Buddy Guy

Reingehört (71)

cephaswiggins

 

Warren Haynes feat. Railroad Earth – Ashes & Dust (2015, Mascot / Rough Trade)
Bei dem hat der Tag mehr als 24 Stunden, anders kann ich mir den Output nicht erklären, den der Ausnahmemusiker Warren Haynes seit Jahren, und das in gleichbleibend hoher Qualität, unters Volk bringt. Gitarrist bei der Allman Brothers Band, Vorsteher der eigenen Hard-Blues-/Jam-Band Gov’t Mule, Mitstreiter der überlebenden Toten bei diversen Grateful-Dead-Nachfolgeprojekten wie The Dead oder Phil Lesh & Friends, und dann findet sich auch noch Zeit für Soloarbeiten wie das hier vorliegende Album, bei dem sich der Meister der Bluesrock-Gitarre mit der Jam-Band Railroad Earth aus Stillwater/New Jersey, zusammentat, ihres Zeichens versierte Könner des Bluegrass-/Americana-/Folk-Fachs und somit kongeniale Begleiter bei diesem Blues-Bluegrass-Crossover-Fest.
Wo Haynes bei seinen diversen Jobs gerne mal beherzt-heftig-hart in die Saiten der Stromgitarre greift, kommt auf dieser Kollaboration verstärkt die organische, akustische, entspannte Variante seiner Kunst zum Tragen.
Die Texte befassen sich größtenteils einfühlsam und ohne sentimentales Geschwurbel mit der United States Working Class und so gefällt das Werk auch hinsichtlich Dichtkunst ganz vorzüglich.
Der stämmige Warren aus Asheville/North Carolina untermauert mit diesem neuen Album einmal mehr, dass er neben dem erdig-harten Improvisieren auch die leisen, filigran-ausdifferenzierten Töne perfekt beherrscht. Ich setze an der Stelle schnell meinen Hut auf, damit ich ihn ziehen kann…
(*****)

Buddy Guy – Born To Play Guitar (2015, RCA / Sony)
28. Studioalbum der lebenden Chicago-Blues-Legende Buddy Guy, der mit seinem elektrischen Gitarren-Blues Größen wie Jimmy Page, Jeff Beck und vor allem Stevie Ray Vaughan maßgeblich beeinflusste und in den sechziger Jahren an diversen Aufnahmen des „Godfathers of Modern Chicago Blues“ Muddy Waters beteiligt war – und um es kurz zu machen, es ist eine recht erfreuliche Sammlung aus traditionellem Blues der reinen Lehre, Bluesrock im weitesten Sinne und bläserunterstützten Soul-Blues-Aufnahmen entstanden, die nur in Richtung Rock-’n‘-Roll-Ausflüge etwas weniger konveniert und selbstredend vor allem vom begnadeten, unvergleichlichen Saitenspiel Buddy Guys lebt, den Eric Clapton einst als „the best guitar player alive“ bezeichnete.
Bei „Wear You Out“, ein Stück unter maßgeblicher Beteiligung von ZZ Top’s Billy Gibbons, stellt sich die Polt’sche Frage „Braucht’s des?“ und ich würde sagen „Nö, eher nicht“, dafür darf bei der B. B. King-Hommage „Flesh & Bone“ Van Morrison als Duett-Partner glänzen, der Belfast Cowboy unterstreicht hier eindrucksvoll, dass er nach wie vor zu den ganz großen Sangeskünstlern gezählt werden muss und mit „Come Back Muddy“, einer wehmütigen, getragenen Würdigung des Meisters aller Klassen – der entweder heuer oder bereits vor 2 Jahren seinen Hundertsten gefeiert hätte, da gehen die Meinungen auseinander – setzt Buddy Guy einen würdigen Schlusspunkt eines Albums, dass man Blues-Feinschmeckern nahezu uneingeschränkt ans Herz legen kann.
(**** ½)

Blind Boy Fuller – The Rough Guide To Blues Legends (2015, World M.N. / Harmonia Mundi)
Diese ‚Rough Guide‘-Serie war schon immer ein weites Feld für Entdeckungen, vom Obertongesang der tibetischen Mönche von Gyütö bis zu Verdauungsgeräuschen der Atlantik-Buckelwale gibt es da viel Hörenswertes, diese Ausgabe widmet sich dem amerikanischen Musiker Blind Boy Fuller, der in seinem Werk unterschiedliche Stile wie Ragtime, Gospel und traditionellen Country Blues vereinte und neben der großartigen Elizabeth Cotton sowie Blind Willie McTell, Reverend Gary Davis, Sonny Terry und Brownie McGhee als wichtiger Vertreter des sogenannten „Piedmont Blues“, einer speziellen Variante des Akustikgitarren-Fingerpickings, gilt, welche spätere Könner wie Ry Cooder, Doc Watson, Mark Knopfler oder Nick Drake immens beeinflusste.
Die hier vorliegende 25-Song-Sammlung gibt einen guten Überblick über das Schaffen des im Teenager-Alter erblindeten Bluesmusikers mit der sandigen Stimme, dem charakteristischen, rhythmischen Spiel auf der National Steel Guitar und dem oft rohen, zupackenden Vortrag, der vor allem das unterprivilegierte Dasein als Schwarzer im Amerika der dreißiger Jahre in seinen Songs thematisierte und der bereits 1941 mit 33 Lenzen wegen der Folgen einer nicht behandelten Syphilis und aufgrund seines exzessiven Alkoholkonsums in Durham/North Carolina das Zeitliche segnete.
Der Klang dieser Aufnahmen ist aufgrund des Alters und trotz Remastering/Restaurierung selbstverständlich antiquiert, mindert aber in keinster Weise die Güte des Songmaterials.
Wann erscheint eigentlich im Rahmen dieser Serie „The Rough Guide To Fan-Gesänge Of Obergiesing“, hat ja auch irgendwie was mit Blues zu tun…?
(**** ½)

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