Bristol

Reingehört (340): Mike Krol, Crescent

Mike Krol – Mike Krol Is Never Dead: The First Two Records (2017, Merge Records)

Quengelndes Spätadoleszenz-Genöle/Geplärre, scheppernde Drums und überschaubare Fertigkeiten im flotten Rock’n’Roll/Siebziger-Punk-Anschlag auf der Stromgitarre reichen völlig aus, um einen schwer genehmen Auswurf an frischem und knackigem DIY-/LoFi-/Power-Pop unter die Leute zu bringen, das aktuelle Label Merge des Artisten legt in der Rückschau die ersten beiden Alben „I Hate Jazz“ und „Trust Fund“ des kalifornischen Garagen-Musikers Mike Krol neu auf, sage und schreibe 38 humoristische Kurz- und Kürzest-Polter-Perlen finden sich auf der retrospektiven Sammlung, hochenergetischer Drei-Akkorde-Stoff in feinster Low-Budget-Schrammel-Melodik zum fröhlichen Pogen und beschwingten Mitschunkeln. Hinsichtlich „Rock/Punk is dead“ kontert der Krol quasi mit sowas wie „Don’t piss down my bag and tell me it’s raining!“ – ein Hoch auf die Unbekümmertheit der Jugend! Und wer dem einzigartigen Keith Moon ein Liedlein widmet, kann sowieso kein Schlechter sein…
(**** ½)

Crescent – Resin Pockets (2017, Geographic Music)

Nach zehn Jahren ein Lebenszeichen des feinen Psych-Folk-/Slowcore-Quartetts Crescent aus Bristol/UK beim Domino-Sublabel Geographic Music. Wo früher der folkloristische Free-Flow im relaxten Mäandern seine Bahnen zog, hier und dort von getragenen, wunderschönen Bläsern begleitet und bereichert, ist die Combo nach einer Dekade zwar weiterhin völlig unaufgeregt unterwegs, wendet sich aber vermehrt der experimentell-versponnenen Seite des verspielten LoFi-Indie-Folk zu, einer dezent angeschrägten, verspulten Spielart der psychedelischen Alternative-Balladen-Kunst, die weitaus weniger abstrakt als noch in den Nuller-Jahren in ihrem verhallten, mit allerlei Geklingel zerklüfteten, sich windenden Fluss und dem melancholischen, verlorenen, fast erschöpften Gesang von Songwriter Matt Jones den Charme früher Flying-Nun-/NZ-Indiepop- und Silver-Jews-Aufnahmen entfaltet.
Klingt trotz fünfjährigem Rumhobeln und Zusammenbasteln dank improvisiertem Home- und Field-Recording-Modus sympathisch gammelig, naturbelassen-organisch und unperfekt, eine LoFi-Kostbarkeit, bei der sich die Melodik immer wieder in das Zentrum zu drängen versucht.
Der Soundtrack für die momentane Schwüle des dahinscheidenden Hochsommers, wo’s weitaus vernünftiger ist bei den Temperaturen, sich nicht groß aufzuregen…
(**** ½ – *****)

Reingehört (271): The Blue Aeroplanes

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The Blue Aeroplanes – Welcome, Stranger! (2017, Art Star / Pledgemusic)

Pflichtprogramm in jedem gut sortierten Indie-Haushalt circa Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger, Scheiben wie „Tolerance“ (1985, Fire Records) oder der beschwingte Groß-Wurf „Swagger“ (1990, Ensign) liefen wochenlang rauf und runter im heimischen Soundsystem, die Schublade am CD-Player verlor den Kontakt zur Open/Close-Taste, konzertant war die Combo aus dem englischen Bristol um die Langley-Brüder und den polnischen Tänzer Wojtek Dmochowski (mit dem schicken Solidarność-T-Shirt) sowieso der Bringer, nun melden sich die Blue Aeroplanes nach langen Jahren der Sendepause mit einem neuen Album zurück, und es hat sich – Gottlob, in dem Fall – wenig geändert im Songwriting und Klangbild der südenglischen Band, „Welcome, Stranger!“ wartet auf mit dem gewohnt dynamischen Indie-Rock, Velvet-Underground-infiziertem Art-Pop-Geschrammel und den dezent ergänzenden Post-Punk-Beigaben früher Tage, Bandleader Gerard Langley setzt nach wie vor die Sonnenbrille selbst beim Duschen und Schlafen nicht ab und gibt wie in alten Zeiten mit seinem lakonischen Sprechgesang den abgeklärten Zampano. Was bei so manch anderen Comeback-Versuchen wie das abgestanden-angeranzte Menü von gestern wirkt, darf die geneigte Hörerschaft hier bedenkenlos durchwinken. Gibt eine Handvoll Bands/Musiker, bei denen reicht es völlig, wenn sie das Bewährt-Althergebracht-Erreichte korrekt und engagiert verwalten, die Blue Aeroplanes fallen seit Jahrzehnten zwingend in diese Kategorie.
(**** – **** ½)