The Velvet Underground

Remembering Nico: Leonie Singt, G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe, DAS Hobos & Franz Dobler @ Polka Bar, München, 2018-12-05

Release-Show zur jüngst erschienenen Single „Remembering Nico“ aus dem Hause Gutfeeling Records am vergangenen Mittwochabend im Keller-Club der Haidhausener Polka Bar: Schöne, stilistisch breit gefächerte Gala des Münchner Indie-Labels – als Tribute-Veranstaltung für die deutsche Avantgarde-Ikone und ehemalige Velvet-Underground-Chanteuse allerdings grandios am Ziel vorbeigeschossen. Nicht wenige Gäste erwarteten zu der Gelegenheit eine ausgedehntere Würdigung handverlesener Perlen des schwermütigen Nico-Œuvres, wer vermutete, dass die MusikantInnen die letzten Wochen im Übungskeller zwecks Einstudieren diverser zusätzlicher Coverversionen zu Originalen von Frau Päffgen verbrachten, sollte bei der Veranstaltung indes eines Besseren belehrt werden.
Dabei wähnte sich das Publikum mit Eröffnung des bunten Abends noch auf der richtigen Fährte, Leonie Singt starteten ihren kurzen Gig mit der Interpretation des „Marble Index“-Outtakes „Nibelungen“, zu der Bandleaderin Leonie Felle die teutonische Kälte des Originals mit verzerrter Singstimme durch das Megaphon zu imitieren suchte – das war es aber dann auch schon für’s Erste im Set der feschen Leonie und ihrer Jungs mit Nico-Verneigung, den thematischen Faden nahm die Formation dann erst wieder mit ihrer Auftritt-beschließenden Live-Präsentation der B-Seite der jüngst erschienenen Single auf, „Femme Fatale“ als wunderbarer LoFi-Indiepop-Chanson, der in der Version locker alle bekannten Interpretationen von R.E.M. bis Big Star in den Schatten stellt. Zwischen der thematischen Klammer der beiden Nico-Songs packten Leonie Singt mit Hilfe von Aushilfs-Drummer Zelig ihre eigenen Arbeiten in Gestalt schöner, nachhallender Chanson-Folklore, beherzt schrammelnder Neo-Alternative-Country-Seligkeit, schmissigem Uptempo-LoFi und größtenteils deutsch gesungenen, vehement ohrwurmenden Gitarren-Indiepop-Perlen, die in einer besseren Welt längst alle Hits wären und in dieser immerhin der Spielart neues Leben fernab jeglicher aktueller Tocotronic-Schlager-Peinlichkeiten einhauchen. Singen kann sie sowieso, die Leonie, sagt ja schon der Bandname, charmant moderiert sie, und das Songmaterial taugt eh, nur die morbide Nico-Welt, die hat sie mithilfe ihrer Musikanten zwischendrin gut versteckt.

Die mochte sich auch beim folgenden Auftritt der geschätzten Trio-Formation G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe nicht offenbaren, das Kleinformat von Bandleader und Gutfeeling-CEO Andreas Staebler schrammte, lärmte und postpunkte sich in gewohnt exzellenter Manier durch ihren ureigenen No-Wave- und Neo-Electronica-/Kraut-Space-Kosmos, in reduzierter, dabei unvermindert virtuoser Gitarre/Drums/Synthie-Dreifaltigkeit, mit hartem, zuweilen psychedelischen Anschlag und offensichtlichem Zitieren der nur kurz andauernden, guten, von spontaner Aufbruchstimmung geprägten Frühphase der sogenannten Neuen Deutschen Welle.
Zwecks thematischem Bezug spielte die Kapelle eine eigens für den Anlass komponierte No-Wave-Cumbia mit dem Titel „¿donde esta mi camino?“ zu Ehren Nicos, eine weithin schmissige und schräg aus der Garage heraus verzerrt vor sich hingroovende Nummer – die Cumbia kommt ursprünglich aus Kolumbien, die harten Drogen in vergangenen Zeiten aus dem selben Eck, vielleicht lässt sich so eine Brücke zu Christa Päffgen konstruieren, wer weiß, was sich die Herrschaften bei dem Wurf gedacht haben?

Zum krönenden Abschluss des Abends gab sich kein Geringerer als der hochverehrte schwäbisch-bajuwarische Dichterfürst, Country-DJ, Johnny-Cash-Biograf und Trikont-Sampler-Kompilierer Franz Dobler die Ehre, zusammen mit dem ortsansässigen Trio DAS Hobos kredenzte die Kollaboration aus Literatur und artifiziellem Neo-Blues ein gelungenes Crossover aus lakonischem Spoken-Word-Vortrag und Trance-artigem, ultramodernem Prärie-Country, der als melancholischer Soundtrack für die brennenden Lagerfeuer der Wüste nicht weniger taugt als für einen gedehnten, unaufgeregten und tiefenentspannten Ambient-, Electronica- und Dub-Flow im Großstadt-Club. DAS Hobos haben offensichtlich nichts weniger als eine eigene musikalische Sprache gefunden, die die uralten Traditionen des Blues und des Country grandios stimmig mit experimentellen Ansätzen aus der weiten Welt von Samplings, Loops und Electronica-Tranquillität verbindet.
Dobler erwies sich in kongenialer Begleitung einmal mehr als der einzig legitime Erbe des großen Hardboiled-Schreibers Jörg Fauser und wollte am Türsteher vorbei, um im exklusiven Laden wie einst der alte Thorogood einen Bourbon, einen Scotch und ein Bier am Tresen wegzukippen, gedachte des letzten DJs, der nicht nur sich selbst, erschwerend auch seine besten Schallplatten im Trubel der Zeit verlor, und er spürte der archaischen Sehnsucht nach, auf vorbeifahrende Güterzüge aufzuspringen und einfach zu entschwinden – was man halt so macht, wenn man mit drei Hobos unterwegs ist, und wer will es ihm verdenken, mitunter ist diese Welt ab und an ja nichts anderes als eine einzige ranzige Jauchegrube, der man nur noch zu entfliehen trachtet.
Hintenraus, um den thematischen Aufhänger des Abends noch irgendwo ins Spiel zu bringen, erzählte Dobler die Geschichte über die „Verhängnisvolle Frau“, eine prägnant umrissene Anekdote aus einem der letzen Nico-Konzerte, welches von einem krakeelenden Idioten gestört wurde, der mit seinen permanenten Zwischenrufen vehement den Vortrag von „Femme Fatale“ forderte und von der Underground-Diva dafür seinerzeit mit der gebotenen Verachtung gestraft wurde, musikalisch von der begleitenden Band eingebettet in einen Trance-artigen Slow-Motion-Desert-Blues. Anders als beim skizzierten Nico-Konzert Mitte der Achtziger gab’s am Mittwochabend „Femme Fatale“ anstatt gar nicht gleich zweimal, final nochmal in Komplett-Besetzung dargereicht von allen aufführenden Akteuren der Veranstaltung, mehr muss nicht unbedingt besser sein bei derartigen Jam-Sessions, und damit ließ man’s dann zu fortgeschrittener Stunde gen Mitternacht auch gut sein in der Polka.

Sollte im kommenden Sommer – nur mal so als exemplarische Spekulation – eine Metallica-Nacht vom Gutfeeling-Label angezettelt werden, an der Isar oder in der Polka oder irgendwo anders: findet Euch bedenkenlos ein, es wird zu großen Teilen der feine Stoff aus eigenem Hause zur Aufführung kommen, Reminiszenzen an die amerikanischen Stadien-Kracher werden im Fall des Falles maximal in homöopathischen Dosen verabreicht… ;-)))

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Konzert-Vormerker: Verhängnisvolle Frau – Remembering Nico

„Velvet Underground war vor allem Lou Reed. Und Lou Reeds Schwulsein. Hier schlägt Nico sich durch. Mit einem Männernamen – aber Christa ist auch längst nicht so poetisch.“
(Pieke Biermann & Guy St. Louis, Außenseiter)

Heute Singles-Veröffentlichung, in zwei Wochen konzertante Würdigungen zum Gedenken an Christa Päffgen, der Pop-Welt besser bekannt als Nico.
Erstes deutsches Supermodel (irgendwie bis heute das einzige), Velvet-Underground-Chanteuse, Warhol-Superstar, Muse für John Cale, Lou Reed, Jim Morrison, Tim Buckley, Bob Dylan, Jackson Browne und viele andere Musiker-Größen, Affäre mit Alain Delon, legendäres Konzert zusammen mit Tangerine Dream 1974 in der Kathedrale von Reims, verstörende Junkie-Auftritte, Sujet diverser Doku-Filme, mit ihren eigenen Alben Vorreiterin des Kammerfolk, Postpunk, Avantgarde-Undergrounds, Art- und Gothic-Rock, in Köln geboren, in Berlin zu Grabe getragen.

Heuer wäre Nico achtzig Lenze alt geworden, und ihr Todestag jährte sich im Sommer zum dreißigsten Mal, ein mehr als würdiger Anlass für ein Tribute via Tonträger und Live-Veranstaltung.

Das Münchner Exzellenzen-Label Gutfeeling Records veröffentlicht am heutigen Freitag die Split-7″ „Remembering Nico“, auf Seite A gibt der hochgeschätzte Autor, DJ und Journalist Franz Dobler mit „Verhängnisvolle Frau“ eine Geschichte zum Besten, wie sie sich wohl in Nicos letzten Jahren auf vielen, jedenfalls so ähnlich auch bei ihrem Münchner Konzert im Dezember 1986 abgespielt hat, musikalisch begleitet wird Dobler von der hiesigen Formation DAS Hobos, die seinen Spoken-Word-Vortrag mit gespenstischem, artifiziellem Desert-Blues unterlegt. Seite B präsentiert Leonie Singt, den omnipräsenten G.Rag und das Zelig-Implosion-Deluxxe-Outfit mit ihrer Interpretation des Velvet Underground-Klassikers „Femme Fatale“, im Original mit Nico an den Lead Vocals auf dem berühmten Bananen-Debüt-Album der New Yorker Kult-Combo enthalten, hier als wunderschöner, lakonischer Girlie-Indie-Pop von Leonie Felle besungen und im LoFi-Gewand inklusive putzigem Keyboard-/Wurlitzer-Fiepen als Jubiläums-Gabe überreicht.

Release-Konzerte zu Ehren Nicos sodann in der ersten Dezember-Woche in München und Augsburg, mit Auftritten der erwähnten MusikerInnen und the great Franz Dobler. Ob’s zu den Gelegenheiten dann auch „Das Lied der Deutschen“ in allen drei Strophen zum Vortrag schafft, schau ma moi, könnte brisant und alles andere als vorbildlich werden, so, wie die gewürdigte Grande Dame des Underground mit der prägnanten Stimme eben auch war…

„Ungefähr vor einem Jahr habe ich ‚The Marble Index‘ mal einer Frau vorgespielt, in die ich da gerade verliebt war. Sie hatte noch nie was über Nico gehört, und von John Cale auch nichts und Velvet Underground kannte sie nur im Zusammenhang mit diesem zwar ganz lustigen, aber eigentlich doch blödsinnigen Mediengeplänkel, das ich eine Weile mit Lou Reed inszenierte. Sie hörte sich das Ganze in einem trance-ähnlichen Zustand an, der beinah an Schock grenzte, und sagte dann über Cale: „Er hat da für eine Frau in der Hölle eine Kathedrale gebaut, nicht wahr?“
(Lester Bangs, Dein Schatten hat Angst vor dir – Ein Versuch, vor Nico keinen Horror zu kriegen)


Remembering Nico – Leonie Singt, G.Rag/Zelig Implosion Deluxxe, DAS Hobos & Franz Dobler

5. Dezember, Polka Bar, Pariser Straße 38, Eingang Gravelottestraße, München, 20.00 Uhr.

6. Dezember, Grandhotel Cosmopolis, Springergäßchen 5, Augsburg, 20.00 Uhr.

Reingehört (453): Barst

Barst – The Endeavour (2018, Consouling Sounds)

Der Gehirn-wegblasende Live-Auftritt von Barst beim letztjährigen dunk!-Festival hat es bisher leider nicht auf Tonträger-Konserve geschafft, immerhin war der Belgier Bart Desmet erfreulicher Weise in den vergangenen Monaten im Studio zugange und hat eine artverwandte, gewissermaßen digital aufgepeppte Spielart dieses konzertant bestens bewährten Klangrausches zur Veröffentlichung nachgestellt. Wo die Waldbühne des ostflandrischen Postrock-Gipfeltreffens vor gut einem Jahr mit freundlicher Unterstützung befreundeter Experimental-Musiker vom begnadeten Sound-Pionier mit einer organischen Instrumental-Klangwelle aus Postrock-Wucht, Ambient-Noise, purer Neoklassik- und Shoegazer-Schönheit und dezenten Electronica-Drones geflutet wurde, stellt Desmet auf „The Endeavour“ vor allem letzteres Element weitaus mehr in den zentralen Fokus, unter anderem zusammen mit Musikern der Metal-/Noise-Crossover-Band Vonnis aus Gent und der amerikanischen Postmetal-Combo Rosetta entwirft er hier einen immens treibenden Postrock-/Kraut-/Space-Flow, der durch abstrakte Synthie-Phrasierungen, kosmischen Ambient-Trance, Gesangs- und Spoken-Word-Samples und Genre-Grenzen-sprengende Elektro-Wave-Beats und nervöse Trip-Hop-Rhythmik befeuert, bereichert und auf die Spitze getrieben wird.
Dem Sog dieses straight nach vorne drängenden Sound-Tsunamis lässt sich nichts entgegensetzen, das ist der Rhythmus, zu dem jeder mit muss – ein Gesamtkunstwerk als einziger, über 40-minütiger Trip, wie ein Gemälde von Hieronymus Bosch mit einer Vielzahl an wichtigen Details, die mit dem ersten Hör-Eindruck kaum zu erfassen sind, insofern bleibt zur gebührenden Würdigung ein wiederholtes Durchwandern dieser faszinierenden Klangwelten ohne Alternative.
Schwer zu kategorisieren waren die hypnotischen Klang-Visionen des Bart Desmet/Barst seit jeher, die einzige Regel ist: keine Regeln – ob derzeit aktuell bei seiner ellenlangen Live-Interpretation des Velvet-Underground-Klassikers „Sister Ray“ oder dem Vorgänger-Album „The Western Lands“, mit dem er die literarische Cut-Up-Methode von William S. Burroughs tonal umsetzte.
Bei all seiner komplexen Vielfalt und Opulenz an klanglichen Beigaben, die Desmet selbst sehr treffend als „Wahnsinnsmusik“ – im mehrdeutigen Kontext – bezeichnet, funktioniert „The Endeavour“ trotz dominierendem Uptempo-Drive und schier berstender Energie mit einem dunkel-bedrohlichen Unterton versehen vor allem als Soundtrack zu einer sich immer schneller drehenden Welt, in der politische und gesellschaftliche Fragestellungen zu sozialen Verwerfungen, einer sich rasant digitalisierenden Arbeitswelt und drohenden militärischen Konflikten zusehends unbeantwortet bleiben. Tonales Yin und Yang: Der klangliche Entwurf zur ungewissen Mikro- und Makro-Perspektive wie der zukunftsweisende, konventionelle Beschränkungen weit hinter sich lassende Weg für den Postrock des 21. Jahrhunderts.
„The Endeavour“ erscheint am 18. Mai beim belgischen Label Consouling Sounds.
(***** – ***** ½)

Reingehört (283): The Feelies

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The Feelies – In Between (2017, Bar/None)

Sechs Alben in vierzig Jahren inklusive einer längeren Auszeit, Fleiß ist was anderes, Qualität nicht. Die Feelies aus New Jersey haben 1980 im Nachgang zu ihrem nervösen Weltklasse-Indie-Schrammel-Debüt „Crazy Rhythms“ wie ihre eigenen verehrten Vorbilder von The Velvet Underground weder die große Marie gemacht noch die großen Hallen bespielt, damit aber wie die Warhol-Factory-Combo bei unzähligen Fans und Bands aus dem US-Alternative-Bereich von R.E.M. bis Yo La Tengo seit jeher Kultstatus genossen und maßgeblichst Einfluss genommen.
Auf der neuen Songsammlung „In Between“ gibt sich das Quintett abgeklärt, entspannt, im Grundton dunkel in der Interpretation ihrer elf neuen Arbeiten, die Akustikgitarre hat die elektrisch verstärkte Schwester an der ein oder anderen Stelle abgelöst und sorgt für punktuelle Zurücknahme des intensiven Feelies-Sounds vergangener Dekaden.
In der Rhythmik sind dezente Referenzen an den eigenen Band-Meilenstein erkennbar, der feine Psychedelic-Folk unterstreicht indes erneut die Liebe der Combo zum dritten Velvet-Underground-Album, während der über neunminütige Schlusspunkt des Albums „In Between (Reprise)“ treibender, purer, großartiger „Sister Ray“-Drone-Stoff ist, von den jaulenden Gitarren bis zum sturen, monotonen Bass-/Drums-Drive ist alles angerichtet, was auch den endlos erscheinenden, morbiden „White Light/White Heat“-Klassiker der großen Vorbilder um Lou Reed und John Cale einst auszeichnete.
Die Feelies um die Songwriter Glenn Mercer und Bill Million sind im Jahr 2017 längst nicht mehr der letzte Schrei in Sachen Indie-Gitarren-Rock, überflüssig sind sie damit keineswegs. Es muss sich erst finden, ob heuer nochmal eine derart inspirierte, rundum gelungene Reise zu den Quellen des Genres auf Tonträger gepresst wird. Vielleicht die beste Feelies-Scheibe seit „Crazy Rhythms“ und damit vielleicht sogar irgendwann zeitlos wie dieser große Wurf…
(*****)

Feelies-Konzertmitschnitte zuhauf @ nyctaper.com

Die Buben im Pelz @ Volkstheater-Foyer, München, 2016-02-24

„Unser Übungsraum is in der Nähe der Manner-Manufaktur, Manner-Waffeln, fresst’s es eh aa gern, oder? Hamma Eich ocht Kilo Bruchware mitbracht“, meinte Bube-im-Pelz David Pfister, und schon kam’s ins Publikum geflogen, das Sackl mit den Keksen…
Ansonsten? Selbstverständlich auch alles total leiwand mit den Buben im Pelz und angekündigten Freundinnen, am Mittwochabend, im Foyer des Münchner Volkstheaters, beim Zelebrieren der Wiener Version eines der wichtigsten, vielleicht sogar des wichtigsten Pop-Albums ever.
‚The Velvet Underground & Nico‘, der bis heute unerreichte, von Andy Warhol und Tom Wilson produzierte LoFi-Experimental-Pop-/Prä-Art-Punk-/Psychedelic-/Drone-Debüt-Wurf der New Yorker Kult-Band um Lou Reed und John Cale, dieser Tage formvollendet dargereicht im österreichischen Gewand, die morbide, Todes-schwangere Atmosphäre des Originals erhält durch die Bearbeitung der Wiener Buben, denen man auch gerne den Hang zur mortalen Verehrung nachsagt, den zusätzlichen, ortstypischen, nonchalanten Schmäh in diese Richtung, die berühmte Banane vom 1967er-Plattencover-Original wird durch eine Burenwurscht ausgetauscht, die Drogenhändler von Lexington one-two-five tummeln sich am Schwedenplatz im 1. Wiener Gemeindebezirk, die „Femme Fatale“ wird zur feschen Funsen und „All Tomorrows Parties“ sind in Wien (und wahrscheinlich auch in München) urfad, bei der Interpretation des VU-Klassikers und bei „Tiaf wia a Spiagl/I’ll Be Your Mirror“ erscheint mit der jungen Avantgarde-Pop-Diva Monsterheart wenigstens eine der angekündigten Freundinnen der Buben David Pfister, Christian Fuchs und Co. auf der Bühne.
Zur Überbrückung zwischen Hauptteil und Zugabe gab Geiger und Gitarrist Sir Tralala eine kurze Soloeinlage, in der er vollmundig die Interpretation des Gesamtwerks von Lou Reed ankündigte, es blieb bei „So a scheena Dog“, bei der Dreingabe zollten die beiden Sänger Pfister und Fuchs ihrer eigenen Vergangenheit bei der inzwischen in der Kapuzinergruft beerdigten Brachial-Schrammel-Kapelle ‚Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune‘ Tribut, die sehr geschätze Dialekt-Version der Babyshambles-Nummer „Fuck Forever“ („G’fickt für immer“, eh kloar…) sorgte für den krönenden Abschluss der Aufführung, die auch audio-visuell mit Warhol-artiger Psychedelic-Lightshow an die berühmte New Yorker Factory erinnerte, hat eigentlich nur noch Gerard Malanga mit seinem depperten Peitschen-Tanz gefehlt.
Konzertdauer war etwas knapp bemessen, aber wuaschd, war eh super…
(*****)