James Brown

Soul Family Tree (47): I Have A Dream

Black Friday heute mit einer Ausgabe von Stefan Haase vom Hamburger Freiraum-Blog in Gedenken an den vor fünfzig Jahren ermordeten amerikanischen Bürgerrechts-Aktivisten und Baptisten-Pastor Martin Luther King Jr.

1968 war weltweit ein Jahr, das für Aufbruch und Befreiung stand, besonders für Amerika war es ein prägendes Jahr, über das es wenig Erfreuliches zu berichten gibt. Im Herbst wählten die Amerikaner den Republikaner Richard Nixon zu ihrem neuen Präsidenten. Er gewann die Wahl unter anderem, weil er versprach, für Recht und Ordnung zu sorgen. Martin Luther King hingegen befürchtete in früheren Reden, dass sich die Republikaner in eine Partei des Weißen Mannes verwandeln werden. Er sollte Recht behalten.

Am 4. April 1968 um 18.01 Uhr wurde Martin Luther King auf dem Balkon des Lorraine Motels in Memphis (Tennessee) erschossen. Danach kam es in über 100 Städten Amerikas zu teils massiven Ausschreitungen. Heute im Soul Family Tree: ein „I Have A Dream“-Mix, anlässlich des 50. Todestages von Martin Luther King. Musik, die von King und der damaligen Zeit und Stimmung inspiriert wurde.

1991 veröffentlichten die legendären Politrapper von Public Enemy den Song „By The Time I Get To Arizona“. Im Fokus des Song stand der damalige Gouverneur Fife Symington. Die Band protestierte im Text gegen die Weigerung des Gouverneurs, den Bürgerrechtsaktivisten mit einem Feiertag zu würdigen. Die Hauptrolle im Video spielte Martin Luther King, der sich 1968 vehement gegen den Vietnamkrieg stellte. Public Enemy ließen für das Video die Bürgerrechtsbewegung von damals wieder auferstehen und bauten Originalaufnahmen mit ein. Die Schlussszene sorgte für einen Skandal. Sie zeigte in Zeitlupe die Ermordung von King und Kämpfer, die ein Attentat auf den Gouverneur verüben. Das Video und der Song wurden damals in Amerika verboten. Trotzdem verkaufte sich das Album „Apocalypse 91…“ sehr gut und kletterte auf Platz eins der R&B Charts. Denn Public Enemy traf eine ganze Generation mitten ins Herz. Themen wie Rassismus, Armut, Arbeitslosigkeit gehörten zum festen Repertoire. Bereits 1988 veröffentlichten sie mit ihrem Album „It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back“ eines der wichtigsten Alben der HipHop-Geschichte.

Bei „By The Time I Get To Arizona“ ein Gitarrenriff der Band Mandrill und ein Loop der Jackson Five zu hören. Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre stand keine andere Band mehr für Widerstand als Public Enemy.

Nina Simone fragte, nur wenige Tage nach der Ermordung an King, „What will happen, now that the King is dead?“ und schrieb den Song „Why? (The King Of Love Is Dead)“.

James Brown wurde der Held der Stadt Boston. Einen Tag nach dem Attentat sollte er in der Stadt an der US-Ostküste spielen. Der Bürgermeister befürchtete Unruhen und plante, das Konzert abzusagen. Doch Brown wollte spielen, und es wurde vermutlich sein schwierigster und wichtigster Auftritt seiner Karriere. Als Zuschauer auf die Bühne kamen und niemand wusste, was passieren würde, blieb James Brown ruhig, beschwichtigte die Menge und setzte sein Konzert fort. Niemand wurde verletzt. Hier ein kleiner Ausschnitt. Das ganze Konzert wurde live mitgeschnitten und später veröffentlicht.

Muddy Waters, Otis Spann, Harmonica Master Little Walter und der Bassist Willie Dixon kamen im Mai 1968 nach Washington, um dort ein Benefiz-Konzert für „Poor People“ zu spielen. Otis Spann ist der vielleicht größte Blues-Pianist gewesen und stand für den Chicago-Blues. 1968 schrieb er zwei berühmte Songs: „Blues For Martin Luther King“ und „Hotel Lorraine“. Mehr zu diesem denkwürdigen Konzert kann man hier nachlesen: Blues For Martin Luther King.

America is essentially a dream
It is a dream of a land where men of all races
of all nationalities and of all creeds
can live together as brothers…

Bobby Womacks Alben „Poet I“ und „Poet II“ sind nach wie vor großartige Aufnahmen. Im Song „American Dream“ gibt es zu Beginn einen Auszug aus der berühmten „I Have A Dream“-Rede von Martin Luther King.

Black, god damn, I’m tired my man
Don’t worry bout what color I am
Because I’ll show you how ill, this man can act
It could never be fiction cause it is all fact…

Auch im HipHop und Rap inspiriert King bis heute viele Künstler. Run-D.M.C. waren Pioniere des HipHop. Ihr 1986er Album „Raising Hell“ erreichte Platinstatus. 2002 endete die Karriere abrupt. DJ Jam Master Jay wurde in einem Plattenstudio von einem Unbekannten erschossen. Danach lösten die verbliebenen Bandmitglieder die Formation auf. Aus ihrem Platinalbum kommt nun „Proud To Be Black“:

Die Liste mit von King inspirierten Songs könnte man lange weiterführen. Wer mag, sollte u.a. Sam Cooks „A Change Is Gonna Come“ hören und/oder die Cover-Versionen von Solomon Burke und Baby Huey (von Curtis Mayfield produziert). Dann wären da noch Gil Scott-Herons „Winter In America“ oder James Brown mit „Cold Sweat“ und natürlich Muddy Waters 1968er Album „Electric Mud“.

1968 war nicht nur für die USA ein wechselhaftes Jahr. Wenige Monate nach der Ermordung von King kam der damalige Justizminister Robert Kennedy ums Leben. Und in Deutschland wurde im April Rudi Dutschke schwer angeschossen. Dazu kommen weitere Unruhen und Demonstrationen in Frankreich und nicht zu vergessen der „Prager Frühling“ in der damaligen CSSR. 1968 war ein bewegtes Jahr.

Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum.

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Soul Family Tree (34): Can You Dig It? – The Music And Politics Of Black Action Films 1968-75

„After we go to the movies, ok?“ – Die 14-tägige Black-Friday-Serie geht heute Filme schauen:

Vor 1968 waren Afro-Amerikaner im US-Kino vornehmlich in Nebenrollen als Butler, Haushalts-Hilfen, Farm-Arbeiter oder Gärtner zu sehen, in zentralen Rollen war das schwarze Amerika kaum mehr als in Auftritten bekannter Stars wie Louis Armstrong oder Sammy Davis Jr und vor allem mit Oskar-Preisträger Sidney Potier auf den Leinwänden der Lichtspieltheater präsent. Ab Ende der sechziger Jahre spielte Black America in Hollywood erstmals eine gewichtigere Rolle, das unter dem Begriff „Blaxploitation“ bekannt gewordene Actionfilm-Genre war geprägt von schwarzen Regisseuren, Drehbuchschreibern, Kameraleuten und Schauspieler_Innen wie der herausragenden Charakter-Darstellerin Pam Grier, dem Musiker Isaac Hayes, Karate-Champion und Martial-Arts-Star Jim Kelly oder den ehemaligen American-Football-Profis Jim Brown und Fred Williamson – und nicht zuletzt durch Black-Music-dominierte Soundtracks, die zum Teil eigens für diese Filme von Motown- und Stax-Stars wie Martha Reeves, Marvin Gaye, Quincy Jones und Solomon Burke komponiert und aufgenommen wurden.
Letztendlich dürfte der Aufstieg des afro-amerikanischen Kino weniger den gesellschaftlichen Strömungen in den USA wie dem Civil Rights Movement der fünfziger und sechziger Jahre oder dem Agitieren radikalerer Bewegungen wie der Black Panther Party zu verdanken sein als vielmehr knallharten wirtschaftlichen Überlegungen der Filmindustrie, die in der schwarzen Bevölkerung der US-Großstädte schlichtweg ein Riesen-Potential an zahlungswilligen Kinogängern sah.

Die 2009 beim Londoner Label Soul Jazz Records erschienene Sammlung „Can You Dig It? The Music And Politics Of Black Action Films 1968-75“ dokumentiert auf zwei CDs ausführlich die wichtigsten Film-Songs dieser Kino-Ära und gibt in einem beigelegten, fein aufgemachten 98-Seiten-Taschenbuch einen reich bebilderten Überblick über die relevanten Filme, thematischen Schwerpunkte, wichtigsten Schauspieler und Regisseure sowie die Rolle der führenden Black-Music-Plattenfirmen dieser Black-Cinema-Hochphase.

Eine der bekanntesten Nummern des Samplers ist das großartige „Across 110th Street“, der Titeltrack der NYPD-Krimi-Verfilmung von Barry Shear aus dem Jahr 1972 mit dem späteren „Homicide“-Serienstar Yaphet Kotto und Kalkleiste Anthony Quinn in den Hauptrollen. Der Song über die informelle Grenzlinie in Harlem stammt aus der Feder von Soul-Performer/Songwriter/Produzent Bobby Womack und Jazz-Posaunist J. J. Johnson, er kam später im Soundtrack von „Bobby Brown“ erneut zu cineastischen Ehren, die Tarantino-Verfilmung des Elmore-Leonard-Krimis „Rum Punch“ war 1997 eine gelungene Verneigung des Quent-Man vor dem Blaxploitation-Genre, formvollendet in Szene gesetzt mit der Black-Movie-Ikone Pam Grier in der Titelrolle.

Der Stax-Records-Songwriter und Soul-Musiker Isaac Hayes komponierte 1971 die Filmmusik zum Blaxploitation-Actionkrimi „Shaft“, für die berühmt gewordene Titelmelodie „Theme From Shaft“ erntete er im selben Jahr den Oscar für den besten Original-Song. 1974 stand er selbst zweimal in Hauptrollen vor der Kamera, im Kopfgeldjäger-Thriller „Truck Turner“, den die unter anderem auf „Black Action Films“ spezialisierte Produktionsfirma American International Pictures (AIP) im Double-Feature mit dem Pam-Grier-Streifen „Foxy Brown“ auf den Markt brachte, und in der Produktion „Three Tough Guys“, zusammen mit Lino Ventura und Fred Williamson, für beide Filme hat Isaac Hayes auch den Soundtrack geschrieben und eingespielt, aus „Truck Turner“ hier die neun-minütige Instrumental-Nummer „Pursuit Of The Pimpmobile“:

B-Movie-Autor Larry Cohen wollte sich mit „Black Caesar“ 1973 an den „Paten“-Erfolg von Francis Ford Coppola hängen und adaptierte den Stoff des Hollywood-Klassikers „Little Caesar“ aus dem Jahr 1931 für einen zeitgenössischen Harlem-Mafia-Thriller. Die Titelrolle spielte der ehemalige American-Football-Defense-Back Fred „The Hammer“ Williamson, der bis heute in aktuellen amerikanischen Filmen und Fernseh-Serien zu sehen ist, weithin bekannt ist unter anderem sein Auftritt als „Frost“ im Rodriguez-/Tarantino-Vampir-Trash-Streifen „From Dusk Till Dawn“.
Den Soundtrack für „Black Caesar“ arrangierte „The Godfather Of Soul“ James Brown unter maßgeblicher Mitarbeit seines Bandleaders Wesley Willis, daraus das opulente Stück „Down And Out In New York City“:

Weißbrot durfte beim Filmmusik-Produzieren für das Black-Movie-Kino auch ab und an mitmischen, so zum Beispiel R&B-Gitarrist Dennis Coffey, der als Studiomusiker auf zahlreichen Sixties-Motown-Aufnahmen zu hören ist, 1971 war er bei den Aufnahmen zum Nummer-1-Hit „War“ von Edwin Starr beteiligt, im gleichen Jahr landeten Coffey und seine Detroit Guitar Band mit der Instrumental-Nummer „Scorpio“ einen Billboard-Top-10-Hit. 1970 entdeckte er zusammen mit dem Musiker Mike Theodore den Folkrock-Songwriter Sixto Rodriguez, dem Regisseur Malik Bendjelloul mit dem Oscar-prämierten Dokumentarfilm „Searching For Sugar Man“ ein cineastisches Denkmal setzte.
1974 schrieb Dennis Coffey das Titelstück für den Karate-Film „Black Belt Jones“ mit Kampfsport-Champion Jim Kelly in der Hauptrolle. Hier eine Live-Version der Nummer, die der renommierte Gitarrist zusammen mit der Don Was Detroit All-Star Revue einspielte:

Der Horror-Film trieb in der Blaxploitation-Hochphase bunte oder vielmehr schwarze Blüten, neben Perlen wie „Blackenstein“ und „Dr Black, Mr Hyde“ finden sich mit „Blacula“ aus dem Jahr 1972 und der „Scream, Blacula, Scream“-Fortsetzung die afro-amerikanischen Anlehnungen an den klassischen Bram-Stoker-Stoff, der mit Größen wie den Four Tops, Marvin Gaye, Cher oder den Temptations arbeitende Komponist und Produzent Gene Page zeichnete für die Filmmusik zum schwarzen Vampir-Trash verantwortlich, der immerhin mit Top-Performern wie Shakespeare-Schauspieler William Marshall und der wunderbaren Pam Grier besetzt war. Die Original-LP zum „Blacula“-Score ist heute im Übrigen ein gesuchtes Sammlerobjekt unter Vinyl-Jägern.

„Can You Dig It? The Music And Politics Of Black Action Films 1969-75“ ist nach wie vor im gut sortierten Fachhandel erhältlich. Dig it, Soul Brothers and Sisters…

Soul Family Tree (13): Thundercat, Bobby Womack, Notorious B.I.G., Dave Valentin, Jodi Sledge, James Brown, Canonball Adderley, Sam Cooke

Black Friday, my dudes, in das Wochenende gegroovt mit einem weiteren Black-Music-Beitrag vom Hamburger Soulbrother und Freiraum-Blogger Stefan Haase, keep yourself entertained:

Zum Wochenende gibt es neue Musik von Thundercat, Erinnerungen an Bobby Womack und Notorious B.I.G, Kerzen für Dave Valentin und Jodi Sledge, und den zweiten Teil der Hymnen der Bürgerrechtsbewegung mit James Brown, Cannonball Adderley und Sam Cooke. Let´s go!

Starten wir mit neuer Musik von Stephan Bruner aka Thundercat von seinem dritten Album „Drunk“. Musik liegt bei Thundercat in der Familie. Sein Vater war Schlagzeuger, u.a. bei den Temptations und Diana Ross. Er selbst fungiert als Bassist, Keyboarder und als Produzent. Nach Zusammenarbeiten mit Flying Lotus spielte er zusammen mit Kendrick Lamar, Kamasi Washington, Erykah Badu und anderen. Für sein neues Album holte er sich wieder namhafte Gäste. Hier die erste Auskopplung „Show You The Way“ mit Michael McDonald und Kenny Loggins als Gastsänger (ehemals Doobie Brothers).

Im März hätte Bobby Womack Geburtstag gehabt. Vor knapp 3 Jahren ist er gestorben. Er war, ist und bleibt eine Ikone der Soul-Musik und einer meiner Lieblingssänger. Fünf Jahrzehnte lang machte er Musik. Bereits gesundheitlich angeschlagen, nahm er 2012 zusammen mit Damon Albarn (Blur, Gorillaz) ein letztes Album auf. Keine Frage, er ist „The Bravest Man In The Universe“.

20 Jahre ist es her. Der Rapper Christopher George Latore Wallace aka Notorious B.I.G. wurde im März 1997 erschossen. Er war bereits damals der kommerziell erfolgreichste Rapper weltweit und auch alle Veröffentlichungen nach seinem Tode blieben erfolgreich. Entdeckt wurde er von Puff Daddy. Bereits sein Debut „Ready To Die“ erreichte mehrfach Platinstatus in den USA. Es war auch die Zeit in den 1990er Jahren, in denen es offene Konflikte zwischen Musikern der West- mit der Ostküste gab. Hier kommt „Biggy“ mit seinem Hit „Juicy“. Das Hauptsample stammt von Mtume´s „Juicy Fruit“.

Vor wenigen Wochen starb der Latin-Jazzflötist Dave Valentin. Er war übrigens der erste Künstler, den Dave Gruisin und Larry Rosen zum neu gegründeten GRP Plattenlabel holten. Dort nahm er seit 1979 immer wieder Alben auf. Sein Einfluss auf den Latin-Jazz insgesamt bleibt sein großes Vermächtnis wie auch sein unverkennbares Flötenspiel. Als Erinnerung an einen großen Künstler kommt nun „Clove & Cinnamon“.

Hymnen der Bürgerrechtsbewegung – Teil 2

“I was born by the river
in a little tent
and just like the river
I’ve been running ever since…”

Sam Cookes „A Change Is Gonna Come“ war und ist bis heute ein Meilenstein in der Musik. Er wurde nicht als Protestsong von Cooke geschrieben und wurde später doch eine der Hymnen der Bürgerrechtsbewegung, er bewegt bis heute. Cooke, der bereits 1964 unter tragischen Umständen starb, hielt den Song lange zurück, wegen der oben genannten Anfangszeilen, die er als zu persönlich empfand. Dennoch nahm er mit Streichern in den RCA Studios diesen Song auf, der als B-Seite zur Single „Shake“, nach seinem Tode, im Dezember 1964 veröffentlicht wurde. Ein Lied, das Generationen überdauerte und heute noch aktuell und inspirierend ist.

Während im traditionellen Gospel die Erlösung meist am jüngsten Tag geschehen wird, so war sich Cooke sicher, dass die Veränderung kurz bevor besteht:

“It’s been a long time coming
But I know a change is gonna come”.

„I don’t want nobody
To give me nothing
Open up the door...“

Denkt man an James Brown und an Hymnen der Bürgerrechtsbewegung, fällt einem spontan „Say It Loud. I Am Black And Proud“ ein. Doch ich habe mich für einen anderes Lied entschieden: „I Don’t Want Nobody To Give Me Nothing“, vom 1970er Album„Sex Machine“. Selten war James Brown politischer und radikaler in seinen Aussagen. Einer seiner besten Songs und für die Black Community die alternative Nationalhymne.

„Just Walk Tall“

„Soul Power“ wurde in den 1960Jahren zum Zeichen für ein neues Selbstbewusstsein in den Black Communities. Der feste Glaube an Veränderung und an den Fortschritt . Einer der wichtigsten Bands dieser Zeit war die des Saxofonisten Cannonball Adderley.

Im Oktober 1969 trat die Band in einer Kirche in Chicago auf. Reverend Jesse Jackson, der spätere amerikanische Präsidentschaftskandidat, hatte im Rahmen der „Operation Breadbasket“ zu einem Wohltätigkeitsgottesdienst mit anschließenden Konzert eingeladen. Was dann passierte, ist auf dem Album „Country Preacher. Live at Operation Breadbasket“ dokumentiert. Die „Operation Breadbasket“ wurde übrigens von Martin Luther King ins Leben gerufen, um jungen Talenten ein Stipendium zu besorgen. Reverend Jackson nutze den Moment und sprach zu Beginn eine Einführung. Dann beginnt der „Walk Tall“. Später nahm Adderley diesen Song noch im Studio auf, zusammen als Doppeltitel mit „Mercy, Mercy,Mercy“.

Beim nächsten Mal gibt es den 3. Teil mit weiteren Hymnen der Bürgerrechtsbewegung. Bis bald.

„We’re lost in music
Caught in a trap
No turnin‘ back
We’re lost in music…“

Vor wenigen Tagen ist Jodi Sledge, eine der vier Sister-Sledge-Schwestern, gestorben. Sister Sledge haben das beste Chic-Album aller Zeiten aufgenommen. Bernhard Edwars und Nile Rodgers von Chic kreierten in den 1970er Jahren einen völlig neuen Musikstil, eine Melange aus Soul, Funk und Disco-Musik, und schrieben für Sister Sledge deren Welthits. We´re lost in music. Rest in peace.

Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum

Soul Family Tree (10): Stone Foundation, Gil Scott-Heron, Leon Ware, Clyde Stubblefield

soulfamilytree

Kommt gut in das Wochenende mit Ausgabe 10 der Black-Music-Serie „Soul Family Tree“, heute wieder mit einem ausführlichen Beitrag von Soulbrother Stefan Haase vom Hamburger Freiraum-Blog, black friday, my dudes:

Willkommen zu einer neuen Ausgabe vom „Soul Family Tree“. Heute gibt es neue Musik von Stone Foundation, die sich als Verstärkung die große Bettye Lavette und Stax-Legende William Bell ins Studio holten. Gil Scott-Heron erinnert daran, dass die Revolution nicht sitzend vor dem Fernseher passiert. Und dazu kommen zwei weitere Kerzen. Eine für Leon Ware und die zweite für den „funkiest“ Schlagzeuger aller Zeiten, Clyde Stubblefield.
Let´s go.

Vorab ein Wort in eigener Sache. Im „Soul Family Tree“ soll es neben der Aktualität auch um Themenschwerpunkte gehen. Darum gibt es beim nächsten Mal den 1. Teil mit Liedern und Hymnen der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Texte und Lieder, die auch heute noch aktuell sind. Dabei wird die Musik im Vordergrund stehen. Lasst Euch überraschen.

Los geht es mit der britischen Band Stone Foundation, die klassischen Soul spielen. Für ihr neues Album, das Ende März 2017 erscheinen wird, haben sie sich die Motown-Legende Lady Bettye Lavette ins Studio geholt. Produziert wurde das Album von keinem geringeren als Paul Weller. Herausgekommen ist richtig guter handgemachter Soul mit fetten Bläsern und Streichern. Aus einer ehemaligen Straßenkapelle ist im Laufe der Jahre eine richtig gute Soulband geworden. Und sie überzeugen zudem mit einem aktuellen Video. Wie singt Bettye Lavette treffend: „We Are Not Receiving Something To Believe In. It´s Time To Pull Together Stop Fighting One Another. It´s Time To Start A Season Of Change.“
Ladies and Gentleman, hier kommen Stone Foundation featuring Bettye Lavette mit „Season Of Change“:

Auf dem neuen Album der Stone Foundation soll man auch die Stimme von William Bell hören. Bekannt geworden auf dem Stax Plattenlabel, spielte er mit Rufus Thomas und vielen anderen Künstlern zusammen. Seit den frühen 1960er Jahren macht er Musik. Da passt es gut, dass er 2016 ein neues Album herausgebracht hatte. Hier kommt eine weitere Soul und R&B Legende mit dem Klassiker „Born Under Bad Sign“:

Die Kritik am amerikanischen Establishment gab es schon vor 50 Jahren. Heute und nicht nur darum ein Blick zurück auf die zwei Leben und Karrieren vom Musiker und Dichter Gilbert „Gil“ Scott-Heron (1949–2011). Denn er kritisierte stilsicher mit Sarkasmus, Humor und Ironie das Establishment bereits in den 1960er Jahren.
Scott-Heron wurde wegen seiner Texte gern der schwarze Bob Dylan genannt und galt zurecht als Vater und Idol für die später populär gewordenen Rap- und Hip Hop-Musik der kommenden Generationen. Schon kurz nach seinem literarischen Debüt 1970 nahm er sein erstes Studioalbum mit Rezitationen seiner Dichtungen in Conga-Begleitung auf. Bereits auf dem ersten Album findet sich sein vielleicht essentiellster Song mit „The Television Will Be Not Televised“, der sich in das kulturelle Gedächtnis mehrerer Generation fest einschrieb. Dieser Text hat von seiner Aktualität bis heute nichts verloren. Steht auf, schaltet den Fernseher aus und geht auf die Strasse. Die Revolution findet nicht sitzend vor dem Fernseher statt.

Er war ein Meister der Worte und fühlte sich ein Leben lang der Literatur mehr zugehörig als der Musik. Jemand, der tiefsinnig analysierte und Worte fand, wo andere nach Worten suchten. Seine teils gesprochenen oder gesungenen Worte waren zornig, wütend, anklagend und fordernd. Und selbst Jahrzehnte später hat diese Musik nichts an Kraft eingebüßt.
In Liedern wie „The Bottle“ sang er über die negativen Einflüsse von Drogen und wurde selbst von ihnen heruntergezogen. Sie beendeten sein erstes Leben, in dem er keinen Song mehr schrieb, seine Plattenverträge verlor und letztlich ins Gefängnis gehen musste. Die Erlebnisse verarbeitete er in seinem letzten Album. Ich hatte bereits über Gil Scott Heron einen eigenen Artikel geschrieben: hier weiterlesen…

Clyde Stubblefield (1943-2017) war der „funkiest“ und der am meisten gesampelte Schlagzeuger aller Zeiten. Questlove (The Roots) schrieb via Instagram.„Clyde Stubblefield thank you for everything you’ve taught me. The spirit of the greatest grace note left hand snare drummer will live on thru all of us“.
Er kreierte in den Jahren 1965 bis 1970 einen einzigartigen Schlagzeugstil als Drummer der Band von James Brown. Sein bekanntestes Stück war ein Drumsolo im Song „Funky Drummer“. Dieses Solo wurde bereits von diversen Künstlern in den 1980er Jahren gesampelt und beeinflusste die später aufkommende Hip-Hop-Bewegung sehr. Die Seite whosampled.com zeigt 1.368 Songs an, die dieses Solo nutzen. Man darf sogar so weit gehen zu behaupten, dass der Hip Hop, wie er heute klingt, ohne Clyde Stubblefield anders gewesen wäre. In seiner Zeit bei James Brown saß er auch am Schlagzeug für u.a. folgende Songs: „Cold Sweat“, „Ain’t It Funky Now“, „I Got the Feelin'“ und der Hymne „Sex Machine“.

Eigentlich wäre Stubblefield damit Millionär geworden. Doch unter dem Song stand lediglich der Name von James Brown. Außer seiner Gage als Studiomusiker bekam er nie einen Cent. Lediglich Melissa Etheridge bezahlte ihm etwas Geld. Andere Künstler wie Public Enenmy, Big Daddy Kane, Sinead O’Connor, N.W.A., Kool G. Rap, Coldcut, Beastie Boys, Prince und viele andere benutzten dieses Drum-Sample. Einzig Prince, der ebenfalls ein großer Fan von ihm war, bezahlte ca. 90.000 US-Dollar für seine Behandlungskosten, da er seit vielen Jahren an Niereninsuffizienz litt. Hier zu sehen mit einem Ausschnitt aus einer Dokumentation „Never Got Paid“, wo man Clyde Stubblefield auch in Persona sehen kann. Am 18. Februar starb Clyde Stubblefield als armer Mann. Selbst nach einer Neuregelung des Urheberrechts in den USA bekam er auch von den Erben James Browns kein Geld.

Mit Leon Ware (1940-2017) ist wieder einer der großen des klassischen Souls gestorben. Manche werden ihn vom Namen kaum kennen. Denn er hatte mehr Erfolg als Produzent und Komponist. Dennoch hat er besonders in den 1970/80er Jahren eine ganze Reihe von guten Alben und Songs veröffentlicht. Als erstes eines meiner Lieblingslieder. Leon Ware mit „Rockin You Eternally“:

Er komponierte zum Beispiel für Quincy Jones, Michael Jackson, Isley Brothers und viele andere. Und er komponierte u.a. für Marvin Gaye seinen Hit „I Want You“. Im neuen Jahrtausend nahm er seine alten Lieder im modernen Gewand neu auf. Hier zu sehen Live 2001 in Amsterdam, zusammen mit den Brand New Heavies und seinem Lied „I Want You“:

Bis zum nächsten Mal. Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum

Soul Family Tree (5): Janis Joplin, James Brown, Gloria Jones, Sam Cooke

LEON BRIDGES @ Technikum München 2015-09-15 (14)

Black Friday, heute wieder mit einem Beitrag vom Hamburger Freiraum-Blogger-Freund Stefan Haase und seiner Erinnerung an die große Blues-Shouterin Janis Joplin, den unvergleichlichen Godfather Of Soul, an die Soul-Sängerin Gloria Jones und einem Geburtstags-Gruß an Sam Cooke. Here we go, Soul-Brothers and -Sisters:

Janis Joplin hätte am 19. Januar ihren 75. Geburtstag gefeiert. Sie war die Queen des weißen Bluesrock und ehrgeizig, mit Funk- und Blues-Instrumenten neue Musikrichtungen zu erschließen, was ihr auch und besonders in ihrer letzten künstlerischen Phase gelang. Offiziell verstarb sie am 4. Oktober 1970 an einer Überdosis Heroin. Ihr Tod schockte damals die Musikwelt, da nur wenige Tage zuvor Jimi Hendrix verstarb und der Klub 27 zwei Neuzugänge bekam. Grund genug, sie zu ehren und an eine der Stimmen des 20. Jahrhundert zu erinnern.
An ihr großes musikalisches Idol, die Sängerin Bessie Smith, „The Empress of the Blues“, wird noch an anderer Stelle erinnert werden. Ausgesucht habe ich einen Bluessong, aus ihrer Zusammenarbeit mit ihrer ersten Band, Big Brother and The Holding Company, die Nummer „Turtle Blues“, der 1968er B-Seite der Single „Piece Of My Heart“.

Über James Brown gibt es sehr viele Geschichten. Bereits 1962 war Brown Millionär. Als er für sein legendäres „Live At The Apollo“-Album keine Plattenfirma fand, produzierte er die Aufnahmen selbst, und sie wurden ein großer Erfolg. Denn Brown kannte sein Publikum und wusste, was seine Fans hören wollten. Dieses Live-Album stand nach Veröffentlichung in jedem schwarzen Haushalt und Brown wurde damit zum reichen Mann. In dieser Zeit spielte er mit seiner Band mehr als 300 Konzerte pro Jahr, reiste quer durch die USA und machte sich mit jedem Auftritt populärer. In seiner zweiten Karrierephase, Mitte der 1960er Jahre, holte er Pee Wee Ellis als Bandleader und Arrangeur in sein Team. Besonders hervorzuheben ist Ellis‘ Mitarbeit als Co-Autor und Arrangeur von „Cold Sweat“ und bei einer der Hymnen für die schwarze Bürgerrechtsbewegung, „Say It Loud – I’m Black and I’m Proud“. Den zweiten großen Hit „Cold Sweat“ schrieb Ellis für Brown, indem er sich bei Miles Davis bediente. Er mochte die Bläser von Davis‘ „So What“ und fügte sie als treibende Kraft ein. So wurde früher kreativ „gesampelt“. Und zudem wird dieses Lied im Mai 40 Jahre jung. Am 25.12.2016 war zudem der 10. Todestag vom Godfather Of Soul.

„Sometimes I feel I’ve got to
Run away, I’ve got to
Get away from the pain you drive into the heart of me…“

Gloria Jones ist eine amerikanische Sängerin aus Los Angeles/Kalifornien. Sie war bis zu seinem Tod im Jahr 1977 die langjährige Freundin des Glam-Rock-Musikers Marc Bolan der Band T. Rex. Ihr Song „Tainted Love“ war 1964 nur als B-Seite der Single „My Bad Boy’s Comin’ Home“ erschienen und wurde ein kommerzieller Flop, er schaffte den Einstieg in die Charts in den USA und Großbritannien nicht.
Manche Geschichten gibt es nur in der Musik. 1973 entdeckte ein britischer DJ bei einem Urlaub in den USA die alte Single von Gloria Jones und kaufte sie. Der Song passte perfekt für den Motown-beeinflussten Sound der damaligen englischen Northern-Soul- Club-Szene und wurde einer der bekanntesten Northern Soul Songs überhaupt. Den größten Erfolg als Songwriter hatte Gloria Jones mit dem Song „If I Were Your Woman“, der 1971 für einen Grammy nominiert war. 1981 nahm das englische New-Wave-Duo Soft Cell, bestehend aus Marc Almond (Gesang) und Dave Ball (Percussion), den Song auf und machte ihn damit zu einem Welthit. Doch wir bleiben beim Original von Gloria Jones.

Als Extragruß aus der Soul Kitchen eine Erinnerung an Sam Cooke. Am 22. Januar wäre er 85 Jahre alt geworden. Seine musikalische Karriere umfasste nur 7 Jahre. Doch schrieb er dabei Geschichte. Er erhob den Gospel und vermengte ihn mit R’n’B-Elementen und erschuf damit eine neue Musikrichtung, die als Soul weltweit bekannt wurde. Eines der großen Live-Alben in der Geschichte der populären Musik kommt von Sam Cooke. Im Januar 1963 trat er im Harlem Square Club in Miami/Florida auf: „Live at Harlem Square Club, 1963“.

Und wie immer heißt es am Ende „Peace and Soul“. Mit diesem Gruß verabschiedete sich Don Cornelius, in der legendären amerikanischen TV-Sendung „Soul Train“ von den Zuschauern. Eine Tradition, die wunderbar für die Soul-Family-Tree-Serie passt.