Little Richard

Soul Family Tree (57): Inspiration & Intro

Im heutigen Black-Friday-Gastbeitrag zeigt der Hamburger Freiraum-Blogger Stefan Haase mit ausgewählten Songs, wo gut abgehangene Mainstream-Hanseln wie die ollen Beatles oder die Hardrock-Urknaller von Led Zeppelin seinerzeit ihre musikalischen Ideen vornehmlich bei afro-amerikanischen Musikern zusammengeklaut haben, quasi die fortgeführte Ausbeutung der Sklaven-Nachfahren durch den weißen Mann, mit anderen Mitteln  – Stefan formuliert das seinem Naturell entsprechend selbstredend etwas charmanter und thematisch differenzierter, here we go:

Heute dreht sich alles um Inspiration in der Musikgeschichte, und zum Ende um einen Podcast, der sich mit Intros von Songs beschäftigt.

Vor 50 Jahren erschien das Debut von Led Zeppelin. Auch die beiden Köpfe der Band, Robert Plant und Jimmy Page, ließen sich musikalisch inspirieren. Ihr Song „Rock And Roll“ ist hinlänglich bekannt, er wurde stark beeinflusst von Little Richard’s „Keep A Knockin'“, wie Plant in einem Interview verriet.

Led ZeppelinRock And Roll

Little RichardKeep A Knockin‘

Wir bleiben in England. John Lennon soll eine Jukebox besessen haben, so die Legende. Und irgendwann tauchte diese Jukebox wieder auf, wurde versteigert und anhand der Original-Singles erschien 2004 auch ein Album mit allen Songs. Es soll die Musik dokumentieren, die Lennon musikalisch inspirierte. Wie gesagt, belegt ist wenig. Doch heute weiß man, dank zahlreicher Interviews u.a. mit Paul McCartney, dass die beiden sich ebenfalls inspirieren ließen vom Sound der 1950er/1960er Jahre. Auf dem Album „John Lennon´s Jukebox“, erschienen bei Virgin, findet sich eine interessante Auswahl von Singles aus den Jahren 1956-1966. Hier trifft man wieder auf Little Richard, Wilson Pickett’s „In The Midnight Hour“ und auf Otis Redding, Bob Dylan und viele mehr. Ausführlicheres dazu gibt es bei Wikipedia zum Nachlesen, inklusive Tracklist.

Und hier einige Songs zum nachhören und rätseln, zu welchen Beatles-Songs sich John Lennon hat inspirieren lassen.

Chuck BerryNo Particular Place To Go

Little RichardSlippin‘ and Slidin‘ (Peepin‘ and Hidin‘)

Bobby ParkerWatch Your Step

Bobby Parker war ein Rhythm-and-Blues-Musiker. Sein Song „Watch Your Step“ aus dem Jahr 1961 war inspiriert von Dizzy Gillespie’s „Manteca“ und „What I´d Say“ von Ray Charles. Die Nummer war sein einziger Billboard-Hit. Parker trat oft zusammen mit Chuck Berry und Little Richard auf.

Vor fast 40 Jahren erschien das letzte reguläre Album der Band The Specials. Sie waren die erste Ska-Band in England und hatten enormen Erfolg. Auch wenn sie bis heute aktiv sind und Konzerte spielen, neues Songmaterial war bis vor kurzem Mangelware. Doch nun heißt es „Encore“, der Titel des neuen Albums. Und die erste Single daraus lässt sich gut hören. Erinnerungen an „Ghost Town“ werden wieder wach.

The SpecialsVote For Me

Missy Elliott wurde als erste Rapperin in die Songwriters Hall Of Fame aufgenommen. Das ist bemerkenswert, da bislang nur Jay-Z und Jermaine Dupri als Hip-Hop-Künstler aufgenommen wurden. Das ist Grund genug, auf den ersten Hit von Missy Elliott zurück zu blicken, der besonders bei regnerischen Wetter für gute Laune sorgt. Der Song erschien 1997 und basiert auf den bekannten Song „I Can´t Stand The Rain“.

Missy ElliottRain (Supa Dupy Fly)

Wer erkennt folgende Lyrics? „Chaka, Chaka, Chaka, Chaka Khan / Chaka Khan, Chaka Khan, Chaka Khan / Chaka Khan, let me rock you / Let me rock you, Chaka Khan …“ Prince schrieb für Chaka Khan ihren größten Hit mit „I Feel For You“. Sofort denkt man auch an Grandmaster Melle Mel, der dabei rappte. Nach vielen Jahren, in denen man von Chaka Khan nichts mehr hörte, kommt nun ein neues Album. Im letzten Jahr erschien bereits die erste Single „Like Sugar“, und nun hat sie ihr Video für „Happiness“ veröffentlicht. Und irgendwie ist die Zeit stehen geblieben. Satte Bassläufe und die alte Schule aus den 1980er Jahren lassen sich wieder hören.

Chaka Kahn Happiness

Und die letzte Inspiration kommt von McKinley Morganfield. Besser bekannt als Muddy Waters. Er inspirierte so viele andere Musiker und u.a. auch Led Zeppelin. Der geniale Willie Dixon schrieb den Song „You Need Love“, der Led Zeppelin für die Lyrics zu „Whole Lotta Love“ inspirierte.

Muddy WatersYou Need Love

Podcasts erfreuen sich seit geraumer Zeit großer Beliebtheit. Sound Opinions haben mit Great Starts einen wunderbaren Podcast ins Leben gerufen, in dem es um das Intro, die Anfänge in bekannten Songs geht. Und die Songauswahl ist richtig gut. Wer zum Beispiel mehr über Public Enemys Klassiker „The Power“ erfahren möchte, oder wie New Order den Beginn von „Blue Monday“ umgesetzt haben, sollte einschalten. Die beiden Moderatoren Greg und Jim schreiben dazu: „The first few bars of a song can make it or break it! Jim and Greg share tracks they think have great starts. They also share one song each that has an iconic ending“.

In der aktuellen Ausgabe geht es u.a. um The Temptations und ihren Klassiker „Papa Was A Rolling Stone“, um Public Enemy oder John Cale’s „Hallelujah“.

Bleibt inspiriert und bis zum nächsten Mal.

Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum.

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Soul Family Tree (7): Little Richard, Marlena Shaw, Baby Huey, David Axelrod

Christians-Catch-Hell

Black Friday, nächste Runde, Blogger-Freund Stefan Haase vom Hamburger Freiraum-Blog beschäftigt sich heute in seinem Beitrag unter anderem mit dem in der Popmusik seit Dekaden enorm einflussreichen Little Richard und erinnert an den kürzlich verstorbenen Produzenten David Axelrod:

Zum Wochenende ein Gruß aus der Soul Kitchen und der 7. Artikel rund um den „Soul Family Tree“. Es geht dabei um ein lautes Whooo von Little Richard, um Marlena Shaw, der ersten Frau, die einen Plattenvertrag beim Blue Note Plattenlabel bekam, der rockigen Seite des Soul mit Baby Huey, und aktuell leider eine Kerze für den vor wenigen Tagen verstorbenen David Axelrod.

Wenn man an Little Richard denkt, so wahrscheinlich zuerst an seine Rock’n’Roll- Songs wie „Tutti Frutti“. Doch das ist viel zu wenig, um seinem Schaffen gerecht zu werden. Little Richard schwor dem Rock’n’Roll bereits in den frühen 1960er Jahren ab und machte Soul-Musik. Später wechselte er ins Gospelfach, um danach wieder etwas anderes zu machen. Seine androgynen Bühnenauftritte sind legendär. Zumal er damit anderen Künstlern wie David Bowie, Mick Jagger, Prince u.a. den späteren Weg ebnete. Leider unterschrieb er auch im Laufe seiner Karriere jede Menge schlechter Plattenverträge, hatte kein Mitspracherecht an der Songauswahl und musste das singen, was ihm andere vorgelegt hatten. Eigenvermarktung war zudem nicht seine Stärke. Dennoch ist und bleibt er einer der einflussreichsten und größten Musiker in der „Black Music“.

Bobby Marchan schrieb und nahm 1964 erstmals den Titel Get Down With It auf. Little Richard, mittlerweile bei einer anderen Plattenfirma unter Vertrag, nahm das Lied 1967 auf. Die Plattenfirma arrangierte den Song neu mit Bläsern und versuchte den damals populären Motown-Stil zu kopieren. Herausgekommen ist dabei eine wunderbare dynamische Version mit den typischen Little Richard Attitüden. Und an der Gitarre steht kein geringerer als Johnny Guitar Watson. Darauf ein lautes Whooo.

Marlena Shaw war die erste Frau, die 1972 einen Plattenvertrag bei Blue Note Records erhielt. Ihre musikalische Karriere begann in den 1960er Jahren, sie singt heute noch und tritt regelmäßig auf. „California Soul“ ist wohl ihr bekanntester Song, der auch unzählige Male gesampelt und gecovert wurde, besonders von Hip Hop Künstlern. Doch gehen wir zurück ins Jahr 1969. „California Soul“ wurde vom bekannten Duo Ashford & Simpson 1967 geschrieben. 1969 coverte Marlena Shaw den Song auf ihrem Album „Spice Of Life“.

Heute geht es auch um die rockige Seite des Souls und um das kurze Leben von Sänger Baby Huey und seinen enormen Einfluss für die Hip Hop Music. Es ist auch eine Geschichte über Curtis Mayfield, der Baby Huey in den 1960er Jahren entdeckte. Baby Huey (1944 – 1970) wurde als James Ramey in Richmond geboren. Er hatte eine im wörtlichen Sinne enorme körperliche Bühnenpräsenz. Durch eine Überfunktion der Drüsen und durch Drogen wog er zwischen 175 – 200 Kilo und mehr. Er startete seine kurze Karriere in den Clubs in Chicago und wurde schnell zu einer lokalen Größe, zusammen mit seiner Band, The Babysitters. In den 60er Jahren änderte er seinen energetischen R&B-Sound in einen mehr psychedelischen Soul. Curtis Mayfield produzierte sein Debut mit vielen Songs von ihm selbst und dem Sam-Cooke-Cover „A Change Is Gonna Come“. Die Veröffentlichung seines Debuts erlebte Baby Huey nicht mehr. Sein hohes Gewicht und die Drogenprobleme waren zu viel für seinen Körper. Am 28. Oktober 1970 verstarb er an einem Herzinfarkt im jungen Alter von nur 26 Jahren.

Curtis Mayfield veröffentlichte das Debutalbum „The Living Legend“ 1971 posthum. Wohl aus Respekt ließ Curtis Mayfield diese Geschichte in seiner späteren Komposition „Freddie’s Dead“ einfließen. Das Album war zuerst nicht erfolgreich, trotz großartiger funkiger Songs wie „Hard Times“ oder „Mighty Mighty“ wurden die Songs später von Biz Markie, A Tribe Called Quest, Ghostface Killah, Big Daddy Kane und anderen gesampelt. Hier kommen Baby Huey and The Babysitters mit „Listen To Me“:

Und als Bonus gibt es noch einen zweiten Titel von Baby Huey mit „Hard Times“:

David Axelrod, der vor wenigen Tagen im Alter von 83 Jahren starb, ist einer der einflussreichsten Komponisten, Arrangeure und Produzenten im 20. Jahrhundert gewesen. Seine große Zeit hatte er beginnend in den 1960er Jahren bei Capitol Records. Er arrangierte und produzierte viele Alben u.a. von The Electric Prunes, Lou Rawls, Cannnonball Atterley u.v.a.

Bei Capitol Records nahm er auch seine eigene Kompositionen auf. Er verband Soul, R&B, Rock, Jazz mit orchestraler Musik zu einem einzigartigen Klanguniversum. Viele seiner Eigenkompositionen klingen wie Filmmusik und sind bis heute zeitlos. Besonders in der Hip Hop-Szene erlebte seine Musik bereits in den 1990er Jahren ein erfolgreiches Comeback. Ein Würdigung und Erinnerung in 3 Songs:

Hier kommt aus dem Jahr 1967 die Stimme von Soul Legende Lou Rawls mit dem Song „You´ve Made Me So Happy“ – produziert und arrangiert von David Axelrod:

Einer der bekanntesten Axelrod-Songs ist „The Edge“, was gefühlt millionenfach gesampelt wurde. Ursprünglich war es eine Komposition für den schottischen Schauspieler David McCallum, der die Hauptrolle in der Serie „The Man From U.N.C.L.E.“ spielte. Capitol wollte an der Popularität McCallums mitverdienen und so erschien das Album „Music A Bit More For Me“ u.a. mit diesem zeitlosen, wundervoll groovenden Song aus der Feder von David Axelrod:

Zum Schluss ein weiterer Klassiker, der wiederum sehr häufig gesampelt wurde: „Holy Tuesday“, der die Bandbreite der Kunst von David Axelrod aufzeigt:

Bis zum nächsten Mal. Soul and Peace.

Stefan aka Freiraum