#dnk17 / Teil 2: Einstieg in das prall gefüllte Tagesprogramm mit All We Expected, einer belgischen Newcomer-Band aus dem benachbarten Westflandern, eine gelungene Aufführung in Sachen Grenzgang zwischen Laut-/Leise-Postrock-Schema und beherztem Post-Metal. Beim Hardcore der Franzosen-Brüller von Time To Burn dann schnell zu der Erkenntnis gekommen, dass die Nummer am frühen Nachmittag doch noch eine zu Heftige ist. Weitaus mehr Wohlwollen empfunden beim Gig des Trios Kozmotron, die Combo aus dem Arrondissement Aalst erwies sich trotz völlig durchgeknalltem Gebaren und Kraut-Konsum des Drummers als versierte Vertreterin in Sachen Acid-, Space- und Psychedelic-Rock, die darüber hinaus den gepflegten Doom-Einschüben nicht abgeneigt war, großer Freakout-Sport mit hohem Unterhaltungswert.
Schwerpunkt Down Under: Der Nachmittag gehörte am zweiten Festivaltag bis zum Abend hinsichtlich großer Bühne der Sydney-/Australien-Fraktion, Dumbsaint eröffneten den Reigen und spielten auf dem 2017er-Dunk!Fest zum ersten Mal in Europa, die Band kombinierte Soundtrack-artigen Postrock mit Film-Präsentationen, in denen ästhetisch ansprechende, mysteriöse und mitunter abseitig-verstörende Geschichten erzählt wurden, im Multimedia-Projekt lief die Musik etwas Gefahr, zur reinen Beschallung der bewegten Bilder zu verkommen, die Kurzfilme absorbierten nahezu die komplette Aufmerksamkeit der Konzertbesucher, hinsichtlich cineastischer Ideen jedoch ein durchwegs gelungener Auftritt des Quartetts.
Die Formation Meniscus sorgte mit einer exzellenten Aufführung für eines der Top-5-Konzerte beim #dnk17, ein vollmundiges Sahnestück aus einem Guss in Sachen intelligenter, euphorisierender, wuchtiger wie filigraner Grenzgang in den Genres Postrock, Djent, Math-Rock und Post-Metal und ein schlagender Beweis für den Umstand, dass die Möglichkeiten des instrumentalen Experimental-Rock bei weitem nicht ausgereizt sind. Das aktuelle Album „Refractions“ ist im Oktober 2016 erschienen, bei Dunk!Records dieser Tage auch in der Vinyl-Ausgabe, in der Fachpresse wurde das Werk als „mature, varied and massively immersive post-rock album“ gelobt, hierzu sind weitere, vertiefende Studien dringend angeraten, demnächst vermutlich mehr zum Thema.
We Lost The Sea wurden im Vorfeld groß beworben und im Festival-begleitenden Stargazer-Magazin entsprechend mit einem ausführlichen Interview gewürdigt, das australische Sextett zelebrierte ihr aktuelles Album „Departure Songs“ in voller Länge, eine formvollendete Inszenierung und ein dramaturgisch gelungener Aufbau vom getragenen, nahezu Desert-Blues-artigen Gitarren-Ambient hin zur Gewitter-entladenden, Sound-Wand-aufbauenden, euphorisierenden Brachial-Entladung, ein gern genommenes Muster und doch immer wieder faszinierend und beglückend, wenn’s denn wie bei We Lost The Sea entsprechend perfekt umgesetzt wird. Nicht zu viel versprochen hinsichtlich vorauseilender Beweihräucherung, die Damen und Herren Festival-Veranstalter, alles gut.
Die Belgierin Karen Willems war bereits im Vorjahr beim #dnk16 mit ihrem Experimental-Postpunk-Trio In Wolves vertreten, in diesem Jahr teilte sich die Drummerin mit ihrem Freejazz-artigen Improvisations-Trommeln und eingestreuten Klangbeigaben die Stargazer-Bühne mit dem derzeit in Berlin ansässigen Experimental-Musiker Aidan Baker, die abstrakten, entschleunigten Gitarren-Drones des gebürtigen Kanadiers im weiten Feld der Ambient-, Trance- und Neuklassik-Töne harmonierten wunderbar im Duo-Vortrag.
Ein Festival-Highlight bot die Stargazer-Bühne am späten Nachmittag mit The Chapel Of Exquises Ardents Pears, einer Kollabortaion der französischen Postrock-Band Anathème mit den Neoklassik-/Crossover-Kollegen von Stems aus dem britischen Huddersfield (Gratulation zum Aufstieg, speziell auch an Chris Schindler, by the way…) – soll noch jemand behaupten, Franzosen und Briten könnten nicht miteinander, das Musiker-Kollektiv lieferte den schlagenden Gegenbeweis mit einer überwältigenden Performance aus dem um klassische Elemente erweiterten Instrumental-Postrock-Bereich, wer bei den kanadischen Göttern von Silver Mt. Zion und Godspeed You! Black Emperor beglückt in den Klangrausch einzutauchen versteht, durfte auch vermittelt durch die tonalen Gezeiten von The Chapel Of Exquises Ardents Pears zwischen feinen, neoklassisch geschulten Streicher-Drones und stürmischer Gitarren-Ekstase die ein oder andere Freudenträne der Glückseligkeit zerdrückt haben. Eine exzellente erste EP „TorqueMadra“ wurde im Übrigen dieser Tage brandaktuell veröffentlicht, mit 20 Minuten Laufzeit bedauerlicherweise viel zu kurz geraten…
Die Waldbühne wartete in den Abendstunden mit zwei Formationen der heftigeren Gangart auf, das belgische Trio Ilydaen war im mittleren bis oberen Tempo-Bereich irgendwo zwischen Noise, Post-Rock, -Metal und Hardcore unterwegs, nicht minder intensiv gerierten sich die drei Katalanen von Malämmar, die ihre Spielart des Postmetal selbst als „instrumental doom/metal by 3 assholes“ betiteln, über die charakterlichen Defizite der Herrschaften aus Barcelona lässt sich kaum Fundiertes berichten, als stramme Musikanten hinsichtlich brachialer Vollbedienung kann man die Truppe indes kaum genug loben.
Die heimlichen Headliner des zweiten Festival-Tages betraten gegen 21.00 Uhr zur besten Konzertzeit die Bühne, die vier Mannen von And So I Watch You From Afar sind seit geraumer Zeit aus der Postrock-Szene nicht mehr wegzudenken, fast auf den Tag genau vor 2 Jahren haben sie uns zuletzt im Münchner Ampere mit einem überwältigenden Sound-Orkan die Gehörgänge durchflutet, beim diesjährigen Dunk!Fest-Auftritt verfielen die Nordiren eingangs in den Modus ihrer schwer zu konsumierenden Tonträger, zuviel an verschachtelter Rhythmik, zuviel an Breaks und für den Hörer kaum zu verarbeitende Prog-Rock-Beigaben versuchte die Band in ihrem konzertanten Vortrag unterzubringen, nach einer guten halben Stunde besannen sich „The Bearded Dragon“ und Co. Gottlob dann doch auf ihre ausgeprägten und über jeden Zweifel erhabenen Live-Tugenden und lenkten das Schiff in den sicheren Hafen mittels schwer euphorisierendem Gitarren-Flow und instrumentalen Klang-Epen, eine mitreißende Aufführung, die den erneuten Besuch im Ampere im kommenden Herbst am 6. November schwer angezeigt sein lässt.
Zum Finale am Freitag schleppte Dylan Carlson zu vorgerückter Stunde seinen Schmerbauch und seine Formation Earth auf die Haupt-Bühne, der Drone-Metal-Pionier zelebrierte seine instrumentalen Songstrukturen in gewohnt repetitiver, minimalistischer Monotonie, das sich permanent wiederholende, gedehnte Gitarrenriff und die kaum variierende Rhythmik im Schlagzeug-Anschlag von Adrienne Davies ließen wenig differierende Charakteristika in den einzelnen Stücken erkennen, die übertriebene Theatralik der Drummerin beim Verrichten ihrer Arbeit hat’s dahingehend dann auch nicht mehr herausgerissen, eine Nummer, die sich im konzertanten Vortrag schnell tot lief. Wo der von den Melvins und La Monte Young gleichermaßen beeinflusste Slow-Motion-Gitarrenwucht-Drone im stillen Kämmerlein zur kontemplativen Beschallung wunderbar funktioniert, bietet die langsame Getragenheit der düsteren Kompositionen für den Konzertgänger leider erstaunlich wenig Spannung.
Vor dem Zelt, mit der Absacker-Bierbüchse am Start, hat sich die Beschallung als Hintergrund-Soundtrack zum Ausklang des Tages unter klarem Sternenhimmel dann wieder passend ins Gesamtbild gefügt… (Fortsetzung folgt).