The Brian Jonestown Massacre

The Brian Jonestown Massacre + LeVent @ Technikum, München, 2018-09-30

Anton Alfred Newcombe, seines Zeichens Chef-Psychedeliker des Brian Jonestown Massacre, hat in den vergangenen Jahren seine Zelte hinsichtlich Arbeit, Familie und dem ganzen Rest-Leben in der Bundeshauptstadt Berlin aufgeschlagen, von dort brachte er zur Eröffnung des schmissigen Indie-Abends am vergangenen Sonntag im Münchner Technikum die Lärmexperten von LeVent mit, das gemischte Trio rekrutiert sich aus alten Hasen der Indie-Szene – by the way, darf man sowas heutzutage überhaupt noch schreiben über eine Band, die sich mehrheitlich aus Frauen zusammensetzt, die darüber hinaus auch nicht alt sind, Sexismus, #MeToo-Debatte, Ihr wisst schon? –  Sängerin/Gitarristin Heike Marie Rädeker erwarb sich jedenfalls ihre internationalen Meriten mit der deutsch-dänischen Noise-Combo 18th Dye, die in den Neunzigern vor allem in der angloamerikanischen Musiklandschaft einen guten Ruf genoss und zur Tonträger-Produktion von keinem Geringeren als Steve Albini unter die Fittiche genommen wurde, Drummer Frank Neumeier mischte beim schwerst genehmen „Black Axis“-Album des Caspar Brötzmann Massaker mit (noch ein Blutbad, wie passend zu diesem Abend), gemeinsam waren Rädeker und Neumeier vor ungefähr einem Vierteljahrhundert in der Berliner Krach-Kapelle Wuhling involviert, nicht die schlechtesten Referenzen für das gemeinsame Projekt LeVent, das im Vorjahr ein allseits gelobtes, selbstbetiteltes Debüt-Album an den Start brachte, zu dem auch Anton Newcombe ein paar Gitarren-Töne beisteuerte und das zum Trio von der US-amerikanischen Wahl-Berlinerin Maryna Russo am Bass komplettiert wird. Die junge Frau aus den Staaten gab mit ihrem stoischen Anschlag der vier Saiten am Sonntagabend die Richtung vor für das intensive Treiben aus heftigem Gitarren-Noise, erschütterndem Grunger-Mahlstrom und entfesseltem Getrommel, die schneidenden Postpunk-Gitarren-Riffs, die schreienden Feedbacks und das Bass-lastige Poltern drifteten beizeiten in einen psychedelischen, Kraut-lastigen Prog-Flow, was den zu Teilen eindimensionalen Sound Spannungs-fördernd mit differenzierten Nuancen anreicherte.
Bevor jedoch die bunten Bilder und das Outspacen in andere Galaxien zum zentralen Thema mutierten, zog das Trio mit krachendem Getöse die Reißleine, klatschte das Klanggebilde zurück auf den harten Asphalt der Großstadt und wusste damit für eine halbe Stunde im Rahmen des Opener-Gigs durchaus bestens zu unterhalten. Die Band gab sich erst gar nicht den Anschein, das Rad in der lauten Indie-Rockmusik komplett neu erfinden zu wollen und machte damit grundlegend nichts falsch, Heike Marie Rädeker mag zwar dem Vernehmen nach die Vergleiche mit einer gewissen New Yorker No-Wave-/Indie-Noise-Institution nicht mehr hören, es gibt auf dieser Welt beileibe weitaus schlechtere Referenzen, so wie es in einem langen Konzertgänger-Leben auch schon weiß Gott belanglosere Abend-eröffnende Special-Guest-Gigs als den von LeVent am vergangenen Sonntag im Technikum gab.

Im Hauptfilm dann der Anton himself mit seiner kalifornischen Indie-Psychedelic-Institution: Das 1990 in San Francisco aus der Taufe gehobene, nach einem dahingeschiedenen Stones-Gitarristen und einem sektiererischen Massen-Selbstmord benannte Brian Jonestown Massacre mit Newcombe als einzige personelle Konstante ist seit Dekaden eine feste Größe im internationalen Tourbetrieb des alternativen Rock-and-Roll-Zirkus, damit konnte kaum was anbrennen zum Wochenend-Ausklang in Sachen beschallendes Entertainment, zumal dem Kollektiv allerspätestens seit seinem zweieinhalbstündigen Intensivst-Konzert-Marathon vom Spätsommer 2016 im Münchner Strom in dieser Stadt ein Ruf als exzellente Live-Kapelle vorauseilt. Ist dann auch kaum was angebrannt, wenn auch Newcombe an diesem Abend nicht die allerbeste Laune vor sich her trug und im Verlauf des Auftritts unvermittelt ein angespieltes Stück abrupt stoppte, um seinen beiden Gitarristen die unmissverständliche Ansage vor den Latz zu knallen, dass er den seiner Meinung nach falschen und leiernden Saiten-Anschlag zu der Nummer nach etlichen Wochen jetzt gründlich leid sei, die Mitmusiker nahmen’s wie gemaßregelte Schulbuben zur Kenntnis, perplex wie seinerzeit der Tour-Gitarrist von Iggy Pop, als ihm im Rahmen der „American Caesar“-Tour anno 1993 im Münchner Terminal Herr Osterberg nach einem falsch angespielten Intro kurzerhand eine betonierte. Handgreiflich wurde es am Sonntag allenfalls im Deppen-Eck des Auditoriums beim Pogo, der sich zu dieser Musik dann doch als der weithin unpassende Ausdruckstanz gerierte.
Die Setlist des Brian Jonestown Massacre reichte an dem Abend zwar nicht für die legendären 150 Minuten, knapp 2 Stunden waren es dann doch an umfangreicher Werkschau über das stattliche Œuvre der Band, das von ausgewählten Titeln des aktuellen Albums „Something Else“ bis weit zurück in die Neunziger zu Nummern des Debüts „Methodrone“ reichte, Newcombe und Co arbeiteten sich prächtig lärmend und Gitarren-jaulend durch ihren wunderbar melodischen, gespenstischen wie verhallten Desert-Rock-Wüsten-Trips, durch die psychedelischen, mit einem ureigenen Verständnis von Pop-Appeal versehenen Indie-Perlen, den experimentellen Neo-Folk und die BJM-charakteristischen, nebulösen Shoegazer-Herrlichkeiten.
Die Band wurde einmal mehr ihrem aus den Pop-historischen Sixites herübergeretteten Byrds- und 13th-Floor-Elevators-Ideal gerecht, mit krachenden, heulenden und verzerrten Gitarren, eingeflochtener Electronica und viel Hall für die Neuzeit in die richtige Passform gebracht.
Was Bandleader Anton an befremdlicher Maulfaulheit an diesem Abend in seinen knapp bemessenen und sporadischen Ansagen an den Tag legte, unterstrich die Band mit ihrem unnahbaren „Sunglasses After Dark“-Habitus und der damit mitschwingenden Velvet-Underground-Coolness, ein relaxter Stoizismus, der nur noch vom Bühnengebaren des heimlichen Frontmanns der Band getoppt wurde – man kann nur mutmaßen, was sich der altgediente BJM-Congo- und Tambourine-Spieler Joel Gion an beruhigenden Substanzen vor dem jeweiligen konzertanten Arbeitseinsatz einpfeift, und kommt nicht umhin, zum lakonischen Treiben des Mannes und seinem ultra-lässigen Geräusch- und Rhythmus-Geben in ein immerwährendes, breites Dauergrinsen zu verfallen – neben dem Kalifornier könnte wohl eine Atombombe einschlagen oder ein Jonestown-Massaker stattfinden, es würde ihm kaum ein Stirnrunzeln aufs Antlitz treiben.
Zum Abgesang dann gar neun-köpfiges Orchester, die beiden Roadies für die Betreuung des Equipments durften sich zusätzlich zur Stammformation die Stromgitarren umschnallen und in den lautmalerischen Kanon einstimmen, der in einem minutenlangen, rauschhaften Feedback-Drone mündete, quasi die Gemüts-antestende, unkonventionelle Zugabe zur Indiepop-musikalischen Vollbedienung. Etwas lärmendes Experiment findet beim Brian Jonestown Massacre immer seinen Platz, andere Formationen bestreiten mit derlei Gelichter ganze Konzertabende.
Man darf gespannt sein, wie lange das Technikum am ehemaligen Kunstpark-Ost-Gelände noch Konzertabende von erlesener Güte wie den vom vergangenen Sonntag erleben darf, die riesigen Baugruben der Gentrifizierungs-wütigen Investoren rücken immer weiter heran an die Lokalität…

Der letzte Termin der Europa-Tour des Brian Jonestown Massacre in unseren Breitengraden ist am kommenden Montag der 8. Oktober, die Band wird sich im Musikzentrum Hannover die Ehre geben. Niedersachsen, take your protein pill and put your helmet on.

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Konzert-Vormerker: The Brian Jonestown Massacre

Seit über einem Vierteljahrhundert unterwegs im Dienste des experimentellen wie gleichsam hochmelodischen und psychedelischen Indie-Rock: The Brian Jonestown Massacre, kalifornisches Kollektiv um Frontmann und Songwriter Anton Newcombe, der mittlerweile im bundesrepublikanischen Berlin angelandet ist und mit seiner Combo in den nächsten Wochen für drei weitere Konzerte nach einigen Gigs im August in deutschen Landen unterwegs sein wird, unter anderem mit dem aktuellen, jüngst erschienenen Album „Something Else“ im Reisegepäck.
Wer beim Auftritt der Institution aus San Francisco vor zwei Jahren im Münchner Strom zugegen war, dürfte sich noch mit einem seeligen Grinsen im Gesicht an ein zweieinhalb-stündiges Rundum-Glücklich-Paket der konzertanten Vollbedienung zwischen hymnischem Folk-Rock, lauten Psychedelic-Gitarren und entrückter Shoegazer-Schönheit erinnern. Im Geiste dieses Arbeits-Ethos dann gerne wieder ab Ende September, einzelne Termine mit Start im schönen München guckst Du bitte hier:

The Brian Jonestown Massacre Live 2018

30.09.München – Technikum
01.10.Dresden – Beatpol
08.10.Hannover – MusikZentrum

Reingehört (244): The Brian Jonestown Massacre, The Lucid Dream

RAY MOORE @ Galerie Huren & Soehne München (7)

The Brian Jonestown Massacre – Third World Pyramid (2016, ‚a‘ Records)
Neun neue vom kalifornischen Musikanten-Kollektiv um den inzwischen in Berlin ansässigen Anton Newcombe, wie bereits im Sommer beim Münchner Strom-Auftritt konzertant eindrucksvoll unter Beweis gestellt, beherrscht die Combo auch hier die Psychedelic-Shoegazer-Indie-Rock-Nummer aus dem Effeff, vieles klingt für BJM-Verhältnisse vertraut, punktuell auch kaum neu, Midtempo-Psychedelic-Pop, wie man ihn von der Truppe in bester Tradition eben kennt und grundsätzlich auch schätzt. Die Single-Auskopplung „The Sun Ship“ nervt mit zuviel Beatles-Einschlag, sowas langweilt im Jahr 2016. „Don’t Get Lost“ glänzt mit schönen Bläser-Sätzen, „Assignment Song“ mit annähernd zehnminütigem Dröhnen und „Like Describing Colors To A Blind Man On Acid“ besticht bereits durch den passenden Songtitel. Das Herz-erweiterndste Stück ist die Titelnummer selbst, klassischer, griffiger, formvollendeter Newcombe-Indie-Pop-Stoff, der vermutlich irgendwann mal in der ultimativen Best-Off-Sammlung der Band landen wird.
(**** – **** ½)

The Lucid Dream – Compulsion Songs (2016, Holy Are You Recordings)
Dritter Longplayer des Quartetts aus Carlisle/UK. Der Mainstream-artige, Brit-Pop-verwandte, konventionelle Singsang zum Einstieg sorgt im ersten Eindruck für Ernüchterung und Befremden, im weiteren Verlauf steigert sich der Tonträger gehörig in Richtung seeligmachende, schwere, nachhallende Psychedelic-Orgien und hypnotische Space-Rock-Ergüsse inklusive ausgedehnter Instrumental-Passagen, die mit Elementen des Krautrock, Ambient und Dub gekonnt und äußerst gefällig zu spielen wissen. Sollen auf der Insel einen exzellenten Ruf als Live-Band genießen, was auf dem Festland noch zu beweisen wäre.
(****)

The Brian Jonestown Massacre @ Strom, München, 2016-09-02

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Das Strom hat sich per Aushang für ein ausverkauftes Haus bedankt, und die, die sich um ein Ticket im Vorfeld bemüht haben und auch zum um einige Tage auf ein späteres Datum verlegten Konzerttermin Zeit fanden, sollten ihren Besuch nicht bereuen. Der inzwischen in Berlin lebende Band-Vorsteher Anton Newcombe wusste bereits im Vorjahr im Verbund mit der bezaubernden Tess Parks an gleichem Ort schwerst zu begeistern, im Rahmen des einzigen Deutschland-Konzerts der kurzen Europatournee mit seiner Stammcombo The Brian Jonestown Massacre hat er vergangene Woche erneut die Herzen der Zuhörerschaft innerhalb kürzester Zeit im Sturm erobert.
Publikumswünsche mochte Newcombe nicht annehmen, nach zweieinhalb Stunden Rundum-Glücklich-Paket mit der Band-eigenen Mixtur aus Velvet-Underground-Geschrammel, heulend-melodischen Psychedelic-Rock-Gitarren in Anlehnung an die Besten ihres Fachs wie The Jesus And Mary Chain, Galaxie 500 und Spacemen 3 und tollen Folk-Rock-Tunes als Grundgerüst der Songs ließen die bis zu acht Mann auf der Bühne versammelten Musiker keine Wünsche mehr offen, in der über 30 Stücke fassenden Setlist dürfte aus dem reichhaltigen Œuvre des seit 1990 aktiven Musikerkollektivs aus San Francisco für jeden etwas dabei gewesen sein.
Neben der begeisternden Werkschau an sich wusste vor allem Bandleader Newcombe selbst mit unterhaltsamen Anekdoten am Rande und Tambourine-Spieler Joel Gion mit an Eiswürfel-pissen grenzender Coolness im Auftreten und geschmeidig-formvollendeten Gesten in seinem Perkussions-Spiel auf das Angenehmste zu unterhalten.
Manchmal kann ein konventionelles Indie-Rock-Konzert das Erfrischendste seit Erfindung von Club-Mate sein und im Nachgang zum vortäglichen Hörgewohnheiten-Erschüttern in Form der Sunn-O)))-Volldröhnung war’s geradezu Balsam für die geschundenen Gehörgänge. Super, dass es dem Anton im Münchner Strom-Club so gut gefällt, das Publikum hat es ihm an dem Abend in Form von frenetischem Applausspenden herzlichst gedankt.
(*****)

Reingehört (54)

KULTURFORUM Reingehört 54

Bill Fay – Who Is The Sender? (2015, Dead Oceans)
Nach der Veröffentlichung des Prog-Folk-Klassikers „Time Of The Last Persecution“ (Deram Records) im Jahr 1971 hat sich der Londoner Bill Fay sage und schreibe 41 Jahre Zeit gelassen, bis er dem Volk mit „Life Is People“ (2012, Dead Oceans) neues Material und zugleich ein wahres, herzergreifendes Songwriter-Meisterwerk zuteil werden lies, dieses Mal ging es glücklicherweise wesentlich schneller mit einem Nachfolger, der den Jahrescharts-Favoriten von 2012 perfekt ergänzt, ohne ihn zu kopieren. Der Mann, der unter anderem von Nick Cave, Jeff Tweedy und Jim O’Rourke hochverehrt wird, schafft erneut einen ergreifenden, entschleunigten, behutsam arrangierten Song-Kosmos, der dem Hörer vor Freude wiederholte Male das Wasser in die Augen treibt. Eine Balladen-Sammlung, wie sie nur ganz wenige in dieser Form hinkriegen, mir würden spontan nur die Folk-Größen Will Oldham, Lambchop’s Kurt Wagner und Bill Callahan einfallen – in Töne gegossene Schönheit, nicht von dieser Welt.
(***** ½)

Built To Spill – Untethered Moon (2015, ATP Recordings)
Auch nicht die Output-Weltmeister, die Mannen um Mastermind Doug Martsch. Seit dem letzten Release „There Is No Enemy (2009, ATP Recordings) sind bereits 6 Jahre ins Land gegangen, vor 2 Jahren waren sie erfreulicherweise auf Tour in unseren Gefilden unterwegs und haben im Münchner Ampere einen wie immer exzellenten Eindruck hinterlassen, und auch auf dem aktuellen Tonträger unterstreichen sie einmal mehr, warum sie nach wie vor zur Speerspitze des amerikanischen Indie-Rock zu zählen sind. Inzwischen mit neuer Rhythmus-Abteilung zugange, klingen Martsch und Co. auf „Untethered Moon“ weniger verspielt, wesentlich direkter, trashiger und psychedelischer als auf früheren Werken, gleichzeitig kraftvoll zupackend und melodiös, wie man es seit jeher gewohnt ist von der Combo aus Idaho. „Rock ’n‘ Roll will be here forever!“ Wenn einer dergestalt die Klappe aufreißen darf, dann ohne Zweifel der Doug…
(**** ½)

Rocky Votolato – Hospital Handshakes (2015, Glitterhouse)
Grundsätzlich bin ich dem Hause Glitter sehr zugetan, zuviel an Herausragend-Hörenswertem hat das nordrhein-westfälische Label schon unter’s Volk gebracht und innerlich zerreißt’s mich fast, aber in dem Fall komme ich um einiges kritische Genöle nicht herum. Der Songwriter Votolato, der bereits seit 1999 zahlreiche Tonträger veröffentlichte, steigt in seinem Glitterhouse-Debüt mit atmosphärisch dichtem, flottem Songwriter-Indie-Pop ein, „Boxcutter“ ist in der Tat ein sehr ansprechendes Stück Indie-Wohlklang, um im weiteren Verlauf der Scheibe mehr und mehr in Beliebigem und Eindimensionalem zu versinken. Auf die Dauer plätschert die Platte arg lau dahin und die stimmliche Verwandtschaft Rocky Votolatos zur U2-Betschwester Bono tut ihr Übriges, um den Hörgenuss auf schwacher Flamme köcheln zu lassen. Produziert wurde das Album von Chris Walla, dem ehemaligen Gitarristen und Songwriter von Death Cab For Cutie, und mit denen konnte ich mich zugegebenermaßen auch noch nie so recht anfreunden…
(***)

The Brian Jonestown Massacre – Musique de film imaginé (2015, A Records)
Eigentlich ein Solo-Projekt des BJM-Kopfes Anton Newcombe, dass Größen der europäischen Regisseur-Gilde der fünfziger und sechziger Jahre wie François Truffaut und Jean-Luc Godard Tribut zollt. Größtenteils rein insturmental im Stil der französischen New Wave gehalten und angereichert mit experimenteller Psychedelic und Kraut-Rock-Verwandtem, weiß das Werk durchaus mit ausgefalleneren Soundlandschaften zu gefallen, ohne ins Abstrakt-Anstrengende abzudriften. Aufgelockert wird das Soundgebräu durch zwei Vokal-Gastbeiträge der französischen Indie-Größe SoKo bzw. der italienischen Schauspielerin und Sängerin Asia Argento. Wer es gerne etwas unkonventioneller hat: bitteschön, bedenkenlos zugreifen.
(****)

Malcolm Holcombe – The RCA Sessions (2015, Gypsy Eyes)
In den legendären RCA Studios in Nashville im Herbst 2014 aufgenommene Neueinspielungen von 16 Holcombe-Originalen, die sich auf den letzten 10 Alben des Barden finden, welcher wohl mit Fug und Recht als das Missing Link zwischen Tom Waits und der aktuellen Country-Folk-Szene bezeichnet werden kann. Unterstützt unter anderem vom Multi-Instrumentalisten Jared Tyler, der bereits bekannten Künstlern und Bands wie Emmylou Harris, Merle Haggard, Shelby Lynne und Wilco mit seinem Können unter die Arme griff.
Malcolm Holcombe ist mir erstmal 2007 mit seiner „Not Forgotten“-Scheibe (Munich Records) angenehm aufgefallen, der Mann aus North Carolina nahm mich seinerzeit sofort gefangen mit seiner angerauten Schmirgelpapierstimme und seinen lakonischen, verschrobenen Geschichten, die naturbelassene Folk-/Blues-Mixtur liefert den perfekten Soundtrack für ein abgewracktes Amerika, an dessen Lagerfeuern nicht allzu viel Gemütlichkeit aufkommen dürfte. Johnny Dowd trifft John Hiatt oder so ähnlich. Zeitlos.
(**** ½)