Surf-Trash

Raut-Oak Fest 2019 @ Riegsee, 2019-06-30

Letzte Runde in freier Wildbahn am Riegsee zum 3. Raut-Oak-Festivaltag: Der Sonntag des „Underground Music Fest“ im Murnauer Hinterland eröffnete traditionell mit deftigem bayerischem Frühstück, zu dem die Weißwürscht viel zu schnell ausverkauft waren, für die Hunger-Darbenden mochte vermutlich auch die lokale Blues-Combo Williams Wetsox im Folgenden wenig Trost spenden. Das Kulturforum klinkte sich nach heimischer Erholungspause zum Auftritt der Maness Brothers wieder ein ins bunte Treiben, die beiden Brüdern David und Jake genießen mit ihrem „Heavy Blues Rock from St. Louis/Missouri“ einen exzellenter Ruf bei Fans und befreundeten Musiker-Kollegen wie den bereits am Vortag in höchsten Tönen lobenden Left Lane Cruiser. Wie die Combo von Joe Evans IV treten die Maness-Brüder im klassischen Duo-Outfit mit Drums und Gitarre an, der Sound der Band ist schwer vom Blues-Rock der guten alten Southern-Schule infiziert und besticht mit zentnerschwerem Swamp-Doom und drängendem Rock’n’Roll-Drive. Die intensiv einwirkenden Prediger entfesselten mit ihrem manisch treibenden, psychedelisch funkelnden Deep-Blues-Monolithen einen ureigenen Southern-Gothic-Sog und zeigten gegen Ende im zurückgenommenen Tempo, dass auch bekannte Balladen-Nummern von Siebziger-Jahre-Größen wie den Allmans oder Lynyrd Skynyrd bei ihrer musikalischen Prägung eine Rolle gespielt haben. Engagierter Auftritt vom Hardblues-Nachwuchs unter verschärften Hitze-Bedingungen, der sich in der Form im ROF-Line-Up förmlich aufdrängt.

Wesentlich entspannter ging es Margaret Garrett vom Garagen-Duo Mr. Airplane Man in ihrer „SoLow“-Show an. Ohne Drummerin Tara schrammelte die Musikerin aus Boston auf der Halbakustischen entschleunigte Desert-Blues-Meditationen zwischen Improvisation, Ambient und Drone, in hypnotischer Endlos-Schleife mit diffus-gespenstischem, dräuendem Unterton. Dem LoFi-Stil ihres Gitarrensounds mit Hang zum monotonen Leiern blieb Margaret Garrett auch im Gesang treu, ein entrücktes, völlig unaufgeregtes Vortragen, das kaum Variationen zwischen den einzelnen Nummern erkennen ließ. Zum Runterfahren der Betriebsamkeit in der sonntäglichen Sommerhitze taugte der Tranquilizer-Akustik-Flow perfekt, und wenn dann wie angekündigt im kommenden Jahr die Trommlerin mit an Bord ist, nimmt der Airplane Man auch wieder mehr Schwung zur Unterhaltung des Konzertvolks auf.

Das Festival blieb mit dem Auftritt von Pelo Mono im gedehnten und tiefenentspannten Modus, wie am ROF-Sonntag im Jahr zuvor beglückten die beiden Vermummten aus Andalusien die Zuhörer mit instrumentalem Midtempo-Crossover aus fieberndem Desert-Blues, lässigem Surf-Swing und experimentellem Drone-Ausbruch aus der Geräte-Manipulation. Guadalupe-Plata-Gitarrist Pedro de Dios ließ in der grünen Bankräuber-Maskierung bei seinem ersten Auftritt des Festival-Tages in bewährter Manier die Gitarre hallen, gespenstisch flimmernd und psychedelisch im Trance-Flow, zwischen schrägen Country-Holzhütten, Freak-Shows und Horror-Kinos im „Transylvania Country“ umher lichternd und improvisierend, von Gorilla Antonio Pelomono an den Drums stoisch-monoton zum nimmermüden Wandern zwischen den fremden und seltsamen Welten angetrieben. Hypnose und Halluzination gehen auch spannend, das haben Pelo Mono mit ihrem ROF-2019-Gig unter der sengenden Sonne der Sierra Riegsee erneut bewiesen.

Vorfreude pur in den vorangegangenen Tagen und Wochen zum Konzert des aktuell in London ansässigen US-Trios Lonesome Shack: Der schwedische One-Man-Band-Kracher Bror Gunnar Jannson ehrt die Band mittlerweile mit einem gleichnamigen Song, und das völlig zu recht, in den vergangenen Jahren gab es reichlich Anlass zum Lobpreisen der Formation um Sänger und Gitarist Ben Todd – ein exzellenter Solo-Auftritt im Geiste des Country- und Delta-Blues beim Raut Oak 2017, ein überwältigender Trance-Blues-Flow in voller Band-Besetzung im Vorjahr, vor wenigen Monaten die Veröffentlichung des neuen, grandiosen Albums „Desert Dreams“ beim Alive-Naturalsound-Label. Das Material des aktuellen Tonträgers sollte auch den Großteil des Sets vom Sonntag liefern, Meister-Gitarrist Ben Todd als klagender Erzähler und seine hervorragend eingespielte Rhythmus-Sektion Luke Bergman und Kristian Garrard begaben sich auf Wanderschaft durch die kargen amerikanischen wie afrikanischen Wüsten-Landschaften, mit ihrem unverwechselbaren, hypnotisch-mystischen Desert-Flow-Crossover aus uraltem US-Post-War-Blues, der ureigenen Schöpfung des „Haunted Boogie“ und den artverwandten Spielarten der nordafrikanischen Tuareg-Musiker. Die Band nahm wie erwartet neben handwerklichem Können und inspiriertem wie hochkonzentriertem Vortrag einmal mehr mit ihrem bescheidenen und freundlichen Wesen ein, ein angenehmer und willkommener Kontrast zum Blues-Rabauken der musizierenden Kollegen-Schar. Lonesome Shack live: Das Rundum-Glücklich-Paket für den entspannten Sonntag-Nachmittag auf der Raut-Oak-Wiese, für eine Stunde ohne die alltäglichen Sorgen im Kreuz, von der Band mittels Blues-Trance in andere Sphären entführt, so war die Vorstellung zum Konzert der drei sympathischen Musikanten aus Seattle, und so sollte es auch kommen. „I wish we could take this moment and freeze it, to come back again and again and again“ haben David Thomas und seine Experimental-Punk-Institution Pere Ubu in einem ihrer Songs in den Achtzigern zum Besten gegeben – in diesem Sinne…

Wo Pelo Mono am Start sind, sind Guadalupe Plata nicht weit, und so durfte Gitarrist Pedro de Dios knapp zwei Stunden nach seinem ersten Gig am Sonntag mit seiner Stammformation gleich nochmal in den Ring – und in dem Fall auch sein nölendes, sich tief in die Gehörgänge und Nervenstränge bohrendes Wolfs-Heulen und Klage-Lamentieren anstimmen. Große Abweichungen zum Vorjahres-Gig gibt es nicht zu vermelden, das wäre bei den beinharten Fans der Band vermutlich auch nicht auf viel Gegenliebe gestoßen. Das Trio spielte sich in den erwarteten Trance-Rausch, in den umwägbaren Tiefen ihres rohen, halluzinierend nachhallenden Delta-Blues-Flows, mit exzessivem Bottleneck-Slide, stoischem Rhythmus-Swing der Trommeln und den selbst zusammengezimmerten Bass-Gerätschaften. Andalusia goes Swampland, mitten in Oberbayern.

The Son of a Preacherman formerly known as John Wesley Myers, der mittlerweile kultisch verehrte James Leg, nicht mehr wegzudenkender Lifetime-Attendee beim Raut Oak, bereits zum fünften Mal zum Festival geladen: Erstmals am helllichten Tag mit seinem schweren Orgel-Dröhnen auf der Bühne, konnte das funktionieren mit diesem finster röhrenden Dark-Blues, mit einem Sound, der förmlich nach dunklen Kaschemmen und verrauchten Club-Kellern schreit? Es konnte, selbstredend. Der Mann ist mit seinem regelmäßigen Ausbruch an schierer Energie und seiner überbordenden Spielfreude als geborener Live-Entertainer längst über jeden Zweifel erhaben und könnte vermutlich selbst noch das scheintoteste Priester-Seminar zum Abrocken bringen. An dieser Stelle wie den altgedienten Raut-Oak-Besuchern im Besonderen noch Neues über die Qualitäten des Lonely Wolf aus Rock City/Tennessee zu erzählen macht ungefähr so viel Sinn wie eine Schlachtplatte für Vegetarier. Wie zu allen Gelegenheiten zuvor brachte der grollende Tasten-Berseker am Fender Rhodes zusammen mit dem energisch anschlagenden Drummer Marlon Saquet die Hügellandschaft unter der Eiche von der ersten Sekunde an zum Beben und entfesselte trotz weiterhin bester Wetterprognosen doch noch den obligatorischen Raut-Oak-Orkan im Murnauer Land, zu dem bei dieser schweißtreibenden Angelegenheit dann letztendlich doch wieder fast alle nass waren. Alte Gassenhauer im vehementen Heavy-Punk-Blues, ein paar entspanntere, bekannte Boogie-Grooves zur Kühlung der Gemüter und eine Handvoll neue Nummern in einer guten Stunde intensiver Vollbedienung inklusive obligatorischer „A Forest“-Zugabe unterstrichen einmal mehr, dass der ehemalige Kirchenmusiker in Sachen schier berstender, explodierender Energie, sich verausgabender Bühnenpräsenz und singulärer Weiterentwicklung des Blues nach wie vor zu den großartigsten Live-Acts dieses Planeten zu zählen ist.

Großes Entertainment fernab jeglicher bierernster Blues-Schwere zum Finale mit Reverend Peyton’s Big Damn Band aus Bean Blossom/Indiana – „You are the survivors“ rief ROF-Moderator Jay Linhardt dem verbleibenden Rest des Auditoriums zu. Viele, vor allem von Weitem angereiste Besucher waren bereits auf dem Heimweg, die bis zum Schluss Ausharrenden sollten noch einmal reichhaltig belohnt werden mit einer fulminanten Präsentation, zu der Slide-Gitarrist Josh „The Reverend“ Peyton, seine Waschbrett-spielende und -anzündende Frau Breezy aka „The Miss Elizabeth of Country Blues“ und Drummer Max Senteney alle Register ihrer Straßen-erprobten, durch permanentes Touren bewährten Bühnenshow zogen. Der „High Energy Country Blues“ des Trios verfing wie zu früheren Gelegenheiten sofort beim euphorisch mitgehenden Publikum, Interaktions-Nummern wurden bereitwillig durch Mitsingen und Klatschen begleitet, das ausgelassene Treiben rettete einstweilen über den Umstand des nahen Festival-Endes hinweg. Mit den drei Performern standen gestandene Profis auf der Bühne, die jede Party zu schmeißen wissen, neben humorigen Ansagen und feixenden Grimassen glänzte die Band vor allem durch exzellentes Bespielen der Instrumente, allen voran selbstredend der Reverend selbst mit seiner herausragenden Gitarren-Kunst, in technischer Brillanz, die nie zu seelenloser Protzerei verkam, im Slide-Flow wie als versierter Picker. Die altvorderen, legendären Delta- und Country-Blues-Männer versteht Peyton kenntnisreich zu zitieren, der Mann ist nicht nur Gaudi-Bursch, er ist darüber hinaus ein versierter Feldforscher zu alten Blues-Mythen und Bewahrer der Erinnerung an die von der Geschichte sträflich vergessenen Musiker. Der Spaß-Faktor war auch im Zugaben-Block groß geschrieben, und so ging ein rundum gelungenes Raut-Oak Fest 2019 fröhlich beschwingt am Sonntag-Abend in die Annalen ein, wenn auch so manchem aufgrund der viel zu schnell vergangenen drei Tage etwas wehmütig und schwer ums Herz wurde, aber das gehört selbstredend zwingend zum Deep Blues wie das Amen in der Kirche.

Thanks For The Water, Thanks For The Wine
Thanks For Showing Me A Real Good Time
(The Beasts Of Bourbon, Thanks)

Alright, ROF-2019-Schlussakkord, Thänx & Praises galore: Ein großes Dankeschön an den famosen Festival-Veranstalter Christian Steidlthe one and only – und all seinen freiwilligen Helfern hinterm Tresen, an der Technik, beim Auf- und Abbau, sonstwo: für exzellente und reibungslose Organisation, ein herausragendes, stimmiges, mit Verstand und Herzblut für die Sache zusammengestelltes Konzert-Programm, und nicht zuletzt für jahrelanges Durchhaltevermögen – erstmals ausverkauft, so muss es sein beim schönsten Open Air der Welt.
Dickes Lob an Götz Schulte-Coerne für perfekten Sound und Jay Linhardt für charmantes Anmoderieren und vermutlich vieles mehr im Hintergrund der Organisation.
Gepriesen sei der Wettergott: endlich ein Regen- und Sturm-freies Raut Oak, was gibt es Schöneres? Gelobt seien selbstredend alle Musikerinnen und Musiker, die unter verschärften Hitze-Bedingungen nicht weniger als alles gaben.
Tausend Dank an alle Freunde und Bekannten aus Nah und Fern, die vor Ort waren und sich anständig aufgeführt haben, aufmerksam den Konzerten beiwohnten und angeregt diskutierten, im Besonderen Annette, Xaver, Anton und Klaus für Begleitung, Lift, Nachtasyl für den Junior & last not least the legendary Tiki-Bar out of the Almost Boheme Mobile. Very special thanks an Kai K. für das herzerhebende Sechzig-Amateure-Shirt, you are the man!
Ob’s nochmal eine Steigerung gab zu den Vorjahren? Wer weiß, schlechter war’s ganz sicher nicht, dafür stand allein schon ein international besetztes, exzellentes Line-Up, das keine Wünsche offen ließ. Und über die paar Kasperlköpfe, die das gute Benehmen zwischenzeitlich scheint’s im Riegsee versenkten, breiten wir den Mantel des Schweigens – dafür ist die Vorfreude auf #ROF2020 bereits schon wieder viel zu groß, als dass da noch Platz fürs Nach-Tarocken wäre.
That’s it, Folks, for now – Trinkt mäßig, aber regelmäßig, und bleibt gesund, auf dass sich wieder alle versammeln, nächstes Jahr im Sommer, auf der Wiese unter der Eiche vor dem Gebirge…

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The Sonics + The Glücks @ Backstage, München, 2018-10-17

Generationen-übergreifendes Familientreffen in der Trash-Garage am Mittwochabend im Club-Saal des Münchner Backstage, keine Geringeren als The Sonics, die legendären Sixties-Wegbereiter des Punk und Grunge, waren für eine launige Sause angekündigt, bevor es historisch weit zurück in die Ursuppe der lärmenden Rockmusik ging, durfte der Nachwuchs ran und das Feld bereiten für die verehrten Ahnherren.
Bei einem Bandnamen wie The Glücks kommt aufs Erste nicht unbedingt große Phantasie hinsichtlich vernünftiger Support-Act-Bespaßung auf, so kann man sich täuschen, don’t judge a book by its cover, wie der Anglist im allgemeinen wie auch die Sonics in einem ihrer Songs anmerken – was Drummerin Tina und Gitarrist Alek aus der belgischen Küstenstadt Oostende an diesem (und vermutlich jedem anderen) Abend an krachendem Feuerwerk abbrannten, war durchaus mehr als nur ein anerkennendes Zungen-schnalzen wert. Von der ersten Sekunde weg zum Punkt kommend, zog das vehement abrockende Paar die Zügel an in Sachen Trash-Rock, Garagen-Punk, Uptempo-Surf- und Fifites-R’n’R, garniert mit einem hochprozentigen Schuss Psychedelic und verschärft mit ordentlich Fuzz-Feedback und dem atmosphärischen Nachhallen der dröhnenden Gitarre.
The Cramps, die Ramones und die Stooges, Dead Moon, Trash-Granaten aus dem Crypt-Records-Fundus wie Oblivians, The Gories, die New Bomb Turks und selbstverständlich nicht zuletzt The Sonics themselves dürften Pate gestanden haben bei der musikalischen Sozialisation des wilden Bonny-and-Clyde-Pärchens aus Westflandern, diese Einflüsse durch den Mixer rotiert, zu einem explosiven Trash-Punk-Cocktail geschüttelt, im Tempo ein paar Umdrehungen nach oben geschraubt, dazu ungestüme Bühnenpräsenz mittels beherztem Geschrei, strammem, treibendem Trommeln und dem energischen Beackern der Rhythmus-Gitarre, das zu diesem Sound jedes Solo verschmäht und anderweitigen Sound-erweiternden Flitter und Tand für obsolet erklärt, mehr braucht’s nicht zum konzertanten-Vollbedienungs-Glück mit den Glücks.
Das unverstellte Duo zelebriert den Rock’n’Roll, wie er im Idealfall immer durch die Lautsprecher schallen sollte: lärmend, roh, unverbraucht, direkt zupackend, mit einer jugendlichen Unbeschwertheit in die Welt hinausposaunt. Die Sonics haben The Glücks bereits zum zweiten Mal als Gäste in ihrer Konzertreise-Entourage mit an Bord, und das hat seinen guten Grund, die alten Hasen beweisen damit stilsicheres Gespür für das eigene kulturelle Erbe.
Das war super, das war elegant – Tina bangs the skins whilst Alek trashes the strings… So you can move!… Sexbeat!!… Go!!!

Dem historisch bewanderten Rock’n’Roller-Volk noch groß etwas Neues über The Sonics zu erzählen, bedeutet wohl schwer vermutlich die sprichwörtlichen Eulen-Viecher zur Akropolis tragen, im Olymp sind die Godfathers of Punk, Trash, Grunge & Hard Rock aus Tacoma im US-Bundesstaat Washington mit ihren ikonischen LoFi-Produktionen und energischen Protopunk-Sixties-Hits mittlerweile längst angekommen, die Liste ihrer Jünger ist heute kaum mehr zu überblicken und reicht von den Sex Pistols, die einst ihre Version des Eddie-Cochran-Hauers „C’mon Everybody“ coverten, über ihrerseits Stil-prägende Kultfiguren der Pop-Historie wie Lux Interior, Kurt Cobain, Jack White, Mark E. Smith, die Happy Family der Ramones bis hin zu Indie-Größen vom Schlage der Flaming Lips und Mainstream-Großverdiener wie Robert Plant oder Bruce Springsteen und seinen Haus- und Hof-Gitarristen Steve Van Zandt.
Im 58. Jahr ihrer Bandhistorie sind die Sonics als eine der weltweit dienstältesten Krach-Combos im Rahmen ihrer ausgedehnten Europa-Tour auch in München angelandet und präsentierten im vollbepackten Backstage-Club für eine gute Stunde ein klingendes Potpourri ihrer bekanntesten Hits. Für etliche der alten Haudegen aus dem Original-Line-Up ist der Reisestress inzwischen nicht mehr zu bewältigen, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass von der klassischen Besetzung nur noch Saxophonist, Blues-Harp-Spieler und Sänger Rob Lind mit von der Partie ist, dem damit als altgedienten Sonics-Kämpen die Rolle des launigen Moderators und Anheizers zukam.
Die fehlenden Altvorderen werden im Rahmen der Sonics-Comeback-Konzerte würdig vertreten, Gitarrist Evan Foster von den Boss Martians besorgte die messerscharfen Riffs mit seiner Fender Telecaster, Drummer Dusty Watson bringt mit seinen früheren Punk- und Garagen-Combo-Engagements unter anderem bei Agent Orange, den Supersuckers und Surf-Rock-Gott Dick Dale über die Maßen Tour-Erfahrung mit für diesen Job, Bassist Don Wilhelm mischt seit über zehn Jahren bei den Sonics mit, und Organist Jake Cavaliere als Frontmann seiner eigenen Psychedelic-Kapelle The Lords Of Altamont ist nicht nur in seiner optischen Erscheinung inklusive üppigsten Old-School-Tattoos und Ramones-Widergänger-Topffrisur zu der Gelegenheit über jeden Zweifel erhaben.
Die Band schrammte sich laut und deftig mit einer rohen Spielart des Rock’n’Roll-Urmeters durch eine Auswahl ihrer bekannten Hits, die erwähnte Cochran-Nummer „C’mon Everybody“ als Party-eröffnender Kracher, das unvermeidliche und tausendfach gecoverte „Louie Louie“, mit „Have Love, Will Travel“ eine weitere Richard-Berry-Komposition, „Cinderella“, „Boss Hoss“, die alten Little-Richard-Kracher „Lucille“ und „Keep A Knockin“, zum Ende des wilden, energischen Ritts ihre Generationen-prägenden, einflussreichen und stilbildenden Klassiker „Strychnine“, „Psycho“ und das finale, von den Glücks als Background-Sänger unterstützte „The Witch“.
Auch wenn dem hinlänglich bekannten Song-Material trotz ruppiger und entschlackter Präsentation die Patina der Herkunft aus längst vergangenen Zeiten des Rock-musikalischen Aufbruchs anhaftet, für ordentliches Club-Show-Entertainment, eine geschichtsträchtige Werkschau und flottes Schuhsohlen-Beheizen des tanzlustigen Volkes im Moshpit reichte das kurze und intensive Set der gesetzten Herrschaften allemal, ohne jede Altersmüdigkeit und ohne gelangweiltes Standardprogramm-Abspulen.
Nachdem hierzulande das Anheben des Renteneintrittsalters thematischer Dauerbrenner im politischen Tagesgeschäft ist und eine Rolling-Stones-Walking-Dead-Show, die die Grenzen der Peinlichkeit längst kilometerweit hinter sich gelassen hat, nach wie vor ganze Stadien nach Strich und Faden abzockt, dürfen The Sonics mit einem weitaus genehmeren Arbeitsethos und beherzteren Brennen für das eigene Lebenswerk noch gerne ein paar Jahre durch die Lande krakeelen und die Bühnenbretter dieser Welt rocken, wie brüllen wir Münchner „Löwen“ immer zu solchen Gelegenheiten: Sechzge, Oida! – das sechzigjährige Jubiläum der Band ist ja nicht mehr fern…

Die restlichen Deutschland- und Schweiz-Termine der This Is The Sonics 2018-Tour, präsentiert von der Konzertagentur Hotellounge:

23.10.Zürich – Ziegel Oh Lac
25.10.Etagnières – Croc‘ The Rock Festival
27.10.Bern – Dachstock / Reitschulfest
28.10.Karlsruhe – Jubez

Los Gatillos @ Polka Bar, München, 2018-09-12

Die Woche zuvor erblickte der erste gemeinsame Tonträger vom „King of primitive Folk & Garage Swing“ Fred Raspail, ex-Dead-Brother/now-Sultan-of-Swing-Revue Pierre Omer und Hell’s-Kitchen-Blues-Gitarrist Monney B unter dem gemeinsamen Bandnamen Los Gatillos beim Münchner Indie-Label Gutfeeling-Records das Licht der Welt, am vergangenen Mittwochabend wurde die rundum gelungene Schweizer-französiche Co-Produktion im Kellergewölbe der Haidhauser Polka Bar auch konzertant aus der Taufe gehoben.
Die Lokalität war vollgepackt mit treuen Verehrern und vor allem Verehrerinnen der Kunst der drei begnadeten Entertainer, die Luftfeuchtigkeit stieg beim Energie-versprühenden Vortrag des Trios bei spätsommerlichen Temperaturen entsprechend schnell in höhere Grade, womit das Gewölbe den optimalen Rahmen abgab für den schweißtreibenden Garagen-Blues- und Rock’n’Roll-Anschlag des Trios, mit dem sie das Gros ihrer neuen Songs präsentierten. Wo auf dem Tonträger oft differenziertere Chanson-, Vaudeville- und Country-Spielarten oder der von Fred Raspail kultivierte „Dirty French Folk“ erklingen, gingen die three Cats of Los Gatillos im Live-Vortrag weit mehr in die Vollen, dem Rasiermesser-scharfen Slide-Gitarren-Twang von Monney B standen die beiden Mitmusiker mit Saiten- und Trommelanschlag und rasselndem Gepolter auf dem Waschbrett in nichts nach. Neben einer Handvoll Balladen wie dem stets gern genommenen „Wayfaring Stranger“, das Raspail bereits solistisch in der Vergangenheit in hinreißend einnehmender Version vorzutragen wusste, tobte sich die Combo vor allem vehement das Instrumentarium beackernd in der Trash-Garage aus, der Blues der Gatillos swingte, hallte und krakeelte zwischen Surf-Sound, Fünfziger-Jahre-R’n’R-Schmelz und den sumpfigen Swamp- wie staubigen Desert-Spielarten, schwerst Party-tauglich zur Feier des neuen Albums.
Der PJ-Harvey-Schlager „Down By The Water“ wurde speziell Leonie Felle gewidmet, die selbst auch ab und an sehr schön singt auf den Bühnen dieser und anderer Städte, eine feine Geste, die das Filigrane vom Original der guten Polly Jean über Bord schmiss und damit im zupackenden Trash-Gewand heftig abrockte, dem Bewegungsdrang des Publikums im vollgepackten Bar-Gewölbe war’s mächtig förderlich.
Der zum ersten Mal in München auftretende Monney B gab den hart arbeitenden, alles aufbietenden Blues-Mann, Fred Raspail überzeugte einmal mehr als großer Unterhalter, im Verbund mit dem zuweilen nach vorne drängenden Geist von King Elvis in einer leicht derangierten Inkarnation, und in den Underground-folkloristischen Passagen durfte Pierre Omer am Akkordeon glänzen, so auch bei der Zugaben-eröffnenden, irrlichternden Folk-Drone-Version der Nummer „Blau“, die sich nach minutenlangem, seltsamem Akustik-Trance im fließenden Übergang zu einer finalen, jaulenden Gitarren-Trash-Blues-Orgie auswuchs.
Los Gatillos sind die weltbeste Band zur Beschallung eines Kaurismäki-, Coen- oder Tarantino-Films, die bisher noch nie im Soundtrack zu einem Streifen dieser Herrschaften zu hören waren. Die Combo, die am Ende der staubigen Straße in der letzten Kaschemme vor der großen Wüste im Hintergrund sitzend nonchalant die Beschallung schmettert zur Vision eines gespenstischen Amerika, das sich seltsamerweise wie eine frankophile Ausgabe in einer aus der Zeit gefallenen, ramponierten und geheimnisvollen Parallelwelt gebärdet.
Wäre das Leben ein Wunschkonzert, Los Gatillos wären ohne Zweifel die Combo, die zwingend mit auf dem Laufzettel der erbetenen Interpreten zur musikalischen Ausgestaltung des Tagesgeschehens landet, das begeisterte Konzertgänger-Volk vom vergangenen Mittwoch wird da wohl kaum widersprechen.
Da lässt sich sogar der Weihwasser-schwenkende Pfarrer berauschen, heimgesucht von den uralten Geistern des Rock and Roll – so schön ist schon lange keine Schallplatte mehr auf die Welt gekommen. Möge ihr ein langes Leben und eine hohe Auflage zuteil werden…

Reingehört (480): Los Gatillos

Los Gatillos – Los Gatillos (2018, Gutfeeling Records)

„Dirty French Folk Songs“ gibt der Songwriter Fred Raspail zum Besten, auf seinen schönen Tonträgern und beschwingten Maximum-Entertainment-Konzerten, wie erst vor Kurzem im Giesinger Wohnzimmmer Schau Ma Moi, jetzt hat er die Gespenster seines Primitive Ghost Orchestra gegen zwei real existierende Mitmusikanten ersetzt, unter dem Bandnamen Los Gatillos veröffentlicht das Trio dieser Tage den ersten Longplayer-Wurf. Neben Raspail sind Pierre Omer, ex-Dead-Brothers und Chef seiner eigenen Swing Revue, und der Genfer Gitarrist Bernard Monney aka Monney B von der helvetischen Blues-Combo Hell’s Kitchen am Start.
Ursprünglich war als lockeres Gemeinschaftsprojekt die Einspielung zweier Singles geplant, die Sessions liefen aber so gut, dass sich bereits nach wenigen Tagen fünfzehn Veröffentlichungs-würdige Songs im Aufnahmegerät wiederfanden. Die ungebremste Spielfreude, der Spaß am gemeinsamen Zusammenwirken und der hemdsärmlige, zupackende Spirit der Spontanität und des Do It Yourself wurden konserviert und schwingen in jeder der dargebotenen Songperlen mit.
Im Dreierverbund klingt der Folk Noir selbstredend wesentlich voluminöser als in solistischer Ausgestaltung, der staubige Wüsten-Blues nach noch größerer Weite und unendlicher Prärie, das trashige Blues- und Surf-Geschrammel nach großem Fifties-Rock’n’Roll, ohne seine charakteristischen Ecken, Abschürfungen und Kanten zu verbergen. Glatt-Produzieren gibt es nicht bei den Herren Raspail, Omer und Monney, damit kann und will das Trio nicht dienen, und das ist auch gut so. Alles echt, authentisch, ungehobelt und aus dem Bauch raus, so muss es sein. Auf dem selbstbetitelten Album ist viel Platz für Gepolter, jaulende, verhallte Blues-Gitarren, angetrunkenes Marodieren direkt aus der Trash-Garage und Lamentieren vom hinteren Ende der Versumpf-Kneipe. Die aus dem Leben gegriffenen Kracher, dunklen Balladen und zum Hüftschwingen animierenden Kaschemmen-Howler in Englisch, Französisch und gebrochenem Deutsch sind schön garniert mit stilistischem Zierwerk aus semi-morbidem Chanson, uraltem Vaudeville-Cabaret, beseeltem Swing, rohem Swamp Blues aus den US-Südstaaten-Sümpfen und gespenstisch atmosphärischer Desert-Americana.
Neben einem Großteil an Eigenkompositionen brillieren die drei Musiker auch mit zwei feinen Interpretationen von Fremdwerken, einmal mit der von Raspail bereits zu Gelegenheiten live vorgetragenen, traurigen Traditional-Ballade „Wayfaring Stranger“ in einer völlig windschiefen und exzellent lässigen Version, zum anderen wesentlich besser gelaunt und schmissiger im Country-Rock’n’Roll-Cover der Chuck-Berry-Nummer „Down Bound Train“ (nicht zu verwechseln mit dem Schmachtfetzen gleichen Titels vom Pathos-Fritzen, Ihr wisst schon, der so called „Boss“ der Stadien-Mainstream-Rocker).
Da haben sich drei gefunden, die die Tauben nicht schöner hätten zusammentragen können, wie die Alten so schön sagen. Brüder im Geiste und alte Seelen, die scheints ohne jede Anstrengung ein gemeinschaftliches, übereinstimmendes Verständnis für den Geist ihrer Lieder verspüren und diese Übereinkunft mit der Welt da draußen ungefiltert teilen, ohne die jeweils individuellen Talente, Fertigkeiten und Finessen zu verbergen.
Die Unabhängigkeitserklärung aus der Republik Gatillon steht als tonales Debüt des Trios ab morgen in den Plättenläden und den Download-Stationen des Vertrauens zur Verfügung, veröffentlicht wird das gute Stück bei Gutfeeling Records, der musikalischen Münchner Heimstatt für alles Wahre, Schöne und Gute.
(*****)

Tour-Start zu den Release-Konzerten zum neuen Tonträger ist am kommenden Mittwoch im schönen München, Details guckst Du hier:

Los Gatillos Release Parties 2018

12.09.München – Polka Bar
13.09.Tübingen – Blauer Salon
15.09.Zürich – El Lokal
16.09.Carouge – Le Chat Noir

Lorette Velvette & The Hellcats + Girl On Catfish @ Milla, München, 2018-07-05

Extrem Kontrast-reiches und vor allem in der Qualität extrem schwankendes Konzert-Doppelpack am vergangenen Donnerstag im Keller des Münchner Milla.
Den Auftakt bespielte die Formation Girl On Catfish, eine für das Vorprogramm eines Trash-Blues-Abends nicht zwingend erwartete Berliner/Bayerische Krautrock-All-Star-Combo. Dass eine preußisch-bajuwarische Zweck-Gemeinschaft auch weitaus harmonischer und gedeihlicher kooperieren kann als derzeit Angie & Vollhorst, stellten die Berliner Avantgarde-Komponistin und Sängerin/Pianistin Stepha Schweiger, der Moosburger Jazz-Drummer Mäx Huber und die beiden Oberpfälzer Noise-Gitarristen Manfred Schimchen und Joseph „Pepe“ Pöschl unter Beweis, letzteren kennt und schätzt man seit seiner Arbeit als Bassist bei der Regensburger Indie-Band Baby You Know, der auch Karin Bäumler angehörte, die Frau und Mitmusikerin von ex-Go-Betweens-Indie-Ikone Robert Forster, den Pöschl zu Gelegenheiten wiederholte Male auch live begleiten durfte.
Fernab vom australischen Indie-Folk begaben sich die Musiker am Donnerstag auf weitaus experimentellere Pfade, der anfangs latent befremdlich anmutende Vokalvortrag der Keyboarderin Stepha Schweiger fügte sich schnell und passend zu einer Handvoll ausgedehnter Progressive-, Frühsiebziger-Kraut- und Space-Improvisationen im freien und vor allem mitreißenden Fluss, lärmende, psychedelische und free-jazzende Versatzstücke formten sich für eine gute halbe Stunde zum schillernden Klangbild, das den Rahmen für die hypnotischen und spontanen Beschwörungen der Berliner Sängerin absteckte.
Hätte man geahnt, was in dieser Sommernacht an ausgewiesen Defizitärem noch anstehen sollte, wäre man gerne noch weitaus länger eingetaucht in den improvisatorischen Crossover-Fluss des Grenzen-austestenden Quartetts.

Lorette Velvette aus Memphis/Tennesse wurde in München schwer vermutlich erstmalig am 27. März 1987 in der Öffentlichkeit vorstellig, vor über dreißig Jahren schwang sie bei einem Konzert von Tav Falcos legendärer LoFi-Trash-Blues-Kapelle Panther Burns die Trommelstöcke im mittlerweile seit geraumer Zeit den Weg alles Irdischen gegangenen Alabamahallen-Café, später nahm sie Falco-Spezi und Memphis-Kult-Musiker Alex Chilton als Produzent ihres Debütalbums unter seine Fittiche, das Werk ist seinerzeit beim inzwischen aufgrund Firmenpleite in den Neunzigern auch längst in die Geschichte eingegangenen Münchner Label Veracity Records veröffentlicht worden. Übermäßiges Talent hinsichtlich instrumentaler Fertigkeiten konnte der guten Frau neben der Plattenfirma indes über die Jahre kaum verlustig gehen, bereits beim von limitiertem Können geprägten, nichtsdestotrotz schräg-schönen Konzert mit Gustavo Falco und seiner Truppe vor etlichen Dekaden und ihren später folgenden, anderweitig sehr passablen Solo-Tonträgern wie „White Birds“ und „Dream Hotel“ war offensichtlich, dass die Kunst der Lorette Velvette ihre Faszination aus anderen Quellen speist als ausgewiesen virtuosem und versiertem Können im Musizieren.
So wussten ihre eingangs am Donnerstag Abend angestimmten Trash-Rock’n’Roll-Polterer, schmissigen Sixties-Surf-Ohrwürmer, hingemeuchelten und sezierten Memphis-Blues-Zitate und Garagen-LoFi-Cowpunk-Heuler noch weithin leidlich zu gefallen, im Verbund mit Ehemann Alex Greene und den beiden Hellcats Misty White und Giovanna Pizzorno gab Velvette die Primitiv-Blues-Combo aus einem fiktiven David-Lynch-Film, circa die imaginäre Szene, in der eine vom Leben gezeichnete, weitgehend talentfreie und dementsprechend erfolglose Truppe vor einer Handvoll Alkoholiker im Hintergrund einer schummrigen Kaschemme in the middle of nowhere für ein paar Bier und eine feste Mahlzeit ihre schwer in Schieflage geratene Show abzieht. Der Spaß an dieser hinsichtlich musikalischer Finessen überschaubaren Freakshow kam spätestens an dem Punkt zum Stillstand, an dem die ihre Krampfadern zur Schau stellende Hellcat Misty zu ihren unsäglichen Bierzelt-Country-Schlagern und an musikalischer und inhaltlicher Belanglosigkeit nicht mehr zu unterbietenden Schrammel-Americana ansetzte. Mochte das permanente Geprolle und Gefeixe der stämmigen Hellcat-Gitarristin in der Konversation mit dem Publikum wenigstens noch für gefühlte fünf Minuten humorige Erheiterung hervorrufen, bevor es sich final für den Rest des Abends tot lief, so konnte der amateurhafte Hobby-Kapellen-Dilettantismus in Sachen amerikanische Cowboy-Musik zu keiner Sekunde seinen wo auch immer versteckten Zauber entfalten, bei derart stumpfen wie talentfreien Aufführungen, zu denen selbst ein ausgeprägtes Faible für das Schräge und Abseitige nicht mehr weiterhelfen mochte im Konzert-Goutieren, wurde offensichtlich, wie die amerikanische Cowboy-Musik bei Teilen der Musik-Konsumenten-Schar zu ihrem schlechten Ruf kam. Seine Heiligkeit John Carter Cash dürfte noch heute in den engen Grenzen seiner letzten Ruhestätte Propeller-artig rotieren, mit einmal im Grab-umdrehen war’s in dem Fall kaum getan…
Eine auf das Wesentliche beschränkte Schräg-Blues-Version Lorette Velvettes des Delta-Klassikers „Baby Please Don’t Go“ oder die beschwingten Vaudeville-Gesangseinlagen der italienischen Drummerin Giovanna mit der Fifties-Dalida-Schmonzette „Love In Portofino“ und der ramponierten Stehkneipen-Version des Leonard-Cohen-Songs „Dance Me To The End Of Love“ versuchten da zu retten, was noch zu retten war an dem Abend, viel genützt hat es nicht mehr, um die unsägliche Nummer noch zu einem halbwegs passablen Ende zu bringen.
Seltsam nur, dass ein zu Teilen versiertes Münchner Konzertgänger-Publikum sich bei derart musikalischer wie anderweitig Publikums-erheiternder Magerkost zu solchen Begeisterungsstürmen hinreißen ließ, bei relevanten Fundamentalisten-Fachmessen wie etwa dem Riegsee-Raut-Oak hätten’s in so einem Fall in Erwägung gezogen, Bierflaschen auf die Bühne hageln zu lassen, und es nur deshalb nicht in die Tat umgesetzt, weil Damen zugange waren. Weiß Gott nichts gegen kaputte Blues- und Country-Welten, Scheiß-Dir-nix-LoFi, stumpfes, mitunter sinnentleertes Trashen und rohes, auf ein paar Akkorde reduziertes Schrammeln, aber auch das muss man halt dann als eigene und beseelte Kunst aus dem Effeff beherrschen, siehe Koryphäen von Velvet Underground über Eugene Chadbourne und Daniel Johnston bis hin zu unserem ortsansässigen Kapellmeister G.Rag.
Hinsichtlich Hauptattraktion vom vergangenen Donnerstagabend im Münchner Glockenbachviertel-Club Milla bleibt nur die Aufforderung: Sehr verehrter Franz Münchinger, bitte übernehmen Sie die kurze Ansprache zum Schlusswort…