Steve Albini

Reingehört (532): Sunn O)))

Sunn O))) – Life Metal (2019, Southern Lord Records)

Die Black-Metal-Koryphäen Stephen O’Malley und Greg Anderson vom Experimental-Duo Sunn O))) lassen auf ihrem neuen Album „Life Metal“ die Sonne scheinen und setzen die gute Laune, das positiv Gestimmte der Beteiligten an den Aufnahme-Sessions in ihren tonal-atonalen Ergüssen um, glaubt man den Aussagen der Mönchskutten-Träger. Woran das im gewohnt finsteren Heavy-Noise-Dröhnen der beiden Gitarristen festzumachen sein soll, wird wohl auf ewig das Geheimnis der Musiker bleiben. Alles wie gehabt in den düsteren Kellern der Abtei: Schwergewichtige, zäh in Endlos-Schleifen mäandernde Instrumental-Metal-Drones in überdimensionaler Ausdehnung, mit Hang zum übersteuerten Feedback, wie bei Sunn O))) nicht anders erwartet von jeglicher handelsüblichen Song-Struktur befreit, zur kontemplativen, meditativen Versenkung im lärmenden Grundrauschen. Die verehrungswürdige isländische Experimental-Folk-Grenzgängerin Hildur Guðnadóttir kontrastiert zum schweren Riff-Brummen und legt mit ihrem liebreizenden Feen-Gesang einen Hauch von nordischer Mystik über den bedrohlich lärmenden Ritus der gedehnten Ouvertüre „Between Sleipnir’s Breaths“, die weiteren, folgenden drei Nummern huldigen in einer guten Stunde dem instrumentalen Downtempo-Exzess in gebetsmühlenartiger Wiederholung bis in die gefühlte Unendlichkeit. Elektrisches Cello von Hildur Guðnadóttir, ein Moog-Synthie, diverse Bässe und eine Kirchenorgel verdichten den Sound, ohne im Einzelnen differenziert aus diesem abstrakten Drone-Nebel herauszuleuchten.
Aufgenommen und gemixt von Noise-Gott Steve Albini himself, für den Job hätte sich schwerlich jemand mit besserer Reputation und sichererer Hand finden lassen. Wie wohl auch fürderhin für „Pyroclasts“, das der große Albini ebenfalls unter seiner Fuchtel hatte, das bereits für Herbst angekündigte zweite 2019er-Werk aus dem Hause Sunn O))), dem Vernehmen nach ein „more meditative“ Album, wobei selbstredend die Frage erlaubt sein muss, was dahingehend bei diesem Klang-Konzept noch an Steigerung oder vielmehr Entschleunigung möglich sein soll. „Life Metal“ ist bereits beim Record Store Day in ausgewählten Läden als limitierte Doppel-Vinyl/CD-Ausgabe erschienen, im zweiten Wurf dann ab heute in allen Formaten und in den entsprechenden Warenhäusern über Greg Andersons Label Southern Lord Records.
(**** – ******, je nach Tagesform, Laune und Bedürfnis nach dröhnendem Kuttenbrunzer-Meditations-Firlefanz)

Von den eindringlichen, erschütternden Live-Qualitäten der Metal/Drone-Institution kann man sich unter anderem am 7. November im Münchner Backstage überzeugen, neben Sunn O))) wird der hochgeschätzte Experimental-Gitarren-Massakrierer Caspar Brötzmann auftreten. Reitknechtstraße 6, 19.00 Uhr.

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Reingehört (347): Ben Frost

Ben Frost – Threshold Of Faith EP (2017, Mute)

In Australien geboren, in Reykjavík ansässig, in den Grenzbereichen der experimentellen Musik beheimatet: Der Komponist und Musiker Ben Frost, hier bereits mit seiner exzellenten, in jeder Hinsicht rabenschwarzen Aufführung beim 2016er Münchner Frameworks-Festival sowie seiner letztjährigen Opern-Vertonung des Iain-Banks-Romans „The Wasp Factory“ bepriesen, hat sich mit dem Chicagoer Noise-Gott Steve Albini eine geistesverwandte Seele an seine Seite geholt und mit „Threshold Of Faith“ ein knapp halbstündiges, gewaltiges Brachial-Krach-/Elektro-Ambient-Epos produziert.
Abstrakte Instrumental-Drones, Samples, Verzerrungen, weißes Rauschen und pochende Finsterklänge lassen mystische Klanglandschaften zwischen artifizieller Schönheit und verstörender Beklemmung entstehen, im kristallklaren Flow im einen und Black-Metal-/Industrial-artiger Elektro-Atonalität im nächsten Moment, scheinbar sich verselbstständigende Synthies und Bass-lastige, schwergewichtige Elektrobeats beschwören Assoziationen an kalte, unwirtliche, menschenleere isländische Schnee- und Eisfelder vor dem inneren Auge herauf. Trotz düsterer Grundstimmung etwas mehr Licht und sporadisch freundlichere Klangfarben als in den letzten Begegnungen mit Meister Ben, immerhin. Hinsichtlich kunstvoll inszeniertem Lärm, tonalem Wahnsinn und vor nichts zurückschreckender Auslotung der klanglichen Möglichkeiten trifft für die Kombi Frost/Albini das alte bayerische Sprichwort voll ins Schwarze: „Die hätten die Tauben nicht schöner zusammentragen können“ – darauf 2 cl Black Death… ;-)))
(**** 1/2)