Seth Lakeman – Ballads Of The Broken Few (2016, Cooking Vinyl)
Junger Engländer aus dem Dartmoor, der sich auf uralte Songwriter-Traditionen besinnt. Im Stil der frühen Country-/Bluesmänner und Balladensänger begeistert Seth Lakemann in Begleitung des Mädels-Trios Wildwood Kin und unter der Produktions-Fuchtel von Ethan James mit getragenen, zeitlosen, eindringlichen Songs. Die spartanischen, düsteren Eigenkompositionen werden völlig stimmig um traditionelles englisches Liedgut wie „Stranger“ und „The Willow Tree“, der moralischen Erbauung „Pulling Hard Against The Stream“ aus dem 19. Jahrhundert und „Anna Lee“ von der amerikanischen Songwriterin Laurelyn Dossett aus North Carolina bereichert/ergänzt. Grübeln und hinterfragen, begleitet von dunkel schimmerndem, schwerst zu Gemüte gehendem Musizieren.
(**** ½)
Michael McDermott – Willow Springs (2016, Pauper Sky Records)
Reiht sich ein in die Songwriter-Gilde bei Kollegen wie Willie Nile oder Ellioth Murphy: Michael McDermott aus Chicago/Illinois, wie die Genannten/Geschätzten seit vielen Jahren on the road und immer unter dem Radar fliegend, auf dem die Stars der Zunft wie der Stadien-Millionario Bruce aus New Jersey oder John Mellencamp den Löwenanteil der Beachtung und der Kundengelder abgreifen.
Schöner Folkrock, vermutlich schwerst beeinflusst von Dylan und dem über weite Strecken sehr brauchbaren Springsteen-Frühwerk, Americana mit ausgeprägtem Hang zur ergreifenden Melodie und den vom Leben geschriebenen Texten über neue Lieben und alte Dämonen, den Verlierern des American Way und die Hinterfragung der eigenen Folksinger-Profession. Mit Herzblut, Kohle-Zusammenkratzen und unter vielen persönlichen Entbehrungen eingespielt. Der Mann weiß auch dieser Tage, wovon er spricht, wenn’s um die harten Kanten des Lebens geht.
(**** – **** ½)
Billy Bragg & Joe Henry – Shine a Light : Field Recordings From The Great American Railroad (2016, Cooking Vinyl)
Das Kramen in der Historie und die Pflege des traditionellen amerikanischen Liedguts hat Billy Bragg, der Sympath-Mann und Vorzeige-Linke des englischen Indie-Protest-Songs, im Verbund mit der (zuletzt schwer schwächelnden) amerikanischen Alternative-Rock-Institution Wilco beim Interpretieren ausgewählter Woody-Guthrie-Klassiker ab Ende der Neunziger recht ordentlich hingekriegt, mit dem amerikanischen Songwriter und Produzenten Joe Henry wagte er sich nun an 13 Neueinspielungen von Folksongs über den Mythos der amerikanischen Eisenbahn. Man kann nur hoffen, dass die beiden hinsichtlich früherer Tonträger nachweislich ausgezeichneten Musiker wenigstens bei den Aufnahme-Sessions ihren Spaß hatten, beim Hörer hält sich das Vergnügen über die Monotonie des dargebotenen Lagerfeuer-Geschrammels in überschaubaren Grenzen, Nummern wie „The L & N Don’t Stop Here Anymore“ oder „In The Pines“ hat man bei Michelle Shocked, Johnny Cash oder Nirvana weiß Gott schon beseelter vernommen.
Aufgezeichnet als Field Recordings auf Bahnsteigen, Bahnhofshallen und Wartesälen, eigentlich ein spannender und stimmiger Ansatz, aber leider im Ergebnis ungefähr so kurzweilig wie die Zeit, die man bei Verspätungen der Deutschen Bundesbahn totschlagen darf…
(** ½ – ***)