Mikey Dread

Soul Family Tree (52): 50 Jahre Trojan Records

Black Friday, heute mit einem Gastbeitrag von Stefan Haase vom Hamburger Freiraum-Blog über das erste halbe Jahrhundert des englischen Trojan-Labels:

Im Juli 1968 gründeten die beiden Engländer Lee Gopthal und Chris Blackwell von Island Records in London das unabhängige Plattenlabel Trojan Records. Intention hinter dem Unternehmen war, Reggae- und Dub-Musik nach Europa zu bringen. Der Name Trojan kommt wohl daher, dass der jamaikanische DJ Duke Reid seinerzeit mit seinem Sound-System auf einem Trojan-Truck von Ort zu Ort tourte. Die ersten sieben Jahre waren die wichtigste Ära für die Kulturinstitution. Durch die Musik erreichte Trojan von Beginn an die Jugendlichen. Und mit den Skinheads als Kunden, der ersten multikulturellen Bewegung in England, kam einiges an Singles von Trojan Records in die Charts. Die Skins warten zu Beginn in erster Linie an Mode und Musik interessiert und weniger an Randale. In den 1970er Jahren setzte sich der rechte Flügel der zusehends gewaltbereiteren Jugendbewegung durch.

Trojans Blütezeit, von 1968 bis 1975, bereitete den Boden für die spätere Punk-/Reggae-Welle der späten Siebziger Jahre. Ohne Trojan hätte es keinen Ska, Dub oder Punk gegeben. Der Reggae war jamaikanischer Punk und ein klares Statement gegen Rassismus. Bis heute tauchen Trojan-Songs in Werbeclips auf oder werden gesampelt von Rappern wie Jay-Z und vielen anderen. Obwohl das Label bereits 1975 verkauft wurde, blieb es bis heute in London beheimatet und ist mittlerweile englisches Kulturgut. Zum 50. Geburtstag wurde eine üppige CD- und LP-Box „Trojan 50“ veröffentlicht. Darüber hinaus publizierte Trojan ein Coffeetable-Book: „The Story Of Trojan“. Mehr Infos gibt es drüben bei www.trojanrecords.com. Dort finden sich auch jede Menge Musiklisten zum Nachhören.

„If every generation really learned from the one before, we’d be gods by now.“
(Don Letts)

Das Label machte zahlreiche jamaikanische Musiker wie Jimmy Cliff, Desmond Dekker, Lee „Scratch“ Perry und natürlich den jungen Bob Marley bekannt. Trojan brachte damit den Reggae und Dub nach Europa. Und ohne Trojan hätte es keinen Ska gegeben, keine Madness oder Specials. Don Letts, Sohn jamaikanischer Eltern in London, brachte den Reggae zum Punk und den Punk zu Bob Marley → Punky Reggae Party“.

Wie Letts in einem Interview erzählte, gab es in den 1970er Jahren in der Kings Road in London nur zwei coole Mode-Shops, Acme und einen Laden, der von Vivienne Westwood und dem späteren Sex-Pistols-Manager Malcolm McLaren geführt wurde. Letts heuerte bei Acme an. Dort kauften auch viele Punk- und Rock-Musiker ein, und Letts schloss schnell mit ihnen Bekanntschaft. Als 1976 Manager des Londoner Roxy Clubs bei Letts anfragten, ob er nicht bei ihnen als DJ auflegen möchte, sagte er zu und spielte Punk, hauptsächlich aus den USA, vor allem Songs der New York Dolls, von Patti Smith oder Television. Doch es gab zu der Zeit noch nicht so viele Punk-Platten, und so legte er aus der Not heraus auch Reggae- und Dub-Singles auf. Und die Punks liebten es. Alles weitere ist Geschichte.

Jimmy Cliff – „Guns Of Brixton“ (The Clash Cover)

Bob & Marcia – „Young Gifted And Black“ (Nina Simone Cover)

Toots And The Maytals – „54-46 That’s My Number“

Harry J. All Stars – „The Liquidator“ (wird heute noch immer beim FC Chelsea im Stadion gespielt)

Mikey Dread – „Roots And Culture“

„It was Trojan’s music that united black and white youths. On the playgrounds, on the streets and on the dance floor.“
(Don Letts)

Don Letts brachte den Reggae zum Punk. Er ist mittlerweile längst ein renommierter englischer Moderator, Filmemacher, Musiker, Journalist und DJ. Beim Radiosender BBC 6 Radio legt er jeden Sonntagabend für zwei Stunden Musik auf. Die Sendung ist bei uns ab 23.00 Uhr zu hören. Wem das zu spät ist, kann die Sendung 4 Wochen lang nachhören, ganz ohne Geoblocking. Der Link zur Sendung → Don Lett´s Culture Clash Radio.

Nachdem er den Reggae zu den Punks brachte, machte er als Video-Regisseur der Band The Clash von sich reden. In den ersten Jahren der Band-Historie hatte er alle Videos des Quartetts gedreht. Auf dem Album „Black Market Clash“ ist er auf dem Cover zu sehen. Seine spätere Dokumentation über die Band „Westway To The World“ erhielt einen Grammy.

Vor einigen Wochen hatte er in seiner Sendung eine „Summer Bass-Heavy Reggae Selection!“ Leider ist die Sendung nicht mehr nachzuhören. Aus dieser Sendung habe ich 5 Songs ausgesucht:

Benjamin Zephaniah – „Earth Liberation Sounds“

Gentleman’s Dub Club – „Hotter“

Dubmatrix & Ranking Joe – „War Inna Corner“

Dread Lion & Mr Biska meet Vibronics – „Zion Dubwise“

DJ Vadim – „Fussin‘ & Fightin'“

„Much has changed since the summer of 1968, yet despite the rise and fall of numerous music trends and the development of new formats on which music can be acquired, Trojan Records has consistently maintained a significant and relevant presence in an ever-competitive market. And such is the vast wealth of music at its disposal there is no reason why it should not continue to do so for many, many years to come.“
(Trojan Records)

Peace and Soul

Stefan aka Freiraum

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Soul Family Tree (18): Sampha, Mikey Dread, Lexsoul Dancemachine, Chuck Jackson, The Ebonys

Black-Friday-Soul-Weekender mit einem Gastbeitrag vom Hamburger Freiraum-Blogger Stefan, so groovt und läuft der Haase ;-)) :

Heute gibt es wieder einen abwechslungsreichen Mix aus der Soul Kitchen, mit neuer Musik von Sampha, Funk aus Estland, Reggae aus Jamaika, Northern Soul und einem raren Phillysound-Song.

Sampha aus England ist ein ungewöhnlicher Künstler. Man konnte ihn oft als Gastsänger, zum Beispiel bei SolangeFrank Ocean oder Kanye West, hören. Er produzierte auch das erfolgreiche Debut von SBTRKT und dazu veröffentliche er einzelne Singles. Erst seit Februar 2017 gibt es das lang erwartete Debütalbum „Processing“, das erfolgreich in die internationalen Charts einstieg. Daraus eine Ballade, sparsam von Sampha am Klavier begleitet, ein Lied, das nachklingt. Hier kommt „(No One Loves Me) Like The Piano“.

Michael George Campbell, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Mikey Dread, war einer der einflussreichsten Musiker, Produzenten und Moderatoren für jamaikanische Musik. Besonders die Freundschaft zur Band The Clash und seine Mitarbeit am Album „Sandinista“ machten ihn weltweit bekannt. 2008 starb er im Alter von 54 Jahren. Aus seinem Album „Pave The Way“ von 1982 habe ich einen Kultsong ausgesucht: „Roots And Culture“.

Von Jamaika und England geht die Reise weiter nach Estland. Soul und Funk gibt es weltweit. Und auch die Esten haben den Groove. Die Mitglieder der Lexsoul Dancemachine kommen aus Tallin und beschreiben sich in eigenen Worten so:
„Raw street funk on one side, sweet soul on the flipside – Lexsoul Dancemachine is known for tearing venues apart with their merciless stage presence. Active since 2013, the aim of the machine is to hypnotize feelgood music lovers with fundamental basslines, syncopated rhythms and repetitive grooves“.
Soulbrothers and Sisters, jetzt wird es funky:

Kommen wir zum Northern Soul,  der besonders in England populär wurde. Hier geht es nicht um die große Namen, sondern um seltene, rare Songs von Künstlern, die man fast schon wieder vergessen hat. Innerhalb der Popkultur gehört die Northern Soul-Bewegung zu den ältesten. Jetzt gibt es raren Soul mit Chuck Jackson und seinem Song „Hand It Over“ aus dem Jahre 1964. Einige seiner Songs wurden später durch andere Interpreten populär. Am bekanntesten ist darunter Michael McDonalds Version von „I Keep Forgotten“. Doch wir bleiben beim Original:

Mit The Ebonys darf die Woche relaxed ausklingen. Das Vokal-Quartett hatte mit „Making Love Ain’t No Fun (Without The One You Love)“ 1976 ihren größten Hit. Phillysound at his best.

Bis zum nächsten Mal.

Peace and Soul.

Stefan aka Freiraum