„Velvet Underground war vor allem Lou Reed. Und Lou Reeds Schwulsein. Hier schlägt Nico sich durch. Mit einem Männernamen – aber Christa ist auch längst nicht so poetisch.“
(Pieke Biermann & Guy St. Louis, Außenseiter)
Heute Singles-Veröffentlichung, in zwei Wochen konzertante Würdigungen zum Gedenken an Christa Päffgen, der Pop-Welt besser bekannt als Nico.
Erstes deutsches Supermodel (irgendwie bis heute das einzige), Velvet-Underground-Chanteuse, Warhol-Superstar, Muse für John Cale, Lou Reed, Jim Morrison, Tim Buckley, Bob Dylan, Jackson Browne und viele andere Musiker-Größen, Affäre mit Alain Delon, legendäres Konzert zusammen mit Tangerine Dream 1974 in der Kathedrale von Reims, verstörende Junkie-Auftritte, Sujet diverser Doku-Filme, mit ihren eigenen Alben Vorreiterin des Kammerfolk, Postpunk, Avantgarde-Undergrounds, Art- und Gothic-Rock, in Köln geboren, in Berlin zu Grabe getragen.
Heuer wäre Nico achtzig Lenze alt geworden, und ihr Todestag jährte sich im Sommer zum dreißigsten Mal, ein mehr als würdiger Anlass für ein Tribute via Tonträger und Live-Veranstaltung.
Das Münchner Exzellenzen-Label Gutfeeling Records veröffentlicht am heutigen Freitag die Split-7″ „Remembering Nico“, auf Seite A gibt der hochgeschätzte Autor, DJ und Journalist Franz Dobler mit „Verhängnisvolle Frau“ eine Geschichte zum Besten, wie sie sich wohl in Nicos letzten Jahren auf vielen, jedenfalls so ähnlich auch bei ihrem Münchner Konzert im Dezember 1986 abgespielt hat, musikalisch begleitet wird Dobler von der hiesigen Formation DAS Hobos, die seinen Spoken-Word-Vortrag mit gespenstischem, artifiziellem Desert-Blues unterlegt. Seite B präsentiert Leonie Singt, den omnipräsenten G.Rag und das Zelig-Implosion-Deluxxe-Outfit mit ihrer Interpretation des Velvet Underground-Klassikers „Femme Fatale“, im Original mit Nico an den Lead Vocals auf dem berühmten Bananen-Debüt-Album der New Yorker Kult-Combo enthalten, hier als wunderschöner, lakonischer Girlie-Indie-Pop von Leonie Felle besungen und im LoFi-Gewand inklusive putzigem Keyboard-/Wurlitzer-Fiepen als Jubiläums-Gabe überreicht.
Release-Konzerte zu Ehren Nicos sodann in der ersten Dezember-Woche in München und Augsburg, mit Auftritten der erwähnten MusikerInnen und the great Franz Dobler. Ob’s zu den Gelegenheiten dann auch „Das Lied der Deutschen“ in allen drei Strophen zum Vortrag schafft, schau ma moi, könnte brisant und alles andere als vorbildlich werden, so, wie die gewürdigte Grande Dame des Underground mit der prägnanten Stimme eben auch war…
„Ungefähr vor einem Jahr habe ich ‚The Marble Index‘ mal einer Frau vorgespielt, in die ich da gerade verliebt war. Sie hatte noch nie was über Nico gehört, und von John Cale auch nichts und Velvet Underground kannte sie nur im Zusammenhang mit diesem zwar ganz lustigen, aber eigentlich doch blödsinnigen Mediengeplänkel, das ich eine Weile mit Lou Reed inszenierte. Sie hörte sich das Ganze in einem trance-ähnlichen Zustand an, der beinah an Schock grenzte, und sagte dann über Cale: „Er hat da für eine Frau in der Hölle eine Kathedrale gebaut, nicht wahr?“
(Lester Bangs, Dein Schatten hat Angst vor dir – Ein Versuch, vor Nico keinen Horror zu kriegen)