Jonathan Fischer

Soul Family Tree (56): Hits And Misses – Muhammad Ali And The Ultimate Sound Of Fistfighting

„Ali war ein schöner Krieger und er reflektierte eine neue Haltung für einen Schwarzen. Ich mag Boxen nicht, aber er war etwas ganz Besonderes. Seine Grazie war beinahe erschreckend.“
(Toni Morrison)

Kein Geringerer als der Pop-Star schlechthin unter den Spitzensportlern des 20. Jahrhunderts soll Thema und besungener Held sein im heutigen Beitrag zur Black-Friday-Reihe: Die afroamerikanische Profi-Box-Legende Cassius Marcellus Clay aus Louisville/Kentucky, „The Louisville Lip“, seit 1964 nach Ablegen seines „Sklaven-Namens“ und Konvertierung zum Islam dem Universum als Muhammad Ali bekannt, dreimaliger „Undisputed Champion“ in der Schwergewichts-Klasse, laut IOC „Sportler des Jahrhunderts“, nach seiner eigenen, unbescheidenen Selbsteinschätzung schlichtweg „The Greatest“ – und um auf die Musik-Historie zurückzukommen: den Rap wie den Hip Hop hat er auch mit auf den Weg gebracht, wie nicht zuletzt der deutsche Kabarett-Minimalist Rolf Miller in seiner unnachahmlichen Art bezeugt: „Am End hat sich alles g’reimt. Des was der Eniman heut singt, des hat der Ali früher im Interview verzählt.“

„The less cynical, less media-saturated nature of the times allowed Ali to achieve a mythic grandeur he probably couldn’t today, and the overall tone here is one of unalloyed eulogy.“
(The Telegraph, CD of the week, 8.11.2003)

2003 veröffentlichte das Münchner Indie-Label Trikont zu Ehren des großen Boxsport-Entertainers den Sampler „Hits And Misses – Muhammad Ali And The Ultimate Sound Of Fistfighting“. Kompiliert, mit informativen Liner-Notes in dem für Trikont-Verhältnisse obligatorischen, exzellent aufgemachten Beiheft versehen und herausgegeben wurde die feine Sammlung vom Münchner Hobby-Boxer, DJ, Journalisten und Maler Jonathan Fischer, der bei der unabhängigen Giesinger Plattenfirma bereits mit der Veröffentlichung diverser anderer gewichtiger Themen-Sammlungen rund um die schwarze Musik glänzte. Unterstützt wurde er beim Ali-Sampler von Co-Herausgeber Claas Gottesleben, über den ansonsten neben seiner Beteiligung an diesem Projekt nichts in Erfahrung zu bringen war.

„Ich habe keinen Streit mit den Vietcong. Sie haben mich niemals Nigger genannt.“

Die Liner Notes zur CD-Ausgabe setzen sich mit dem Phänomen auseinander, dass die Auftritte von Muhammad Ali weit mehr waren als nur großer Kampfsport. Der Ausnahme-Athlet entwickelte im und neben dem Box-Ring einen ureigenen Stil, seine Pressekonferenzen und Interviews boten erstklassiges Show-Entertainment, seine kritischen wie großspurigen Ansagen und speziell seine Kriegsdienst-Verweigerung zum Einsatz in Vietnam hatten politisches Gewicht in den USA und darüber hinaus, seine Hinwendung zur „Nation Of Islam“ und seine zwischenzeitliche Freundschaft mit Malcolm X bargen gesellschaftlichen Zündstoff im Geiste der amerikanischen Bürgerrechts– und Black-Power-Bewegung.
Die großen, berühmten Kämpfe in den Siebzigern wie der „Thrilla in Manila“ gegen seinen Dauer-Rivalen Joe Frazier oder der „Rumble in the Jungle“ in Kinshasa/Zaire gegen George Foreman, die weltweit Millionen von Fernsehzuschauern zu nachtschlafender Zeit vor die TV-Geräte lockten, waren weit mehr als nur medial inszenierte Sport-Events, sie reihten sich darüber hinaus wie etwa das legendäre Woodstock-Festival in den Kanon großer Pop-historischer Ereignisse ein.
Wie jedes große Helden-Epos war das Leben von Muhammad Ali vom großen Drama gezeichnet, und so ließ seine schwere Parkinson-Erkrankung als Folge seines viel zu späten Abschieds vom Boxring, sein Umgang mit dem Nerven-zersetzenden Defekt in seinen späteren Jahren und sein finales Hinscheiden im Jahr 2016 niemanden kalt.

„Clay swings with a left, Clay swings with a right, look at young Cassius, carry the fight.“

Der Trikont-Longplayer selbst bildet eine breite stilistische Palette an musikalischen Ali-Lobpreisungen vorwiegend aus den Siebziger Jahren ab, die von afroamerikanischem Soul, Funk und Blues über jamaikanischen Dancehall-Reggae, brasilianischen Pop und kongolesischen Big-Band-Sound bis hin zur Country-Schunkel-Nummer „Muhammad Ali“ vom weißen Americana-Musiker Tom Russell reicht, wohltönend dosierte Wirkungstreffer und größtenteils unbekannte Perlen aus der weiten Welt der populären Musik, die sehr gut ohne den Johnny-Wakelin-Hit „In Zaire“ auskommen, ergänzt um Spoken-Word-Beiträge vom Box-Champ Ali selbst und einer Straßenpredigt seines einstigen Gegners George Foreman, der nach seiner aktiven Zeit als Sportler Karriere als Autor, Fernsehkoch und berühmter Kirchenmann machte. Und auch Joe Frazier darf ran ans Mikro, der „Undisputed Heavyweight Champion“ von 1970 bis 1973 nahm in den Siebzigern mehrere Singles und EPs für unter anderem Capitol und Motown auf, in den späten 70ern rief er die Soul/Funk-Combo Joe Frazier And The Knockouts ins Leben, mit der er durch Amerika und Europa tingelte. Auf der Trikont-Musikdokumentation über den „Ultimate Sound Of Fistfighting“ ist er mit seiner Version des Bobby-Byrd-Songs „Try It Again“ zu hören.
Hier im Anschluss eine kleine Auswahl an Song-Highlights aus „Hits And Misses“:

„Float like a butterfly, sting like a bee, my name is Muhammad Ali.“

Sensationell geht die Nummer „The Ballad Of Cassius Clay“ ab, eine ultra-flotte Soul-Single der Band The Alcoves aus dem Jahr 1964, über die Jonathan Fischer im Beiheft treffend wie eine Knockout-Gerade anmerkt: „Ein typischer Song aus den 60ern, schnell, laut und stark, über einen großmäuligen, schnellen, starken und verdammt gutaussehenden Boxer, dessen politische Wirkung auf die Welt zu der Zeit noch nicht für jeden abzusehen war…“ – über die Formation The Alcoves ist wenig bekannt, selbst allwissende Portale wie Discogs oder Allmusic kennen keine biografischen Daten und nennen als Output der Combo nur die Single, ihre Berücksichtigung auf der Tracklist der Trikont-Sammlung und die Single-B-Seite „Heaven“ als Beitrag zu einem Sampler des New Yorker Labels Carlton Records.

„Marcellus Cassius Clay“ stammt von Jorge Ben. In seiner Heimat gilt der Musiker als einer der bekanntesten Vertreter der Música Popular Brasileira, in der sich Einflüsse aus Rock, Samba, Bossa Nova und Reggae wiederfinden. Das Loblied auf den Boxer ist 1971 auf Bens Album „Negro é Lindo“ erschienen. Der Künstler tritt seit den Achtzigern unter dem Namen Jorge Ben Jor auf, seine einflussreichste Phase auf die brasilianische Popular-Musik hatte er zwischen 1963 und 1976. US-Präsident Obama erwähnte den Musiker 2011 in einer Rede in Rio de Janeiro.

Eine weitere herausragende Nummer des Samplers ist „Foremann Ali Welcome To Kinshasa“ vom Orchestre G.O. Malebo, das die Formation aus Zaire 1974 als musikalischen Willkommensgruß für die beiden Kämpfer des „Rumble In The Jungle“ einspielte. Eine feine Afro-Pop-Nummer mit treibendem Beat, grandiosen Chören, flotten Bläsersätzen und den für die Band typisch flirrenden „Soukous“-Gitarren, hier der westafrikanischen Juju-Musik nicht unähnlich. Das Orchester hat in den Siebziger Jahren zahlreiche Singles eingespielt, seither scheint sich die Spur der Band in der Musikwelt zu verlieren…

Der jamaikanische Reggae und seine spezielle Verehrung afro-stämmiger Helden ist auf der Sammlung nicht zu knapp vertreten, der als Dennis Smith geborene DJ, Produzent und Seventies-Dancehall-Star Dennis Alcapone ist mit seinen Riddims und originellem Toasting in „Muhammad Ali“ und „Cassius Clay“ gleich zweimal zu hören, sein Landsmann Manley Augustus Buchanan aka Big Youth würdigt in „Foreman vs. Frazier“ mit seinem Chant den 1973 in seiner Heimatstadt Kingston ausgetragenen Titelkampf der beiden Schwergewichtler, der als „Sunshine Showdown“ in die Box-Geschichte einging und mit einem K.o.-Sieg Foremans in der zweiten Runde im Nationalstadion endete.

Der Box-Champ selbst hat sich 1963 noch unter seinem Geburtsnamen Cassius Clay als Sänger versucht, mit einer Interpretation des berühmten Soul-Klassikers „Stand By Me“ von Ben E. King, die Singles-Auskopplung, die sich im Übrigen nicht auf dem Trikont-Sampler findet, ist der einzige Song seines Columbia-Albums „I Am the Greatest“, auf der sich Ali ansonsten mit seinen Spoken-Word-Reimen als unterhaltsamer Comedian gibt. Die Aufnahmen gelten als frühe Vorläufer des Rap und Hip Hop. Auf „Hits And Misses“ findet sich der Titel-Track der Monolog- und Gedichte-Sammlung.

„Hits And Misses – Muhammad Ali And The Ultimate Sound Of Fistfighting“ ist im September 2003 beim Münchner Independent-Label Trikont erschienen und nach wie vor als CD im gut sortierten Fachhandel sowie als Download über die Label-Homepage erhältlich.

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Soul Family Tree (42): Black & Proud – The Soul Of The Black Panther Era

„The theme song will not be written by Jim Webb or Francis Scott Key
Nor sung by Glen Campbell, Tom Jones, Johnny Cash or Engelbert Humperdinck.“
(Gil Scott-Heron, The Revolution Will Not Be Televised)

Fünfzig Jahre Achtundsechziger. Vor einem halben Jahrhundert: Weltweite Studenten-Proteste gegen den Vietnamkrieg und für ein freieres Leben; der vom Frost des Moskauer Winters im Keim erstickte „Prager Frühling“; das 1966 in China unter dem Euphemismus der „Kulturrevolution“ von Mao losgetretene, anarchistische Morden der Roten Garden kommt zum Stillstand, der große Vorsitzende lässt die in Ungnade gefallene jugendliche Avantgarde zum Tod-Schuften und Verhungern in Landkommunen und Fabriken verschwinden – Das Jahr 1968: dieser Tage in Sonderbeiträgen, im Feuilleton und ausgedehnten Abhandlungen ausgiebigst dokumentiert und hinsichtlich seiner heutigen gesellschaftlichen und kulturellen Relevanz mehr oder weniger bis zum Erbrechen kontrovers durchdiskutiert (Rainald Grebe kam da in seinem vernichtenden Urteil über dieses Jahr mit einem Viereinhalb-Minuten-Song weitaus schneller zum Punkt, das nur am Rande).
1968 ist auch das Jahr der politischen Morde in den USA. Am 4. April wird der schwarze Civil-Rights-Aktivist und Prediger Martin Luther King in Memphis/Tennessee erschossen, wenige Wochen später fällt Robert F. Kennedy einem Attentat in Los Angeles zum Opfer, der demokratische Bewerber um das Präsidentenamt galt aufgrund seiner liberalen Ansichten und seinem Engagement für Bürgerrechte auch bei der afroamerikansichen Bevölkerung als Hoffnungsträger.
Ausgelöst durch den King-Mord werden amerikanische Metropolen wie Chicago, Baltimore, Detroit, New York und Washington D.C. in den folgenden Monaten von Bürgerkriegs-ähnlichen Unruhen erschüttert, eine Welle der Verwüstung und Gewalt ersteckt sich über mehr als 125 US-Städte, zahlreiche Menschen verlieren ihr Leben.

„Grundlage war der zweite Zusatz zur Verfassung der Vereinigten Staaten, verabschiedet 1791: ‚Das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, darf nicht beeinträchtigt werden.‘ Das sprach Bobby Seale am 2. März 1967 in die TV-Kameras, als er mit dreißig uniformierten und bewaffneten Mitgliedern der Black Panther Party die Stufen des Capitols in Sacramento, Kalifornien, hinaufging, während sich unten auf dem Rasen Gouverneur Ronald Reagan erschreckte, als er gerade eine Rede vor Jugendlichen hielt.“
(Christof Meueler mit Franz Dobler, Die Trikont-Story, Walk Tall!)

Maßgeblich involviert in die Protestaktionen, Demonstrationen und Aufmärsche war die 1966 im Nachgang zur Ermordung an Malcolm X gegründete sozialistische Black Panther Party, die sich den Kampf gegen Rassismus und Imperialismus, für die Rechte der Schwarzen auf die Fahnen geschrieben hatte. „Black Power“ lautete die Devise, die Taktik der Gewaltlosigkeit aus der King-Ära im Kampf für Bürgerrechte und Chancengleichheit war Geschichte, die afroamerikanische Jugend radikalisierte sich und die Panther holten sich ihre Inspiration für den bewaffneten Widerstand durch Studium der revolutionären Schriften aus der Feder von Ernesto „Che“ Guevara, Mao Zedong oder eben Malcolm X.

Zwei Tage nach dem King-Mord wird der Panther-Aktivist Bobby Hutton bei einer Auseinandersetzung mit der Polizei in Oakland getötet. Hutton wurde als Märtyrer stilisiert, seine Ermordung galt als Beispiel für die Polizei-Brutalität gegen die schwarze Bevölkerung, dabei verschwiegen die Panther, dass ein Duzend ihrer Aktivisten der Polizei in einem Gebäude in West Oakland in einem Hinterhalt auflauerte und an der Schießerei maßgeblich beteiligt war.
Die Gruppierung wurde vom notorisch paranoiden FBI-Direktor J. Edgar Hoover als „the greatest threat to the internal security of the country“ bezeichnet und dementsprechend von US-Bundes-Ermittlungsbehörden bekämpft, verfolgt und unterwandert.
Die Black Panther Party war von 1966 bis 1982 in den Vereinigten Staaten aktiv und hatte zwischenzeitlich Ableger in Algerien und Großbritannien. Während ihrer aktiven Zeit wurden an die 40 Mitglieder in Konflikten mit der Staatsgewalt oder in Partei-internen Auseinandersetzungen getötet. Einige Aktivisten verbüßen bis heute lebenslange Haftstrafen in amerikanischen Gefängnissen. Zu ihren prominentesten Partei-Mitgliedern zählte der Bürgerrechtler Stokely Carmichael, der nach der King-Ermordung zum Guerilla-Kampf in den USA aufrief, die kurzzeitige Panther-Aktivistin, Wissenschaftlerin und KPUSA-Politikerin Angela Davis und die Partei-Gründer/-Führer Huey P. Newton, Eldridge Cleaver und Bobby Seale.

„Das hat mich an Amerika und speziell der schwarzen Kultur immer fasziniert. Bei uns ist alles so eng und festgelegt, in Amerika kannst du dich ständig neu erfinden. Du kannst Sklave und Superboss sein, du kannst wie Sun Ra ins Weltall fliegen oder aus dem Weltall kommen (…) Oder Bobby Seale, der Mitbegründer der Black Panther, einer weltweit anerkannten politischen Bewegung. Der findet nichts dabei, wenn er eine Barbecue-Sauce verkauft und im Fernsehen eine Kochshow hat. Ich möchte mal die RAF-Leute sehen, die im Fernsehen irgendwelche Salate machen und den Leuten erklären, was sie für geile Saucen dazu kaufen können.“
(Jonathan Fischer)

Die Forderungen und Slogans der Black Panther inspirieren seit den späten Sechzigern bis heute unzählige Soul-, Reggae-, Jazz- und Hip-Hop-/Rap-Musiker in den Aussagen ihrer Songs und fanden ihren Widerhall im Selbstbewusstsein Muhammad Alis, der Politik Jesse Jacksons oder aktuell in der „Black Lives Matter“-Bewegung. Den Soundtrack der Bewegung hat – wie sollte es anders sein – Compilation-Spezialist und Soul-Kenner Jonathan Fischer 2002 in den zwei hörenswerten Ausgaben der „Black & Proud – The Soul Of The Black Panther Era“-Sampler für das Münchner Indie-Label Trikont inklusive ausführlichen Booklets mit der Geschichte der radikalen Black-Power-Partei und Würdigung der vorgestellten Musiker zusammengestellt, initiiert durch Interviews, die Fischer in New York mit einigen ehemaligen Aktivisten der Black-Panther-Bewegung führte.
Eine Sammlung von harten Soul-Songs und Funk, Reggae und Jazz mit einer eindeutigen Message, mit politischer Stellungnahme und Unterstützung für die Belange der militanten Bürgerrechtsbewegung, in dem Zusammenhang drängte sich einer wie Gil Scott-Heron förmlich auf, dementsprechend finden sich Beiträge des Spoken-Word-Performers, Soul/Jazz-Lyrikers und politisch wie sozial engagierten Proto-Rappers aus Chicago gleich mehrfach auf den „Black & Proud“-Samplern, der Song „The Revolution Will Not Be Televised“, quasi das inoffizielle Motto der Panther, wurde hier bereits von Stefan im Soul Family Tree 10 vorgestellt. Die „Full Band“-Version des Songs ist auf dem ersten Studio-Album „Pieces Of A Man“ von Scott-Heron aus dem Jahr 1971 enthalten, hier findet sich auch seine Hommage an die Jazz-Größen Billie Holiday und John Coltrane, der Text beleuchtet den Vorzug der Musik, die Menschen von ihren persönlichen Problemen und täglichen Sorgen abzulenken, oder, wie Jonathan Fischer in seinem Begleittext treffend anmerkt: „Geistige Freiheit als Gegengift zur spezifisch amerikanischen Form der Paranoia“.

Sozusagen die Vereinshymne steuert die Formation The Last Poets mit der Nummer „Panther“ vom Album „Time Has Come“ bei. Die Last Poets sind eine bis heute aktive Gruppierung von Dichtern und Musikern, die 1968 im Zuge der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung als radikale Gruppe New Yorker Black Muslims in Harlem zusammenfand. Der Bandname ist einem Gedicht des südafrikanischen Dichters Keorapetse Kgositsile entlehnt. Maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Hip Hop hatte der Vietnam-Kriegsdienstverweigerer und Poets-Mitbegründer Jalaluddin Mansur Nuriddin mit seiner frühen Form des Sprechgesangs, er wird in der Fachpresse des Öfteren als „The Grandfather Of Rap“ betitelt – „With their politically charged raps, taut rhythms, and dedication to raising African-American consciousness, the Last Poets almost single-handedly laid the groundwork for the emergence of hip-hop“, merkt der Kritiker Jason Ankeny im Allmusic-Portal an. In ihrem Song „Rain Of Terror“ riefen die Last Poets zum Support der Black Panther Party auf, ihre politischen Texte Anfang der Siebziger führten zur zwischenzeitlichen geheimdienstlichen Überwachung des Künstler-Kollektivs durch das FBI. Die Geschichte der Last Poets wäre sicher einen ausführlicheren eigenen Beitrag in der Soul-Family-Tree-Reihe wert.

Eine der herausragendsten Nummern der ersten Ausgabe stammt vom Chor einer Schule aus Rochester/New York, mit dem Song über den Godfather Of Soul „James Brown“ vom Album „Ghetto Reality“, der sich nicht recht zwischen Hommage und angedeuteter Persiflage des Gesangs-Stils der großen Soul-Legende entscheiden kann. Das Stück schaffte es Jahrzehnte später mit Hilfe des Trikont-Samplers auf Platz 1 der Blatt-internen Playlist des renommierten britischen Mojo-Magazins.
Die Formation war ein von der afroamerikanischen Lehrerin Nancy Dupree initiierter Schüler-Chor, die Pädagogin artikulierte mit ihren Kompositionen, welchen Stellenwert die schwarzen Musik-Ikonen für die Gesellschaft hatten und welche charakterlichen Stärken jedes Kind grundsätzlich mit sich bringt („What do I have? Guts…heart…and soul“), mit ihren Texten forderte sie die Bürgerrechte für Schwarze in den USA ein. Das Album „Ghetto Reality“ wurde 1970 von Asch/Folkways veröffentlicht, es blieb Nancy Duprees einziger Musik-Tonträger, daneben erschienen von ihr zwei weitere Alben in den Siebzigern mit Spoken-Word-Aufnahmen ihrer Gedichte.

Mit Sylvester „Syl“ Johnson ist ein altgedienter R&B- und Blues-Musiker aus dem Mississippi-Delta auf dem zweiten Teil der Sammlungen vertreten, „Black & Proud“-Herausgeber Jonathan Fischer wählte die schwer in Richtung Soul driftende Nummer „I’m Talking ‚bout Freedom“ vom 1970er-Album „Is It Because I’m Black?“ des Blues-Gitarristen und Produzenten, der bereits in den fünfziger Jahren in Chicago mit Legenden wie Howlin‘ Wolf, Junior Wells und Jimmy Reed zusammenspielte.
Ab Mitte der Achtziger verabschiedete sich Johnson weitgehend von der Musik und betrieb für etliche Jahre ein Fisch-Restaurant. 1992 wurde sein Song „Different Strikes“ von Public Enemy, Wu-Tang Clan und anderen Rap-Größen gesampelt, was sein eigenes Interesse an einem Comeback befeuerte und ihn wieder Platten aufnehmen und auftreten ließ. Etliche weitere seiner Songs wurden von Hip-Hop-Acts verwendet, Johnson beklagte sich im Nachgang vehement über Copyright-Verletzungen und geistigen Diebstahl.

Neben prominenteren Soul-, Funk- und Reggae-Musikern und -Bands wie Curtis Mayfield, Marvin Gaye, Gil Scott-Heron oder den Staple Singers finden sich auf den beiden Alben auch unbekanntere (Wieder-)Entdeckungen wie der unter dem Namen Darondo auftretende kalifornische Soul-/Funk-Sänger William Daron Pulliam, der mit dem Rare-Grove-Titel „Let My People Go“ an das biblische Gleichnis von Moses erinnert, der sein Volk aus der Gefangenschaft führt.
Der von Soul-Fans hochgeschätzte Musiker soll sich im Nebenerwerb als Zuhälter verdingt haben, was von ihm selbst zu Lebzeiten stets bestritten wurde. In den frühen Siebzigern trat er im Vorprogramm von James Brown und Sly Stone auf, insgesamt waren seine Erfolge im Musik-Business überschaubar. Ende der Achtziger ließ er sich zum Physiotherapeuten ausbilden. Sein Song „Didn’t I“ war in der ersten Staffel der amerikanischen Erfolgs-TV-Serie „Breaking Bad“ zu hören. 2013 ist William Daron Pulliam/Darondo im Alter von 66 Jahren einem Herzinfarkt erlegen.

Die beiden Ausgaben von „Black & Proud – The Soul Of The Black Panther Era“ sind 2002 beim Münchner Indie-Label Trikont erschienen und nach wie vor bei der Plattenfirma selbst oder im gut sortierten Versand-/Fachhandel erhältlich.

Link: „Ich werde immer noch vom FBI überwacht“ – Interview von Jonathan Fischer mit Bobby Seale auf SPIEGEL ONLINE, 2. Mai 2007

Soul Family Tree (36): Soul goes Country

Ich kam auf das Thema, als ich Solomon Burke interviewte. Wer hätte gedacht, dass diese Soul-Legende jeden Morgen Countrymusik zum Aufstehen hört? Er erzählte mir, dass er Countrymusik liebt, dass Countrymusik schwarze Musik ist. Er hat sogar vor dem Ku Klux Klan gesungen. Weil er eine „weiße“ Stimme hatte, hatten sie ihn in den Südstaaten gebucht. Als er ankam, sagte ihm der Veranstalter: „Oh, das ist jetzt großer Mist. Weißt du was? Wir sagen einfach, du hast einen Verkehrsunfall gehabt, und bandagieren dich von oben bis unten ein.“ Und dann trat der Veranstalter vor das Redneck-Publikum und sagte, er habe eine schlechte Nachricht: Der Sänger hatte einen Unfall, und es gäbe auch eine gute: Er wird trotzdem für uns singen. Ehrlich gesagt, man kann’s nicht glauben, aber ich habe immer wieder Leute getroffen, die sagten: „Doch, das ist wahr, ich war dabei.“
(Jonathan Fischer, in: Christof Meueler mit Franz Dobler, Die Trikont-Story, 2017)

Seele haben beide nicht zu knapp, Country und Soul, insofern stellt der DJ, Künstler, Journalist und Amateurboxer Jonathan Fischer als Herausgeber der beiden Trikont-Sampler „Dirty Laundry – The Soul Of Black Country“ (2004) und „More Dirty Laundry“ (2008) die berechtigte Frage, ob eine Trennung von „schwarzer“ und „weißer“ Musik in den Medien, Charts und Plattenläden überhaupt Sinn macht.
Schwarze Musiker waren bereits seit den ersten Aufnahmen Teil der Country-Musik-Szene, die aus der europäischen Folklore der weißen Einwanderer entstandene Hillbilly-Musik wurde maßgebend vom Blues und Gospel der afroamerikanischen Arbeiter und Sklaven-Nachkommen hinsichtlich Stil, Songmaterial und thematischer Inhalte beeinflusst und nachhaltig geprägt.
In den amerikanischen Südstaaten setzten sich schwarze und weiße Musiker über die gängigen Rassenschranken hinweg, vermischten und entwickelten so gemeinsame Ansätze in der Instrumentierung wie im Interpretieren von Songs des jeweils anderen Genres.
Die Süddeutsche Zeitung brachte es seinerzeit in einer Besprechung zu den Fischer-Sammlungen des Münchner Indie-Labels treffend auf den Punkt: „Erst als clevere Musiker wie Jimmie Rogers, Bill Monroe und Hank Williams mit schwarzen Kollegen Stile und Songs austauschten, wurden aus den Hinterwäldlersongs echte Hits. Die schaurigschönen vertonten Geschichten über Verlierer, Trinker und Habenichtse plärrten aus den Radiolautsprechern und Grammophontrichtern – und alle, die mit den Härten des Lebens kämpften, sangen mit, natürlich auch Afroamerikaner“.

Jonathan Fischer legt in den von ihm kompilierten Samplern neben den offensichtlichen Wurzeln des Soul im Gospel und Blues auch die weniger augenscheinlichen im Country und Bluegrass offen und dokumentiert im beigelegten Text die Fallstricke, die den schwarzen Musikern von der weißen Country-Industrie ausgelegt wurden.

Zum Einstieg der Opener zu „Dirty Laundry“ von der ehemaligen Southern-Soul-Sängerin und heutigen Pastorin Ella Washington, die Jonathan Fischer bereits auf seinem wunderbaren „Down & Out“-Sampler vorstellte, hier mit ihrem 1969er-Hit „He Called Me Baby“, einer Nummer aus der Feder von Songwriter Harlan Howard, die auch Country-Stars wie Patsy Kline und Charlie Rich aufnahmen.

Bobby Womack, der im übrigen auch das Cover des ersten Trikont-Soul/Country-Samplers mit Stetson, cooler Sonnenbrille und Pfeife ziert, hat sich 1976 eingehend mit der Country-Musik auseinandergesetzt. Sein Album „BW Goes C&W“ wurde von der Kritik schwer verrissen und floppte kommerziell auf ganzer Linie, darüber hinaus zerbrach seine Geschäftsbeziehung zum Label United Artists aufgrund der schlechten Verkaufszahlen, der Ritt auf dem weißen Pferd endete für den renommierten Soul-Songwriter und Produzenten als desaströses Rodeo. Trotzdem finden sich auf dem Album etliche Perlen, das auf der ersten Trikont-Sammlung enthaltene „Bouquet Of Roses“ etwa oder die hier vorgestellte Sam-Cooke-Komposition „Tired Of Living In The Country“:

Der aus Ferguson/Missouri stammende Soul-Sänger Brian Owens bringt das Thema mit der aktuellen Eigenkomposition „Soul In My Country“ auf den Punkt, ansonsten widmet er sich auf seinem im Oktober erschienenen neuen Album ausschließlich einigen der Greatest Hits der Country-Ikone Johnny Cash, auf „Soul Of Cash“ mag nicht jede Interpretation gleichermaßen überzeugen, bei nahezu totgespielten und obligatorischen Titeln wie „Ring Of Fire“ oder „I Walk The Line“ springt der Funke im Black-Music-Gewand nicht recht über, Etliches plätschert allzu beliebig im gefälligen Mainstream, bei einer Handvoll Titel ist der Weg zum völlig belanglosen Soft Soul nicht mehr weit, es finden sich aber auch mindestens zwei rühmliche Ausnahmen auf dem Tonträger, die Moritat über einen unschuldigen Mörder in „Long Black Veil“ und vor allem die zusammen mit dem Nashville-Musiker Austin Grimm Smith eingesungene Kris-Kristofferson-Komposition „Sunday Morning Coming Down“ klingen, als hätten sie schon lange nach einer Soul-Version in dieser Form verlangt.

Der Americana-Songwriter, Produzent und Musiker Buddy Miller hat sich 2006 um den schwergewichtigen R&B-/Blues- und Soul-Prediger Solomon Burke angenommen und mit ihm das Country-Album „Nashville“ eingespielt. Burke hatte erst einige Jahre zuvor ein Comeback mit dem erfolgreichen und hochgelobten 2002er-Coverversionen-Album „Don’t Give Up On Me“, für das er seinen ersten Grammy erntete. Die Soul-Legende hat sich bereits in früheren Jahren mit Country-Musik beschäftigt, auf „Nashville“ interpretiert er mehrheitlich wieder Fremdmaterial aus der Feder von Größen wie Bruce Springsteen, Dolly Parton, Patty Griffin oder Jim Lauderdale, mit der Nashville-Songwriterin Gillian Welch nahm er deren Nummer „Valley Of Tears“ für das Album auf, hier eine Live-Version der Ballade, zusammen mit dem Welch-Weggefährten David Rawlings:

Andersrum geht es auch, darum zum Schluss etwas Country-Weißbrot vom bereits eingangs erwähnten Alt-Crooner Charlie Rich mit einer Einspielung der weit über 100 Jahre alten, weltbekannten Gospel-/Spiritual-Nummer „Down By The Riverside“. Black-Friday-Contributor Stefan vom Freiraum-Blog verabschiedet sich an der Stelle immer mit seinem „Peace and Soul“-Gruß, analog hierzu heute ein passendes „Study War no more“

Soul Family Tree (30): Down & Out – The Sad Soul Of The Black South

„Wer es wagt, den Flauschteppich der radioformatierten Klänge einmal umzudrehen und genauer hinzugucken, der wird bald Brandlöcher entdecken, allerlei interessanten Schmutz und spirituelle Untertöne, die den Kurzschluss zwischen Gosse und Himmel bewerkstelligen. Soul kann auf schmerzhafte Weise süchtig machen. Spätestens dann, wenn die vergessenen Stimmen der Ekstase, der Verzweiflung und der Unvernunft zurückschlagen.“
(Jonathan Fischer, Zwischen Trauer und Traum: Ein Geschmack von Gott, Liner Notes zu „Down & Out“)

Vor knapp 20 Jahren hat der in München geborene und ansässige DJ, Kunstmaler, boxende Journalist und Trikont-Sampler-Kompilierer Jonathan Fischer mit „Down & Out: The Sad Soul Of The Black South“ eine wunderbar stimmige Sammlung von größtenteils unbekannten Soul- und Rhythm-&-Blues-Perlen afro-amerikanischer MusikerInnen aus den amerikanischen Südstaaten zusammengestellt. 24 Songs aus den Sechzigern und Siebzigern, oft unter technisch einfachsten Bedingungen in spartanischen Studios irgendwo zwischen Texas und Tennessee eingespielt und von unabhängigen Kleinstlabels für den lokalen Markt auf den Weg gebracht, die Songs über die Zeit mit angesetzter Patina veredelt, fernab jeglicher Softsoul-Mainstream-Weichspülerei, Philly-Sound-Saumseligkeit und „King of Pop“-Hochglanz-Produktion, der wahre Stoff aus den Juke Joints, thematisch unterwegs zwischen schweißtreibendem Sex in ranzigen Hinterzimmern, häuslichen Dramen, dem Gebet nach Vergebung im Gospel-Gottesdienst der schwarzen Kirchen-Gemeinden und Bürgerprotest wider Rassismus, sozialen Schranken und prekären Lebensumständen – „die Psyche des schwarzen amerikanischen Südens in all seiner Widersprüchlichkeit“, wie Fischer in den CD-Liner-Notes anmerkt, die eine lesenswerte Abhandlung und Musik-historische Würdigung wie Einordnung im weiteren Genre-Kontext über den Southern Soul enthalten.

Die wunderbare Coverversion der Protest-Nummer „Cryin‘ In The Streets“ vom indisch-amerikanischen Newcomer Zeshan B wurde hier vor zwei Monaten in der Rubrik „Soundtrack des Tages“ vorgestellt, die nicht minder berückende 1970er-Originalversion mit Eindrücken vom Trauerzug zu Ehren Martin Luther Kings von Louisiana-Soul-Legende George Perkins findet sich als Eröffnungsstück auf dem „Down & Out“-Sampler, mit durchdringendem Falsett und hypnotischer Vehemenz landete Perkins seinen größten Hit mit der sozialkritischen Hymne aus dem Umfeld der Chitlin‘ Circuits, jenen Orten und Treffpunkten, an denen schwarze Künstler vor allem in den Südstaaten in Zeiten der Rassentrennung sichere Auftrittsmöglichkeiten vorfanden. Mitte der Siebziger verschwand der Deep-Soul- und Gospel-Sänger von der Bildfläche, um 1980 für ein kurzes Comeback ins Rampenlicht zurückzukehren. Sein Job bei einer Versicherung ließ ihm nicht genügend Zeit und Raum für eine größere Karriere, in späteren Jahren ist er weiter in Kirchen als Gospel-Sänger aufgetreten. 2013 ist George Perkins in seiner Heimat Hammond/Louisiana im Alter von 70 Jahren gestorben.
„Cryin‘ In The Streets“ bezeichnete der Sänger als „the right song at the right time“, Songwriter und Perkins-Freund Frank Turner hat ihn unter dem Titel „Let Freedom Ring“ gecovert, einige Zydeco-Musiker haben sich auch daran versucht, unter anderem Geno Delafose und Stanley Joseph Dural aka Buckwheat Zydeco, letzterer in seiner Version mit einem glänzend aufgelegten Ry Cooder an der Slide-Gitarre.

Johnny Copeland ist in Blues-Kreisen kein Unbekannter. Das Spiel des „Texas Twister“ wurde vom Genre-Pionier T-Bone Walker beeinflusst, ab den 50er Jahren machte er sich mit rohem Blues und Soul einen Namen. In den Achtzigern arbeitete er mit Größen wie Albert Collins und Robert Cray zusammen, 1985 trat er beim Montreux Jazz Festival mit Gitarristen-Legende Stevie Ray Vaughan auf, hinsichtlich Tourneen war er ohnehin Kosmopolit, seine Konzertreisen haben ihn unter anderem nach Westafrika und Osteuropa geführt.
Das auf „Down & Out“ enthaltene „Down On Bending Knees“ hat Copeland 1963 für ein regionales Label in Houston/Texas aufgenommen, in dem lokalen Hit treffen schwere Bläsersätze auf das exzessive Heulen des Sängers.
Johnny Copeland ist 1997 in New York City gestorben, er wurde 60 Jahre alt.

Ella Washington hatte 1969 mit „He Called Me Baby“ ihren einzigen Hit, die Nummer aus der Feder des Country-Songwriters Harlan Howard wurde zuvor bereits von Nashville-Stars wie Patsy Cline und Bobby Bare eingespielt, aus dem selben Jahr stammt das Herzschmerz-Stück „Sit Down And Cry“, in der die Sängerin aus Miami den Emotionen in ihrer ausdrucksstarken Stimme freien Lauf lässt.
Ab Mitte der Siebziger wendete sich Ella Washington durch mangelnden Erfolg desillusioniert vom Musikbusiness dem Gospel zu, seit 2009 ist sie als Pastorin der Theos Ministries Church in ihrer Heimat Florida tätig.

Der 1930 in Tennessee geborene Bobby „Blue“ Bland war für seinen ureigenen Mix aus Gospel, Blues und R&B bekannt, Kritiker bezeichneten ihn aufgrund seiner Arien über Liebe, Verrat und Verzweiflung und der dramatischen Inszenierung seiner Stücke als „Sinatra des Blues“. Seinen ersten Hit hatte er 1957 mit „Farther Up The Road“, die Nummer wurde in späteren Jahren unter anderem von Levon Helm, Joe Cocker, Mike Bloomfield und Slowhand-Langweiler Eric Clapton gecovert. Sein 1974er-R&B-Hit „Ain’t No Love In The Heart Of The City“ wurde 1978 von der Deep-Purple-Nachfolgecombo Whitesnake in Richtung Mainstream-Hardrock getrimmt. Einem großen Massenpublikum blieb er unbekannt, trotz Interpretation etlicher seiner Songs in den Siebzigern von Größen wie Van Morrison, The Band oder den Grateful Dead.
„Road Of Broken Hearted Men“ stammt aus dem Jahr 1967, die gebrochenen Herzen waren BBBs ureigenstes Thema, 2013 hat sein eigenes den letzten Schlag getan, Bland wurde 83 Jahre alt. Von sich selbst sagte der Mann mit dem „Squall“, dem Gurgellaut als charakteristischem Merkmal seiner Sangeskunst: „Ich würde gerne als ein guter alter Junge vom Land in Erinnerung bleiben, der sein Bestes gegeben hat, um uns etwas zu hören zu geben, das uns durch traurige und durch glückliche Momente begleitet“ – das sollte ihm mit dem ein oder anderen seiner zahlreichen Songs auch gelungen sein.

Die CD-Compilation „Down & Out: The Sad Soul Of The Black South“ ist 1998 beim Ur-Independent-Label Trikont im schönen Münchner Stadtteil Giesing erschienen, leider seit einiger Zeit vergriffen und somit nur noch in Second-Hand-Läden oder bei ausgewählten Versendern erhältlich, das heuer zu feiernde 50-jährige Firmenjubiläum von Trikont wäre ein willkommener wie gegebener Anlass zur Neuauflage dieser schönen Sammlung.
Aus Anlass des Label-Jubiläums wird im Übrigen im kommenden Oktober ein Buch von Christof Meueler und Franz Dobler mit dem Titel „Die Trikont-Story – Musik, Krawall & andere schöne Künste“ im Heyne-Hardcore-Programm erscheinen, aber das ist dann eine andere Geschichte, wie auch das Jubiläumskonzert am 30. November im Münchner Feierwerk, unter anderem mit den Trikont-Künstlern Attwenger, Mrs. Zwirbl und Eric Pfeil.