Südstadt

Manic Street Parade

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Am 8. Oktober steigt im Münchner Schlachthof-Viertel zum ersten Mal das Club-Festival Manic Street Parade. Im Lieblings-Wohnzimmer Substanz, im Indie-Konzert-Club Strom, in der ehemaligen Table-Dance-Bar Pigalle, in der beliebten alternativen Absacker-Boazn „Zur Gruam“ und in der Schlachthof-Wirtschaft werden hiesige und internationale Indie-MusikantInnen auftreten und DJs auflegen, im anderen Lieblings-Wohnzimmer Südstadt findet ab 16.00 Uhr der Festival-Kick-Off „Meet The Maniacs“ statt, inklusive Podiumsdiskussion zum Thema „Mehr Pop für München“, initiiert unter anderem vom Sportfreunde-Stiller-Manager Marc Liebscher und moderiert von der ehemaligen „Fertig, Los!“-Bassistin Julia Viechtl. Spannende Sache, das.

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Reingehört (223): polemica

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polemica – Keep Your Laws Off My Mind (2016, Polemica/Bandcamp)
1988 gründete die Schlagzeugerin Hilary Binder in San Francisco zusammen mit Christopher Rankin die Band Sabot, das Drum-/Bass-Duo zelebrierte eine komplexe Mixtur aus Jazzpunk und experimentellem Prog-Rock. Die aus Washington DC stammende Musikerin genoss in jungen Jahren eine klassische Ausbildung, später war sie wie Rankin ab den frühen Achtzigern in diversen kalifornischen Punkbands zugange.
Ab 1989 veröffentlichten Sabot in regelmäßigen Abständen ihre Tonträger und spielten weltweit zahllose Konzerte. Vor einigen Jahren haben sich die Wege der beiden getrennt, Rankin verschlug es nach Tschechien, Binder landete in Italien, wo sie neben ihrer musikalischen Aktivitäten ein Kulturzentrum betreibt.
Mit ihrer neuen Band wechselt Hilary Binder vom Schlagzeug ans Mikro, als Sängerin des vor kurzem zusammen mit drei zwei Schweizer und einem italienischen Musikern gegründeten „Thinkrock“-Projekts polemica setzt sie sich mit politischen und sozialen Themen auseinander, selbstreflektiert und ironisch gibt sie ihre Statements zum Besten, musikalisch untermalt von einer fesselnden Mixtur aus Postcore, Washington-Go-Go-Funk-Zitaten, experimentell-psychedelischen Prog-/Krautrock-Anklängen und verzerrter Elektronik. Frei fließend, treibend, Rhythmus-dominiert, tanzbar – anregend für Körper und Geist, um Längen genehmer als jeder Koffein-, Teein- oder sonstige Substanzen-Schock.
(**** ½ – *****)

polemica spielen im Rahmen ihrer Europatournee am 9. Oktober in der Münchner Südstadt, nix wie hin!

Weitere Termine der Tour:

13.10. Poznan – Rozbrat
14.10. Warsaw – Mozg
15.10. Praha – Kaštan
16.10. Tábor – Cesta Žije
18.10. Wien – Chelsea
19.10. Graz – Club Wakuum
20.10. Ljubljana – Menza Pri Koritu
11.11. Dolceacqua – Piazzale San Filippo
12.11. Marseille – La Machine a Coudre
19.11. Amsterdam – Vrankrijk
20.11. Hamburg – Stubnitz
21.11. Bremen – Römer
25.11. Bremgarten – KuZeB

Auf Vimeo gibt es den sehenswerten Kurzfilm „Hilary And Chris On The Way“ über das Bass-/Drum-Avantgarde-Rock-Duo Sabot, do yourself a favour:

C.Ladd @ Südstadt, München, 2016-09-15

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Schöne Begleitmusik zum langsamen Ausdampfen des Spätsommers an diesem wohl letzten lauen Abend hat uns am vergangenen Donnerstag der Kanadier C.Ladd aus Winnipeg/Manitoba in der Münchener „Südstadt“ aufgespielt, der derzeit im nordhessischen Kassel ansässige Songwriter beschreibt seine Einflüsse selbst in einer Bandbreite von Lou Reed über Pavement bis zu den Cramps, im Solovortrag mit eigener Begleitung an der Wandergitarre waren bei dem Konzert weitaus mehr Parallelen zum Alternative Folk des 1997 in jungen Jahren dahingeschiedenen Jeff Buckley erkennbar, zu beeindrucken wusste der Barde aus dem Süden Kanadas allemal mit seinem versierten Akustikgitarren-Spiel und einem Gesang, der rauchig-warm in der emotionalen Bandbreite zwischen fordernder Ansage, dräuender Verzweiflung und sporadischem, euphorischem Nach-Vorne-preschen unterwegs war. Mit punktuell platzierten Swing-Nummern, die gekonnt mit Elementen aus Acoustic Blues, Jazz und dezenten Ragtime-Andeutungen spielten, wusste Chris Ladd seinen beherzten Akustik-Folk-Vortrag stimmungsvoll aufzulockern, das leider etwas spärlich anwesende Publikum war gebührend Applaus spendend hörbar angetan vom Programm des sympathischen Musikers. Hätten ein paar Zuhörer mehr verdient, die griffigen, sofort ins Ohr gehenden Songs über den Sommer und dem dringenden Bedürfnis nach Ferien und Auszeit, die in ihrer unterschwelligen Melancholie perfekt in die Jahreszeit passten, in der es nun gilt, vom Sommer Abschied zu nehmen und hinüberzudriften, in die rauen Winde und langen Nächte des anstehenden Herbsts…
(**** 1/2)

C.Ladd / Homepage

Yotam, Joe McMahon, Mike Neograf @ Südstadt, München, 2016-08-17

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Als „Acoustic Punk Night“ wurde das Bardentreffen im Südstadt am vergangenen Mittwoch angekündigt, drei junge Männer stellten zumindest in ihrer Haltung und in entsprechenden Songtexten den Bezug zum Geist der 70er-Jahre-Subkultur her, im musikalischen Vortrag waren die Darbietungen durch das begleitende Akustik-Gitarren-Geschrammel weit mehr an den Folk und Protestsongs der Sechziger angelehnt.

Den Sangesreigen eröffnete der junge Franzose Mike Neograf aus Lyon, der in seinen ausgewogenen, kurzen Vortrag vor allem auch die leisen und nachdenklichen Töne einfließen ließ.
Ein klassisches, Straßensänger- und Lagerfeuer-taugliches Folk-Repertoire inklusive filigranem Saitenanschlag, das zu gefallen wusste, hinsichtlich Punk aber auch bei größter Fantasie kaum eine Idee aufkommen ließ.

Mit deutlich mehr Drive bestritt Joe McMahon, Sänger und Gitarrist der US-Hardcore/Punk-Band Smoke Or Fire, im Mittelteil des Abends seinen Solovortrag, der seit einiger Zeit im westfälischen Münster ansässige Mann aus Boston packte eine gehörige Portion Wut und Empathie in seine Protestsongs und Geschichten über verstorbene Freunde, das amerikanische Gesundheitssystem („They gave us a toothbrush„) und die Stimmung vergällende Politiker wie diesem Vollidioten, der sich dieser Tage anschickt, 45. Präsident der US of A zu werden. Ungefähr so Folk Punk, wie Frank Turner Folk Punk macht. Neue Platte kommt im September beim Bremer Gunner-Records-Label.

Große Entertainer-Qualitäten legte der Israeli Yotam Ben Horin an den Tag, in einem beherzten, euphorischen Auftritt, mit entsprechenden Uptempo-Songs, den Geschichten über das Leben „on the road“ inklusive Übernachten im eigenen Auto sowie den daraus resultierenden Rückenschmerzen (wir erinnern uns: UK Subs, „I live in a car“) und Verneigungen vor den großen Vorbildern in Form von flotten Akustik-Versionen der Ramones-Klassiker „Pet Semetary“ und „We Want The Airwaves“ kam der Musiker der Haifa-Punk-Combo Useless ID dem Motto des Abends mit am nächsten. Schade eigentlich, dass man zur Wandergitarre nicht pogen kann, aber mitsingen war auch schön… ;-)))
Mit der von allen drei Sangeskünstlern gemeinsam vorgetragenen Pixies-Nummer „Where Is My Mind?“ als abschließendem Mitmach-Budenzauber nahm der launige Konzertabend in der vollgepackten Südstadt stimmungsvoll sein Ende. Schönes Gesamtpaket mit entsprechendem Unterhaltungswert.
(**** – **** ½)

catl. @ Südstadt, München, 2016-07-21

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„We are not a loud band, we are a very loud band!“
(Sarah Kirkpatrick, catl.)

Da half nur noch gnadenloser Sarkasmus und gezielter Einsatz der Spirituosen. „Ich hab das ganze Lokal für dich reserviert“ meinte die Suza beim Einlaufen, was den Umstand der gähnenden Leere im Südstadt eine halbe Stunde vor anberaumtem Konzertbeginn recht treffend auf den Punkt brachte. Münchens Konzertgänger waren vermutlich alle beim Napalm-Death-Free-&-Easy-Backstage-Konzert versammelt, Freibierlätschn, allesamt… ;-)))
Dabei gab es mit der feinen Musikkneipe in der Thalkirchner Straße nur einen Ort in München, wo am vergangenen Donnerstag der wahre Geist des Rock ’n‘ Roll wehte, netterweise haben sich im weiteren Verlauf des Abends dann doch noch ein paar Interessierte ins Lokal verirrt, um dem wunderbaren Trash-Blues und dem ungeschliffenen, entfesselten Garagen-Rock’n’Roll des kanadischen Duos catl. Gehör und Aufmerksamkeit zu schenken – was die bezaubernde Sarah Kirkpatrick mit Standschlagzeug und der hochsympathische Jamie Fleming mit Gitarre und Gesang an energiegeladener Show auf die Bretter der kleinen Bühne des Südstadt stellten, hätte so viel mehr an Besuchern verdient, keine Frage. Die Band nahm’s gelassen, das Arbeitsethos des Duos aus Toronto ist ohnehin vorbildlich, wie meinte Jamie Fleming beim Bier nach dem Auftritt so schön: „We try to do every show as good as the last one, no matter if there are three, thirty or three hundred people in the audience.“
Die, die da waren, durften den unverfälschten, beherzten, zupackenden Blues zur Eröffnung des Konzerts genießen, im weiteren Verlauf des Abends blieb der Auftritt bei gesteigertem Tempo, formvollendetem Rock-’n‘-Roller-Bühnengebaren und trashigem Garagensound unvermindert grandios. Man nehme in etwas das Beste, was man gegebenenfalls bisher von Jon Spencer, Alex Chilton, Beat Happening, den Cramps und den White Stripes gehört oder gesehen hat und packe noch eine Schippe an Enthusiasmus, Spielfreude, Herzblut und untrüglichem Gespür für die wahren Werte in der Rockmusik drauf, dann hat man eine ungefähre Vorstellung, zu welchen Höhenflügen das Duo in Sachen großartiges Musik-Entertainment fähig ist. So schön hat’s schon lange nicht mehr gescheppert, und kaum einer hat’s bemerkt, wie schade…
(*****)