Hardanger Fiddle

Reingehört (550): Erlend Apneseth Trio with Frode Haltli

Erlend Apneseth Trio with Frode Haltli – Salika, Molika (2019, Hubro)

Streng genommen kann man die Produkte der norwegischen Plattenfirma Hubro alle unbesehen einkaufen, ähnlich große Qualitätsdichte und einen anhaltend hohen Spannungsfaktor in den Publikationen findet man tatsächlich nur bei wenigen Marktteilnehmern des Tonträger-veröffentlichenden Gewerbes. Das skandinavische Label mit der namensgebenden Eule im Logo und der sicheren Hand für unkonventionelle Hörerlebnisse aus den Segmenten des Barriere-freien Experimental-Jazz, des grenzüberschreitenden Folk und der hohen Improvisations-Kunst genügt seit Jahren den anspruchsvollsten Erwartungen der interessierten Hörerschaft. Das neue Album „Salika, Molika“ des Erlend Apneseth Trio tanzt da nicht aus der Reihe und verspricht reiche Belohnung für offene Ohren.
Dem jungen Geiger Apneseth eilt in seiner norwegischen Heimat der Ruf als Meister der Hardanger Fiddle voraus, das Instrument ist der klassischen Violine nicht unähnlich, hat aber acht oder wahlweise neun statt vier Saiten zum Bespielen aufgespannt. Begleitet von seinen Trio-Mitmusikern Stephan Meidell an Gitarre, Zither und diverser Electronica-Gerätschaft und Øyvind Hegg-Lunde an den Trommeln kollaboriert Erlend Apneseth auf dem aktuellen Werk mit dem Akkordeon-Spieler Frode Haltli, einem renommierten Grenzgänger zwischen zeitgenössischer Klassik, Folk und Jazz im weitesten Sinne. Die beiden Instrumental-Virtuosen harmonieren als versierte Gestalter tonaler Kollagen in Kammermusik-ähnlichen Arrangements, die das Alte, Traditionelle der norwegischen Volksmusik einbinden und transformieren auf ihrer Suche nach neuen musikalischen Ausdrucksformen. Das Neue tönt hier als improvisierter, Trance-artiger Minimal-Folk, der ein frei treibendes, entspanntes Worldbeat-Crossover als tragfähigen konzeptionellen Unterbau verwendet und digitale Zutaten wie Samplings, überlagernde Drones, Triphop-Beats und analoge Elemente aus osteuropäischen und bretonischen Volksweisen, der zeitgenössischen Klassik und reduzierten Minimal Music einfließen lässt. Das Handgemachte dominiert den Mix aus organischem, geerdetem Sound und synthetisch angereicherter Durchdringung, zu keiner Zeit überfrachtet und völlig geschmeidig wogt das Schiff im Ozean der Klänge zwischen nüchterner Melancholie und schelmischer Experimental-Freude. In drei Nummern finden sich Vokal-Samplings lokaler norwegischer Volksmusiker, die den Songs mit diesen gesungenen oder gesprochenen Archiv-Aufnahmen neben der charakteristischen instrumentalen Dichte des gesamten Tonträgers ein luftiges, dadaistisches Element angedeihen lassen.
Auf dem seit Mai erhältlichen Album „Salika, Molika“ gestalten zwei ausgewiesene Könner ihrer instrumentalen Profession in segensreiche Symbiose eine fundierte Vision von gelungenem, völlig Kitsch- und Pathos-freiem Folk-Experiment, mit dem Gütesiegel des Uhus versehen.
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