Das Pop-Tagebuch

Eric Pfeil @ Südstadt, München, 2015-06-16

„Eric Pfeil hat einen Kosmos geschaffen, in dessen Zentrum er als Erzähler mit der Gitarre vor einem heruntergekommenen Saloon auf der Veranda sitzt, mit dem Teufel Whiskey trinkt und betrachtet, wie alles um ihn herum den Bach runtergeht. All diese wunderbar pointierten Texte singt er zu sehr organisch gehaltenen Arrangements…Schönes musikalisches Kopfkino.“
(Intro)

Alles richtig gemacht dieses Mal, die Mädels vom Südstadt. Paar Kröten Eintritt kassiert und damit sichergestellt, dass nur die Interessierten kommen und die Dreinlaberer draußen bleiben, beim Release-Konzert des Songwriters Eric Pfeil aus Bergisch-Gladbach (of Heidi-Klum- und Tim-Wiese-Fame ;-))), der seine dieser Tage beim Münchner Lieblings-Indielabel Trikont erscheinendes neues Album „Die Liebe. Der Tod. Die Stadt. Der Fluss.“ vorstellte.
Vom Label selbst wird Pfeils Kunst wie folgt beschrieben: „Pfeils Shows sind eine Mischung aus anrührenden Schrammel-Kunstwerken, wildem Pop-Dadaismus, gelesenen Lebensweisheiten aus der großen Welt des Pop und was sich so dafür hält und abgründig lustigem Einzelgänger-Entertainment.“ Das kann man durchaus so stehen lassen, das Publikum in der gut gefüllten ‚Südstadt‘ war am Dienstagabend jedenfalls recht angetan vom lakonisch-nachdenklichen Vortrag des Rheinländers, der seine an sich schon originell-pointierten Songtexte und sein exzellentes Gitarrenspiel mit launigen Anmoderationen garnierte und im Verlauf des Abends unter anderem dem Dahinscheiden, an diesem Abend im Speziellen dem von Harry Rowohlt, lausigen Herwig-Mitteregger-Platten und den Eskapaden des ehemaligen Who-Drummers Keith Moons im Zusammenhang mit dem in die Rockgeschichte eingegangenen „Flint Holiday Inn Incident“ gedachte. Mit den Schlagzeugern hat er’s irgendwie, der Herr Pfeil…
Der Musiker ist im Nebenberuf Musikjournalist und Betreiber des regelmäßig auf der Homepage des ‚Rolling Stone‘ erscheinenden Blogs „Das Pop-Tagebuch“. 2010 wurde im Verlag Kiepenheuer & Witsch sein Buch „Komm, wir werfen ein Schlagzeug in den Schnee“ veröffentlicht.
(*****)

Zur Entstehung des neuen Albums gibt es eine lesenswerte Kurzgeschichte von Eric Pfeil, die ich Euch nicht vorenthalten möchte:

Eines Tages kam der Teufel zu Eric Pfeil.
Es war nicht das erste Mal, er war schon einmal dagewesen, als Eric gerade sechs Jahre alt war. Damals hatte Eric einen Dartpfeil ins Auge bekommen.
„Ich sorge dafür, dass du weiter sehen kannst“, hatte der Teufel damals gesagt.
„Allerdings musst du dich fortan Eric Pfeil nennen.“
„Aber ich heiße doch schon Eric Pfeil“, hatte der Verwundete geantwortet.
„Verdammt“, zischte der Teufel nur und verschwand.
Nur sein Geruch blieb noch ein paar Wochen im Haus hängen.
Jetzt war er also wieder da.
„Was willst du?“, fragte der Sänger, der gerade seine Kieselsteinsammlung sortierte.
„Dir einen Vorschlag machen. Ich will, dass du ein düsteres Konzeptalbum aufnimmst – oder besser: Ich will, dass du ein düsteres Indie-Liedermacher-Konzept-Album aufnimmst und dir damit die Karriere ruinierst. In der Folge musst du jahrelang nur mit deiner Akustikgitarre übers Land ziehen und den Menschen die Lieder vorsingen.“
„Aha. Was kriege ich dafür?“
„Hm, mal überlegen. Ein Auto vielleicht?“
„Auto ist super. Meins ist rot und klein und fällt auseinander und ist für meine Tourneen denkbar ungeeignet.“
Der Teufel rieb sich die Hände. „Gut. Also?“
„Die ganze Sache trifft sich tatsächlich gut“, sagte Eric Pfeil. „Ich habe nämlich gerade schon ein düsteres Indie-Liedermacher-Konzept-Album aufgenommen.“
„Ach, was. Du verwendest sogar das blöde Liedermacher-Wort?“ Der Teufel strahlte jetzt beinahe. „Worum geht’s?“
„Na ja, es ist wirklich ein ziemlich düsteres Album, weißt du. Das letzte Jahr war eine ziemliche Katastrophe. Um mich rum sind die Leute nur so umgefallen. Die Platte soll „Die Liebe, der Tod, die Stadt, der Fluss“ heißen, denn genau darum geht es. Also, es geht auch noch um mehr: um depressive Detektive, um Erinnerungshotels, um verschollene Schauspielerinnen, um Menschen aus Schaum …“
„Halt!“, unterbrach der Teufel ungeduldig. „Wie klingt die Platte denn?”
„Na ja, oft wie ein Italo-Western, bei dem ständig so ein angeschossener Troubadour ins Bild gelaufen kommt. Manchmal auch anders. Wie Hannes Wader auf Mescalin vielleicht …“
„Lass mal hören.“
Und der Teufel hörte. Er hörte mehrfach. Er nickte. Er wippte mit. Manchmal grinste er. Immer wieder verengten sich seine Augen zu schmalen Schlitzen. Eric Pfeil wusste nicht zu deuten, ob aus Freude oder Missfallen. Nach drei Durchläufen wurde es dem Sänger zu fad.
„Und?“, fragte Eric Pfeil.
„So hab ich’s mir vorgestellt. Genau so. Aber die Sache hat einen Haken: Es sollte meine Idee sein. Nicht deine. Ich wollte dir nach Leibeskräften die Karriere vermasseln, aber das hast du ja jetzt schon selbst erledigt.“
Eric Pfeil sah enttäuscht aus. „Und das Auto?“
„Nichts da. Du kannst dein dämliches rotes Mädchen-Auto behalten.“

Heute bzw. in den folgenden Tagen kann man Eric Pfeil zu folgenden Terminen konzertant erleben:

18.06. Bielefeld, Plan B
19.06. Haldern, Haldern Pop-Bar
20.06. Karlsruhe, Jubez
21.11. Erlangen, E-Werk

Eric Pfeil / Homepage

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