Don Pedro

Raut-Oak Fest 2018 @ Riegsee, 2018-06-10

The third and final report from ROF 2018: Am Vormittag wär’s traditionell mit Riegseer Blasmusik und frischen Weißwürscht aus dem Kessel plus zwingend dazugehörigen Brezen und Weißbier in die letzte Raut-Oak-Runde gegangen, unsereins war da noch fern jeglicher urbajuwarischer Kulinarik im heimatlichen Minga zwecks übernächtiger Regeneration zugange, aber wo’s dann wieder ernst wurde, da war ma dann da, wia a Brezen (oder wie der Weber Max), frei nach Gerhard Polt.
Der dritte und letzte Raut-Oak-Tag sollte sich noch einmal zu einem einzigen Flow an schöner bis überwältigender Musik auswachsen, diejenigen, die bei Williams Wetsox mit einer dem Vernehmen nach deplatzierten Jazz-Sängerin und dem österreichischen New-Wave-of-Volksmusik-Duo Kirschhofer zugegen waren, mögen das etwas anders bewerten, aber spätestens mit dem Auftritt der Donkeyhonk Company – dem Regulären nach dem Spontanen vom Vortag – waren erst mal alle Zweifel über tonale Qualitäten des letzten Festivaltags ausgeräumt, und sie sollten sich auch zu keiner Sekunde mehr einstellen, soviel sei bereits verraten.

Wenn eine hiesige Band aus dem weiteren Umland zwingend auf das Line-Up eines Raut-Oak-Fests gehört, dann dürfte das die Donkeyhonk Company sein. Wig Drumbeat, Basser Don Pedro und der Grimassen-schneidende Frontman Lametto suggerierten einmal mehr, dass die Sümpfe Louisianas, Schwarzbrenner-Kaschemmen im Niemandsland der amerikanischen Prärie und die Ausläufer der Appalachen irgendwo im oberbayerischen Delta Wolnzach/Neuburg/Aichach zu suchen sind, das Trio bot wie zu vielen früheren Sternstunden eine feine Auswahl an Alternative Country Folk, Uptempo-Bluegrass und knarzenden Muddy-Roots-Moritaten, in denen Sänger/Gitarrist Lametto in rauen, schneidenden Blues-Howlern seine kritischen und düsteren Gedanken und Geschichten im eigenen bayerischen Dialekt fernab jeglicher Neue-Volksmusik-Peinlichkeiten neben Roots-geerdeten Tom-Waits-Covers, alten Folk-Traditionals und eigenem Blues-durchtränkten Americana-Gepolter zum Vortrag brachte.
Der Donkey ließ beschwingt seine Hufe klappern zum stampfenden Honkrock der drei oberbayerischen Outlaws, und wenn er nicht irgendwann zum Bocken angefangen hat, dann steppt er da noch heute irgendwo zwischen den weidenden Rindviechern im Riegsee-Umland durch die Gegend.
Die grandiose Coverversion „Abend in der Stadt“, im Original von der ostdeutschen Polit-Band AufBruch, haben sie leider wieder nicht gespielt, die Herren Musikanten, da kannst hinreden wie an eine kranke Kuh oder in dem Fall einen störrischen Esel, aber es sei unumwunden zugegeben: die Nummer hätte in diesem Raw-Blues-Kontext beim ROF auch nicht reingepasst…

Was kann es an einem lauschigen, Sonnen-beschienenen Sonntag-Nachmittag Schöneres geben als den wunderbaren, weitläufig ausgedehnten, seltsamen wie faszinierenden Bigband-Sound von G.Rag Y Los Hermanos Patchekos als Begleitmusik zum entspannten Nichtstun und verträumten Blick-schweifen-lassen über das herrliche Riegseer Voralpen-Panorama?
Mit Bandleader Andreas Staebler als einem unserer profiliertesten, beständigsten, in zahlreichen Formationen federführend mitmischenden Münchner Musikanten und seiner mit zahlreichen versierten und bestens ausgebildeten Instrumentalist_Innen besetzten Hermanos-Patchekos-Truppe ist man hinsichtlich beseelter Hank-Williams-Melancholie, beschwingter Polka mit unüberhörbarem Karibik- und Cajun-Einschlag, scheppernder Texas Bohemia, immer leicht ins Schräge kippendem Funeral-Band-Gebläse und groovendem Swamp Blues noch nie fehl gegangen, vergangenen Sonntag solle es sich keinen Deut anders fügen.
Wo sonst findet sich eine Kapelle, die eine Nummer wie „Rags And Bones“ der kanadischen Hardcore-Punk-Combo NoMeansNo derart gekonnt und unangestrengt als ausgedehntes, schwer groovendes 70er-Soul/Funk-Brodeln einkocht, sie damit in ihre ureigene Klangwelt übersetzt und vom ursprünglichen Jazzcore der Wright-Brüder nicht mal mehr das abgenagte Gerippe übrig lässt?
Daneben ergingen sich die satten Bläsersätze im Verbund mit allerlei Percussion, Melodik und anderweitig Spannungs-beförderndem wie ultra-entspanntem und wunderschönem Geschrammel schwer vermutlich im Material des demnächst angezeigten neuen Tonträgers „How Sweet The Sound“ (Gutfeeling Records, 22. Juni), es wird wohl ein höchst hörenswerter werden, den ersten konzertanten Eindrücken nach zu urteilen.
Rhythmisch begleitet wurden die Hermanos Patchekos von Special Guest Delaney Davidson, die Bigband intonierte die Nummer „Five Bucks“ des neuseeländischen Songwriters als voluminöse Coverversion, zu der Davidson selbst mit zum Mikro griff und süffisant anmerkte, für in selber wär’s ja nun alles andere als ein Fremdwerk.
Ein exzellenter ROF-Auftritt von Kapellmeister Staebler und den Seinen, der demnächst an anderer Stelle beim Gutfeeling Festival im Münchner Feierwerk am 22. Juni nebst weiteren G.RagInkarnationen und anderen ortsansässigen Exzellenzen wie The Grexits, 4Shades oder der wunderbaren Hochzeitskapelle seine Wiederholung finden wird.

Nicht minder bereichernd zu einem entspannten Sommertag spielten Pelo Mono aus Andalusien auf, Guadalupe-Plata-Gitarrist Pedro de Dios als Bankräuber mit der grünen Maske und Drummer Antonio Pelomono als Gorilla verkleidet swingten mit feinem Instrumental-Surf-Blues, der jedem Tarantino-Streifen als alternativer Soundtrack gut zu Gesicht stehen würde. Das Schöne am gedehnten wie verhallten Grooven der beiden Spanier ist der Umstand, dass sich diese extrem relaxte Nummer nicht stilistisch eindeutig an die Wand nageln lässt, hier ein psychedelischer Grundton, dort Anleihen bei Country und Rhythm & Blues in einem gespenstischen, diffusen Trance-Flow, mit dem sich die Gesang-freien Perlen auch als passende tonale Untermalung für schräges B-Movie-Horror-Trash-Fiction-Zeug aufdrängen – ein stimmiges Gebräu, in dem nichts beliebig wirkt und zu dem es sich extremst tiefenentspannt mitgrooven und abhängen lässt, und wenn dann zur Abwechslung beim Raut Oak auch noch das Wetter der gleichen Meinung ist und die entsprechende Beleuchtung zum gedehnten Desert/Surf-Sound liefert, kann einem mindestens für die Stunde der genehmen Beschallung das irdische Schlamassel am Allerwertesten vorbeigehen…

Als einer der großen Namen für das ROF 2018 wäre für den Sonntag kein Geringerer als „The Dirty Old One Man Band“ Scott H. Biram geplant gewesen, der texanische Primitive-Blues/Punk/Country-Songwriter musste bedauerlicherweise bereits vor Wochen seine Europa-Tour abblasen, mit unserem liebsten Schlangenbeschwörer Brennt Burkhart aka Reverend Deadeye fand sich ein mehr als würdiger Ersatzmann zum Heimleuchten des Festival-Volkes auf den rechten Pfad des Gott-gefälligen Lebenswandels, den der Blues-Preacher mit seiner unzählige Male bespielten Resonator-Gitarre in vehementen Soul-Shakern wie der Garagen-/Gospel-Blues-Perle „Drunk On Jesus“ oder dem knarzenden „Train Medley“ voranschritt. Nach intensivem, tief im Blues verwurzelten Solo-Vortrag als Wanderprediger der alten Schule schaltete der Reverend in Begleitung seiner Lebensgefährtin Nicotine Sue einen Gang zurück, im Duett-Gesang und gemeinsamen Gitarrenanschlag zelebrierte das Paar die gepflegte Kunst des geerdeten Country Blues/Folk fern der vehementen Eindringlichkeit diverser in der Vergangenheit erlebter Deadeye-Solo-Auftritte oder den intensiven Erweckungspredigten mit Drummer Brother Al Hebert.
Einziger Wermutstropfen: Der Reverend stimmte keine seiner wunderschönen, Herz-anrührenden Balladen an, keine „Anna Lee“, kein „Coldest Heart“, und auch nicht das schmerzlich vermisste „Her Heart Belongs To The Wind“, die Tränen der beseelten Ergriffenheit ersetzte ein leichtes Bedauern – on the other hand: besagtes Liedgut gab es bereits beim letztjährigen ROF-Gig des Wanderpredigers zu hören, und so ist es doch auch ein löbliches Unterfangen, dass ein Künstler nicht jedesmal den gleichen Zopf spielt.

It’s only rock ’n‘ roll but I like it: The Hooten Hallers aus Columbia/Missouri rockten ein letztes Mal die Bühnenbretter der ROF-Stage, bevor es an die große, beschließende Krönungsmesse des Festivals ging, in dem Fall Gottlob vor weitaus mehr Publikum als im Sommer 2015 in der Münchner Kranhalle, wo sich seinerzeit zum exzellenten Dreierpack der Hallers zusammen mit den beiden One-Man-Band-Koryphäen Joe Buck Yourself und Viva Le Vox gerade mal beschämende 20 Hanseln hinverirrten. Mit dem Liedgut des aktuellen, vor einigen Monaten veröffentlichten, selbstbetitelten Tonträgers im Gepäck spielten Kellie Everett am Bass-Saxofon, Stand-Schlagzeuger Andy Rehm und Gitarrist John Randall einmal mehr groß auf in Sachen schmissiger Fifties-Rock’n’Roll, der die Pforten zur gepflegten Tanzveranstaltung im Gemeindesaal links liegen lässt und sich statt dessen in der Trash-Blues-Garage ein Bier aufmacht und sodann genüsslichst austobt. „One of the best live Rock & Roll bands around today“ lässt die Band-Homepage über die konzertanten Qualitäten des Trios verlauten, kann man getrost ohne Abstriche so unterschreiben – was die Band am vergangenen Sonntagabend zu bester Sendezeit an gepflegtem Entertainment und schmissigen Songs in grundsympathischer Manier zum Besten gab, war einmal mehr aller Ehren wert. Müssig zu erwähnen, dass die von John Randall mit allem herauspressbaren Herzblut im rohen Grollen vorgetragenen, beseelten Rocker und ein paar Balladen-Heartbreak-Schmachtfetzen vor allem durch das geerdete Getröte von Kellie Everett ihren individuellen, satten Soul-Groove verpasst bekamen. Heavy groovy Footstomp auf und noch weit mehr vor der Bühne, to kill the last Grashalm standing…

We welcome you home: Niemand hätte das große ROF-Finale schöner bespielen können als der großartige Konrad Wert aka Possessed By Paul James, einer der schlichtweg aufrichtigsten, intensivsten und begnadetsten Musiker, Geschichtenerzähler und Alleinunterhalter in der weiten Welt der akustischen Folk-Musik. Denjenigen, die mit dem Schaffen des amerikanischen Muddy-Roots-Veterans und Social Workers seit Jahren vertraut sind, muss man das nicht weiter erläutern. Und jene, die bisher mit dem grandiosen Underground-Folk des Barden nicht in Berührung kamen, dürften bereits beim Soundcheck geahnt haben, was da auf sie zukommen mochte, schon beim Instrumente-Stimmen und Tonanlage-Ausloten legte Konrad Wert Energie und Entertainer-Qualitäten sondergleichen an den Tag, die viele Musikanten-Kollegen in ihren regulären Sets nicht auch nur annähernd zu erreichen vermögen.
Nochmalige Steigerung sodann in allen Belangen beim Vortrag seiner Minimal-Folk-artigen Instrumental-Fiddle-Drones, ein wildes wie wunderschön fließendes Uptempo-Geigen, das sein Pedant fand im berauschten Banjo-Spiel des Musikers, im entrückten A-Cappella-Gospel wie in seinen eindringlichst vorgetragenen Folk-Songs über religiöse Erfahrungen und irdische Beziehungen.
Ein Konzert von Possessed By Paul James ist religiöses Erweckungs-Erlebnis wie praktische Lebenshilfe, spirituelle Erfahrung und Handbuch für die Achterbahn des Lebens, der vor schierer Energie berstende Vortrag des charismatischen One-Man-Band-Intensiv-Musikers bringt emotionale, inwendige Resonanzräume zum Schwingen, löst los von dieser Welt und lässt in seinen ergreifendsten Momenten über dem Boden schweben, dargereicht in einer Form, die selbst dem am Weitesten vom Glauben Abgefallenen das Urvertrauen in die amerikanische Folk-Musik zurückgibt.
In der Welt des Konrad Wert ist alles ungeschminkt aus dem Leben gegriffen, harmonische Melodien, ruppigste Verwerfungen, Schmutz, Leid, Streit, Freude, das Geschrei Deiner Feinde, Versöhnung, Tod und Wiederauferstehung.
Die wahrhaftige Underground-Volksmusik des Suchenden und Getriebenen aus Florida kann Einstellungen und Ansichten verändern, neue Denkanstöße geben, vielleicht sogar nachhaltig und dauerhaft. Mindestens für ein paar Tage nach einem PBPJ-Live-Orkan betrachtet man die Mitmenschen wohlwollender und rückt die wirklich relevanten Dinge des Lebens fernab von irdischem Flitter und Tand in den Fokus der Reflexion. Was kann man von einem Konzert, das in dem Fall weit über die Grenzen des herkömmlichen Musik-Entertainments hinausgeht, mehr erwarten? Resolve all my demons…
Einmal mehr in diesem Zusammenhang schwerst ans Herz gelegt sei im Nachgang der exzellente, semi-dokumentarische Film „The Folk Singer – A Tale Of Men, Music & America“ von Independent-Filmemacher M.A. Littler – der im Übrigen höchstselbst die drei Festival-Tage vor Ort war, great to meet you, El Commandante!

Wenn’s am Schönsten ist, soll man aufhören, die Nummer hat beim Raut-Oak Fest 2018 funktioniert wie selten sonst wo. Auch wenn sich eine nicht zu unterdrückende Wehmut über das Ende eines lange herbeigesehnten großartigen Musik-Wochenendes und über das Abschiednehmen für eine ganze Weile von vielen Freunden und Bekannten einstellte, es konnte nach einem derartigen Auftritt nichts mehr kommen, was da noch einen draufzusetzen vermochte.

Immerwährender und herzlicher Dank an Veranstalter Christian Steidl und seine vielen helfenden Hände beim Aufbau, Catering, Organisieren, Stemmen gegen die Widrigkeiten der Witterung, very special thanks an Jay Linhardt für einmal mehr fantastischen Sound, an Mark „Eisi“ Icedigger für charmanteste Anmoderationen, und schlichtweg an alle, die da waren, anregend kommuniziert, wunderbarst musiziert und aufmerksam zugehört haben.

Diejenigen, die nicht dabei waren, dürfen sich jetzt dranmachen, ihre dritten Zähne aus Ober- und Unterkiefer zu fieseln und sich sodann damit selbst in den Allerwertesten beißen – denjenigen Gesegneten aber, die es erleben durften, wird es noch viele Monde lang Tränen des Glücks in die Augen treiben, wenn sie in Erinnerungen an dieses feine, familiäre, mit Sachverstand und Brennen für die Musik zusammengestellte Festival schwelgen, und sie werden in vielen in der Zukunft liegenden Jahren noch ihren Enkelkindern davon erzählen.

Raut Oak 2019: Die 2018er-Ausgabe wird kaum mehr zu toppen sein (andererseits: das stand bereits hier vor einem Jahr zum 2017er-Aufgalopp zu lesen, insofern: dem sehen wir völlig entspannt und zuversichtlich entgegen), aber selbst wenn es im nächsten Jahr auch nur annähernd so gut wird wie heuer, wird es immer noch absolut grandios sein. Versprochen. Auch wenn es (wieder) geschliffene Handbeile schiffen sollte. Insofern Vorfreude pur auf 2019 – so Gott & Christian Steidl & der Grundstückseigner vom Open-Air-Gelände wollen: we’ll meet again!

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Raut-Oak Fest 2018 @ Riegsee, 2018-06-09

Tag 2 Raut-Oak Fest 2018: Nach erneutem Transit München/Riegsee via Garmischer Highway am frühen Samstag-Nachmittag wieder ins Festival-Geschehen eingestiegen. Die beiden ortsansässigen Combos Abyssy und Optimal Standard mussten wegen anderweitiger Verpflichtungen ungehört/unbesehen bleiben, mit der dritten bundesrepublikanischen Beteiligung im Tagesprogramm hätte es sich auch gerne so verhalten dürfen, dazu später mehr.

Zunächst jedoch zu weitaus einnehmenderen Operetten: Mit dem Duo Freight Train Rabbit Killer aus Kansas City standen zwei wundersame wie einzigartig verkleidete Blues-Männer auf der Raut-Oak-Bühne. Kris „Freight Train“ Bruders und Mark „Rabbit Killer“ Smeltzer bezeichnen ihre Kunst selbst als Doom Blues und Apocalyptic Roots Music, eine Trash-Blues-Spielart des Southern Gothic, finstere Geschichten von der anderen Seite des Lebens erzählend, dunkle Moritaten im religiösen, mystischen, alttestamentarischen Kontext, die Bilder vom Teufel, von Selbstjustiz, von zweifelhaften Kaschemmen in the middle of nowhere und Dunst-verhangenen Sumpflandschaften heraufbeschwören. Der Schamane vom Hügel und der gesetzlose Rächer sind die „band that will play the party after the world ends“, und wenn’s dann dort inklusive seltsamer, bizarrer Hasen- und Outlaw-Maskierungen und hart angeschlagener Gitarrensaiten genau so schwarzhumorig zugeht wie am vergangenen Samstag, soll uns vor dem Jüngsten Tag nicht mehr bange sein. Gebt mir ein „Amen“ und ein „Satan, the kingdom is calling you home“.

Der Güterzug und der Karnickel-Killer haben mit ihrem vehementen Krach-Blues-Exorzismus das Feld für die Molly Gene One Whoaman Band bestellt und die gute Molly vor ihrem eigenen Vortrag bereits partiell in ihr finsteres Schwadronieren eingebunden, so war der Übergang vom Low-Budget-Kostümball zum intensiven One-Woman-Band-Trashen ein fließender. Die junge Frau aus Warrensburg/Missouri trieb mit Fußtrommel, Halbakustischer und National Resonator Gitarre den Delta-Blues in die vollgemüllte Garage und zerpflückte ihn dort auf das Brachialste, was für sich besehen bereits ein respektables Unterfangen war, immer dann jedoch, wenn die amerikanische Midwestern-Schönheit ihr nach Schmutz, harten Drinks und vielen weggeschmauchten Kippen klingendes Intensiv-Blues-Sangesorgan zum Einsatz brachte, musste man notgedrungen zweimal hinsehen und verwundert die Augen reiben ob der Tatsache, dass ein derart lärmendes, raues Fauchen und Herausschreien aus einer dergestalt zierlichen Person grollen mag, hört, hört.
Nicht für möglich gehaltene Intensitäts-Steigerung sodann nach sehr gelungenem Solo-Vortrag durch Hinzugesellen von Jay Linhardt an den Drums, der wie Molly Gene in Warrensburg ansässige Raut-Oak-Soundmixer trieb mit einem kompromisslosen Trommelanschlag den Trash-Blues in Richtung Heavy-Rock, die Duo-Benamung Doomblues haben sich die beiden Musizierenden damit redlich verdient.

Das Duo Hopeless Jack aus der Dead-Moon-Heimat Portland/Oregon ließ in Sachen flotte Bühnenshow, schöne Tätowierungen und tanzbares Blues-Trash/Roots/Rock’n’Roll-Gebräu nichts anbrennen, Jack Beisel – Wiener Gastronomen dürften allein bei diesem Familien-Namen in Verzückung geraten – an Rasiermesser-scharfer Slide-Gitarre und sein Kompagnon Spencer York an den Drums ergingen sich in beschwörenden Blues-Howlern über die Unebenheiten des Lebens in der Tradition vom frühen Cash, alten Mississippi-Größen und den krachenden Crypt-Records-Bands. Guter, unverstellter, spielfreudiger Live-Spaß vor und auf der Bühne, der das Volk zum Abhotten und die Musiker zum Fliegen brachte.

Am späten Nachmittag ein absolutes Festival-Highlight: Im Vorjahr gestaltete Sänger/Gitarrist Ben Todd den Auftritt von Lonesome Shack solistisch als Verneigung vor den großen Altvorderen des Country- und Delta-Blues mit einem zeitlosen, entspannten wie exzellenten Akustik-Vortrag, in diesem Jahr nun Lonesome Shack in full flight als Trio mit den kongenialen Musikern Luke Bergman am unvergleichlich groovenden Bass, Kristian Garrard an virtuos treibenden Drums und selbstredend nicht zuletzt einem im Saiten-Anschlag glänzend aufgelegten Ben Todd, der neben seinem stets latent klagenden Vokal-Vortrag seine elektrische Gitarre im herrlichen Fluss zum Singen brachte. Wo die Hopeless-Jack-Kameraden im vorangegangenen Auftritt noch maximalst aufs Blech hauten hinsichtlich extrovertierter Show und ruppigem Saitenanschlag, boten die drei Sympathieträger von Lonesome Shack das Kontrastprogramm: freundliche, entspannte Ansagen und ein auf das eigene Musizieren konzentriertes Tun, mit dem die Band die perfekte Balance zwischen roher Delta-/Garagen-Blues-Kraft, „Haunted Boogie“ und einem gefangen nehmendem Flow zauberte, der nicht selten an den Trance-Blues und die Wüsten-artige Mystik der Tuareg-Bands aus der Sahara-Wüstenregion erinnerte – womit sich letztendlich der Kreis zwischen nord/westafrikanischem Ursprung und Weiterentwicklung des Blues auf der anderen Seite des Atlantiks schloss. Lonesome Shack: immer ein musikalischer Hochgenuss, ob solo, im vollen Band-Ornat oder auf exzellenten Tonträgern wie „The Switcher“, „More Primitive“ und dem grandiosen Live-Dokument „City Man“.

Mit Andrew McGibbon Jr und Chris McMullan aus der nordirischen Provinz Ulster und ihrem Power-Duo The Bonnevilles sodann altbekannte und gern gesehene Raut-Oak-Gäste – einmal mehr ein Energie-geladener Auftritt der beiden Gentlemen, der befeuert von einem stoisch immer weiter treibenden, nie aufgebenden Rhythmus, ultrascharfen Gitarren-Riffs und einem leidenschaftlichen, überschwänglichen Vortrag mit einem pikant kredenzten Hardblues/Pubrock/UK-Punk-Gebräu vornehmlich unter Verwendung der Zutaten des aktuellen Albums „Dirty Photographs“ die Hörerschaft in Öl-verschmierte Garagen, Zigaretten-gegerbte Pubs und raue Arbeiterviertel-Hinterhöfe versetzte, dorthin, wo das Leben hart, ungeschminkt und mit der direkten Wucht konfrontiert – wer könnte einen besseren Soundtrack dazu spielen als die Bonnevilles? Hart abrockende, Bewegungsdrang-fördernde Mitzuck-Abtanz-Shake-Your-Moneymaker-Garantie inklusive. Musik muss nicht kompliziert sein, es geht auch direkt in the face, nice and easy in der konzertanten Rundum-Bedienung.

Und dann war’s mal wieder höchste Zeit für etwas Regen. Wo das Line-Up für 2018 beim Raut Oak extra dick aufgetragen wurde, mochte sich der Wettergott auch nicht lumpen lassen und gab zum Vortages-Wüten eine abnässende Zugabe, die den offiziellen Festival-Betrieb erneut für ein paar weitere Stunden in die Warteschleife schickte, oder, für einen spontan zusammengekommenen kleinen Zirkel, in eine nahe gelegene Scheune, wo Almost-Boheme-Best-Buddy k.ill die harten Drinks seiner 24/7-Open-Tiki-Bar aus dem Limousinen-Kofferraum direktemang unters Volk brachte, doch damit nicht genug, durch eine glückliche Fügung des Schicksals waren auch die Freunde der Donkeyhonk Company nicht weit, und so improvisierten Wig Drumbeat, Lametto und Don Pedro mit sporadischer Unterstützung des unbekannten Blues-Harp-Spielers aus dem Hintergrund kurzerhand einen Jam-Gig in the wooden barn mit einer Handvoll eigener Perlen aus dem Honkrock/Bluegrass/Muddy-Roots-Fundus und einer Auswahl an Traditionals aus der reichhaltigen und wundersamen Welt des amerikanischen und irischen Folk. „Nichts Schlechtes, das auch was Gutes hat“ heißt es immer, und so hat uns der Regenguss unverhofft ein paar intensive und schöne Live-Momente beschert, wie so manchem wohl auch einen dicken Schädel mit dem einen berühmten Schnaps zuviel…

Nach dem obligatorischen Festival-Regen dann das Konzert, das selbigem gerne komplett und ersatzlos zum Opfer hätte fallen dürfen. Auch auf die Gefahr hin, mit der Meinung bei Weitem nicht Mehrheits-fähig zu sein: Die Berliner Combo Odd Couple und das Kulturforum werden in diesem Leben wohl keine dicken Freunde mehr. Was sich vor Wochen bei mehrfachem Tonträger-Abhören andeutete und zu obstinater Haltung hinsichtlich Rezension führte, bestätigte sich im konzertanten Vortrag des zum Live-Trio gewachsenen Duos aus der Bundeshauptstadt. Dabei war der Start in den vom anhaltenden Nieselregen begleiteten Gig ein vielversprechender, mit einer energetischen Uptempo-Nummer deutete die Band an, dass sie durchaus zu Brauchbarem befähigt ist – nur um im weiteren Verlauf in einem zwar intensiven, letztendlich aber doch austauschbaren Prog-/Kraut-/Psychedelic-Brei und in stumpfem Stoner-Gepolter zu versinken. Alles schon tausendmal gehört und bei einem Deep-Blues-Festival auch irgendwo mindestens latent deplatziert, der Funke mochte einfach ums Verrecken nicht zünden. Und mit dem finalen Hinschlachten eines alten Kinks-Klassikers war der Ofen dann endgültig aus. Auf der anderen Seite: ein Streich-Ergebnis neben acht absoluten Live-Perlen, who fuckin‘ cares?

Um die mitternächtliche Stunde dann die vollumfängliche Fort- und Ausführung des abgebrochenen Konzerts vom Vorjahr: Nachdem beim 2017er-Raut-Oak der Arm des Gesetzes allzu geflissentlich Fürsorge für Gehörgänge der Nachbarschaft, die Milchqualität der im Umland weidenden Rinder und vor allem einen verheerenden Musikgeschmack an den Tag (oder vielmehr in die späte Nacht) legte und den Headliner-Auftritt von Left Lane Cruiser vor der Zeit zum Erliegen brachte, durften der unglaubliche Fredrick „Joe“ Evans IV und sein Drummer-Spezi Pete Dio in der ROF-Neuauflage in einem wilden Ritt endlich über die volle Neunzig-Minuten-Distanz gehen. Den gedehnten zeitlichen Rahmen optimalst füllend, gab das Duo aus Fort Wayne/Indiana nicht weniger als alles in Sachen rauer, wuchtigst abrockender Trailer-Park-Hard-/Slide-Blues mit einer Prise Southern Rock, hingeknurrten „Dankeshooones!“ für hochverdienten Applaus, von vielen „fuckings“ begleiteten Kurzdialogen, und neben genügend „High Voltage North Mississippi Hill Country Sound“-Eigenmaterial in Hochdruck-Frequenz mit den Geschichten über das prekäre Leben der Abgehängten der US-amerikanischen Gesellschaft auch eine exzellente Auswahl an Fremdkompositionen aus der Feder von alten Säulen-Heiligen wie R.L. Burnside oder John Lee Hooker, dem obligatorischen wie unverwüstlichen „Black Betty“-Brüller, und mit „T.V. Eye“ einen hier nicht erwarteten alten Stooges-Kracher im Trash-Blues-Outfit, Nachgespieltes wie Eigenes wohlfeil herausgerotzt und mit leidenschaftlichem Ungestüm vor die Bühne gespuckt.
Left Lane Cruiser: wie zu vergangenen Gelegenheiten live stets eine Bank, zum 2018er-ROF-Gig ohne jegliche Abstriche einmal mehr. Immer wieder gern genommen, das Ohren- und Hirnwindungen-Durchblasen der beiden Blues-Granaten. Gäbe es diese Band nicht bereits seit fast 15 Jahren, man müsste sie für das Raut Oak im Kontext des rohen Underground-Blues erfinden…

Lebenslange Daueranstellung beim Raut Oak für den großartigen James Leg, so soll es sein. Das Festival ist ohne den son of a preacherman John Wesley Myers nicht mehr denkbar. Der Tastengott aus Tennessee war sich zu weit fortgeschrittener Stunde des Umstands bewusst, wo seine getreuen Fans unterwegs sind und bespielte seine Fender-Rhodes-Orgel nebst Support durch den neuen Drummer Darren Moore (of The Approved/ Magick Godmothers-fame) intensivst im schwer dröhnenden, psychedelischen Blues- und Boogie-Anschlag, brachte die Tastatur des Instrumentariums wie die Wangen der animierten Gefolgschaft zum Glühen und röhrte alte Black-Diamond-Heavies-Hauer und Solo-Hits wie „Casa De Fuego“ oder „October 3rd“ in rauer Stimmlage irgendwo zwischen Tom Waits und Lemmy Kilmister durch die finstere Nacht, man ist geneigt zu behaupten, wie gehabt, aber damit würde man diesem Soundorkan-artigen Auftritt nicht gerecht werden, selten war Leg inspirierter, intensiver, kompromissloser im Vortrag und versierter in der Songauswahl als beim jüngsten ROF-Auftritt. Wenn jemand überragend gute Auftritte des Keyboard-Berserkers aus der Vergangenheit toppen kann, dann ist es nur er selbst, man mochte es im Vorfeld nicht glauben, gleichwohl wurde man Zeuge dieses Wunders, irgendwo weit nach Mitternacht und kurz vor Anbruch des neuen Tags.
Und als die einleitenden Töne zu „A Forest“ erklangen, spätestens dann schwebte das gesamte Festival-Gelände in anderen Sphären, im Original eine leidlich brauchbare Nummer der gerne latent überschätzten, seit Jahrzehnten vor sich hin gruftenden Gothic-Kapelle The Cure, in der Version von James Leg bis dato einer der fünf besten Cover-Versionen in der weiten Welt der populären Musik-Historie und damit der Einspielung der Dudler um den dicken Robert um Lichtjahre enteilt. Im vehement geforderten und großzügig gewährten Zugaben-Teil bot der Ausnahme-Musiker unter andrem ein weiteres Fremdwerk mit der Young/Young/Scott-Weisheit über den weiten Weg an die Spitze, wenn man im Rock’n’Roll-Business zugange ist, aber Hand auf’s Herz, wer braucht die Seelen- und Charakter-kompromittierenden Charts-Spitzenplätze, solange es weitaus ehrlichere Alternativen wie das Raut-Oak Fest gibt?
When the great Reverend James Leg starts to play church organ in the holy house of the blues, we get on our knees and pray. In dem Fall Nacht- oder fast schon wieder Morgen-Gebet, denn mit dem letzten Krachen des Keyboards war die Messe für den zweiten Tag des Raut-Oak-Hochamts gelesen und der erholsame Schlaf nach einem langen wie grandiosen Festival-Tag dringend angezeigt. Hallelujah!

Raut-Oak Fest 2018-06-10 / Tag 3 – coming soon…

Soundtrack des Tages (203): Donkeyhonk Company

Southlands-Honkrock-Swamp-Blues from Upper Bavaria: Die Donkeyhonk Company mit brandneuem Song/Video „Wade In The Water“, der Interpretation eines bekannten Spirituals, das 1901 erstmals in „New Jubilee Songs as Sung by the Fisk Jubilee Singers“ publiziert und seitdem von vielen bekannten Interpreten wie Nobelpreis-Bob, Odetta, den Staple Singers oder der Tedeschi Trucks Band angestimmt wurde. Bei all den Folk- und Soul-Berühmtheiten reiht sich die Donkeyhonk Company mit ihrer Version nahtlos ein, der angeraute Blues von Lametto, Sir Pedl und Wig Drumbeat muss sich nicht vor den Ergüssen der großen Namen verstecken.
Demnächst auch Live und in Farbe zu genießen, unter anderem in der kommenden Woche am Donnerstag, 17. Mai, im relaxten Ambiente des KAP37, München, Kapuzinerstraße 37, 20.00 Uhr. Und am 10. Juni beim Raut Oak Fest am schönen Riegsee, nebst vielen anderen Intensivst-Raw-Underground-Bluesern.

Donkeyhonk Company – „Wade in The Water“ → youtube-Link

Left Lane Cruiser + Donkeyhonk Company @ Garage Deluxe, München, 2017-10-27

Die Erinnerungen an das vergangene Raut Oak Fest am schönen Riegsee wehen noch angenehmst nach, die 2018er-Neuauflage wirft bereits ihre Schatten voraus, damit sich das Warten auf den kommenden Sommer angenehmer gestaltet, lud Festival-Betreiber und AWay-Konzert-Booker Christian Steidl für vergangenen Freitag-Abend ein Hochkaräter-Doppelpack in die Garage Deluxe auf dem demnächst weggentrifizierten Optimol-Gelände hinter dem Münchner Ostbahnhof, das Deep-Blues-Volk pilgerte zahlreich wie dankbar und sorgte für eine volle Lokalität beim Vorgeschmack auf das nächstjährige Raw-Underground-Open-Air vor grandioser oberbayerischer Berglandschaft.

Den stimmigen Abend eröffnete das Trio Donkeyhonk Company mit ihrem Hallertau-Blues, der einen weiten Bogen spannte von den Schwarzbrenner-Hütten der US-Südstaaten-Swamplands bis zum lamentierenden Sinnieren vor dem dritten oder achten Bier im bayerischen Wirtshaus, der Uptempo-Bluegrass und Muddy-Roots-Hardcore-Countryfolk der Band aus den Badlands zwischen Ingolstadt und München funktioniert in der Muttersprache wie im Englischen gleichermaßen prächtig, die bayerischen Song-Texte im balladenhaften Moritaten-Blues sind Gottlob weit von Söllner’scher Brachial-Kraftausdruck-Lautmalerei wie von absurd-befremdlichem Kofel-Gschroa entfernt, vielmehr im Nachdenken, kritischen Hinterfragen und im Nachspüren düsterer Gedanken verhaftet, was die „Honkrock“-Nummern weit aus dem Sumpf der neu-bayerischen (Volks-)Musiziererei herausragen lässt, in der sich immer mehr die Blindheit vor dem Umstand breitmacht, dass Deppen-Texte aus der bayerischen Indie-Ecke trotzdem nur Deppen-Texte bleiben, aber das ist dankenswerter Weise eine Thematik, um die sich die Company keine Gedanken machen muss.
Den internationalen Vergleich muss die Formation auch nicht scheuen, nur wenigen ist es gegeben, das Material des großen Tom Waits zu adaptieren, ohne dabei peinliche Berührtheit auszulösen, der Donkeyhonk Company gelang dieses Kunststück an dem Abend mehrfach, Frontmann Lametto brachte sein rauhes, voluminöses Blues-Organ wie seine beseelt-gespenstischen Akkorde auf Banjo und Wandergitarre optimal zur Geltung in einer Speed-Flamenco-Version von „Jockey Full Of Bourbon“ sowie weitaus originalgetreueren Interpretationen von „Way Down In The Hole“ und dem „Blood Money“-Stück „Starving In The Belly Of A Whale“, eine intensive Neuauflage der Leadbelly-Nummer „Where Did You Sleep Last Night“ rundete den Fremdkompositionen-Block ab.
Den rhythmischen Rahmen für die Polter-Blues-Klassiker wie das eigene Werk steckten gekonnt mit variabel-inspiriertem Getrommel Wig Drumbeat und Basser Don Pedro mit knarzendem Kontrabass-Schnalzen inklusive vehementer Bühnenshow in Richtung wilder Rockabilly-Hund, ein tragfähiges wie solides Fundament für die knurrenden, kompromisslosen Blues-Howler aus der Kehle des Grimassen-schneidenden Entertainers Lametto.
Das begeisterte Publikum wäre zur dankbaren Entgegennahme von mehr rohem Donkeyhonk-Blues bereit gewesen, Gelegenheit hierzu wird sich spätestens beim Raut Oak 2018 finden, das Trio ist bereits fest für das Lineup von 8. bis 10. Juni gebucht.
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Wie zu erwarten schraubten Gitarrist/Knurrhahn Fredrick „Joe“ Evans IV und Drummer Pete Dio nach der kurzen Umbaupause das Level hinsichtlich Trash und Intensität um etliche Stufen hoch, Left Lane Cruiser aus Fort Wayne/Indiana gelten bei der sachkundigen Hörerschaft als Bank schlechthin in Sachen Trailerpark-Blues, Rasiermesser-scharfe Slide-Gitarren-Glissandi und -Vibrato, stoischem Nach-vorne-Treiben der Rhythmik und wütendem Herauspressen der Verzweiflung über prekäre Lebensumstände und dem Verlangen nach dem nächsten Glas Hochprozentigem, diesem Ruf wurde das Duo vom Start weg gerecht. Der Heavy-Blues-Rock nahm im ersten Teil der ergiebigen Garagen-Messe derart Fahrt auf beim mentalen Seelen-reinigen und dem Zelebrieren des Schmutzigen, Geerdeten, Lauten wie unnachgiebig Zupackenden, womit dem Experimentieren mit einer kurzen Rap-Einlage und der Darbietung einiger geradliniger, für Band-Verhältnisse nahezu stumpfer Hardrock-Nummern kurzfristig die Luft auszugehen drohte, dem rabaukenden Tanzvolk war’s einerlei, sollte eine vom Start weg in allen Belangen auf Anschlag aufdrehende Formation wie Left Lane Cruiser kurzzeitig ein paar Minuten den Gang herunterschalten, trägt eben das Publikum das Feuer bis zum nächsten brachial-lärmenden Flächenbrand weiter.
Wenn ein Angus Young nicht schon vor Dekaden ein Schulranzen-schwingender Stadienrock-Kasperl, die Black Keys mit den Jahren nicht solche Langweiler geworden wären und Rose Tattoo mit der ersten, sehr guten Scheibe vor gefühlt hundert Jahren nicht ihr gesamtes Pulver verschossen hätten, dann hätten Left Lane Cruiser heutzutage vielleicht noch ein paar weitere ernst zu nehmende Mitstreiter in Sachen unverstellter Heavy-Slide-Vollbedienung an ihrer Seite, so darf man dem Herrgott zu jeder Gelegenheit für diese Combo als einzigartiges Ereignis auf Knien danken, wie auch dem Veranstalter Christian Steidl für wiederholtes Organisieren solcher Festivitäten.
Ob Left Lane Cruiser bei der nächsten Riegsee-Sause vertreten sein werden, wird sich beizeiten finden, immerhin am beidseitigen Willen wie optimistischen Hoffen mangelt es dahingehend derzeit nicht.
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