Mugstar

Abgerechnet wird zum Schluss: Die Platten des Jahres 2015

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„When I said you’re strange
It was a compliment, you know“
(Langhorne Slim & The Law, Airplane)

Irgendwie ein typisches „Es-war-schon-alles-da-in-der-Musik-darum-schon-wieder-kein-neues-‚Astral-Weeks‘-‚Zen-Arcade‘-‚Exile-On-Main-St‘-Wunderwerk“-Jahr, dafür aber ein Musik-Jahr mit überraschenden Comebacks, würdigen Alterswerken, spannenden Mixturen, ein paar erwarteten und etlichen unerwarteten Highlights, einigen gewichtigen Ausgrabungen aus den Archiven und einem ersten Platz, der das in der Gesamtheit nicht sonderlich rosige Jahr 2015 in seiner Grundstimmung einfängt.

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(01) Steve Von Till – A Life Unto Itself (2015, Neurot)
Das düstere Songwriting des Neurosis-Sängers/-Gitarristen: die Platte des Jahres 2015 im Kulturforum. Der passende Soundtrack für ein Jahr, von dem Bilder/Eindrücke unter anderem von gekenterten Flüchtlings-Booten, dem Terror-Anschlag auf einen Live-Club und allerhand politischen Verwerfungen bleiben werden, leider.

(02) Pops Staples – Don’t Lose This (2015, Anti)
Würdiges Alterswerk der Gospel-/Soul-Ikone, aus Rohfassungen von Tochter Mavis Staples und Wilco-Vorturner Jeff Tweedy behutsam zu einem guten Ende gebracht.

(03) Bang On A Can All-Stars – Field Recordings (2015, Cantaloupe/Naxos)
Im Bereich Experimental/Avantgarde/Klassik das Maß aller Dinge in 2015.

(04) Eleventh Dream Day – Works For Tomorrow (2015, Thrill Jockey/Rough Trade)
Tonträger-Comeback des Jahres. Die Alternative-Rock-Combo um Rick Rizzo und Janet Beveridge Bean aus Chicago/Illinois hat nichts verlernt und kracht wie eh und je.

(05) Bill Fay – Who Is The Sender? (2015, Dead Oceans)
Steht dem Songwriter-Wunderwerk ‚Life Is People‘ (Dead Oceans) von 2012 in nichts nach.

(06) The Unthanks – Mount The Air (2015, Soulfood)
Unthank ist der Welten Lohn, haha. English Folk Masterworks.

(07) Wrekmeister Harmonies – Night Of Your Ascension (2015, Thrill Jockey)
Ambient-Drone-Metal von JR Robinson und seinen Mitstreitern, Jahres-Top-Ten-Dauergast.

(08) James McMurtry – Complicated Game (2015, Blue Rose Records)
James McMurtry hat den Folk für sich entdeckt.

(09) Melbourne Cans – Moonlight Malaise (2014, Lost & Lonesome)
Australische Indie-Perle.

(10) Houndmouth – Little Neon Limelight (2015, Rough Trade)
US-Wohlklang-Pop mit allen guten Zutaten aus den Sixties.

(11) Die Buben im Pelz & Freundinnen – Die Buben im Pelz & Freundinnen (2015, Konkord)
Den Violinen-Drone aus „The Black Angel’s Death Song“ haben sie nicht hingekriegt, sowas bleibt natürlich nur Musikern wie dem Gott-ähnlichen John Cale vorbehalten, ansonsten haben sie wirklich alles richtig gemacht, die Buben im Pelz und ihre Schicksen, mit ihrer Wiener Adaption eines der wichtigsten Alben der Pop-Historie. Total leiwand, eh kloa…

(12) Nathaniel Rateliff – Nathaniel Rateliff & The Night Sweats (2015, Stax / Caroline)
Der ehemalige Alternative-Country-/Folk-Crooner liefert die Soul-Scheibe des Jahres ab. Schade, dass er sich beim Münchner Auftritt hinsichtlich Konzertdauer so geziert hat.

(13) Alela Diane & Ryan Francesconi – Cold Moon (2015, Soulfood)
Atemberaubende Schönheit, in Töne gegossen. Mehr Folk-Wohlklang geht glaub ich nicht.

(14) The Echo Bombs – King Of Uncool (2014, Rubber Brother Records)
Garagen-Trash vom Feinsten aus Phoenix/Arizona. Crypt-Records-Ehrenmedaille, sozusagen.

(15) Yo La Tengo – Stuff Like That There (2015, Matador)
‚Fakebook‘, revisited. Was wäre eine Jahresbesten-Liste ohne Yo La Tengo?

(16) Danny And The Champions Of The World – What Kind Of Love (2015, Loose Music / Rough Trade)
Allein schon wegen „Precious Cargo“ und „This Is Not A Love Song“…

(17) Waves – Stargazer (2015, Waves)
Mit das Interessanteste in Sachen Post-Rock kam heuer aus München. Meine Hardcopy fange ich mir beim Konzert am 14. Januar im Backstage ein und dann folgt auch eine ausführliche Besprechung. Versprochen.

(18) Eric Pfeil – Die Liebe. Der Tod. Die Stadt. Der Fluss (2015, Trikont)
Intelligent-gewitzter deutscher Songwriter-Pop. Gibt’s nicht? Eric Pfeil hören…

(19) The Lonesome Billies – It’s Good To Be Lonesome (2015, Stay Lonesome Records)
Alternative Country aus Oregon, mit Punk-Rock-Hintergrund. Da kann nix schiefgehen.

(20) The Moonband – Back In Time (2015, Millaphon Records / Broken Silence)
Wie bereits im Vorjahr waren die Münchner Vorzeige-Folker sowohl konzertant als auch auf Tonträger eine Bank. Eine Coverversionen-Sammlung vom Feinsten.

(21) Low – Ones And Sixes (2015, Sub Pop)
Bis dato das reifste Werk des Slowcore-Trios.

(22) Duke Garwood – Heavy Love (2015, Heavenly / Rough Trade)
Grandioser Düster-Blues im Geiste von Nick Cave und Hugo Race vom Londoner Duke Garwood.

(23) Langhorne Slim & The Law – The Spirit Moves (2015, Dualtone)
„Airplane“, mehr sag ich nicht…

(24) Binoculers – Adapted To Both Shade And Sun (erscheint im Juni 2015, Insular)
Psychedelischer Indie-Wohlklang aus Hamburg.

(25) A Forest – Grace (2014, Analogsoul / Broken Silence)
Ultra-cooler Elektro-Soul aus dem deutschen Osten. Kam schon letztes Jahr raus, was mir wegen der exzellenten Qualität der Platte herzlich egal ist.

(26) Ryley Walker – Primrose Green (2015, Dead Oceans)
Aus der Zeit gefallener Prog-Folk, der Neues mit alten Meistern wie Tim Buckley und Nick Drake verbindet.

(27) Takaakira ‘Taka’ Goto – Classical Punk And Echoes Under The Beauty (2015, Pelagic / Cargo Records)
Exzellente Neoklassik-Übung des Mono-Gitarristen.

(28) Ralph Stanley & Friends – Man Of Constant Sorrow (2015, Cracker Barrel)
The good Bluegrass-Doctor mit prominenter Unterstützung.

(29) Ty Segall Band – Live In San Francisco (2015, Drag City)
Krachiger US-Indie-Rock der angenehmen Sorte.

(30) Damo Suzuki & Mugstar – Start From Zero (2015, Salted)
Der ehemalige Can-Sänger und die britischen Space-Rocker mit einem hypnotischen Live-Album.

(31) Rhett Miller – The Traveler (2015, ATO Records)
Der Old-97’s-Vorsteher auf Solopfaden als Indie-/Alternative-Country-Grenzgänger.

(32) Joe Crookston – Georgia I’m Here (2014, Milagrito)
1a-Ami-Folk-Album.

(33) Hans Theessink & Terry Evans – True & Blue (2015, Blue Groove / in-akustik)
Der holländische Blues-Gitarrist und der Ry-Cooder-Spezi live in Wien.

(34) Robert Pollard – Faulty Superheroes (2015, Fire Records)
Gibt es überhaupt schlechte Robert-Pollard-/Guided-By-Voices-Platten? Mir ist noch keine untergekommen.

(35) The Rheingans Sisters – Already Home (2015, Rootbeat)
Altertümlicher englisch-französischer Folk und Klassik-Elemente ergeben eine bestechende Mixtur.

(36) The Revolutionary Army Of The Infant Jesus – Beauty Will Save The World (2015, Occulation)
Überraschendes, unerwartetes Experimental-Folk-Comeback.

(37) Warren Haynes feat. Railroad Earth – Ashes & Dust (2015, Mascot / Rough Trade)
Gov’t-Mule- und ex-Allman-Brothers-Ausnahme-Gitarrist Haynes hat zusammen mit der Bluesgrass-Jam-Combo Railroad Earth ein handwerklich perfektes Werk in die Landschaft gestellt.

(38) Robin Williamson – Trusting in the Rising Light (2015, ECM)
Keltischer Experimental-Folk des ex-Incredible-String-Band-Harfenspielers auf höchstem Niveau.

(39) Wire – Wire (2015, Pink Flag / Cargo Records)
Auf die englische Art-Punk-Institution ist auch nach 37 Jahren uneingeschränkt Verlass.

(40) Steph Cameron – Sad-Eyed Lonesome Lady (2014, Pheromone Recordings / Fontana North)
Jack Kerouac als kanadische Folk-Frau. Bereits von 2014 und heuer noch genauso gut wie in 10 Jahren.

***

Außer Konkurrenz – Thematische Sammlungen / Best-Of-Sampler / Aus den Archiven / Wiederveröffentlichtes / „Oldies But Goldies“:

(01) V.A. – Senegal 70: Sonic Gems & Previously Unreleased Recordings From The 70’s (2015, Analog Africa / Groove Attack)
Senegal-Funk-Soul-Juju-Afro-Cuban-Dub-Trance-Jazz-Crossover, die 70er Jahre…

(02) V.A. – Strange & Dangerous Times – New American Roots – Real Music For The 21st Century (2014, Trikont)
Muddy-Roots-Soundtrack, mustergültigst kompiliert von „Shadow Cowboy“ Sebastian Weidenbach.

(03) V.A. – Rastafari: The Dreads Enter Babylon – 1955-83: From Nyabinghi, Burro and Grounation to Roots and Revelation (2015, Soul Jazz Records)
Religious Rastaman Vibration und die jamaikanische Volksmusik, ein weites Feld…

(04) The Dad Horse Experience – Best Of – Seine schönsten Melodien 2008 – 2014 (2015, Sacred Flu Productions)
Die besten Predigten über die Schattenseiten des Lebens von unserem liebsten Reverend Dad Horse Ottn. Kellergospel of the Walking Dad since 2006.

(05) Pere Ubu – Elitism For The People 1975-1978 (2015, Fire Records)
Das Frühwerk der Post-Punk-Avantgarde-Pioniere, wichtiger geht’s eigentlich nicht mehr.

(06) The Velvet Underground – The Complete Matrix Tapes (2015, Polydor)
Nachdem es von ihnen nicht allzu viel brauchbares Live-Material gibt, nimmt man das hier mit Kusshand.

(07) Dead Moon – Tales From The Grease Trap, Vol. 1: Live At Satyricon (2015, Voodoo Doughnut Recordings / Broken Silence)
Aus den Live-Archiven der Garagen-Trash-Götter.

(08) Gil Scott-Heron – Small Talk At 125th And Lenox (Reissue 2015, Ace Records / Soulfood)
Polit-Proto-Rap vom Meister seines Fachs.

(09) Grateful Dead – 30 Trips Around the Sun: The Definitive Live Story 1965-1995 (2015, Rhino)
Live waren sie immer in ihrem Element: Das Motto „Aus jedem Jahr ein Stück“ ergibt eine repräsentative Werkschau, der selbst altgediente Dead-Heads noch einiges abgewinnen können.

(10) Beat Happening – Look Around (2015, Domino)
Best-Of-Werkschau der Indie-Stoiker.

***

Das soll’s gewesen sein von meiner Seite für 2015. Rutscht gut rüber ins neue Jahr, ich wünsche Euch alles Gute, Glück und vor allem Gesundheit für 2016, uns wird es vermutlich auch im neuen Jahr im Großen und Ganzen wieder besser ergehen als 99% vom Rest der Welt, in diesem Sinne, weil Sylvester ist und weil gleich die Böller und Sektkorken knallen, soll das letzte Wort im alten Jahr an dieser Stelle Nathaniel Rateliff gehören: „Son of a Bitch, give me a Drink !!!!“ ;-)

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Reingehört (50)

Mink DeVille – Live At Rockpalast 1978 & 1981 (2014, Sony)
In den Archiven des Westdeutschen Rundfunks schlummern zahlreiche, im Rahmen der Rockpalast-Konzerte mitgeschnittene Live-Perlen, die seit einigen Jahren sukzessive dem interessierten Publikum zugänglich gemacht werden, die beiden vor einigen Jahren veröffentlichten Konzerte von Großmeister John Cale sind hierfür ein hervorragendes Beispiel und so ist es eine besondere Freude, dass in dieser Serie nun die beiden WDR-Auftritte aus der Frühphase der Band um Willy DeVille in exzellenter Bild- und Tonqualität vorliegen.
Die Aufnahmen von 1978 im Kölner Studio L des WDR transportieren eine intime Atmosphäre, getragen von einem interessierten Publikum, und enthalten Material der beiden ersten, hervorragenden Capitol-Alben „Cabretta“ (1977) und „Return To Magenta“ (1978), der zweite Mitschnitt stammt von der von mir seinerzeit vor der Glotze absolut genossenen 9. Rockpalast-Rocknacht vom 17. bzw. 18. Oktober, die live europaweit im TV ausgestrahlt wurde und in der neben Mink DeVille folgende Bands auftraten: die nordirischen Teenage-Punks von den Undertones, das jamaikanische Reggae-Trio Black Uhuru, unterstützt durch die wohl berühmteste Rhythmus-Abteilung des Genres, Sly Dunbar und Robbie Shakespeare, sowie Ex-Family-Frontmann Roger Chapman und seine Shortlist, die sich damals im Zenit ihres Könnens befanden.
Willy DeVille kämpfte an dem Abend nicht nur gegen eine handfeste Erkältung, auch das Publikum war obstinat und nahm den sagenhaften Mix aus Soul, Blues, Rock ’n‘ Roll, Latin und Cajun seiner phantastischen Live-Band eher frostig auf, was nicht für diese an dem Abend anwesenden Ignoranten in der Essener Grugahalle spricht, gab die Combo doch eines der herausragenden Konzerte im Rahmen der Rockpalast-Reihe (vielleicht mit das Beste neben dem Van-Morrison-Auftritt von 1982 und jenem der Dexys Midnight Runners 1983), mit Schwerpunkt auf ihre damals aktuelle, herausragende LP „Coup de Grâce“ (1981, Atlantic) und weiterem Material aus der hochgelobten „Le Chat Bleu“ (1980, Capitol), angereichert durch frühen Hits wie „Spanish Stroll“ und „Cadillac Walk“.
Bei mir sprang der Funke in jener Nacht sofort über, ich kannte die Band im Vorfeld kaum, den Willy und seine Mannen habe ich seither immer mit Interesse verfolgt und des Öfteren auch auf diversen Münchner Bühnen genossen, den stärksten Eindruck hinterließ er bei der Live-Präsentation seines New-Orleans-R&B/-Soul-Meisterwerks „Victory Mixture“ (1990, Sky Ranch) in der Münchner Theaterfabrik, neben einer musikalischen Meisterleistung der Band lieferte Willy den perfekten Blues-Crooner inklusive Rosenstrauß-Verteilen an die Ladies in der ersten Reihe, das hatte weiß Gott Stil.
Mit seinem viel zu frühen Abgang im August 2009 hat Willy DeVille eine Riesenlücke in der Musikwelt hinterlassen und ich sehe bis heute weit und breit niemanden, der diese schließen könnte.
(*****)

Bedhead – Live 1998 (2015, Numero Group)
Nochmal was ganz Wertvolles aus den Archiven: dieser Tage erscheint posthum ein am 16. April 1998 während der Transaction-De-Novo-Tournee in Chicago mitgeschnittenes Konzert der legendären texanischen Slowcore-/Postrock-Band Bedhead, die sich 1998 nach drei grandiosen LPs („WhatFunLiveWas“, „Beheaded“ und eben „Transaction De Novo“ und zwei EPs, alle Trance Syndicate Label) zum Entsetzen der Fans viel zu früh vom Acker machte.
Die fünf Mannen aus Dallas beherrschten mit ihren drei Gitarren, Bass und Drums wie kaum eine andere Band das austarierte Laut-Leise-Wechselspiel des frühen Postrock, die vorliegende Live-CD bietet perfekten Spannungsaufbau, getragen und anfangs im Codeine-verwandten Softcore verhaftet, gleichzeitig monoton und melodiös beginnt die Liveaufnahme mit den ersten Stücken betont zurückgenommen, um sich dann im weitern Verlauf in Bandklassikern wie „The Dark Ages“, „Extramundane“, „Living Well“, „Powder“ und natürlich „Wind Down“ mit seinem unvergleichlichen, intensiven Outro in den ultimativen, gigantischen Gitarrenbrett-Orgasmus zu entladen.
Ein Geschenk für alle Alt-Fans und eine wunderbare Gelegenheit für Neueinsteiger, sich mit dem Bedhead-Kosmos vertraut zu machen.
(*****)

Darren Hanlon – Where Did You Come From? (2015, Yep Roc Records)
Bereits fünfte Scheibe des australischen Songwriters, der hier recht abwechslungsreich mit teils sehr auf altmodisch getrimmtem Folk, Straßenmusiker-Weisen und Folkrock der reinen Lehre glänzt, die abwechslungsreiche Melodien- und Instrumentenvielfalt lässt sich jederzeit hören und braucht keine Vergleiche zu scheuen. Besonders angetan haben es mir die Stücke „Fear Of The Civil War“, das im Mittelteil mit einem Clarence-Clemons-artigem Sax-Solo überrascht, sowie „The Will Of The River“, vorgetragen von einer Sängerin namens Laura Jean.
(**** ½)

Paula Cole – 7 (2015, 675 Records)
Paula Cole in ihren eigenen Worten zum Album: „A collection of songs that came suddenly and urgently. The songs demanded to be written and released, as if my subconscious needed to reach out to me; to tell me what it thought about all I was going through. I recorded this album live, as an acoustic quartet. It sounds like a soft, soulful album made in the 1960’s and the songs speak for themselves.”
Kann man so stehen lassen. Songwriter-Folk-Pop mit latenten Jazz-Einflüssen, alte Windham-Hill-Schule mit unüberhörbaren George-Winston-Einflüssen, Free Folk – und frühe Tori Amos würde ich als Referenz auch gelten lassen.
Schöne Musik im Sinne von schöner Gebirgsbach, schöner Frühlingstag und schön eingeschenktes, frisches Weißbier…
(****)

The Mountain Goats – Beat The Champ (2015, Merge Records)
Thematisch beschäftigt sich das neue, fünfzehnte Album der Combo um den Bandleader und Songwriter John Darnielle mit dem Thema Wrestling und musikalisch ist die Scheibe leider wieder genau so langweilig ausgefallen wie die jüngsten Vorgängeralben. Zum ersten Mal latent gekriselt hat es auf der 2008er Veröffentlichung „Heretic Pride“ (4AD), wo Darnielle und Co. auf allen Scheiben davor spannend, dramatisch, geistreich und oft hochmelodisch, zwischendrin gerne auch mal rotzig abrockend klangen, war hier erstmals glattproduzierte Langweile spürbar, wie sie auf älteren Werken der Band undenkbar gewesen wäre, und leider hat sich dieser Trend seither mit jedem neuen Mountain-Goats-Release verstärkt und verstetigt.
Wer Meisterwerke wie beispielsweise „Tallahassee“ (2002, 4AD), „The Coroner’s Gambit“ (2000, Absolutely Kosher) oder „Sweden“ (1995, Shrimper Records) kennt und schätzt, sollte tunlichst die Finger von dem aktuellen Output lassen. Beim dritten Mal gähnen war die Oper durchgefallen…
(**)

Konzertant isser nevertheless glaub ich nach wie vor sehr zu empfehlen, der John Darnielle und die seinen:

Damo Suzuki & Mugstar – Start From Zero (2015, Salted)
„I am Damo Suzuki“ plärrte Mark E. Smith, der Thomas Bernhard des britischen Post-Punk und Vorsteher seiner Kultband The Fall auf der vielleicht besten Platte der Band, „This Nation’s Saving Grace“ (1985, Beggars Banquet), und die musikalische Seelenverwandtschaft zu eben The Fall oder Post-Punk-Heroen wie Suicide sind auch auf der neuen Platte des Japaners evident, der einst als Straßenmusiker von Holger Czukay und Jaki Liebezeit als Malcolm-Mooney-Ersatz in München entdeckt wurde und in der Folge den Gesang auf allen essentiellen, auch heute noch eminent wichtigen Alben der Krautrock-/Experimental-Band Can bestritt („Soundtracks“ (teilweise, vor allem „Mother Sky“ !!), „Tago Mago“, „Ege Bamyasi“, „Future Days“, 1970 – 1973, Spoon / United Artists).
Die Live-Aufnahmen enthalten zwei lange und zwei kurze Stücke, die Suzuki 2012 mit der englischen Psychedelic-Band Mugstar in Liverpool einspielte, und der in Köln lebende Japaner stellt hier erneut unter Beweis, dass er nach wie vor ein Großmeister der schamanischen, hypnotischen Sangeskunst ist, der hier den treibenden Spacerock („head-spinning double wah-wah attacks“) der Briten kongenial begleitet.
(*****)

Wire – Wire (2015, Pink Flag / Cargo Records)
Die 1978 in London gegründete Post-Punk/Art-Punk-Band Wire ist auch so eine Combo, die in ihrer langen Karriere in musikalischer Hinsicht so gut wie nichts falsch gemacht hat und auch heute noch nach Jahrenzehnten frisch, relevant und unverbraucht klingt.
Die ersten drei, auf Harvest Records veröffentlichten Tonträger, „Pink Flag“ (1977), „Chairs Missing“ (1978) und „154“ (1979), sind nach wie vor über jeden Zweifel erhaben, wahre Meisterwerke des Post-Punk, die nichts von ihrem musikalischen Wert eingebüßt haben.
Im weiteren Verlauf der jahrzehntelangen Karriere der Band lies die Qualität der Veröffentlichungen kaum nach, und auch das neue Werk, dass sich nach einer zwischenzeitlichen, ruppigeren Punkrock-Phase wieder verstärkt an der kunstvollen Spielart des Genres orientiert, ist erneut im höchsten Maße hörenswert. Die Urmitglieder Colin Newman, Robert Gotobed und Graham Lewis, nach dem Ausstieg von Bruce Gilbert verstärkt mit dem Gitarristen Matthew Simms, bleiben auch im Jahr 2015 das einzige Missing Link zwischen Bands wie Black Flag, Sonic Youth, R.E.M. und Fugazi. Treibender, energiegeladener, kunstvoller Wave-Punk, der im Vergleich zu vielen anderen Bands der ersten Punk-Stunde absolut kein Moos angesetzt hat.
Das Eröffnungsstück der neuen Wire-Platte trägt übrigens den Titel „Blogging“ ;-)))
(*****)