großen Bedauern der zahlreichen Fans endgültig Schluss mit der Combo.
The Go-Betweens – That Striped Sunlight Sound DVD + CD (2006, Tuition Records)
Sahnestück für alle GB-Fans: Die auf DVD und CD enthaltene, exzellente Live-Werkschau, mitgeschnitten und gefilmt bei einem Brisbane-Heimspiel der Band im August 2005. Als zusätzlicher Bonus sind „The Acoustic Stories“ auf der DVD enthalten, bei denen die beiden Songwriter Forster & McLennan aus dem Nähkästchen plaudern und ausgewählte Unplugged-Versionen ihrer Songs zum Besten geben. Unverzichtbar.
Grant McLennan – Horsebreaker Star (1994, Beggars Banquet)
Solistisch konnte Grant McLennan als versierter und over the top talentierter Songwriter, der er zweifelsohne war, mit seiner Melodie-verliebten Variante des Indie-Rock seltsamerweise nie vollends überzeugen, dem Idealbild seiner Tondichtung am nächsten kommt die als „16 Lovers Lane“-Nachfolgerin denkbare Doppel-CD „Horsebreaker Star“, die der Musiker mit dem R.E.M.-Produzenten John Keane in Athens/Georgia einspielte, exzessive Ausflüge in den Alternative Country inklusive.
Robert Forster – Danger In The Past (1990, Beggars Banquet)
Großartiges Solo-Debüt Forsters, aufgenommen unter der Regie und mit Unterstützung von Bad-Seeds-/CCS-/Birthday-Party-Legende Mick Harvey in den berühmten Berliner Hansa Studios, mit Nick-Cave-/Die-Haut-Trommler Thomas Wydler und dem australischen Landsmann und Düster-Drone-Blueser Hugo Race finden sich weitere Indie-Größen auf der Besetzungsliste. Entstanden kurz nach dem Umzug des Musikers ins oberpfälzische Alteglofsheim, enthält das Werk ursprünglich für ein nächstes Go-Betweens-Album geschriebene Perlen wie „The River People“, „Dear Black Dream“ oder die schmissige Pop-Nummer „Baby Stones“.
Robert Forster – The Evangelist (2008, YepRoc / Tuition Records)
Bestes und von allen persönlich geprägten Forster-Alben hinsichtlich thematischen Inhalten sein intensivstes. Enthält neben sieben Eigenkompositionen die ausgearbeiteten, für ein zehntes und nicht mehr realisiertes Go-Betweens-Album komponierte McLennan-Entwürfe „It Ain´t Easy“, „Demon Days“ und „Let Your Light In, Babe“. Das in Ton gegossene Farewell für den alten Freund. Schlicht und ergreifend, hat in den vergangenen zehn Jahren nichts von seiner bezwingenden Schön- und Reinheit verloren.
Darüber hinaus gibt es etliches Anregendes zu entdecken auf den beiden Alben der Duo-Kollaboration Jack Frost, die Grant McLennan in den Neunzigern sporadisch mit Steve Kilby, dem Bandleader der australischen Indie-Psychedelic-Pop-Combo The Church, betrieb. Mindestens partiell hörenswert ist auch die Solo-Arbeit „Incognita“, ein von getragenen Balladen durchwehtes Album von Amanda Brown, zwischen 1986 und 1989 an Oboe, Violine, Keyboard und Gesang bei den Go-Betweens zugange, wie auch ihre leichtfüßig-beschwingte, Bangles-infizierte Indie-Pop-Zusammenarbeit mit der ex-Go-Betweens-Drummerin Lindy Morrison unter dem Bandnamen Cleopatra Wong.
Wie es einer großen Band gebührt, gibt es würdige Verneigungen beeinflusster MusikerInnen vor der Indie-Legende from Down Under, auf dem 1996 erschienenen Album „Right Here – A Go-Betweens Tribute“ tummeln sich weitgehend in unseren Breitengraden unbekannte australische Bands und demonstrieren eindrucksvoll, dass das exzellente Forster/McLennan-Songmaterial in jedweder stilistischen Ausprägung funktioniert, „The House Jack Kerouac Built“ etwas als unterkühlter Postpunk der Earthmen, „Hammer The Hammer“ und „In The Core Of A Flame“ als wuchtige Hardrock-Stampfer, daneben schmissige Power-Pop-, Alternative-Country-, C86-Uptempo-Gitarrenschrammel- und Speed-Bluegrass-Interpretationen, oder das als atmosphärischer Prärie-Punk daherkommende „Spring Rain“ von Holocene, der Tonträger ist eine gelungene Querbeet-Reminiszenz an die ersten 6 Alben der Go-Betweens.
2007 ist „Write Your Adventures Down – A Tribute To The Go-Betweens“ beim australischen Red Label erschienen, das Album deckt beide Schaffensperioden der Band ab und orientiert sich im Geiste der Songwriter in den einzelnen Interpretationen weitestgehend an den Originalen, was bei Beteilung der ab 2000 bei den GBs aktiven Musikerin Adele Pickvance und von Glen Thompson, dem späteren Drummer der Band, naheliegend nicht weiter verwundert.