Der Sänger der österreichischen Punk-Band The Forum Walters aus Vöcklabruck haut einen raus: Ein Winterlied aus der alpenländischen Folklore. Mit Weißen Weihnachten is eh nix, da kann man auch im Dezember in Shorts rumrennen. Frohes Fest allerseits.
Der Sänger der österreichischen Punk-Band The Forum Walters aus Vöcklabruck haut einen raus: Ein Winterlied aus der alpenländischen Folklore. Mit Weißen Weihnachten is eh nix, da kann man auch im Dezember in Shorts rumrennen. Frohes Fest allerseits.
Treffen sich ein ostdeutscher Trommler, ein New Yorker Underground-Rapper und ein Gitarrist aus der alternativen Kopenhagener Freistadt Christiana und gründen eine Band. Was sich wie eine schwer vorstellbare Kombi an Musikanten oder mindestens wie die Einleitung zu einem schrägen Witz anhört, ist beim international besetzten Trio Hodja tatsächlich genau so passiert. Und passiert weiter als manifestierter, überwältigender Live-Orkan Abend für Abend, irgendwo auf den Bühnenbrettern dieser Welt.
Die begnadete Crossover-Kapelle mit Standort Berlin gab am vergangenen Donnerstag-Abend im gut gefüllten Saal der Glockenbachwerkstatt ein München-Gastspiel und unterstrich damit nachdrücklich, dass sie derzeit zu den heißesten Eisen im ewigen Feuer des Rock and Roll gezählt werden muss. Drummer Matthias Arbo Klein aus Wismar und der New Yorker Subkultur-Veteran Claudius Abesodo Gamiel Winston King Pratt aus der Lower East Side Manhattans musizieren bereits seit gut einer Dekade beim Kopenhagener Gospel/Blues-Quartet Reverend Shine Snake Oil Co. zusammen, einige Jahre später schloss man sich als Dreierverbund im Nebenprojekt Hodja mit dem Dänen Tenboi Levinson zusammen. Bass braucht’s keinen für das dunkel-lärmende Gebräu, im schwer scheppernden Trommel-Anschlag des Siebziger-Heavy-Rock, im kreischenden, gründlich auf den Nerven bohrenden Lärm aus der Heavy-Trash-Garage, der zwischen Pussy Galore und fiktiv-guten ZZ Top (wären sie denn je gut gewesen) alles verhackstückt, was die Blues-Noise-Stromgitarre an krachenden und dröhnenden Möglichkeiten hergibt, gekrönt von Frontmann Claudius Pratt mit einer Bandbreite an gesanglichen Stilmitteln zwischen Proto-Rap, waidwundem Beefheart-Jaulen und röhrendem, inbrünstigem, tief-schwarz eingefärbtem Deep Soul – der mit Nachdruck verdeutlicht, wo der Rock’n’Roll ursprünglich herkommt: von der Straße, aus der Blues-Kaschemme, vom harten Leben auf den Baumwoll-Feldern und in der Fabrik. Vorgetragen mit der Energie und der Unruhe des Hardcore-Punk. Selbst die Handvoll eingestreuten Balladen kommen ohne Wohlklang und Sentiment daher, stets lauert hinter der zurückgenommenen Energie im Downtempo das Bedrohliche, Zornige, düster Drängende, die Pein, die nach Artikulation drängt, in den lauten und flotteren Nummern bricht sich das sowieso permanent Bahn.
Der Humor in diesem schwergewichtigen Frontalangriff kommt an dem Abend allenfalls in den Ansagen des New Yorker Vulkans daher, am vergangenen Donnerstag vor allem unfreiwillig, einen grandiosen Bock schoss Sänger Pratt dabei in der Kommunikation mit dem Publikum: Die Stadt hätte wohl keinen guten Ruf im Land, nicht so viele brauchbare Clubs und überhaupt zu viele Geldsäcke und tot-sanierte Viertel am Start, aber an einem coolen Ort wie der Glockenbachwerkstatt wäre die Banken-City Frankfurt dann doch ein sympathischer Ort – der gern genommene Versprecher des orientierungslosen Rockstars im laufenden Tourbetrieb, ist auch schon berühmteren Kollegen passiert – einen typischen „Spinal Tap“-Moment nannte er es, peinlich war’s ihm. Musste es nicht sein, der Rest des Abends war pures Gold, die frenetischen Publikums-Reaktionen und willigen Mitsing-Aktionen bezeugten es eindeutig.
Im Anschluss an das Konzert große Verkaufs-Show von Drummer Klein, der äußerst schnoddrig wie unterhaltsam die Textilien und Tonträger der Band feil bot, allein diese Nummer war für sich den Besuch der Veranstaltung wert.
Frontaleres, Publikums-zugewandteres, direkt zupackenderes Garagen-Rock- und Heavy-Soul-Entertainment wird man selten intensiver als bei einem Hodja-Konzert finden, darum die uneingeschränkte Konsumenten-Empfehlung: Bei Gelegenheit unbedingt hingehen! Vielleicht auch – mit etwas Glück – im nächsten Jahr beim weltbesten aller Raw-Underground-Open-Airs im Murnauer Voralpenland. Da dürfen sich die anderen Kapellen und Sanges-Barden dann selbst im Hochsommer warm anziehen, gesetzt den Fall…
Die kalifornische Punkrock-Legende Flipper ist dieser Tage zur Feier des 40-jährigen Gründungsjubiläums auf ausgedehnter Europa-Tour unterwegs, die rührigen wie stilsicheren Veranstalter der Holy Fingers nutzten die Gunst der Stunde und präsentierten den München-Gig der einflussreichen US-Noise-Pioniere aus San Francisco am vergangenen Donnerstagabend in der Roten Sonne. Das dem Anlass gebührend zahlreich erschienene Publikum im Innenstadt-Club am Maximiliansplatz durfte sich auf ein All-Star-Lineup des Quartetts freuen, die Band hat in den vergangenen Jahrzehnten mittlerweile etliche Wiedervereinigungen und personelle Fluktuation in der Historie verzeichnet.
Die Schar der Flipper-verehrenden Punk-, Noise- und Indie-Musiker ist unüberschaubar, alte Helden wie Henry Rollins, Melvins-Gitarrist Buzz Osborne oder Kurt Cobain beriefen sich seinerzeit auf die Underground-Formation als maßgebliche Einfluss-Geber, Produzenten-Koryphäe Rick Rubin legte beim dritten Album Hand an, Nirvana-Bassist Krist Novoselic war selbst für einige Jahre in den 2000ern in der Band engagiert.
Von der Urbesetzung sind Vietnam-Veteran Ted Falconi an der Gitarre und Drummer Steve DePace nach wie vor mit von der Partie, die zwischenzeitlich verstorbenen oder ausgeschiedenen Ex-Musikanten werden dieser Tage von zwei ausgewiesenen Giganten des Indie-Rock ersetzt, die der Combo in Sachen Kultstatus und Bedeutung für die nachkommenden Generationen in nichts nachstehen: zum einen der großartige Mike Watt am Bass, über die Aktivitäten und den unüberschaubaren Output des Mitbegründers der herausragenden SST-Bands Minutemen und fIREHOSE, des Musikers der zwischenzeitlich wiedervereinigten Stooges und in zahllosen eigenen wie anderen Band-Projekten engagierten „seminal Postpunk Bass Player“ könnte man mühelos eine eigene dicke Schwarte als Biografie schreiben. Damit an Alternative-Rock-Prominenz im Flipper-Tour-Tross nicht genug, den Lautsprecher gibt seit 2015 der bei den Noise-Bands The Jesus Lizard, Scratch Acid und Qui hochgeschätzte Sänger David Yow, und der ging als ausgewiesen offensiver Bühnenperformer mit Beginn der Show sofort und unvermittelt in die Vollen. Während sich die drei Mitmusiker dezent im Hintergrund hielten und den urtypischen, sich im Midtempo gründlich ins Hirn bohrenden, schwermetalligen Flipper-Sound in den Raum fluteten – Gitarrist Falconi in sein Spiel versunken mit mäandernden, fräsenden, kaum einer gängigen Struktur folgenden Riffs, Steve DePace mit schnökellosem, treibendem Beat und Meister-Basser Watt mit seinem ureigenen, virtuos wummernden Saitenanschlag, der im Wesentlichen die Richtung vorgibt und den vor Lärm berstenden Laden zusammenhält – nimmt der Berserker Yow vom Start weg das Publikum mit in die Pflicht: spontanes Punkrock-Mitmach-Theater par excellence. Den eigenen Beitrag weit mehr als radikalen Fronteinsatz interpretierend denn als konventionellen Sangesvortrag, schmeißt sich der Krakeeler permanent in die ersten Reihen des Publikums, gestützt und kopfüber bis in die hinteren Ränge durch das Auditorium getragen von den Fans, innigst umarmt von den Verehrerinnen, im Gesang begleitet von der Text-sicheren Meute und beim Herunterhängen von den Deckenrohren abgesichert von helfenden Händen kennt Yow keine Distanz zur Zuhörerschaft, mehr Kunden-Zugewandtheit geht nicht in unkontrollierter Offensive, dabei die Grenze zur körperlichen Aggression durch einen Hauch von Altersmilde nie überschreitend. Der bereits des Öfteren zu unterschiedlichsten konzertanten Gelegenheiten in Spontan-Aktionen involvierte und bewährte Part-Time-Roadie Anton darf bei der deutschen Übersetzung der wegwerfenden Phrase „Who Cares?“ den Einflüsterer für den Frontmann geben und bekommt dafür über sein dargereichtes Smartphone ein individuelles Live-Video von Yow persönlich gefilmt, der Flipper-Vorturner steht in Sachen Spontanität in nichts nach, selbst seine Texte brüllt er kurzerhand ohne technische Verstärkung ins Rund, nachdem das Mikro kurzfristig den Dienst versagt und nicht sofort Ersatz bei der Hand ist. Zum Abgesang in „Sex Bomb“, dem letzten Titel des Abends, reicht er das Arbeitsgerät den Fans, die Pogo-Rempler dürfen den Song selbst zu Ende brüllen. Wo bei den Langhaarigen der Joint kreist, gibt das Punk-Volk das Gesangs-Mikrofon zur gemeinsamen Schrei-Therapie an die Nachbarschaft weiter, auch schön.
Flipper untermauern mit ihrem intensiven wie im wahrsten Sinne des Wortes überwältigenden München-Auftritt, zu dem die Band im Großteil das Material des Debüt-Klassikers „Album – Generic Flipper“ präsentierte, dass Punkrock in dieser offensiven und schonungslosen Gangart noch längst nicht tot ist und auch zu keiner angemessenen Zeit ins Bett geht, wie ein berühmter Sticker mit den Konterfeis der Herren Rollins und MacKaye weismachen will, wenn auch die Ur-Protagonisten (wie die auch nur eine Dekade älteren, verhassten Woodstock-Hippies ;-))) längst in die Jahre gekommen sind – solange einer wie David Yow dergestalt das Rheuma ignoriert, den Springteufel aus dem Sack lässt und die Band im Rücken dazu ihre beinharten Massiv-Attacken fährt, muss einem um den Unterhaltungswert des Genres nicht bange sein.
Die Mädels und Jungs von Holy Fingers dürfen sich gegenseitig auf die Schultern klopfen: im Sommerloch-Monat August mit der Flipper-Verpflichtung in Sachen exzellentes Live-Entertainment, maximale Publikums-Bespaßung und volle Hütte alles richtig gemacht, Hats off !
Zur Eröffnung des Abends präsentierten die Veranstalter einen ins Konzept passenden Ausflug in die Münchner Punk-Historie, die hiesige Formation Analstahl hat im lärmenden Gewerk auch schon etliche Jahrzehnte auf dem Buckel. Seit Losrennen in den Neunzigern hat sich am Sound der Combo um den omnipräsenten Gutfeeling-Labelchef Andreas Staebler aka G.Rag (aka hier: Analstübner) nicht viel geändert: Speed-, Hardcore-, Surf- und sonstiger ultraflotter Hauruck-Punk mit heftigem Anschlag, kreischendem Gitarren-Lärm und simplen Parolen zwischen banal und bemüht, links und lustig, in der lyrischen Ausgestaltung oft gefährlich nahe an plattem Schülerband-Niveau vorbeigeschrammt, aber das mag im Zweifel zwecks DIY-Punk-Ethos, eh-schon-alles-wurscht-Habitus und „Anders kapieren’s die Deppen sowieso nicht“ genau so gewollt sein. Nummern wie „Rackete statt Raketen“ als Statement pro Seenot-Retterin Carola Rackete zeigen exemplarisch den klaffenden Graben zwischen gut gemeint und gut gemacht, egal, es fanden sich auch etliche schmissige Pogo-Gassenhauer im Repertoire, und spätestens bei der Zugabe „Diane“ war alles wieder gut, für einige Minuten gar sehr super, die Analstahl-Version der schaurigen Mord-Geschichte im Punkrock-Stil nahm den Schwung des dissonant Verzerrten in der Gitarre und den energischen Hardcore-Drive des Grant-Hart-Originals mit auf die Reise und trieb den altgedienten Hüsker-Dü-Verehrern in verklärter Erinnerung die ein oder andere Träne der Rührung in die Augenwinkel. Wie schon auf dem Album „If’n“ von Mike Watt’s fIREHOSE in den Thanks-Credits zu lesen war: „of course the Huskers (cover models)“, und damit schließt sich der Kreis im Pogo-Moshpit.
Die nächste Veranstaltung der Holy Fingers findet am 23. September im Münchner Import/Export statt: Im Kreativquartier an der Dachauer Straße tritt dann ab 20.00 Uhr der äthiopische Jazz/Funk/Worldbeat-Musiker und Multiinstrumentalist Hailu Mergia mit seiner Band auf.
Remember Elvis Aaron Presley: Heute vor 42 Jahren hat der King das Building verlassen, 42 Jahre war er damals im August alt, seitdem ist er nicht wieder zurückgekommen, wenn auch der ein oder andere frech behauptet, er wäre ihm später noch nächtens am Bar-Tresen des Heartbreak Hotel beim Heulen ins Bier oder in einem fetten Ami-Schlitten mit einer feschen Blondine an seiner Seite auf dem endlosen Highway der unerfüllten Teenager-Träume erschienen. Wie der alte Neil Young so schön anmerkte: Der König ist gegangen, aber er ist nicht vergessen – hier zum Gedenktag eine Auswahl an Song-Reminiszenzen aus dem reichhaltigen Fundus seiner musizierenden Verehrer. Schmalzt Euch die Locke & shake your pelvis, true lovers of rock and roll!
Die kalifornischen Hauruck-Punks The Vandals besangen in ihrer 1989er-Nummer „Elvis Decanter“ einen Krug full of whiskey in the image of the King – wie passend zum aufgeschwemmten Zustand des Las-Vegas-Entertainers der späten Jahre…
Der ewig hinter prominenteren Kollegen seiner Zunft wie Springsteen oder Warren Zevon in der zweiten Reihe anstehende New Yorker Songwriter Elliott Murphy erinnert sich in seiner wunderbaren Ballade „On Elvis Presley’s Birthday“ an eine großartige Zeit, als er mit seinem Dad im Cadillac am Geburtstag des King durch die Gegend peste: „My father liked Elvis and it was worderful / We drove trough black neighborhoods / On Long Island’s north shore / When Elvis was alive…“
1986 ignorierte die englische Punk-Band The Membranes auf ihrem Longplayer „Songs Of Love And Fury“ in einer 48-Sekunden-Nummer den desolaten Gesundheitszustand des Kings in seinen letzten Lebensjahren: „The Elvis I Knew Was No Junkie“, worauf ein alter Freund nach Vorspielen der Scheibe sarkastisch anmerkte: „The Junkie I Knew Was No Elvis“. Haha.
Die Membranes sind seit 2009 wieder aktiv, Sänger John Robb hat während der zwischenzeitlichen Band-Auflösung eine Handvoll an Musik-Dokumentationen in Buchform publiziert, unter anderem eine launige Oral History zum Thema „Punk Rock“. Was das alles mit dem King zu tun hat? Eher weniger. War ja nicht so das Ding der englischen Punks. „No Elvis, Beatles, or The Rolling Stones in 1977“ gaben The Clash in einem ihrer frühen Songs als Devise aus. Den Schwenk vom King zum Punk hat Musiker, DJ und Autor Peter Hook in seiner Band-Bio „Unknown Pleasures. Inside Joy Divison“ lakonisch dokumentiert: „August 16, 1977: The Buzzcocks sign to United Artists on the bar of the Electric Circus. Elvis Presley dies“. Ende alte Zeit, Anfang neue Zeit, Punktum. Haben beinharte Elvis-Fans wie Johnny Ramone oder Lux Interior jenseits des Atlantiks natürlich völlig anders gesehen…
Songs mit dem Titel „Velvet Elvis“ gibt es auch von fragwürdigen Pop-Weibsen wie Alex Winston und Kacey Musgraves, deren schleimiger Sondermüll zum Thema nichts mit der schmissigen Nummer von Scott Davison gemein hat, 1986 auf dem feinen Sampler „Welcome To Comboland. A Collection Of Twelve Artists From North Carolina“ veröffentlicht.
Das brachiale US-Noiserock-Trio Killdozer verhackstückte vor dreißig Jahren den Elvis-Hit „Burnin‘ Love“ aus der Feder des Country-Songwriters Dennis Linde auf ihrer grandiosen Coverversionen-Sammlung „For Ladies Only“, auf der sich neben weiteren Nachgespielt-Perlen auch die einzig erträgliche Fassung des Don-McLean-Schmachtfetzens „American Pie“ findet (die ja auch irgendwie was mit dem King zu tun hat). Killdozer waren eine super Live-Band, kaum jemandem trieb es die Halsadern so schön beim Brüllen heraus wie dem krakeelenden Basser Michael Gerald…
Dem „King’s Call“ folgte 1980 der wenige Jahre später selbst viel zu früh dahingeschiedene Thin-Lizzy-Leader Phil Lynott auf seinem ersten Album ohne Stammformation, „Solo In Soho“. Der irische Hardrock-Bassist, Sänger und Songwriter wurde bei der Nummer von Mark Knopfler an den Stromgitarren-Saiten begleitet, passte wie A… auf Eimer, der ehemalige Dire-Straits-Vorsteher ist mit Nummern wie „Calling Elvis“ und „Back To Tupelo“ selbst bekennender Elvis-Verehrer.
Dass „Tupelo“ von Nick Cave und seinen Bad Seeds von der Geburt des Kings handelt, weiß mittlerweile wahrscheinlich selbst der letzte Southern-Gothic-Hinterwäldler am Mississippi, egal, ein großer Post-Blues-Wurf war die Singles-Auskopplung vom 1985er-Album „The Firstborn Is Dead“ allemal – auch der Longplayer-Titel eine Elvis-Referenz, by the way und falls noch nicht bekannt…
The Residents, die lange Zeit großen Unbekannten des amerikanischen Multimedia-Undergrounds, widmeten Elvis 1989 mit „The King & Eye“ ein Konzept-Album mit experimentellen Elektro-Bearbeitungen seiner bekanntesten Schlager. Bereits Ende der Siebziger machten sie sich auf ihrer „Duck Stab!“-EP im Song „Elvis And His Boss“ Gedanken zum frühen Abgang des Königs: „Straight to the top / I’ll never stop / I’ll die before my day“.
Großen Elvis-Imitator-Sport bieten seit Ende der Achtziger Sänger Tortelvis und seine kalifornische Cover-Combo Dread Zeppelin – „best known for performing the songs of Led Zeppelin in a reggae style as sung by a 300-pound (140 kg) Las Vegas Elvis impersonator“. Nach wie vor aktiv und vermutlich nach wie vor die vom Roadie umgehängten Seidentücher im King-Style ins Volk werfend. Hier die Zeppelin-Nummer „Black Dog“ aus der Feder von Jones, Page & Plant im „Jamaika goes Las-Vegas-Trash“-Crossover:
Zum Schluss King Elvis himself mit dem Led-Zep-Klassiker „Stariway To Heaven“. Den Treppenaufgang zum Himmel hat er am 16. August 1977 dann wie allseits bekannt direktemang selbst genommen – eine der tot-gespieltesten Nummern des Siebziger-Stadion-Rock, passt ja auch irgendwie zum Thema…
Der Samstag/Tag 2 des Raut Oak am Riegsee eröffnete mit einem heimischen Beitrag aus dem Münchner Hause Gutfeeling Records: Wo Kapellmeister Andreas Staebler aka G.Rag im vergangenen Jahr mit seinen Hermanos Patchekos das gute Gefühl beim sonntäglichen Faulenzen und den Genuss beim Blicke-Schweifen über das herrliche Bergpanorama im Grünen zusätzlich mit opulenten wie wunderbar schrägen Big-Band-Sounds beförderte, war heuer die schmale Trio-Besetzung der G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe angezeigt. Zusammen mit Drummer Mikel „Mr. Zelig“ Jack und Electronica-Tüftler Fritz Fritzmann lieferte Gitarrist/Sänger Staebler den scheppernden Weckruf für die 2. Festival-Runde am frühen Nachmittag mit einem grundsoliden wie unkonventionellen Einstieg in das Konzert-Programm. Weit ab von rauem Blues und artverwandten Variationen bespielte die Band ihr hochgeschätztes Potpourri aus stoisch reduzierten No-Wave- und Postpunk-Perlen, elektronisch veredelten Cumbia-Rhythmen und experimentellen Ausflügen in die Drone- und Space-Welt des Geräte-schraubenden Synthie-Tüftelns, die Sänger G.Rag zuweilen mit verzerrter Singstimme und dadaistisch-minimalistischer Lyrik bedachte. Mindestens die vor der Bühne versammelten Lokalpatrioten wussten wie zu vielen anderen Gelegenheiten in der Vergangenheit den ewig jungen und frischen Punk/Wave-Swing der Münchner Indie-Institution schwerst zu goutieren und starteten den 2. ROF-Tag im Blauen Land mit einem – genau! – Gutfeeling.
Die nächste Runde gehörte den vier Ladies von The Darts aus Phoenix/Arizona, dort ist es nach Ansage von Sängerin Nicole Laurenne regelmäßig noch wesentlich heißer als am hochsommerlichen Riegsee, mehr als knappe Textilien im Bühnen-Outfit haben die Mädels trotzdem nicht aufgetragen für ihre Bad-Taste-Show im Geiste des Sixties-Trash und der Psychedelic-Garage. Krawalliges Uptempo-Gepolter mit Glam-Appeal, Punk-Drive, Horror-B-Movie-Potential und exzessivem Malträtieren der Weltraum-Orgel. Die Band ist beim Alternative-Tentacles-Label von Jello Biafra am Start und präsentierte am Samstag vorwiegend das Material des Ende Mai erschienenen aktuellen Longplayers „I Like You But Not Like That“. Wer’s braucht, war vorn am Bühnenrand, alle anderen im Schatten unter der Eiche oder am Bierstand. Lux Interior hätte sich bei der Wahl zwischen Weibsen oder Drinks wohl zerreißen müssen, aber dieses Dilemma ist ja eine altbekannte Geschichte…
Gritty Tails of the Essex Underworld: Feinsten britischen Pub-Rock zelebrierten Eight Rounds Rapid aus dem südenglischen Southend On Sea. Wer sich spontan an die schneidigen Gitarren-Riffs von Dr. Feelgood’s Wilko Johnson erinnert fühlte, lag goldrichtig und musste nicht lange nach den Wurzeln suchen: ERR-Gitarrist Simon Johnson ist als Sohn des einflussreichen Musikers familiär geprägt vom englischen Prä-Punk der Siebziger und hat sich dabei unverkennbar den ein oder anderen Griff vom Altvorderen abgeschaut. Die Band lieferte im feinen Zwirn bei brütender Hitze ein vollmundiges Gebräu aus der harten Rhythm’n’Blues-Mutation der englischen Kaschemmen und Reminiszenzen an die Aufbruch-Jahre des Punk-Rock auf der Insel vor gut vier Dekaden, mit Verweisen auf die Mod-Nummern des frühen Paul Weller mit The Jam, auf die ungestüme Energie der Pistols bis hin zum fortgeschriebenen PiL-Kapitel. Speziell die stilistische Nähe zu den Johnny-Rotten-Kapellen war durch den schneidenden, fordernden Vokal-Vortrag von Sänger David Alexander offenkundig. Exzellenter erster Eindruck einer bis dato in unseren Breitengraden weithin unbekannten Band, allein dafür ein großes Dankeschön an Organisator Christian Steidl für die Ausgrabung und Präsentation derartiger Perlen.
Großes Staunen und Kinnladen-Runterfallen beim Auftritt von Bones Shake aus Manchester. Sänger David Brennan hat bereits am Vortag mit seinem energischen Auftritt zusammen mit der Combo The Dee Vees mächtigen Eindruck hinterlassen, am Samstag legte er am Spätnachmittag noch eine ordentliche Portion an Bühnenpräsenz und beinhartem Rock’n’Roll-Entertainment drauf. Der rohe, harte und überdrehte Fuzz-Trash und Primitiv-Blues-Rock dröhnte rudimentär und reichlich dissonant mit Gitarre und Drums der Sheffield-Brüder Andy und David aus den Tiefen einer versifften Garage, aus der Brennan in seiner Rolle als sich völlig verausgabender Frontmann wie der sprichwörtliche Springteufel herauskrakeelte, schrie, jaulte und heulte, als seien die letzten Tage und das jüngste Gericht angebrochen. Ein Verrenken, Wälzen auf den Bühnenbrettern und manisches Predigen, das die ohnehin schon völlig kompromisslose Bühnenshow des australischen Bruders im Geiste und Beasts-Of-Bourbon-Vorturners Tex Perkins in seinen besten Zeiten um ein Vielfaches steigerte und auf die Spitze trieb. Mehr Intensität und frenetisches Fiebern beim Grenzen-niederreißenden Herauskehren der inneren Dämonen und wütenden Entladen der Energie ist kaum vorstellbar. Großes Underground-Blues-Kino und damit selbstredend einer der exzellentesten Momente der ROF-2019-Ausgabe. Das jüngst bei Abattoir Blues Record, dem Label von Bandleader David Brennan erschienene Vinyl „Sermons“ ist auch ein sehr feines Teil für alle Freunde der raueren Gangart des Blues.
Zum Auftritt von Repetitor darf das Kulturforum zur Abwechslung mal ganz unbescheiden aufs Blech hauen: Dezenten Hinweis auf das Glockenbachwerkstatt-Konzert der serbischen Postpunk-Granaten im vergangenen Herbst an ROF-Mastermind Christian Steidl gesteckt, der fand Gefallen und hat postwendend mit dem Vertrag gewedelt, das Publikum am Samstag war nicht minder angetan vom Auftritt des gemischten Trios aus Belgrad, alles paletti. Die furios aufspielenden Rhythmus-Musikerinnen Milena Milutinović und Ana-Marija Cupin und ihr in Sachen Intensität in nichts nachstehender Band-Kollege Boris Vlastelica an Gitarre und Gesang zündeten ein Feuerwerk an Postpunk-Vehemenz und progressiven Ideen im Uptempo-Drive ihrer ureigenen Interpretation des harten, lauten und schnellen Alternative-Rock. Virtuos treibende Bass-Linien, entfesseltes Getrommel, schwergewichtige Gitarren-Attacken und verzweifeltes Herausschreien in offensiver Bühnen-Präsentation versetzen große Teile des Publikums in euphorische Ekstase, für nicht wenige war der scharfe Balkan-Noise einer der herausragenden Sets des Festivals. Wer die Band bereits bei früheren Gigs erleben durfte, war nicht wirklich überrascht vom schwer für sich einnehmenden Auftreten der entfesselt aufspielenden Formation, die drei jungen Musiker_Innen haben im Postpunk und seinen zahlreichen Nebensträngen eine eigene Sprache gefunden, die frontal und mit überbordendem Spielwitz zum Vortrag kommt. Der exzellent abgemischte Sound tat das Seine zum herzerfrischenden, frenetisch beklatschten Repetitor-Orkan, zu dem selbst die gröbsten Feedback-Dissonanzen noch glasklar und differenziert vernehmbar waren. Mit derart beherztem Herangehen schreibt man wohl Raut-Oak-Geschichte. Nächstes Jahr gerne wieder.
Die Brüder Aled und Brenning Clifford aus Wales beeindruckten als klassisches Gitarren/Drums-Duo Henry’s Funeral Shoe durch erdigen Heavy-Blues, wuchtige Soul-Grooves und lärmenden Rock’n’Roll, die Mixtur zeigte in der Form auf dem Festival gewiss keine neuen Perspektiven des Genres im Raut-Oak-Standardformat auf, wurde aber energisch, im satten Anschlag und mit Herzblut durch das fein abgemischte Equipment gerockt und ist damit selbstredend eine lobende Erwähnung wert. Slide-Gitarrist Aled Clifford hat sein Handwerk vom langjährigen Van-Morrison-Musiker Ned Edwards erlernt, da ist unzweifelhaft so manche Unterrichtsstunde auf fruchtbaren Boden gefallen. Dieser Umstand und seine raue, voluminöse Bluesmänner-Stimme wie der druckvolle Trommelanschlag seines jüngeren Bruders Brenning sorgten allemal für ein breites Grinsen bei den Freunden ausladender E-Gitarren-Soli und grundsolider, harter Bluesrock-Kost.
In den Abendstunden des Samstags stand der bei weitem kontroverseste Auftritt beim diesjährigen Raut Oak an: Am durchgeknallten Gig des deutschen Duos Dÿse schieden sich die Geister, wo es zu vielen exzellenten Festival-Auftritten keine zweite Meinung gab, war zum Gewerk der Herren Dietrich und van Gohl dahingehend reichhaltige Diversität bei der Konsumenten-Schar geboten. Rammstein für Harzer? Helge Schneider goes Noise-Rock? Schwer erträgliches Blöd-Geblubber, wo man bekloppt von wird, einhergehend mit durchaus ansprechendem, lärmendem Rockmusik-Gewerk – oder tatsächlich genial-spontaner Dadaismus, mit schmissigem, schwerst gefälligem und brachial nach vorne abgehendem Trash-Metal orchestriert? Bis zur abschließenden Klärung dieser Fragen und dem Ausräumen aller etwaigen Unklarheiten: Sag einfach Hans zu mir… (Indifferent-Achselzuck und ab).
Mittlerweile Dauergäste beim Raut Oak sind Left Lane Cruiser aus Fort Wayne/Indiana, fortwährend gebucht und hochwillkommen wie der großartige Orgel-Wizard James Leg, der am kommenden Tag seinen großen Auftritt haben sollte, gehört das Trailerpark-Hardblues-Duo mittlerweile zum festen Inventar der Veranstaltung – und doch war nicht alles beim Alten zum 2019er-Gig: Fredrick „Joe“ Evans IV hat sich extra fein gemacht und war beim Bader („Barber Shop“ heißt der Friseur heutzutage bei den Rauschebart-Hipstern im Glockenbachviertel, in Williamsburg und allen anderen tot gentrifizierten Nachbarschaften), und eine Handvoll neue Songs wie einen neuen Trommler hatte er auch im Schlepptau. Pete Dio kümmert sich daheim in den Staaten um den Nachwuchs, dafür durfte Johnny Revers als Ersatz die Stöcke schwingen, weitaus defensiver und zurückgenommener als sein Vorgänger, was dem rauen und unverblümt aus der Hüfte geschossenen, hart und unverdaut vor die Front gerotzten Slide-Riffs und den Einsichten aus der prekären Welt der „Abgehängten“ im Mittleren Westen der US of A von Gitarrist/Sänger Evans etwas die schneidende Schärfe nahm. Als singender, Soul-infizierter Drummer im Geiste eines Levon Helm macht der Mann mit dem imposanten Bartwuchs in einer Handvoll an Nummern obendrein eine gute Figur. Evans der Vierte sorgte mit seinem permanenten „Fucking-dies-und-fucking-das“-Gefluche, polternden Knurren und Zuprosten zwischen den beinharten Trash- und Punk-Blues-Ausbrüchen dafür, dass es nicht allzu gemütlich wurde. Die hochgefahrene Lautstärke intensivierte den wie seit eh und je überwältigenden Auftritt der Blues-Berserker, eine schweißtreibende und herzerfrischende Angelegenheit, aber damit erzählt man der Raut-Oak-Gemeinde weiß Gott nichts grundlegend Neues, und das ist in dem Fall auch gut so.
Zu den Klängen von Radio Moscow ging es in Richtung heimatliche Gefilde, um Mitternacht war nach nahezu zehn Stunden konzertanter Beschallung, anregenden Gesprächen in den Umbaupausen und einem kurzen Abstecher an die Tiki-Bar der Almost Boheme die Aufnahmefähigkeit am Tiefpunkt, über die Psychedelic-Combo aus Iowa stand an dieser Stelle im Rahmen der Platten-Besprechung zum letzten Werk „New Beginnings“ folgendes zu lesen: „Bandgründer, Sänger und Multiinstumentalist Parker Griggs und die beiden anderen Langhaarigen hören sich auch auf dem fünften Radio-Moscow-Album so an, wie die Optik der Band mit dem ersten Gedanken spontan vermuten lässt: nach Heavy-Sound, Marshall-Boxen-Türmen, ausladenden Gitarren-Soli, rausgerotzten Rock’n’Roller-Weisheiten, säuerlichen Alkohol-Ausdünstungen am Tag danach, eingefangen in Biker-Garagen-Atmosphäre, die Luft geschwängert vom Motorenöl-Duft, Rauchwaren-Schwaden und dem Aroma von verschüttetem Bier“ – in der vernommenen ersten halben Stunde des ROF-Gigs des Power-Trios hat sich das nicht viel anders ausgenommen, die Band ist in den längst vergangenen Zeiten des Siebziger-Blues-Rock verhaftet, im ausgedehnten Ausleben der Gitarren-Exzesse zwischen Wah-Wah-Verzerrungen, psychedelischen Sound-Trips und endlosem Flow, getrieben vom wummernden Rickenbacker-Bass und einer latent zu schnellen, ausladenden Drum-Rhythmik, die das aus der Zeit gefallene Retro-Gebräu in Richtung Stoner-Härte drängt.
Zum Konzert des jungen spanischen Trash/Psychobilly-Duos Yo Diablo lassen sich mangels Anwesenheit nur die Zeugen vor Ort zitieren, es herrschte wohl einhellige Meinung, dass die Band mit ihrem zum orientalischen Swing neigenden Desert-Blues-Geschrammel völlig zu überzeugen wusste und damit jede/r das abrupte Ende des Auftritts um 3 Uhr morgens zwecks verordneter Nachtruhe schwerst bedauerte. Zweite Chance im nächsten Jahr, vielleicht?
ROF 2019 / Day 3 – coming soon…