The Tidal Sleep – Be Kind EP (2018, This Charming Man Records)
Ackern sich schon seit einem Monat mit Nachdruck durch die Sound-Systems, höchste Zeit für eine Würdigung: Das nord-süd-ost-westdeutsche Quartett The Tidal Sleep brachte Ende September als Veröffentlichung Numero einhundert des Münsteraner Indie-Labels This Charming Man Records die EP „Be Kind“ unters Volk, eine mit gut zehn Minuten viel zu schnell verrauschende Tour de Force, die knappe Laufzeit wäre dann aber auch schon alles, was man am Tonträger fundiert zu bemängeln hätte.
Vier erschütternde, exzellent druckvoll produzierte Postcore-Kracher, jeweils mit einer Song-Länge von unter drei Minuten im Pop-tauglichen Format kurz und knapp auf den Punkt gebracht. Wird im Mainstream-Radio selbstverständlich niemand spielen, könnte ja wer aus dem seligen Tiefschlaf gerissen werden und die austauschbare Kaufhaus-Berieselung hinterfragen, die der Hörerschaft alltäglich volksverblödend von den privaten und öffentlichen Stationen zugemutet wird. Laut genug schreit er allemal an gegen den Stumpfsinn dieser Welt, um nicht überhört zu werden, der Vokalist von Tidal Sleep, als Rufer in der Wüste, ergriffen, euphorisiert, verzweifelt, im wütenden Ausbruch, die ganze Bandbreite der überbordenden Gefühlsregungen und emotionalen Abgründe durchschreitend. Kommt zuweilen auch gemäßigter in der Ansage, dann ist es eben gängiger, immer noch sehr intensiver Indie-/Alternative-Rock, um ein paar Gänge heruntergefahren, über die weitaus größere Distanz zieht die Band die Zügel in zu- und ergreifender Direktheit jedoch gehörig an in Sachen Screamo, Hardcore, Noise-Rock, Post-/Doom-Metal und Fugazi-Gedächtnis-Straight-Edge. Vergleiche mit den kalifornischen Kollegen von Deafheaven geisterten bereits durch die Presse, vor den Amerikanern müssen sich die fünf jungen Mannen aus teutschen Landen gewiss nicht verstecken, zumal sie mit ihrem Klangwerk wesentlich druckvoller und direkter zu Potte kommen und darüber hinaus das bei Clarke, McCoy und Co zuweilen gehörte, mitunter recht konventionelle Schuhglotzer-Geplätscher komplett aussparen.
Die Aufnahmen entstanden während der Einspielungen zum 2017er-Album „Be Water“, sind aber dank hochqualitativem Songmaterial, dem vehementen Ungestüm der Nummern und einer voluminösen Abmischung alles andere als der oft gängige, schwindlige Versuch, an der Resterampe noch ein paar Mark abzugreifen.
Mehr Tidal-Sleep-Stoff findet sich mit dem Backkatalog diverser Longplayer und EPs auf der bandcamp-Seite der Formation, guckst Du hier.
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Konzertant sind The Tidal Sleep demnächst auch im Umland unterwegs, bedauerlicherweise nicht in München:
07.12. – Erlangen – Selbstverwaltetes Zentrum Wiesengrund
08.12. – Tübingen – Hardcore Winterfest 2018 – Epplehaus
18.01. – Bielefeld – Forum (Support für FJØRT)
19.01. – Marburg – Kulturladen KFZ (Support für FJØRT)
20.01. – Saarbrücken – Garage (Support für FJØRT)
22.01. – Luxembourg – Rotondes (Support für FJØRT)