Stefan Schneider

frameless13: Sam Prekop & John McEntire, Stefan Schneider, Karimah Ashadu @ Einstein Kultur, München, 2017-05-11

In der 13. Ausgabe der Münchner frameless-Reihe zur experimentellen Musik im digitalen Zeitalter warteten die Veranstalter Karin Zwack und Dr. Daniel Bürkner mit einem bemerkenswerten Line-Up aus der Welt der elektronischen Klangwelt auf, mit Stefan Schneider und den US-Musikern Sam Prekop und John McEntire verabschiedete sich die Veranstaltungsreihe in die Sommerpause, Fortsetzung findet die Serie dann im Oktober 2017.
Der Abend wurde wie gehabt vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München finanziell unterstützt und vom curt-Magazin präsentiert.

Der Elektronik-Pionier Stefan Schneider ist im Rahmen der frameless/frameworks-Reihe längst kein Unbekannter mehr, nach Auftritten mit seiner früheren Stammformation To Rococo Rot, mit der deutschen Experimental-/Krautrock-Legende Hans Joachim Roedelius und im vorigen Jahr zusammen beim beeindruckenden Duo-Vortrag mit Schlagzeuger Sven Kacirek gab sich Schneider am vergangenen Donnerstag erstmals im Kellergewölbe des Einstein Kultur solistisch die Ehre, sein Projekt „Mapstation“ war geprägt vom charakteristischen Sound der Düsseldorfer-Krautrock-Electronica, abstrakten Ambient-Drones, Techno-verwandtem Rhythmus-Pochen aus dem Bass-Synthie und Spoken-Word-Samplings, die ineinander greifenden Sequenzen und Klang-Entwürfe strahlten vehement die abstrakt-maschinelle Ästhetik der elektronisch erzeugten Musik aus und wussten wiederholt die hypnotische Faszination des experimentellen Krautrock-Flows zu entfalten, auch wenn wiederkehrende, reduzierte Passagen ab und an in allzu viel kaltem Industrial-Gleichklang versanken und die Kontemplation auflösten.
(**** ½)

Freunde der Chicagoer Postrock-Schule durften sich im zweiten Teil der konzertanten Aufführung über ein gemeinsames Projekt von Tortoise-Drummer/-Elektroniker John McEntire und seinem The-Sea-And-Cake-Bandkollegen Sam Prekop freuen, die beiden US-Musiker zogen das Publikum in ihrem knapp einstündigen Vortrag in einen faszinierenden, hypnotischen Flow aus sphärischem Kraut- und Space-Sound, der den Spannungsbogen nicht zuletzt dank treibender Rhythmik und feinem Herausarbeiten erkennbarer Melodik auf einem konstant hohen Level hielt.
John McEntire an elektronischen Drums und Sam Prekop mittels Tüfteln an modularen Synthesizern und minimalistischen Keyboards ließen auch im abstrahierten, von gängigen Strukturen losgelöstem Klangentwurf die fließende Lockerheit und den freien, mitunter fröhlich-beschwingten Ansatz aus den Werken ihrer Stamm-Bands erkennen. Bei Namen wie McEntire und Prekop waren die Erwartungen der Postrock-Gemeinde hinsichtlich massiv bereichernder musikalischer Experimentier-Kunst selbstredend keine geringen, enttäuscht dürfte an diesem Abend die Veranstaltung kaum wer verlassen haben.
(*****)

Im Nebenraum des Konzertgewölbes wurde eine 20-minütige Arbeit der britisch-nigerianischen Medienkünstlerin Karimah Ashadu gezeigt. In ihrer Filmmeditation „Makoko Sawmill“ thematisiert sie das Eindringen digitaler Überwachung in den täglichen Arbeitsablauf, die Ästhetik der Technologie trifft auf jahrhundertealtes Handwerk: Die Künstlerin filmte in einem Sägewerk im nigerianischen Lagos die Arbeiter bei ihrem Tagwerk, im Vordergrund schiebt sich ein blauer Balken in das Bild, der die arbeitenden Personen anvisiert und in ihren Bewegungen verfolgt – der durch Technik automatisierte Überwachungsprozess wird hier von Hand simuliert, eine groteske Inszenierung.

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Schneider Kacirek + Cummi Flu & Raz Ohara @ Frameworks Festival, Einstein Kultur, München, 2016-03-10

frameworks_2016

Das Münchner Frameworks Festival findet jährlich seit 2011 statt und bietet ein Forum für experimentelle MusikerInnen zum unkonventionellen und innovativen Grenzgang in den Bereichen Avantgarde, Trance, Ambient, Elektronik und abstrakte Komposition.
Kuratiert und gestaltet wurde die diesjährige Veranstaltung von Daniel Bürkner und Christian Kiesler in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München, welches auch in diesem Jahr durch entsprechende finanzielle Unterstützung für kostenfreien Eintritt sorgte, darf durchaus auch mal lobend erwähnt werden.

Das Festival eröffneten am Donnerstag Abend im vollbesetzten Kellergewölbe des Einstein Kultur das Duo Cummi Flu & Raz Ohara aus Berlin, hinter dem Projekt Cummi Flu verbirgt sich der Elektronik-Musiker Oliver Doerell, zusammen mit dem dänischen Wahl-Berliner und Grenzgänger zwischen den Electronica- und Songwriting-Welten Raz Ohara bot er einen phasenweise durchaus spannenden Mix aus gesampelten Rhythmen, Elektro-/Ambient-Trance, Techno, bizarren Klangcollagen und exotischen, asiatisch anmutenden, verfremdeten Ethno-Klängen, der durch die parallel dazu gezeigte Videoinstallation seine visuelle Umsetzung fand. Ohara unternahm punktuell den Versuch, die treibenden, elektronisch erzeugten Klanggebilde in der analogen Welt zu verhaften, mittels dezent darübergesungener Vokal-Einlagen und eingespielter Gitarrenklänge gelang dies Unterfangen wiederholte Male.
(*** ½ – ****)

Im zweiten Teil des Abends wurde dann Feinschmecker-Ambient zum Genießen aufgeführt, die Darbietung der Kombination Schneider Kacirek kann nur als erlesen bezeichnet werden: Der aus Düsseldorf stammende Kreidler-Mitbegründer Stefan Schneider, der bis 2015 20 Jahre lang auch als Bassist der äußerst spannenden Berliner Postrock-Band To Rococo Rot zugange war, bereiste in den letzten Jahren zusammen mit dem Hamburger Schlagzeuger, Komponisten, Dozenten und Buchautor Sven Kacirek im Auftrag des Goethe-Instituts den afrikanischen Kontinent zum Zwecke der Sammlung von Field Recordings, die pulsierenden, mäandernden Strukturen der afrikanischen Rhythmik müssen Einfluss gefunden haben in das Klangbild, dass das Duo am Donnerstagabend im Einstein-Kultur-Keller aufzeichnete, Schneiders am Synthesizer erzeugte, wohldosierte, abstrakte Ambient-Drones waren für sich bereits mehr als hörenswert, Verfeinerung und Krönung fand der knapp einstündige Sound-Flow im dezenten, behutsamen, mitunter sehr sparsamen, aber immer effektiv und allzeit hochspannenden perkussiven Analog-Einsatz von Sven Kacirek, der seine ganz entfernt an Ethno-Jazz erinnernden Klangmalereien an den Drums und an der Holz-Marimba punktuell durch Hinzunahme von während der Aufführung eingespielten und gesampelten, elektronischen Loops bereicherte. Fasziniert durfte das Publikum dem hypnotischen Sog dieser minimalistischen und erstaunlicherweise doch sehr weite Räume schaffenden tonalen Wunderwelt folgen, Momente wie diese sind es, die den Besuch des Frameworks Festivals immer wieder zu einem lohnenden Erlebnis machen und den Musik-Interessierten völlig neue Klangerlebnisse bieten.
(*****)