„We are taking back our land. Decolonise now.“
(Divide And Dissolve about „Reparations“)
„The kind of bone-rattling music capable of shaking the entire world to its core.“
(Afropunk)
Divide And Dissolve – Abomination (2018, Dero Arcade)
Ein Frauen-Duo aus Melbourne, das die Gegensätze verkörpert und in ihrer Kunst auslebt, „Diversity“ nennt sich sowas heutzutage: Bereits optisch sind Takiaya Reed und Sylvie Nehill ein gelinde gesagt ungleiches Paar, musikalisch setzt sich das im Sound und stilistischen Ansatz der schwergewichtigen Schwarzen mit indigenen Wurzeln und der gertenschlanken Weißen mit Maori-Background fort. Auf dem Mitte Februar beim australischen Anti-Culture-/Outsider-Label Dero Arcade erschienenen Album „Abomination“ in Nachfolge zu ihrem vielfach prämierten und gepriesenen Debüt „Basic“ vom Vorjahr wissen die beiden jungen Ladies in einer guten halben Stunde die geneigte Hörerschaft durchaus mit dem ein oder anderen Rätsel auf Trab zu halten, und das ist in Zeiten von stromlinienförmigen Aalglatt-Produktionen aus der austauschbar-beliebigen Indie-goes-Mainstream-Ecke weiß Gott ausschließlich positiv zu werten. Dekonstruierter Postmetal? Midtempo-Doom/Industrial für den Moshpit? Gedehnter Crossover für die Schwarzgewandeten, die den Blick über den Tellerrand wagen? The challenge is to get a f***ing idea…
Das Album zieht seine Faszination aus einem heterogenen Mix an Einflüssen, der sich in der Kombination vordergründig kaum aufdrängt und vom Duo in einem Kreativ-Baukasten virtuos und unkonventionell in einer gedeihlichen Verbindung zusammengebracht wird. Instrumentaler, semi-experimenteller Doom-Metal, der mit Bass-lastigem Dröhnen und dissonanten Störfeuern im entschleunigten Tempo seine einnehmende, hypnotische Energie entfaltet und den Culture Clash wagt mit entspanntem, schmeichelndem Ambient-Gejazze und gemessener Neo-Klassik, die dem von Noise und Drones umwehten, kompromisslosen, apokalyptischen Soundtrack im illusionslos-harten Grundtenor etwas an Schärfe und Schrecken nimmt.
Inhaltlich ist das Werk ein Protest gegen das australische weiße Patriarchat, die unwürdige Behandlung von Flüchtlingen auf Manus Island und die Unterdrückung der indigenen Aboriginal Australians und Torres Strait Islanders, der am deutlichsten im Spoken-Word-Gastbeitrag der Dichterin Minori Sanchiz-Fung im Stück „Reversal“ zum Ausdruck kommt.
Soll dem Vernehmen nach live auch exzellent umgesetzt werden von den beiden Musikerinnen, die neben schwerem Gitarren/Sax/Drums-Noise auf der Bühne Videoinstallationen und anderweitige visuelle Effekten einsetzen.
Protestmusik muss sich heute nicht mehr wie Nerven-zerrüttendes Joan-Baez-Geheul anhören, Halleluja.
(**** ½ – *****)