Der amerikanische Filmregisseur Jonathan Demme ist gestern in Manhattan im Alter von 73 Jahren an den Folgen seiner Krebserkrankung gestorben.
Mit seinem bekanntesten Werk, „The Silence Of The Lambs“, einer vielfach prämierten Verfilmung des gleichnamigen Serienkiller-Romans von Thomas Harris, hat er 1991 im Krimi-Konsumenten-Lager den Hannibalismus-/Kannibalismus-Kult um den Menschen-verzehrenden Psychologen Dr. Lecter losgetreten, im Film meisterhaft dargestellt vom großartigen Anthony Hopkins und kongenial begleitet von Jodie Foster.
Der Musikwelt wird er durch etliche sehenswerte Streifen in Erinnerung bleiben, vor allem durch den exzellenten Konzert-Film „Stop Making Sense“ über einen Auftritt der Talking Heads in Los Angeles im Dezember 1983, mit Neil Young drehte er mehrere Dokumentarfilme, unter anderem „Neil Young: Heart Of Gold“, einer hochgelobten Arbeit über die Live-Prämiere seines Albums „Prairie Wind“.
Eine charmante musikalische Fußnote war der Auftritt der Feelies im Spielfilm „Something Wild“ (Dt. „Gefährliche Freundin“), in dem die New-Jersey-Schrammel-Götter unter dem Pseudonym The Willies etliche Coverversionen zum Besten gaben.
“ My name is Nobody… My name is Exaybachay. He Who Talks Loud, Saying Nothing.“
Vor 20 Jahren: schweres Instrumentaldonnern, gewaltige Gitarren-Drones und Experimental-Fluss von Meister Young zum Jim-Jarmusch-Western „Dead Man“. Nach wie vor prächtig.
Neil Young – Bluenote Café (2015, Reprise)
Vor kurzem hat Old Neil sein siebzigstes Wiegenfest gefeiert, Tags darauf ist wohl aus dem Anlass Volume Eleven seiner ‚Archives Performance Series‘ erschienen, auf einer Doppel-CD wird die 1987/88-Tour des Meisters dokumentiert, die er mit den Bluenotes zur Bewerbung seines im April 1988 erschienenen R&B-/Bluesrock-Albums ‚This Note’s For You‘ spielte. Das Werk markierte seinerzeit die Rückkehr zum Reprise-Label nach dem zwischenzeitlichen Geffen-Debakel. Mit neunköpiger Begleitband, darunter eine sechs Mann starke Bläser-Sektion und der langjährige Crazy-Horse-Weggefährte Frank Sampedro, bereiste Young die Staaten und seine kanadische Heimat, wir hören mit Ausnahme von „Coupe De Ville“, „Hey Hey“ und „Can’t Believe Your Lyin“ das komplette 1988er-Album in seiner Live-Präsentation mit fetten Bläsersätzen und schweren Gitarren-Riffs, darunter eine 13-minütige Bearbeitung der wunderbaren Ballade „One Thing“, daneben gibt es mit “Bad News Comes To Town”, “Crime Of The Heart” und “Doghouse” bis dato nirgendwo veröffentlichtes NY-Songmaterial, das bisher nur als Country-Version verfügbare “Soul Of A Woman”, eine frühe, zupackendere Fassung von „Crime In The City“, das offiziell erst 1989 auf seinem Meisterwerk ‚Freedom‘ (Reprise) in entspannterer, aber umso betörenderer Form das Licht der Welt erblicken sollte, und zum Abschluss gibt es einen 20-Minuten-Brocken seines Klassikers „Tonight’s The Night“, in dem Young und Band inklusive schwerem Getröte alle Register ziehen und zeigen, welch improvisatorische Möglichkeiten in dem Song stecken.
Sicher nicht die allerstärkste Phase des Meisters, aber eine hörenswert-interessante allemal, der Young-Fan braucht den Stoff sowieso, sonst isser nicht gesund… ;-))
(****)
Admiral Fallow – Tiny Rewards (2015, Nettwerk)
Die in Glasgow beheimateten Admiral Fallow haben sich runderneuert, weg vom Neo-/Indie-Folk-Rock der ersten beiden Alben, hin zu melancholisch-gehaltvollem Indie-Pop, an der Weggabelung, an der die Editors nach ihrem sehr respektablen 2007er-Album ‚An End Has A Start‘ (Kitchenware Records) den Weg in die Sackgasse wählten, haben die Schotten die richtige Abzweigung genommen, getragenes, aber durchweg spannendes Liedgut mit Gespür für die dramatische Pointierung und den unterschwelligen Bombast dominieren ein Werk, wie es eigentlich nur Briten mit ihrer reichhaltigen New-Wave-/Gitarren-Pop-Historie hinkriegen.
Wir konstatieren vermehrten Mut und Bekenntnis zum Experiment und zu Belle And Sebastian und recken den Daumen zwecks Votum nach oben.
(****)
„Yeah, ich werde mir eine große Kanone besorgen, wenn es zur Revolution kommt. Dann setz ich mich da oben auf mein Studio drauf, mit meinem materiellen Wohlstand, den ich mir bis dahin erworben habe, und werde, äh, mir Gedanken über die Zukunft machen…“ (Neil Young, Rolling-Stone-Interview 1970-04-30)
Neil Young ist vor ein paar Tagen 70 Jahre jung geworden. Da gratulieren wir nachträglich ganz herzlich, wünschen noch viele gesunde Jahre und ein paar zusätzliche großartige Tonträger für das eh schon grandiose Lebenswerk.
Der amerikanische Filmemacher Jim Jarmusch hat 1997 mit „Year Of The Horse“ einen schöne Konzert-Dokumentation über den Kanadier und seine Band Crazy Horse gedreht und der diesjährige Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Navid Kermani hat in seinem Werk „Das Buch der von Neil Young Getöteten“ thematisch die Liebe zu den Songs des Ausnahmemusikers, islamische Mystik und die praktische Lebenshilfe zur Beruhigung seiner schreienden Tochter im Säuglingsalter mittels Beschallung durch Neil-Young-Musik zusammengeführt, eine nicht genug zu lobende Leistung, zumal das Buch auch noch extrem lesenswert ist und für manchen gar jede Neil-Young-Biografie obsolet macht (Aktuellste Ausgabe als Suhrkamp Taschenbuch, 2013).
1989 hat Caroline Records mit ‚The Bridge: A Tribute To Neil Young‚ ein tolles Benefiz-Album für die von Neil Young und seiner Frau Pegi initiierte Bridge School veröffentlicht, viele erstklassige Independent-Musiker zollten dem Vorbild Tribut, neben zum Teil sehr guten Interpretationen von unter anderem Nikki Sudden, Psychic TV, Dinosaur Jr und den Pixies ragen vor allem die Sonic-Youth-Bearbeitung von „Computer Age“ und die zum Niederknien grandiose „Helpless“-Version von Nick Cave heraus.
Die Originale des Meisters schweben selbstredend über allem, in seiner über 50-jährigen Karriere hat er eine ganze Menge an Tonträgern veröffentlicht, die jeder Plattensammlung zur Ehre gereichen:
Einen schönen Überblick über seine Zeit mit Buffalo Springfield gibt die Zusammenstellung ‚Retrospective: The Best Of Buffalo Springfield‚ (1969, Atco) mit den auch später von Young immer wieder konzertant gespielten Klassikern „Mr. Soul“ und „I Am A Child“.
Das von Ry Cooder und Jack Nitzsche begleitete Solodebüt ‚Neil Young‚ (1968, Reprise) ist eine Art Fortführung seiner Arbeiten bei Buffalo Springfield und allein schon wegen „The Loner“ und der wunderbaren Ballade „The Old Laughing Lady“ die Anschaffung wert, bereits 6 Monate später haben Neil Young und Crazy Horse mit ‚Everybody Knows This Is Nowhere‚ (1969, Reprise) und den darauf enthaltenen Meisterwerken „Down By The River“ und „Cowgirl In The Sand“ den ersten unverzichtbaren Meilenstein der Karriere veröffentlicht.
„Der Beat von „Down By The River“ trägt weit. Mein halbes Leben trägt er schon und hat sich noch längst nicht erschöpft. Ich meine das ganz konkret. Wer sich auf das Tempo des Stücks einläßt und sein Leben danach richtet, dem geht so schnell die Puste nicht aus, sobald vergeblich angebetete Frauen oder andere Ungetüme (kreischende Babys zum Beispiel) sich als Berge vor einem auftürmen.“ (Navid Kermani, Das Buch der von Neil Young Getöteten)
In den 70ern hat er einen guten Start mit der düster-getragenen, apokalyptischen ‚After The Goldrush‚-LP (1970) und dem Hit-Album ‚Harvest‚ (1972, beide Reprise) erwischt, letzteres mit seinem Evergreen „Heart Of Gold“ und der Anti-Drogen-Nummer „The Needle And The Damage Done“.
„Time Fades Away. No songs from this album are included here. It was recorded on my biggest tour ever, 65 shows in 90 days. Money hassles among everyone concerned ruined this tour and record for me but I released it anyway so you folks could see what could happen if you lose it for a while.“ (Neil Young, Liner Notes zu ‚Decade‘)
1973 erschien das von Neil Young gehasste, bis heute nicht auf CD veröffentlichte, nichtsdestotrotz sehr respektable erste Live-Album ‚Time Fades Away‚ auf Reprise und ein Jahr darauf folgte der hochgelobte, rauhe, verzweifelte Garagen-/Blues-Rock-Bastard ‚On The Beach‚ beim gleichen Label.
1975 erwies er dem Crazy-Horse-Gitarristen Danny Whitten und seinem Roadie Bruce Berry auf ‚Tonight’s The Night‚ (Reprise) die letzte Ehre, beide an einer Überdosis dahingeschieden, entsprechend bedrückend-düster in der Grundstimmung präsentiert sich dieses hochgelobte Werk. Im gleichen Jahr gelang ihm mit ‚Zuma‚ (Reprise) trotz Beteiligung der Hippie-Heuler Crosby, Stills und Nash ein weiterer großer Wurf, der zentnerschwere Rock-Brocken „Cortez The Killer“ zählt heute noch zum Standard-Live-Programm.
„…waren wir bereits bei „Cortez The Killer“ angelangt, einem echten Knaller also, der herrlichsten Ballade der Rockgeschichte. Sie enthält alles, was Neil Young ausmacht, die zarten Berührungen und den Grimm, die Ton gewordene Hilflosigkeit im Gesang und trotzig aufheulende Gitarren, das Thema des verlorenen Paradieses und die Suche danach, die Schönheit und die Erhabenheit, den Schrecken, die Lust und das sich abzeichnende Nichts. Mit „Cortez The Killer“ beginnt die Mystik Neil Youngs.“ (Navid Kermani, Das Buch der von Neil Young Getöteten)
Zwei Jahre später veröffentlichte Neil Young mit ‚American Stars ’n Bars‚ (Reprise) ein eher durchwachsenes Album, dass wegen seinem All-Time-Klassiker „Like A Hurricane“ trotzdem in den Kanon der guten Young-Alben gehört.
Mit ‚Comes A Time‚ (Reprise) folgte 1978 ein schönes Country/Folkrock-Album, das zu damaligen Punk-Zeiten maximalst unzeitgemäß war und eigentlich erst heute im Zug des Folk-Revivals in seiner ganzen Pracht geschätzt wird.
1979 war ein ganz großes Young-Jahr, mit ‚Rust Never Sleeps‚ und seiner mit Klassikern wie „Powderfinger“, „Pocahontas“, „Sedan Delivery“ oder „Hey Hey, My My (Into The Black)“ gespickten Track-Liste und dem dazugehörigen Konzert-Album/-Film ‚Live Rust‚ (alle Reprise) mit der darauf enthaltenen ultimativen „Like A Hurricane“-Version setzte sich Old Neil Young selbst ein Denkmal für die Ewigkeit. Mit „Out Of The Blue“/“Into The Black“ war er – neben Pete Townshend – der einzige „Boring Old Fart“, der Punk ernst nahm.
„The King is gone, but he’s not forgotten, is this the Story of Johnny Rotten?“ (Neil Young, Hey Hey My My (Into The Black))
Im Anschluss daran dann leider eine lange, finstere Periode im Schaffen des kanadischen Musikers: Mit ‚Hawks & Doves‚ und ‚Re-ac-tor‚ veröffentlichte er bei Reprise noch zwei völlig belanglose Alben, ehe er 1982 zu Geffen Records wechselte, dort in den nächsten 5 Jahren mit Ausnahme des 1985-Country-Albums ‚Old Ways‚ nur Müll produzierte, um dann nach kommerziellen Misserfolgen und juristischen Auseinandersetzungen mit der Plattenfirma zu seinem alten Label Reprise zurückzukehren, wo 1988 mit ‚This Note’s For You‚ nach vielen Jahren ein erstes Hoffnung-spendendes Werk und im Jahr darauf mit ‚Freedom‚ und der dort enthaltenen sozialkritischen Hymne „Rockin‘ In The Free World“ endlich wieder eine über die Maßen exzellente Young-Scheibe erschien.
Sollte Euch das Swingin‘-Pig-Bootleg ‚Amsterdam ’89‚ (TSP 076) über den Weg laufen: unbedingt verhaften, der Meister spielt solo/akustisch in hervorragender Aufnahmequalität den ‚Freedom‚-Stoff komplett inklusive einiger zusätzlicher Klassiker.
Der Aufwärtstrend sollte sich in den folgenden Jahren mit den hochgelobten, hart rockenden Alben ‚Ragged Glory‚ (1990, Reprise) und ‚Weld‚ inklusive der Sonic-Youth-geschuldeten Feedback-Noise-Rock-Orgie ‚Arc‚ (beides Live-Aufnahmen, 1991, beide Reprise) fortsetzen.
‚Harvest Moon‚ (1992, Reprise) war in meinen Augen zu vernachlässigen, die 1993er-MTV-Live-Aufnahme ‚Unplugged‚ war inklusive einer eigenwilligen, aber höchst hörenswerten ‚Like A Hurricane‘-Orgel-Version ordentlich und im Jahr darauf folgte mit ‚Sleeps With Angels‚ ein hochgelobtes, zwischen hartem Rock und Gitarren-Psychedelic wanderndes, weiteres Garagenrock-Gusto-Stück.
1995 dann eine Zusammenarbeit, die sich aufdrängte: Die Grunge-Heroen von Pearl Jam haben bei ihren Konzerten permanent Stücke von Neil Young gecovert, allen voran „F*!#in‘ Up“ vom ‚Ragged Glory‚-Album, die Zusammenarbeit mit dem Meister auf ‚Mirror Ball‚ (Reprise) war die logische Konsequenz, und Stücke wie „I’m The Ocean“ oder „Throw Your Hatred Down“ zeigen, dass die Kooperation herrliche Früchte trug.
Das Jahr 1996 sah die Veröffentlichung des Soundtracks ‚Dead Man‚ zum Film von Jim Jarmusch, die Filmmusik entfaltet ähnliche Qualitäten wie das hervorragende ‚Paris, Texas‘-Album, das Ry Cooder 1985 zusammen mit James Luther Dickinson und David Lindley für den gleichnamigen Wim-Wenders-Film einspielte. Im 96er-Sommer erschien mit ‚Broken Arrow‚ der Auftakt zu einer ganzen Reihe von ziemlich belanglosen Young-Alben, die erst 10 Jahre später mit dem sehr brauchbaren Anti-Bush-Protest-/Konzept-Album ‚Living With War‚ endete.
Ich habe Neil Young zusammen mit Crazy Horse 1996 in der Münchner Olympiahalle erstmals live gesehen, vom ‚Broken Arrow‚-Material war er offensichtlich selbst nicht überzeugt, das Album wurde mit 2 oder 3 Stücken konzertant gewürdigt, ehe Young mit seiner kongenialen Begleit-Combo ein 2-stündiges Best-Of-Feuerwerk abbrannte, das keine Wünsche offen lies.
Der Output der vergangenen 10 Jahre war qualitativ durchwachsen, neben einigem nicht weiter Erwähnenswertem war ein von Daniel Lanois produziertes Experiment wie ‚Le Noise‚ (2010) darunter, die völlig verunglückte Fremdmaterial-Sammlung ‚Americana‚ (2012) und das späte Meisterwerk ‚Psychedelic Pill‚ mit ellenlangen Krachern wie „Ramada Inn“ und „Walk Like A Giant“, die auch live hervorragend funktionierten, wovon wir uns 2013 beim Konzert in der Stuttgarter Schleyerhalle überzeugen konnten.
Sein bis dato letztes Album ‚The Monsanto Years‚ fand nicht nur positives Echo in der Presse, die schnörkellose Rock-Produktion, die Neil Young mit der Sons-of-Willie-Nelson-Band Promise Of The Real einspielte, bietet nichtsdestotrotz durchweg Hörenswertes.
Im Rahmen der ‚Archives Performance Series‚ hat Neil Young in den letzten Jahren diverse Konzertmitschnitte veröffentlicht, vor allem das Material aus seiner Frühphase wie ‚Live At Massey Hall 1971‚, ‚Live At The Cellar Door‚ oder ‚Live At The Fillmore East‚ sei jedem Freund des Kanadiers schwerstens empfohlen.
Ob man die Kollaborationen mit David Crosby, Graham Nash und seinem Buffalo-Springfield-Kumpel Stephen Stills braucht, muss jeder für sich entscheiden, die Young-Kompositionen „Helpless“ und „Ohio“ sind exzellent, zeigen aber umso deutlicher, wie nichtssagend-schwach das Songmaterial der anderen drei Herrschaften über weite Strecken ist.
„Old Neil Young and Crazy Horse A victim of a bad divorce Take a little from the source“ (Steve Wynn, Nothing But The Shell)
Photo „Neil Young Oslo, Norway 2009“ (c) Per Ole Hagen / Wikipedia
Einen entspannt-angenehmen musikalischen Doppelpack haben die Mädels vom Südstadt am vergangenen Donnerstag in ihrer Indie-Musik-durchwehten Kult-Kneipe präsentiert, den Auftakt machte das Münchner Trio The Ukelites, das, wie der Bandname vermuten läßt, Ukulelen-dominierten, entspannten Western-Swing und Country-Blues-infizierten Wohlklang zum Besten gab, der Einstieg in den Konzertabend mit einer Calexico-artigen Interpretation des Chris-Issak-Klassikers „Wicked Game“ gelang optimalst, und wir sprechen hier von den sehr guten, frühen Calexico, die den Arizona-Wüstenstaub mit ihren Instrumental-Preziosen seinerzeit förmlich in den Hälsen kratzen ließen, nicht von den späten, austauschbaren, glattgebügelten, mainstreamigen Calexico…
Im weiteren Verlauf präsentierte die Combo Interpretationen von zum Teil längst vergessenen 20er- und 30er-Jahre-Jazz-Standards, die durch den Einsatz von Slide-Gitarre und eben der Ukulele mächtig Swing- und Country-Spirit atmeten und vor allem durch die mit viel Soul ausgestattete Stimme der Sängerin Miriam Hein eine Vorstellung von Konzerten in Blues-Kaschemmen im amerikanischen Süden der frühen Jahre des 20. Jahrhunderts erahnen ließen, der voluminöse, gehaltvolle, höchst angenehme Gesang der Münchnerin hätte auch in dem Umfeld vermutlich jederzeit für Furore gesorgt.
Auch Liedgut der Neuzeit kam zum Einsatz, die beherzt-beschwingte Interpretation des Violent-Femmes-Indie-Hits „Blister In The Sun“ erntete ebenso gebührenden Applaus wie zum Ausklang die Western-Swing-Bearbeitung des Kraftwerk-Dauerbrenners „Das Model“, das die Band Tags darauf beim „Same Old Song“ in der Nachtkantine präsentieren sollte.
Steffen Günter mag sich über die technischen Probleme mit seinem Ukulelen-Bass geärgert haben, der Stimmung tat dies keinen Abbruch, den Ausfall hat die Band souveränst gemeistert, insofern gilt, wie für den gesamten Auftritt: alles gut!
(**** ½)
Von technischen Problemen blieb leider auch die zweite Band des Abends nicht verschont, Jason Serious, der an dem Abend mit seinen Mitmusikern Johannes Jooß am Schlagzeug und Alto Kraus an elektrischem und Stand-Up-Bass antrat, kämpfte ein ums andere Mal mit seiner an diesem Abend erstmals konzertant eingesetzten neuen Klampfe, was der Kontinuität des Auftritts nicht unbedingt förderlich war. Das Liedgut des seit 2011 in München ansässigen Amerikaners aus Maryland hat absolut das Zeug für einen runden Konzertabend, die Mischung aus Americana und Alternative Country bewegt sich durchwegs auf internationalem Niveau, die Nummer „Caddy“ hätte jede Handsome-Family-Platte veredelt, überhaupt ist das Material des 2015 erschienenen Albums ‚KIN‘ von exzellenter Güte, wie die Live-Präsentation von Perlen wie der schmissigen Rock’n’Roll-Nummer „Love Me Wild“ oder der konzertanten Eröffnungsnummer „Trembling Rose“ bewiesen, die herausragendes, atmosphärisch dichtes Songwriting bieten, auch die ans Herz gehende Ballade „Sand Dollar Darling“ oder die Americana-Glanztaten wie „One More Crazy Idea“ und „Summer Idiots“ sollen nicht unerwähnt bleiben.
In welcher Liga die aktuellen Songs des Wahl-Münchners spielen, zeigt der Produzent des kürzlich erschienenen Longplayers, die Combo konnte für den Job den Briten Grant Showbiz gewinnen, der in der Funktion bereits für Größen wie Billy Bragg (inklusive dessen Mermaid-Avenue-Kollaborationen mit der amerikanischen Band Wilco), The Smiths, The Fall und der britischen Punk-Folk-Legende Blyth Power tätig war.
Neben dem exzellenten Eigenwerk brachte die Band die Country-Perle „The Losing End“ vom Neil-Young-Überwerk ‚Everybody Knows This Is Nowhere‘ (1969, Reprise) zum Vortrag und eröffnete damit den Gratulationsreigen frühzeitig, am 12. November feiert die kanadische Songwriter-Ikone ihr siebzigstes Wiegenfest, das Südstadt wird im Übrigen den Anlass am 17. November mit Musik und Lesungen von Laura Wachter, Thomas Kraft und Steven Lichtenwimmer gebührend würdigen und feiern.
Auch wenn Jason Serious am Donnerstagabend irgendwann mit den Worten „The Guitar is fucked up“ entnervt die Segel strich, den guten Eindruck, den die Band im Vorprogramm beim sommerlichen Konzert von Carrie Nation & The Speakeasy im Milla hinterlies, konnte sie durchaus unterstreichen, und beim nächsten Mal klappt’s auch ohne permanentes Nach-Stimmen des Instrumentariums, da bin ich ganz zuversichtlich…
(**** ½)